Bei vielen Unternehmen, die ein Lean

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Transkript:

Lean-Kultur Welchen Reifegrad haben die Unternehmen? Womit haben die Unternehmen beim Einführen einer Lean-Kultur die größten Probleme? Dem Formulieren einer Vision und daraus abgeleiteter Ziele? Oder dem Optimieren ihrer Prozesse? Oder dem Führen und Entwickeln ihrer Mitarbeiter? Das untersuchte die Unternehmensberatung Kudernatsch Consulting&Solutions basierend auf einer Befragung von 732 (Lean-)Managern. Bei vielen Unternehmen, die ein Lean Management in ihrer Organisation einführen möchten, haben die ergriffenen Initiativen keine nachhaltigen Erfolge. Denn die Lean-Programme und -Projekte schlafen nach einiger Zeit ein, mit der Folge, dass sich die Prozesse wieder verschlechtern, erneut hohe Qualitätsschwankungen auftreten und die Verschwendung wieder steigt. Eine Ursache hierfür ist: Die Unternehmen führen oft Methoden und Tools zum Schaffen effizienter Prozesse ein, bevor in ihrer Organisation die erforderliche Kultur besteht, um die Abläufe und Prozesse (mit den Mitarbeitern) kontinuierlich zu verbessern. Entsprechend instabil sind die Verbesserungsprozesse. Vor diesem Hintergrund startete das Beratungsunternehmen Kudernatsch Consulting & Solutions eine Studie, um zu ermitteln, inwieweit in den Unternehmen, die bereits Lean Management-Projekte gestartet und/oder durchgeführt haben, eine Lean Leadership-Kultur besteht und wie hoch der Lean-Reifegrad der Unternehmen ist. Wie reif die Lean-Kultur ist, sollte dabei bezogen auf folgende drei Ebenen beurteilt werden: Vision, Strategie, Ziele, Kundenfokus, Prozesse und kontinuierliche Verbesserung sowie Leadership und Problemlösung. Bezogen auf diese Handlungsfelder wurden 15 Fragen formuliert, die von den Unternehmen in einem Selbsttest beantwortet werden sollten. Hierfür wurde ihnen zur statistischen Auswertung folgende Antwortskala vorgegeben: 1 = kritische Lücke 2 = größere Lücke 3 = einige ernste Lücken 4 = kleinere Lücken 5 = wir sind angekommen Außerdem wurden die Unternehmen gebeten, in einem Kommentarfeld ihre Bewertung jeweils zu begründen. Der angestrebte Idealzustand, der bei der Bewertung als Maßstab dienen sollte, wurde dabei, bezogen auf die drei Ebenen, wie folgt beschrieben: Kundenfokus. Das Unternehmen hat eine klare Vision (True North), auf die die Ziele und das gesamte Handeln ausgerichtet sind. Die Strategien werden konsequent und langfristig verfolgt sowie weiterentwickelt und fußen auf einfachen Prinzipien. Auf kurzfristige Vorteile wird im Interesse der langfristigen Ziele verzichtet. Die Unternehmensziele sind durchgängig top-down über alle Ebenen heruntergebrochen und bereichsübergreifend (cross-funktional) abgestimmt. Das Unternehmen ist konsequent auf seine Kunden ausgerichtet in allen Prozessen und Entscheidungen. Die Kundenzufriedenheit und der klar definierte Kundennutzen sind der Maßstab jeder Prozessgestaltung. Ebene 2: Prozesse und kontinuierliche Verbesserung. Alle nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten, welche die Kunden nicht bereit sind zu bezahlen, sind durch ein konsequentes Wertstromdesign abgeschafft. Aufgrund der flussorientierten Prozessgestaltung werden Abweichungen und Probleme sofort sichtbar und verständlich. Sie werden priorisiert und auf der Basis des PDCA-Zyklus bearbeitet. Auf allen Ebenen erfolgt ein konsequentes, fortwährendes Lernen und Umsetzen des Gelernten. Selbst die Mitarbeiter auf der untersten Ebene sind in der Anwendung dieses Zyklus geschult. Der aktuelle Stand der Zielerreichung und Problembearbeitung wird mittels eines Shopfloor-Managements oder visuellen Management regelmäßig gemeinsam überprüft. Dies erfolgt auf allen Ebenen zeitlich aufeinander abgestimmt (Informationskaskade). Für alle Prozesse gibt es definierte Standards. Diese dienen nicht als Kontrollinstrumente, sondern zum Festlegen neuer Leistungslevels und damit als Basis für eine kontinuierliche Verbesserung. Ebene 3: Leadership und Problemlösung. Die Führungskräfte leben Disziplin vor. Sie übersetzen die Unternehmenswerte in ihre Führungspraktiken, reflektieren ihre Verhaltensweisen und entwickeln sich weiter. Sie sind auf allen Ebenen regelmäßig am Ort des Geschehens ( go and see"). Ein Großteil der Führungsarbeit erfolgt vor Ort bei den Mitarbeitern und nicht in Meetings. Die Führungskräfte beherrschen entsprechende Lean-Methoden und Tools zur Prozessverbesserung. Sie stehen ihren Mitarbeitern bei all ihren Tätigkeiten unterstützend als Coach zur Seite, um diese auf dem Weg zum Erreichen ihrer Ziele zu begleiten (z.b. mittels der KATA). Probleme werden ohne Schuldzuweisung offengelegt und als Chance für eine kontinuierliche Verbesserung gesehen. Die Führungskräfte sind in der Anwendung des PDCA-Zyklus geschult und beherrschen die disziplinierte Problemlösung (z.b. auf Basis des A3-Reports). Bei der Auswahl der Führungs- 32 technologie&management 01/2015

kräfte sind zentrale Auswahlkriterien das Vorleben der Unternehmenswerte, das Umsetzen der Werte in Business Practices und das Vorhandensein eines Führungsverständnisses, das der angestrebten Lean Leadership-Kultur entspricht. 732 (Lean-)Manager befragt An der Befragung nahmen branchenübergreifend 732 Führungskräfte und Projektmanager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil, die das Lean Management entweder in ihrer Linienfunktion umsetzen oder als Lean- Experte in ihrer Organisation vorantreiben. Von den Befragungsteilnehmern beurteilten die meisten das gesamte Unternehmen (33 Prozent) oder einen Standort von ihm (34 Prozent). Der Rest betrachtete einen Bereich oder eine Abteilung oder machte hierzu keine Angaben. Von den betrachteten Unternehmen und Unternehmenseinheiten hatten knapp 40 Prozent 200 bis 999, 20 Prozent 1.000 bis 4.999 und 7 Prozent sogar mehr als 5.000 Mitarbeiter. Die meisten Unternehmen, die an der Studie teilnahmen, waren bereits recht lean-erfahren". 30 Prozent von ihnen sind seit 2 bis 4 Jahren im Lean- Bereich aktiv; 32 Prozent sogar seit 5 bis 9 Jahren. Die Studienergebnisse im Detail Kundenfokus Die Befragungsergebnisse zeigen: Vielen Unternehmen fällt es bereits recht schwer, eine klare Vision (True North) in ihrer Organisation zu etablieren, auf die alle Ziele und das gesamte Handeln ausgerichtet sind". Über die Hälfte gibt an, diesbezüglich gebe es in ihrer Organisation einige ernste" (30 Prozent) oder gar größere Lücken" (21 Prozent). Und 6 Prozent bewerten die Lücke sogar als kritisch". Das heißt, in den betreffenden Unternehmen existieren weder eine Vision, noch hieraus abgeleitete Ziele. Immerhin 9 Prozent der Unternehmen geben jedoch auch an, sie seien bereits angekommen". Ihre Organisation habe eine klare Vision und alle Ziele und das gesamte Handeln seien hierauf ausgerichtet. Ein Manko scheint oft zu sein, dass die Strategie nicht konsequent verfolgt und weiterentwickelt wird; außerdem, dass die langfristigen Ziele im Tagesgeschäft in Vergessenheit geraten. Dies legt der Befund nah, dass fast zwei Drittel der Unternehmen diesbezüglich über das Vorhandensein einiger ernster" (40 Prozent) oder größerer Lücken" (22 Prozent) klagen. 9 Prozent der Unternehmen erachten diese Lücke gar als kritisch". Ihr Handeln orientiert sich fast ausschließlich an den kurzfristigen Zielen. Nur 5 Prozent der Unternehmen verfolgen ihre Strategie konsequent und verzichten zugunsten der langfristigen Ziele auch auf kurzfristige Vorteile (Bild 1). Ein weiteres Problemfeld ist, dass die Unternehmensziele zu selten durchgängig top-down über alle Ebenen heruntergebrochen und bereichsübergreifend (cross-funktional) abgestimmt sind. Hier gibt es in 33 Prozent der Unternehmen einige ernste" und in 29 Prozent gar größere Lücken". Diese zeigen sich zum Beispiel darin, dass zur Zielabstimmung zwar Methoden wie Hoshin Kanri oder Policy Deployment eingeführt wurden, jedoch nur auf den oberen Ebenen oder in einzelnen Abteilungen. Eine durchgängige Zielkaskadierung erfolgt nicht. Zudem liegt der Fokus oft primär auf den finanziellen Zielen. In diesem Bereich erachten 13 Prozent der Unternehmen die Lücke als kritisch (Bild 2). Defizite gibt es auch bei der Ausrichtung auf die Kunden. Das heißt unter anderem: Die Kundenzufriedenheit und der Kundennutzen sind nicht immer der zentrale Maßstab bei Entscheidungen und beim Gestalten der Prozesse. Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer sehen diesbezüglich in ihrer Organisation einige ernste" (41 Prozent) oder gar größere Lücken" (24 Prozent). Auffallend ist jedoch: Kritische Lücken" sehen in diesem Bereich nur drei Prozent. Und gar 6 Prozent betonen, diesbezüglich sei bei ihnen alles bestens. Dabei gilt es jedoch zu beachten: Hierbei handelt es sich um eine Selbsteinschätzung und nicht um eine Einschätzung der Kunden. Ebene 2: Prozesse und kontinuierliche Verbesserung Dass viele Unternehmen massive Probleme beim Verankern einer Lean-Kultur in ihrer Organisation haben, zeigt sich auch beim Beantworten der Frage, inwieweit alle nicht-wertschöpfenden Bild 1: Unsere Strategie wird konsequent und langfristig verfolgt sowie weiterentwickelt und fußt auf einfachen Prinzipien. Wir verzichten auf kurzfristige Vorteile im Interesse der langfristigen Ziele. Bild 2: Die Unternehmensziele sind durchgängig top-down über alle Ebenen heruntergebrochen und bereichsübergreifend (cross-funktional) untereinander abgestimmt. 33 technologie&management 01/2015

Tätigkeiten durch ein konsequentes Wertstromdesign abgeschafft werden. Außerdem können aufgrund einer flussorientierten Prozessgestaitung Probleme in diesem Bereich sofort erkannt werden. Über zwei Drittel der Unternehmen sehen hier einige ernste" (24 Prozent) oder gar größere Lücken" (43 Prozent) und erstaunliche 16 Prozent erachten die Lücke gar als kritisch". Das heißt, über 80 Prozent der Unternehmen haben offensichtlich mit dem Einführen einer Wertstromorientierung und dem Beseitigen nicht-wertschöpfender Prozesse beachtliche Probleme (Bild 3). Dies liegt auch daran, dass in vielen Unternehmen erkannte Abweichungen und Probleme nicht priorisiert und auf der Basis des PDCA-Zyklus bearbeitet werden; außerdem erfolgt kein konsequentes und fortwährendes Lernen auf allen Ebenen, das zu einer kontinuierlichen Verbesserung führt. Dass in diesem Bereich einige ernste" oder gar größere Lücken" bestehen, betonen immerhin 63 Prozent der Unternehmen. Und weitere 17 Prozent erachten die Lücke gar als kritisch". In den meisten Unternehmen ist folglich eine strukturierte Problemlösung noch nicht etabliert. Nur magere 4 Prozent der Unternehmen auch an, sie seien am Entwicklungsziel angekommen". Der PDCA-Zyklus werde bei Problemen routinemäßig durchlaufen und die Problemlösungen würden konsequent umgesetzt. Und dieser Prozess werde systematisch von Schulungen begleitet (Bild 4). Ebene 3: Leadership und Problemlösung Beim Etablieren einer Lean-Kultur in Unternehmen spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, denn sie prägen die Arbeitsstrukturen in ihren Bereichen und sind Vorbilder für ihre Mitarbeiter. Damit die Führungskräfte diese Funktion adäquat erfüllen können, müssen sie die Unternehmenswerte in ihre Führungspraktiken übertragen. Außerdem müssen sie ihr Führungsverhalten reflektieren und weiter entwickeln, so dass auch ihre Coaching-Kompetenzen steigen. In diesem Bereich konstatieren fast zwei Drittel der Unternehmen noch einige ernste" (35 Prozent) oder gar größere Lücken" (30 Prozent). Das heißt, es existieren zwar erste Ansätze von Lean Leadership, jedoch meist nur auf den oberen Ebenen. Zudem agieren die Führungskräfte noch zu wenig als Coach ihrer Mitarbeiter. 7 Prozent der Unternehmen erachten die Lücke in diesem Bereich sogar als kritisch". Das heißt: Die Führungskräfte nehmen ihre Führungsfunktion noch nicht wie gewünscht wahr. Und sie reflektieren nicht ihr Verhalten, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Nur ein Prozent der Unternehmen sagt denn auch, es hätte diesbezüglich sein Ziel schon erreicht. Das heißt: Die Führungskräfte leben Disziplin vor. Sie übersetzen die Unternehmenswerte in ihre Führungspraktiken. Sie reflektieren ihr Verhalten und entwickeln sich ständig weiter. Und ihre Coaching-Kompetenz ist ausgeprägt (Bild 5). Gefragt wurden die Unternehmen auch, inwieweit ihre Führungskräfte auf allen Ebenen regelmäßig präsent am Ort des Geschehens ( go and see") sind und sich ein Großteil ihrer Führungsarbeit dort statt in Meetings vollzieht. In diesem Bereich gestehen 35 Prozent der Unternehmen einige ernste" und 24 Prozent gar größere Lücken" ein. Bei ihnen gibt es keine systematische Vor-Ort-Präsenz der Führungskräfte (insbesondere der obersten Ebene). Außerdem behindern die vielen, meist uneffektiven Meetings die Arbeit am Shopfloor. 10 Prozent der Unternehmen erachten diese Lücke als kritisch". In ihnen herrscht noch eine meet and mail"- statt go and see"- Kultur (Bild 6). In fast zwei Drittel der Unternehmen bestehen auch noch einige ernste" (30 Prozent) oder größere Lücken" (34 Prozent) beim Beherrschen der Lean-Methoden und Tools zur Prozessverbesserung - bei den Führungskräften auf allen Ebenen. Dies äußert sich darin, dass noch nicht alle Führungsebenen Lean-Methoden und Tools anwenden. 16 Prozent der Unternehmen sehen hier gar eine kritische Lücke". Das heißt, die Führungskräfte und das Management sind mit den Lean-Methoden noch nicht vertraut. Defizite gibt es auch beim Coachen der Mitarbeiter durch ihre Führungskräfte, um diese beim Ausführen ihrer Tätigkeiten und Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen (z.b. mittels der KATA). Hier sehen fast 70 Prozent der Unter- Bild 3: Alle nicht wert-schöpfenden Tätigkeiten, welche die Kunden nicht zu bezahlen bereit sind, sind durch konsequentes Wertstromdesign abgeschafft. Durch flussorientierte Prozessgestaltung werden Abweichungen sofort verständlich und sichtbar. Bild 4: Erkannte Abweichungen und Probleme werden priorisiert und auf Basis des PDCA-Zyklus bearbeitet. Konsequentes und fortwährendes Lernen wird auf allen Ebenen verstanden und umgesetzt: Selbst Mitarbeiter auf der untersten Ebene sind in der Anwendung. 34 technologie&management 01/2015

Bild 6: Führungskräfte (auf allen Ebenen) sind regelmäßig am Ort des Geschehens ( go and see"). Der Großteil der Führungsarbeit findet somit nicht in Meetings statt, sondern vor Ort bei den Mitar- beitern. Bild 5: Führungskräfte leben Disziplin vor. Sie übersetzen die Unternehmenswerte in ihre Führungspraktiken, reflektieren stets ihre Verhaltensweisen und entwickeln sich selbst ständig weiter. So steigern sie ihre Führungsfähigkeit als Coach. nehmen noch einige ernste" oder größere" Lücken. Das heißt, die Führungskräfte coachen ihre Mitarbeiter kaum. 16 Prozent der Unternehmen erachten die Lücke in diesem Bereich gar als kritisch". Ihren Führungskräften fehlt sogar das für ein Coaching im Sinne der Toyota-Kata nötige Selbstverständnis. Lediglich 2 Prozent der Unternehmen sind angekommen". Ihre Führungskräfte auf allen Ebenen stehen ihren Mitarbeitern also als Coach zur Seite und begleiten sie auf dem Weg zum Erreichen ihrer Ziele (Bild 7). Eine Ursache hierfür dürfte sein, dass die Führungskräfte oft nicht ausreichend in der Anwendung des PDCA- Zyklus geschult sind und die disziplinierte Problemlösung (z.b. auf Basis des A3-Reports) nicht beherrschen. Zumindest betonen insgesamt 58 Prozent der Unternehmen, dass diesbezüglich in ihrer Organisation einige ernste" bis größere Lücken" bestehen. Weitere 19 Prozent stufen diese als kritisch" ein. Häufig ist der PDCA-Zyklus den Führungskräften gar nicht bekannt. Ein weiterer Schwachpunkt sind die Kriterien, nach denen die Auswahl der Führungs(nachwuchs)kräfte erfolgt. Häufig korrespondieren diese nicht mit den Eigenschaften und Verhaltensweisen, die das Einführen und Verankern einer Lean Kultur von den Führungskräften erfordern. Zumindest betonen insgesamt 59 Prozent der Unternehmen, in ihrer Organisation gebe es noch ernste" und größere" Lücken, wenn es darum gehe, die angestrebte Entwicklung einer Lean Leadership- Kultur mit der Nachfolgeplanung sund Personalauswahl zu verknüpfen. 20 Prozent der Unternehmen sehen hier gar eine kritische" Lücke. Und nur 5 Prozent betonen: Wir sind angekommen". Das heißt, bei der Auswahl der Führungs(nachwuchs)kräfte sind entscheidende Kriterien das Vorleben der Unternehmenswerte, das Umsetzen der Werte in Business Practices und das Vorhandensein eines mit einer Lean Leadership-Kultur korrespondierenden Führungsverständnisses (Bild 8). DerLean-Reifegrad der Unternehmen Aufgrund der Selbstbeurteilung der Unternehmen wurde in der Studie auch ihr Lean-Reifegrad ermittelt. Hierfür wurden ihnen abhängig von ihren Bild 7: Führungskräfte (auf allen Ebenen) stehen ihren Mitarbeitern als Coach und Trainer zur Seite, um sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu unterstützen und sie auf dem Weg zum Erreichen ihrer Ziele zu begleiten (z. B. mittels KATA). Bild 8: Bei der Nachfolgeplanung sowie der Personalauswahl stehen das Vorleben der Unternehmenswerte, das Umsetzen der Werte in Business Practices sowie das Führungsverständnis gemäß einer Lean Leadership-Kultur im Vordergrund. 4 technologie&management 01/2015

Antworten auf die einzelnen Fragen jeweils 1 bis 5 Punkte gegeben ( kritische Lücke" = 1 Punkt, größere Lücke" = 2 Punkte,, angekommen" = 5 Punkte). Aufgrund der Gesamtzahl der Punkte erfolgte dann eine Zuordnung zu folgenden fünf Reifegrad-Stufen: Reifegrad 1: Das Unternehmen befindet sich am Anfang der Lean- Reise. Reifegrad 2: Die Verankerung einer KVP- und Lean-Kultur weist noch größere Lücken auf. Reifegrad 3: Es gibt noch einige ernstzunehmende Lücken auf dem Weg zu einer KVP- und Lean-Kultur. Reifegrad 4: Die Organisation ist auf dem besten Weg zu einer KVPund Lean-Kultur. Reifegrad 5: Das Unternehmen kann als Best Practice bezeichnet werden. Die Einstufung ergab: Etwa 38 Prozent der Unternehmen befinden sich, wenn es um den Aufbau einer Lean-Kultur geht, noch weitgehend am Beginn der Entwicklung. Sie haben entweder den Reifegrad 1 oder 2 (es dominieren noch die kritischen" oder größeren Lücken"). Etwa 57 Prozent haben bezogen auf den angestrebten Kulturwandel bereits eine beachtliche Wegstrecke zurückgelegt. Sie haben entweder den Reifegrad 3 oder 4 (dominierende Antworten: einige ernste" oder kleinere Lücken"). Nur fünf Prozent sind bereits am Entwicklungsziel angekommen, Reifegrad 5, und können als Best-Practices beim Aufbau und Etablieren einer Lean-Kultur in Unternehmen gelten. Zusammenfassung der Ergebnisse Zusammenfassend lässt sich bezogen auf die drei Untersuchungsebenen Folgendes konstatieren. Bild 9: Verteilung des Lean-Reifegrades von lean-aktiven" Unternehmen. Kundenfokus. Während die meisten Die Autorin Dr. Daniela Kudernatsch ist Inhaberin der Unternehmensberatung Kudernatsch Consulting & Solutions in Straßlach bei München, die Unternehmen beim Umsetzen ihrer Strategie im Betriebsalltag unterstützt. Sie ist Autorin mehrerer Fachbücher zum Thema Strategieumsetzung. Im März 2013 erschien ihr neues Buch Hoshin Kanri - Unternehmensweite Strategieumsetzung mit Lean-Management-Tools" Tel.: +49/8170-92233 info@kudernatsch.com www.kudernatsch.com Unternehmen bei den klaren Visionen" nur kleinere Lücken sehen, werden diese bei den Aspekten konsequente Verfolgung einer langfristigen Strategie, durchgängig abgestimmte Ziele und konsequente Kundenorientierung zu ernsten oder größeren Lücken. Diese begründen sich hauptsächlich darin, dass meist kurzfristige Ziele das langfristige Denken überwiegen; des Weiteren, dass keine durchgängige Zielabstimmung existiert und die Kundenorientierung unzureichend in der Organisation verankert ist. Die größte kritische Lücke sehen die Unternehmen bei den durchgängig unternehmensweit abzustimmenden Zielen - topdown und cross-funktional. Entsprechende Methoden wie Hoshin Kanri/ Policy Deployment werden noch kaum genutzt. Ebene 2: Prozesse und kontinuierliche Verbesserung. Hier bestehen vor allem bei der wertstromorientierten Prozessgestaltung, der Anwendung des PDCA-Zyklus und der Umsetzung des Shopfloor-Managements große Lücken. Viele Unternehmen stehen mit der flussorientierten Prozessgestaltung noch am Anfang - und hier auch nur in den produktiven Bereichen. Auch der PDCA-Zyklus als Basis für eine strukturierte Problemlösung und kontinuierliche Verbesserung ist noch kaum etabliert. Einige Unternehmen haben zwar bereits mit einem Shopfloor Management begonnen, doch wesentliche damit verbundene Problemlösungsmethoden (z.b. A3-Report, Abweichungsanalysen) kommen noch selten zum Einsatz. Definierte Standards sind zwar überwiegend vorhanden, es mangelt aber noch am Verständnis, dass diese keine Kontrollinstrumente sind, sondern die Basis für eine kontinuierliche Verbesserung schaffen. Auf dieser Ebene konstatieren fast alle Unternehmen kritische Lücken". Entsprechend rar sind hier Best-Practice-Beispiele. Ebene 3: Leadership und Problemlösung. Auch in diesem Bereich überwiegen die Antworten einige ernste" und größere" Lücken. In den meisten Unternehmen existiert noch kein klar definiertes Führungsverständnis und einheitliches Führungsverhalten. Zudem mangelt es am Vorleben der Unternehmenswerte sowie der permanenten Selbstreflexion und Veränderungsbereitschaft der Führungskräfte. Eine konsequente und systematische Vor-Ort-Präsenz der Führungskräfte (insbesondere aus der Top-Ebene) ist meist nicht gegeben. Zudem verstehen sich die Führungskräfte zu wenig als Coach, die ihre Mitarbeiter beim Entwickeln ihrer Problemlösungsfähigkeiten unterstützen. Insofern kommen auch Führungsroutinen gemäß der Verbesserungs-Kata kaum zur Anwendung. Nur selten erfolgt eine konsequente Problemlösung auf Basis des PDCA-Zyklus sowie weiterer Problemlösungsmethoden (z.b. A3-Report) durch die Führungskräfte. Und bei der Auswahl der Führungs(nachwuchs)kräfte stehen meist nicht die Aspekte einer Lean Leadership-Kultur im Vordergrund. Kritische Lücken" lassen sich auf dieser Ebene bei fast allen Unternehmen konstatieren. Nur ganz wenige haben die für den Auf- und Ausbau einer Lean-Kultur in Unternehmen erforderliche Lean- Leadership-Kultur in ihrer Organisation bereits etabliert und eignen sich deshalb als Best Practice-Beispiele. 36 technologie&management 01/2015