THEORETISCHE METHODEN DER PHYSIK 2

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Transkript:

THEORETISCHE METHODEN DER PHYSIK Helmuth Hüffel Fakultät für Physik der Universität Wien Vorlesungsskriptum Sommersemester 8 Version vom --9

Inhaltsverzeichnis Lineare gewöhnliche Differentialgleichungen und Randwertprobleme 7. Wiederholung von gewöhnlichen Differentialgleichungen mit Anfangsbedingungen..... 8.. Typ getrennte Variable................................... Lineare DGL. Ordnung..................................3 Homogene lineare DGL. Ordnung mit konstanten Koeffizienten............4 Inhomogene lineare DGL. Ordnung mit konstanten Koeffizienten...........5 Allgemeine homogene lineare DGL. Ordnung......................6 Allgemeine lineare inhomogene DGL. Ordnung................... 3..7 Potenzreihenentwicklung................................. 3. Randwertprobleme bei gewöhnlichen DGL. Ordnung.................... 6.. Sturm-Liouville sches Randwertproblem........................ 8.. Verallgemeinerung der Randbedingungen.........................3 Wichtige Beispiele.................................... Fourierreihen, Fouriertransformation und Laplacetransformation 3. Fourierreihen........................................... 3. Fourier-Transformation..................................... 8.. Ableitungsformeln bei Fouriertransformation..................... 3.. Faltungsformeln..................................... 3..3 Anwendungsbeispiel der Fouriertransformation.................... 3..4 Mehrdimensionale Fouriertransformation........................ 33..4. Fouriertransformation einer radialsymmetrischen Funktion........ 33.3 Laplacetransformation...................................... 35.3. Beispiele zur Laplace-Transformation.......................... 35.3. Ableitungsformeln.................................... 36.3.3 Zusammenhang mit der Fourier-Transformation.................... 36.3.4 Umkehrtransformation der Laplace-Transformation.................. 37.3.5 Anwendung der Laplace-Transformation zur Lösung gewöhnlicher DGL mit konstanten Koeffizienten................................... 38

3 Spezielle Funktionen 4 3. Legendre-Polynome........................................ 4 3.. Explizite Formel für die Legendre-Polynome...................... 4 3.. Formel von Rodrigues.................................. 43 3..3 Integraldarstellung der P n................................ 43 3..4 Legendre Polynome P n und DGL............................ 43 3..5 Normierung, Orthogonalität............................... 44 3. Besselfunktion J n x)....................................... 46 3.3 Hermite-Polynome........................................ 47 3.3. Integraldarstellung.................................... 48 3.3. Differentialgleichung................................... 49 3.4 Laguerre-Polynome L n x).................................... 49 3.4. Erzeugende Funktion................................... 49 3.4. Integraldarstellung.................................... 49 3.4.3 Assoziierte Laguerre-Polynome............................. 5 3.4.4 Differentialgleichung................................... 5 3.5 Kugelfunktionen Y m l ϑ, ϕ).................................... 5 3.6 Gammafunktion Γx)...................................... 5 4 Theorie der Distributionen 54 4. Grundlegende Definitionen.................................... 54 4. Konventionelle Funktionen als Distributionen......................... 56 4.3 Rechenregeln........................................... 58 4.3. Summe.......................................... 58 4.3. Lineare Transformationen................................ 58 4.3.3 Produkt.......................................... 59 4.3.4 Differentiation von Distributionen........................... 6 4.4 Fouriertransformation von Distributionen........................... 63 4.4. Kurze Wiederholung der Fouriertransformation.................... 63 4.4. Fouriertransformation einer temperierten Distribution................ 64 4.5 Faltung von Distributionen................................... 65 4.5. Wiederholung formale Diskussion / heuristische Notation.............. 67 4.6 Nichtlineare Variablentransformation der δ-funktion..................... 68 4.7 Temperierte Distributionen im R n............................... 7 4.8 Greensfunktionsmethode..................................... 7 5 Partielle Differentialgleichungen. Ordnung im R 3 73 5. Einleitung............................................. 73 5. Laplace-Gleichung........................................ 74

5.. Randwertproblem, Eindeutigkeit der Lösung..................... 74 5.. Fundamentallösung der Laplace-Gleichung....................... 75 5..3 Produktansatz in Polarkoordinaten.......................... 76 5..3. Produktansatz................................. 76 5..3. Randbedingung................................ 78 5..4 Produktansatz in Zylinderkoordinaten......................... 79 5..4. Produktansatz für innere Lösung)...................... 8 5..4. Lösung des RWP................................ 8 5..5 Produktansatz in kartesischen Koordinaten...................... 8 5..5. Produktansatz................................. 8 5..5. Randbedingung................................ 8 5.3 Poisson-Gleichung........................................ 8 5.3. Randwertprobleme und Eindeutigkeit......................... 83 5.3. Green-Funktion..................................... 83 5.3.3 Dirichlet-Green-Funktion................................ 83 5.3.4 Spiegelungsmethode................................... 84 5.3.5 Multipolentwicklung................................... 85 5.4 Schwingungsgleichung...................................... 86 5.4. Homogene Schwingungsgleichung............................ 86 5.4. Fundamentallösung.................................... 86 5.4.3 Produktansatz in Polarkoordinaten........................... 87 5.4.4 Inhomogene Schwingungsgleichung........................... 88 5.5 Wärmeleitungsgleichung..................................... 89 5.6 Schrödingergleichung....................................... 9 5.7 Wellengleichung.......................................... 9 5.7. Radialsymetrische Lösung................................ 9 5.7. Stationäre Lösung.................................... 93 5.7.3 Ebene Wellen....................................... 94 5.7.4 Inhomogene Wellengleichung.............................. 94 5.7.5 Allgemeine Lösung des Anfangswertproblems..................... 96 6 Lineare Operatoren im Hilbertraum 98 6. Grundtatsachen der Lebesgue schen Integrationstheorie................... 98 6. Hilberträume........................................... 3 6.3 Basissysteme im Hilbertraum.................................. 7 6.4 Lineare Operatoren in endlich-dimensionalen Räumen.................... 9 6.4. Eigenwerte, Eigenvektoren................................ 6.5 Lineare beschränkte Operatoren im Hilbertraum....................... 5 6.6 Lineare unbeschränkte Operatoren............................... 7 3

7 Wahrscheinlichkeitsrechnung und stochastische Prozesse 9 7. Einführung Brownsche Bewegung)............................... 9 7.. Eindimensionale Irrfahrt................................. 9 7... Kombinatorische Herleitung......................... 9 7... Einsteins Herleitung.............................. 7.. Eindimensionale Brown sche Bewegung........................ 7... Historische Entwicklung............................ 7... Theorie..................................... 7..3 Langevins Beschreibung der Brown schen Bewegung................. 7. Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie........................... 3 7.3 Stochastische Prozesse...................................... 4 7.4 Stochastische Differentialgleichungen und der Itō-Kalkül................... 7 4

Literatur [] Arfken, George B. und Hans-Jurgen Weber: Mathematical methods for physicists. Elsevier Acad. Press, Amsterdam [u.a.], 5. [] Arnold, Ludwig: Stochastische Differentialgleichung. Oldenbourg, 973. [3] Bauer, Heinz: Wahrscheinlichkeitstheorie und Grundzüge der Maßtheorie. de Gruyter, 978. [4] Berendt, G. und E. Weimar: Mathematik für Physiker, Band. Physik-Verlag, 99. [5] Berendt, G. und E. Weimar: Mathematik für Physiker, Band. Physik-Verlag, 99. [6] Dym, Harry und Henry P. MacKean: Fourier series and integrals. Acad. Press, New York, NY [u.a.], 97. [7] Gardiner, Crispin W.: Handbook of stochastic methods. Springer, 4. [8] Gelfand, Izrail M. und Georgij E. Silov: Generalized functions, Band. Academic Press, New York, NY [u.a.], 98. [9] Gelfand, Izrail M. und Georgij E. Silov: Generalized functions, Band. Academic Press, New York, NY [u.a.], 968. [] Großmann, Siegfried: Funktionalanalysis, Band. Akad. Verl.-Ges., 977. [] Großmann, Siegfried: Funktionalanalysis, Band. Akad. Verl.-Ges., 975. [] Heuser, Harro: Lehrbuch der Analysis, Band. Teubner, Stuttgart, 4. [3] Jackson, John David: Classical Electrodynamics. John Wiley & Sons, Inc., 96. [4] Kamke, Erich: Differentialgleichungen Lösungsmethoden und Lösungen. Teubner, Stuttgart, 983. [5] Lang, Christian B. und Norbert Pucker: Mathematische Methoden in der Physik. Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag, 5. [6] Lighthill, Michael J.: Introduction to Fourier analysis and generalised functions. Cambridge Univ. Pr., Cambridge [u.a.], 3. [7] Reed, Michael und Barry Simon: Methods of modern mathematical physics, Band. Academic Press, 3. [8] Riesz, Frigyes und Béla Szokefalvi-Nagy: Vorlesungen über Funktionalanalysis. Deutsch, 98. [9] Whittaker, Edmund T. und George Neville Watson: A Course of Modern Analysis. Cambridge Univ. Press, Cambridge, 5. 5

Vorwort Dieses Skriptum ist ursprünglich von Markus Drapalik und Bernhard Reiter als Mitschrift meiner Vorlesung Theoretische Methoden der Physik im SS5 entstanden. Bernhard Reiter führte im Sommer 7 eine umfassende Erweiterung des Skriptums an Hand meiner Vorlesungsunterlagen durch und fügte zahlreiche Abbildungen hinzu; ich danke Bernhard Reiter für die sorgfältige Ausarbeitung. Ich habe das Skriptum seit Winter 7/8 überarbeitet. Ich möchte mich bei den HörerInnen meiner Vorlesung im SS8 - insbesondere bei Gabriele Uchida - für zahlreiche Korrekturen sehr herzlich bedanken! Helmuth Hüffel Wien, im Jänner 9 6

Kapitel Lineare gewöhnliche Differentialgleichungen und Randwertprobleme Eine Differentialgleichung DGL) ist eine Gleichung, in der die Variable x, die gesuchte Funktion yx) sowie deren Ableitungen vorkommen. Eine gewöhnliche Differentialgleichung in einer Variable x und einer gesuchten Funktion yx) ist von der Form F x, y, y, y,..., y n) ) = Die höchste auftretende n-te) Ableitung heißt Ordnung der Differentialgleichung. Beispiel Gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung). y ) + y = Einen bedeutenden Spezialfall stellt die lineare gewöhnliche Differentialgleichung dar: sie ist linear in y, y, y,... Beispiel Lineare gewöhnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung). y + y =.) mit Lösung c, c Konstanten) y = c cos x + c sin x.) Bemerkung Notation). Motiviert von der physikalischen Anwendung heißt die Variable oft t time) und die gesuchte Funktion xt); die Ableitung nach t wird mit einem Punkt bezeichnet, ẋt). In dieser Schreibweise lauten die obige DGL.) und ihre Lösung.) ẍ + x = xt) = c cos t + c sin t 7

Fragen, die im Zusammenhang mit DGL auftreten, sind insbesondere nach Existenz, Eindeutigkeit und Gesamtheit der Lösungen. Ein Anfangswertproblem gibt Werte zu einer DGL ausschließlich an derselben Stelle vor, yx ), y x ),... bzw. xt ), ẋt ),... Ein Randwertproblem gibt dagegen Werte an verschiedenen Stellen vor, z. B. x x ) yx ), yx ) bzw. xt ), xt ) Beispiel Randwertproblem). y + y = y) = y) = Wir werden sehen, dass yx) = für alle x. Dieses Randwertproblem hat damit keine nichttriviale Lösung! Wir ändern unsere Fragestellung und wollen jetzt wissen, zu welchen Werten λ C es Lösungen yx) gibt, die y + λy = erfüllen, und wie alle diese λ n und y n x) für n =,, 3,...) lauten. Ein Beispiel für eine solche Situation liefert die Quantenmechanik QM): Für welche Energiewerte hat die Schrödingergleichung eines Elektrons im Wasserstoffatom Lösungen?. Wiederholung von gewöhnlichen Differentialgleichungen mit Anfangsbedingungen Satz Existenz- und Eindeutigkeitssatz Peano, Picard-Lindelöf; ohne Beweis)). Sei y = fx, y) Wenn f stetig im rechteckigen Gebiet G R ist, sowie in G die Lipschitzbedingung erfüllt, so gibt es für jedes x, y ) G genau eine Lösung der DGL, die in einer Umgebung von x definiert ist, yx ) = y erfüllt und stetig von x, y ) abhängt. Definition Lipschitzbedingung). Die Funktion f erfüllt im rechteckigen Gebiet G eine Lipschitzbedingung, wenn es ein N > gibt, sodass für alle x, y ), x, y ) G fx, y ) fx, y ) N y y 8

Bemerkung. Für uns genügt die schwächere Version für Existenz und Eindeutigkeit, dass f in einem rechteckigen Gebiet stetig sein und bei festem x) eine beschränkte partielle Ableitung nach y haben soll, d. h. f x, y) y < N für N > sein soll. Beispiel. y = y y) = Voraussetzung des Eindeutigkeitssatzes mit y a, a > erfüllt. fx, y) = y ist stetig, f y = y a ist beschränkt, da a >. Also existiert eine eindeutige Lösung siehe Übungen). Speziell für y + fx)y = gx) lautet der Existenz- und Eindeutigkeitssatz EES): Wenn fx), gx) auf abgeschlossenen Intervall stetig, dann gibt es eine eindeutige Lösung, die die Anfangsbedingung yx ), x I erfüllt. Schließlich für y = fx, y, y ) ist der EES wie folgt: Wenn f stetig im zylindrischen Gebiet G = I K wo I R Intervall, K R Kreisscheibe) ist, und partielle Ableitungen nach y, y besitzt, so existiert eine eindeutige Lösung, die die Anfangsbedingung yx ) = η y x ) = η erfüllt. 9

.. Typ getrennte Variable y fx) = gyx)) dy dx = fx) gy) gy)dy = fx)dx anschließend nach yx) auflösen.. Lineare DGL. Ordnung y + fx)y = gx) y ges x) = y hom x) + y spez x) y hom ist allgemeine Lösung von y + fx)y = und das ist ja Typ getrennte Variable y spez durch Variation der Konstanten Beispiel. y + y = + x y hom = ke x, k R y spez x) = kx)e x k e x ke x + ke x = + x k = + x)e x k = + x)e x dx = e x + xe x e x + c wählen c = y ges = ke x + x..3 Homogene lineare DGL. Ordnung mit konstanten Koeffizienten y + a y + a y = a, a R Ansatz: y = e λx λ + a λ + a = λ λ : y hom = c e λx + c e λx λ = λ = λ : y hom = c e λx + c xe λx Wenn y, y Lösungen der homogenen linearen DGL sind, so ist c y + c y selbst für c, c C eine Lösung

wenn λ, = α ± iβ gilt für y = e λx, y = e λx : y = y und Re y = y + y ) = y + y ) Im y = i y y ) = y y ) sodass Re e α+iβ)x = e α cos βx Im e α+iβ)x = e α sin βx Für die homogene Lösung können wir somit ebenso gut schreiben y hom = e αx c cos βx + c sin βx) Zur Erinnerung: Lösungen y x), y x) sind linear unabhängig heißen Hauptsystem) Wronski-Determinante verschwindet nicht x y y W x) = y y = y y y y Beispiel. λ λ, y = e λx, y = e λx W x) = e λx λ e λx e λx λ e λx = eλx e λx λ λ ) x..4 Inhomogene lineare DGL. Ordnung mit konstanten Koeffizienten y + a y + a y = fx) y ges = y hom + y spez y spez = c x)y x) + c x)y x) Die Lösung der homogenen Gleichung y hom = c y + c y kennen wir schon aus Abschnitt..3; y spez bestimmen wir mittels Variation der Konstanten. Man kann durch Einsetzen in inhomogene DGL nicht beide c, c festlegen, daher ist extra Bedingung notwendig. Jede spezielle Lösung ist wählbar und somit jeder erfolgreiche Ansatz erlaubt. Tatsächlich führt die Bedingung zu der einfachen Formel siehe Übungen) Beispiel. y + y = fx) = c y + c y = y f y spez x) = y W dx + y y f W dx

λ + =, λ, = ±i y = cos x, y = sin x cos x sin x W = sin x cos x = cos x + sin x = y spez = cos x sin x dx + sin x cos x dx = y ges = k cos x + k sin x +..5 Allgemeine homogene lineare DGL. Ordnung y + fx)y + gx)y = Es existieren l.u. Lösungen, aber es gibt kein allgemeines Verfahren zu deren Bestimmung. Manchmal ist eine Lösung y x) bekannt z.b. durch Erraten), dann kann man dazu eine l.u. Lösung y x) bestimmen. Betrachten zunächst W, leiten ab und setzen für y die DGL ein: W = y y y y W = y y + y y y y y y = y y y y = y fy gy ) y fy gy ) = fy y y y ) = fw dw W = fdx ln W = fdx W = e R fdx Trick: y ) = y y y y y y y = y W dx y = W y y = y W y dx Beispiel. y x x y + y =, x < x Durch Erraten: y x) = x

Probe: y = y = x x + x x = fx) = x x W x) = e R x x dx = e ln x) = x y = x =... x x dx = x x + ln + x x ) = + x ln + x x..6 Allgemeine lineare inhomogene DGL. Ordnung y + fx)y + gx)y = hx) y ges = y hom + y spez Die homogene Lösung wird wie zuvor Abschnitt..5) bestimmt, die spezielle Lösung wieder mittels Variation der Konstanten..7 Potenzreihenentwicklung y h y ges = k y + k y y W dx + y y h W dx Wir betrachten y + fx)y + gx)y = und suchen bei x = x näherungsweise Lösungen Definition. x reguläre Stelle.. Wenn fx) und gx) bei x analytisch ins Komplexe fortgesetzt werden können, heißt. Gilt dies nur für x x )fx) und x x ) gx), heißt x reguläre Singularität 3. Sonst heißt x singuläre Stelle Es gilt o. Bew.):. Ist x reguläre Stelle, so führt yx) = n= a nx x ) n zu zwei l. u. Lösungen 3

. Ist x reguläre Singularität, so führt der Frobeniusansatz yx) = n= a nx x ) ϱ+n, a zu mindestens einer Lösung y x). Der Index ρ wird als Lösung einer quadratrischen Gleichung erhalten, wir bezeichnen diese beiden Wurzeln mit ρ, ρ. a) Wenn ρ ρ / Z, so liefern y x) = n= a nx x ) ρ+n und y x) = n= b nx x ) ρ+n zwei l. u. Lösungen. b) Wenn ρ ρ Z also insbesondere ρ = ρ ), so liefert y x) = n= a nx x ) ρ+n eine Lösung, die zweite dazu l. u. Lösung wird mit der Wronskideterminanten Methode gefunden und ergibt den Ansatz mit Konstanten c, b n. y x) = c y x) lnx x ) + b n x x ) ρ+n n= Beispiel. y + x y + x x) y = Es ist x = eine reguläre Singularität, weil x... fx) x x)... gx) x x = x x x) = x x bei x = analytisch fortsetzbar ist z z hat keinen Pol bei z = ). Ansatz: y = y = y = a n x ϱ+n n= a n ϱ + n)x ϱ+n n= a n ϱ + n)ϱ + n )x ϱ+n n= am bestem in folgende Umformung einsetzen x x)y + x)y + y = { an ϱ + n)ϱ + n )x x )x ϱ+n + a n ϱ + n) x)x ϱ+n + a n x ϱ+n} = n= und sortieren nach Potenzen von x: 4

{ a n x ϱ+n ϱ + n)ϱ + n + ) + x ϱ+n [ ϱ + n)ϱ + n ) ϱ + n) + ] } = n= a n ϱ + n) x ϱ+n [ + a n ϱ + n) ] x ϱ+n = n= n= Die niedrigsten Potenzen von x treten in den Summanden mit n = auf, und zwar in der ersten Summe bei x ϱ : a ϱ Nun ist lt. Vor. a ϱ = ϱ = ist in diesem Beispiel Zufall, dass ϱ = ) a n n x n + a n n )x n = n= n= Wieder Koeffizientenvergleich: x : a = also keine Aussage, setzen mit dem nächsten fort x : a + a = a = a x : 4a + a ) = a = x : 9a 3 + a 4) = a 3 = könnte man noch fortsetzen, durch Induktionsbeweis Regelmäßigkeit zeigen,... yx) = a x) y = x Potenzreihe hat für. Lösung nichts gebracht, aber wir können sie mit der Wronskideterminanten Methode bestimmen siehe Übungen). Bemerkung. Warum muss für die Möglichkeit mittels Frobeniusansatzes eine Lösung der Differentialgleichung zu erhalten die Bedingung der regulären Singularität erfüllt sein? Wäre diese nicht erfüllt, wäre z.b. gx) = c 3 x 3 y = y = y = a n x ϱ+n n= + k= c kx k mit c 3, dann folgt nach Einsetzen a n ϱ + n)x ϱ+n n= a n ϱ + n)ϱ + n )x ϱ+n n= mittels Koeffizientenvergleiches, dass c 3 = Widerspruch!! 5

. Randwertprobleme bei gewöhnlichen DGL. Ordnung Randbedingung: y + fx)y + gx)y = hx) α ya) + β y a) = γ α yb) + β y b) = γ a, b, α, α, β, β, γ, γ R, a b Spezialfälle: β = β = Dirichlet sches Randwertproblem α = α = Neumann sches Randwertproblem hx) =, γ = γ = homogenes Randwertproblem sonst inhomogenes Randwertproblem Bei homogenen RWP gibt es immer die triviale Lösung yx) ; wir nennen ein homogenes RWP lösbar, wenn es ein yx) gibt. Im Gegensatz zum AWP ist RWP i. A. nicht immer lösbar. Beispiel. y + y = y) = y) = y = e µx µ + = µ = ±i y) = = c y = c cos x + c sin x y = c sin x y) = = c sin }{{} c = yx) Beispiel. y + y = y) = yπ) = 6

Mittels Variation der Konstanten W =, f = ): y = c cos x + c sin x + y) = = c + y = cos x + c sin x + yπ) = = ) + c + Einsetzen der Randbedingungen führt also auf den Widerspruch = ; es gibt daher keine Lösung! Häufig kommt in Dgl. ein - üblicherweise λ genannter - Parameter vor, sodass für bestimmte Werte von λ n, n =,,, 3... das RWP lösbar ist. λ n heißen Eigenwerte EW, die zugehörigen Lösungen y n x) Eigenfunktionen EF des RWP. Suchen daher zunächst λ n, dann erst y n x)! Beispiel. y + λy = λ R +, y) = y) = y = e µx µ + λ = µ = ±i λ y = c cos λx + c sin λx y) = = c y = c sin λx y) = = c sin λ λ = nπ c λ n = nπ) y n = c sin nπx mit n =,, 3,.... Die unbestimmte Konstante c kann durch eine Normierungsbedingung festgelegt werden, z.b.: c y nx)dx = sin nπxdx = c nπ c = nπ sin ydy = c wobei Variablentransformation mit y = nπx benutzt wurde. 7

.. Sturm-Liouville sches Randwertproblem px)y ) + qx)y + λrx)y = α ya) + β y a) = α yb) + β y b) = p, q, r reelle stetige Funktionen und überdies ist px), rx) positiv x Ges.: Eigenwerte λ n und zugehörige Eigenfunktionen y n x) Beispiel. y + λy = y) = y) = In diesem Fall sind also px) = rx) =, qx) =, a =, b = Es gilt, ohne Beweis, erläutert am obigen Beispiel: Satz. Eigenwerte sind reell, streng monoton steigend, λ n Bsp: λ n = nπ), n =,, 3,... Eigenfunktionen sind bis auf konstanten Faktor eindeutig Bsp.: y n = c sin nπx EF y n hat in a, b) n Nullstellen Bsp.: y 3 = c sin 3πx 3 3 Abbildung.: yx) = sin 3πx EF bilden bei geeigneter Normierung) ein Orthonormalsystem mit Belegfunktion rx) 8

Bsp.: y n = sin nπx Sei n m: b a rx)y n x)y m x)dx = δ nm sinnπx) sinmπx)dx = [cosn m)πx cosn + m)πx]dx = n m)π sinn m)πx n + m)π sinn + m)πx = n = m: sin nπx) dx = EF y n bilden ein vollständiges Orthonormalsystem cos nπx)dx = Das bedeutet insbesondere für ein stückweise stetig in a, b) differenzierbares f, welches die Randbedingungen erfüllt, dass f N x) mit f N x) := c n := b a N c n y n x) n= rx)fx)y n x)dx gleichmäßig gegen fx) konvergiert siehe auch Abb..). Gleichmäßige Konvergenz bedeutet, dass für alle ɛ ein N unabhängig von x a, b) existiert, sodass N, N > N, wo N < N f N x) f N x) < ɛ x a, b) fx) fix) fjx) Abbildung.: Gleichmäßige Konvergenz von f N x) gegen fx) i < j) Beispiel: Fourierreihenentwicklung von stetig differenzierbarem fx), f) = f) =, konvergiert 9

gleichmäßig gegen f f N x) = c n = N c n sin nπx n= fx) sin nπx dx Wäre andererseits f in a, b) lediglich Lebesgue-quadratintegrierbar siehe 6.), so konvergiert Fourierreihe f N bloß im quadratischen Mittel gegen f b lim N a rx) fx) f N x) dx =.. Verallgemeinerung der Randbedingungen Es kann Stetigkeit, oder Endlichkeit, oder höchstens polynomiales Anwachsen bei a oder b gefordert werden. Auch ein unendlich großes Intervall z.b. a =, b = ) kann zugelassen sein...3 Wichtige Beispiele Legendre-Polynome P n x) x )y ) + λy =, x [, ] Randbedingung: y±) < ausschreiben und ausdifferenzieren: Ohne Beweis: Randbedingung nur erfüllbar, wenn x )y xy + λy = λ = nn + ), n =,,, 3,... y n... Legendre-Polynome P = P = x P = 3x ) Die Legendre Polynome kommen in der Lösung der Laplace Gleichung in Polarkoordinaten vor. Bemerkung. DGL hat an sich zwei l. u. Lösungen, durch Randbedingung bleibt jedoch nur eine übrig. Besselfunktion J n xy ) n y + λxy =, x [, ] x n =,,, 3,... ist fix vorgegeben, darf nicht mit Eigenwert λ verwechselt werden

Laguerre-Polynome L n xe x y ) + λe x y =, x [, ] Randbedingung: y) =, y) < mittels ξ = λ x und yx) := Jξ) transformieren wir siehe Übungen) ξ J ξ) + ξj ξ) + ξ n )Jξ) = transformierte Randbedingung: J λ) =, J) < λ n,m = k n,m, k n,m... Nullstellen von J J n heißen Besselfunktionen y n x) = J n k n,m x) Die Besselfunktionen kommen in Lösungen der Laplace- und Schwingungsgleichung vor. Bemerkung. Die zweite l. u. Lösung erfüllt die Randbedingung y) < nicht. Hermite-Polynome H n e x y ) + λe x y =, x R Randbedingung : y darf in ± höchstens wie endliche Potenz ansteigen d.h. y ist Polynom) Wir schreiben die Gleichung um, indem wir den Faktor e x abspalten: y xy + λy = Ohne Beweis: λ n = n, n =,,,... y n... Hermitepolynome H n H = H = x H = 4x Die Hermite Polynome kommen in der Lösung der Schrödingergleichung des harmonischen Oszillators vor. Bemerkung. Die zweite l. u. Lösung der DGL steigt nicht-polynomisch an. Randbedingung : y) < und y darf in höchstens wie endliche Potenz ansteigen d.h. y ist ein Polynom)

Wir schreiben die Gleichung um, indem wir den Faktor e x abspalten: xy + x)y + λy = Ohne Beweis: λ n = n y n... Laguerre Polynome L n L = L = x L = x + x Die Laguerre-Polynome kommen in der Lösung der Schrödingergleichung des Wasserstoffatoms vor. Bemerkung. Auch hier ist die zweite Lösung der DGL kein Polynom.

Kapitel Fourierreihen, Fouriertransformation und Laplacetransformation. Fourierreihen 8 postulierte Fourier ohne stichhaltige Beweise): Jede beliebige Funktion fx) mit Periode L, d. h. fx) = fx + L), lässt sich in eine Reihe der Gestalt fx) = a + a n cos πnx L + b n sin πnx ) L entwickeln, wo a n = L b n = L L L n= fx) cos πnx dx n =,,,... L fx) sin πnx dx n =,,... L Analog gilt siehe Übungen) wo fx) = c n = L n= c n e πin L L x fx) e πin L x dx L Beweise zu Fouriers Postulat unter welchen Voraussetzungen die Reihe in welchem Sinne konvergiert: Mitte 9. Jhd.: Dirichlet, Riemann Anfang.Jhd.: Lebesgue, Riesz, Fischer Beispiel. ) π x fx) = x [, π] 3

π 4 π π Abbildung.: fx) = ) π x Offensichtlich gilt f) = fπ) = π 4 Für n ist a n = π π b n =... = π x ) cos nxdx =... = n und Damit a = π π π x fx)?!? = π + ) dx =... = π 6 n= cos nx n Mit Hilfe des folgenen Satzes wissen wir, dass π + cos nx n= n Wollen folgenden Satz allgemein beweisen: gleichmäßig gegen ) π x konvergiert. Satz. Sei fx) L-periodisch, stetig und stetig differenzierbar. Dann konvergiert die Fourierreihe f N x) = N n= N c ne πinx gleichmäßig gegen f o. B. d. A. L = ). Beweis in zwei Schritten:. Fourierreihe konvergiert gleichmäßig. Für festes x [, ] konvergiert Fourierreihe punktweise gegen f. Einige Hilfsüberlegungen: wo c R und fx) = fx + ). c+ fx)dx! = c fx)dx fx)dx + c+ fx)dx = fx)dx + c fy + )dy = c c c fx)dx + c fy)dy = fx)dx 4

wo y = x gesetzt und die Periodizität von y verwendet wurde. Bessel sche Ungleichung c n n= fx) dx.) Beweis. Im folgenden ist c n das komplex Konjugierte von c n. n= = + = c n N dx f dxfx) N n= N m= N dxfx) fx) dx N n= N N n= N ) c n e f πinx N m= N c n fx)e πinx dx c n c m e πin m)x dx N n= N c n c n N m= N c m c m + c m e πimx ) N m= N N n= N m= N c m fx)e +πimx dx N c n c m δ nm N Riemann-Lebesgue Lemma Beweis. Da muss c n Nullfolge sein! n= lim c n =.) n c n fx) dx < Cauchy-Schwarz sche Ungleichung N a n b n N a n N b n.3) n= n= n= Nun wollen wir zeigen, dass die Fourierreihe gleichmäßig konvergiert, d. h. für alle ɛ existiert ein N unabhängig von x [, ], sodass N, N > N, wo N > N f N x) f N x) < ɛ x [, ] Beweis. Zunächst zeigen wir 5

N N N N f N x) f N x) = c n e πinx + + c n e πinx n= N n= N n= N n=n+ = c n e πinx N+ n N c n.4) N+ n N Da laut Voraussetzung f stetig differenzierbar ist, können wir die Fourierkoeffizienten d n := f x)e πinx dx von f betrachten. Es gilt die Ableitungsformel d n = πinc n.5) Beweis. Partielle Integration ergibt d n = f x)e πinx dx = fx)e πinx πin) fx)e πinx dx = + πinc n wobei der erste Term aufgrund der Periodizität verschwindet. Nun setzen wir die Ableitungsformel.5) in.4) ein, wenden die Cauchy-Schwarz-Ungleichung.3) an und erhalten die erste Zeile der folgenden Ungleichungskette: f N x) f N x) N+ n N N+ n πn d n πn const N const N N+ n N+ n N πn d n N+ n N d n const f x)) dx N Weiters haben wir in der zweiten Zeile die Bessel sche Ungleichung.) für f x) sowie die folgende Überlegung verwendet: N+ n n = n=n+ Wir zeigen nun, dass für festes x [, ] n < dx N+ x ) = x = N+ N lim f N x) fx)) = N Definition. Dirichlet-Kern D N x) = n N e πinx 6

Bemerkung. Sei x Z. Dann ist D N x) = D N x + ) D N x) = = N + n N Sei zunächst x / Z. Dann gilt unter Verwendung der Summenformel für die geometrische Reihe πinx eπin+)x D N x) = e e πix = eπin+)x e πinx e πix = eπix e πix eiπn+)x e iπn+)x e iπx e iπx = sin πn + )x sin πx Dieses Ergebnis bleibt auch - bei Verwendung des Satzes von L Hospital - für x [, ] richtig, somit gilt allgemein D N x) = sin πn + )x sin πx x [, ] Weiters f N x) = c n e πinx = = n N n N dyfy)d N x y) = dyfy)e πiny e πinx x dy fx + y )D N y ) = / x / dyfx + y)d N y) wo y = y x. In der letzten Gleichung wurde die Periodizität des Integranden unter y y + benutzt. f N x) fx) = = / / / / Dabei ist der erste Faktor des Integranden stetig in [, ]. dy{fx + y) fx)}d N y) fx + y) fx) dy sin πn + )y sin πy Schließlich gilt, unter Benutzung des Riemann-Lebesgue-Lemmas.) Weitere Verallgemeinerung: lim f N x) fx)) = N Satz. Sei fx) L-periodisch und stetig bis auf endlich viele Unstetigkeitsstellen, die nur Sprungstellen sein sollen. Bis auf die Sprungstellen und weitere endlich viele Knicke sei f stetig differenzierbar und es sollen überall Links- und Rechtsableitungen existieren; sei f N x) = N n= N c ne πinx. Dann. konvergiert f N x) fx) gleichmäßig in jedem abgeschlossenen Intervall, das keine Sprungstelle enthält. 7

. konvergiert f N x) um die Sprungstelle x gegen fx + ) + fx )) den Mittelwert von lim x x fx) =: fx + ) und lim x x fx) =: fx ). Bemerkung.. Abgesehen von Knickstellen schon bewiesen; bisheriger Beweis bleibt gültig auch für Knickstellen, da die Bessel sche Ungleichung und das Riemann-Lebesgue-Lemma auch für diesen Fall gültig sind ohne Beweis). Gibbs-Phänomen ohne Beweis) f N x) um ca. 8, 9 % der Sprungweite übertroffen, x max = O N ). In der Nähe einer Sprungstelle wird fx) von den Partialsummen Beispiel. x π fx) = π x π. Fourier-Transformation ) f N x max ) fx max ) =.79... + O N ) x max = O N Für eine stetige und stetig differenzierbare, L-periodische Funktion fx) gilt bzgl. gleichmäßiger Konvergenz) Intuitiv: wenn L fx) = n= = π L/ fy) e L/ L π L n= fx) π n= πn i L L/ π L/ k πn L dk π L π L ) y dy e i πn L L fy)e dk πn i L y dy ) ) dk fy)e iky dy e ikx π x e i πn L x In welchem Sinn gilt nun die Näherung und für welche fx) existiert fx)e ikx dx? Diese Fragen wollen wir hier nicht in voller Allgemeinheit studieren, sondern beschränken uns auf einen wichtigen Spezialfall: 8

Definition. Sei S die Menge der unendlich oft differenzierbaren Funktionen R C, sodass f und alle ihre Ableitungen schneller als jede Potenz bei x gegen Null geht; das bedeutet mathematisch sup x p f q) x) < x R p, q N oder: es existiert ein x >, sodass für x > x x p f q) x) const p, q N oder Beispiel. lim x x p f q) x) = p, q N e x S + x / S e x / S e x / S Bemerkung. f S f n) S f S px)fx) S wo px) Polynom. Definition Fouriertransformation). Fouriertransformation Ff und inverse Fouriertransformation F f lauten Ff)k) = π F f)x) = π fx)e ikx dx fk)e ikx dk k R x R Satz. Wenn f S, dann existiert Ff. Beweis. Ff)k) = fx)e ikx dx π π fx) dx = π fx) dx + fx) dx < x x π x >x o Hierbei wurde benutzt, dass der vorletzte Term wegen der Stetigkeit von f endlich ist. Da f S kann 9

man x so wählen, dass fx) c x für x > x ist; somit fx) dx < x >x o x >x o c c dx = < x x Beispiel. fx) = e x / Ff)k) = e k / Siehe dazu auch die Übungen! Bemerkung. Ff)k) konvergiert für f S absolut, ist dabei k-unabhängig und somit gleichmäßig konvergent in k. Definition Gleichmäßige Konvergenz). a fx, y)dx konvergiert gleichmäßig in y [y o, y ] falls es zu jedem ɛ > ein N gibt, sodass für alle N, N > N, y [y o, y ] gilt N N fx, y)dx < ɛ Weiters kann aus der gleichmäßigen Konvergenz von a gy) = gefolgert werden und es gilt die Ableitungsformel g y) = a a f y x, y)dx die Stetigkeit von fx, y)dx fx, y) dx y.. Ableitungsformeln bei Fouriertransformation Sei f S, dann gilt Ff )k) = π f x)e ikx dx = [ fx)e ikx π + ik ] fx)e ikx dx = ikff)k).6) Dabei wurde partiell integriert das ist erlaubt, da Ff )k) gleichmäßig konvergent in k ist). Der erste Term fällt dann weg, da fx) S. Iteration führt zu höheren Ableitungen: Ff p)) k) = ik) p Ff)k) 3

Ff) k) = π ) d fx) dk e ikx dx = fx) ix)e ikx dx π = F ixf))k).7) Hier ist mit fx) S auch ixfx) S. Da F ixf))k) gleichmäßig konvergent in k, durfte unter dem Integralzeichen differenziert werden. Iteration: Ff) q) k) = F ix) q f))k) Insgesamt ik) p Ff) q) k) = ik) p F ix) q f)) k) = F ix) q f) p)) k) p, q N Satz. Fouriertransformation bildet S auf sich selbst ab, d. h. wenn f S, dann auch Ff S. siehe Übungen) Satz. ohne Beweis) Wenn f S, dann gilt FF f) = F Ff) = f. Satz Plancherel-Gleichung). ohne Beweis.) Für f S gilt fx) dx = Ff)k) dk.. Faltungsformeln Satz Faltungstheorem). Für f, g S gilt wo die Faltung zweier Funktionen gegeben ist durch Beweis. f g)x) = π Ff Fg = π = π = π = π Ff g) = Ff Fg.8) Ff g) = Ff Fg.9) = Ff g))k) fx )gx x )dx = g f)x).) e ikx fx )dx π π dxe ikx π e iky gy )dy e ikx +y ) fx )gy )dx dy fx y)gy)dy dxe ikx g f)x) = Fg f))k) In der dritten Zeile haben wir x = x + y, y = y und dx dy = dxdy verwendet. 3

..3 Anwendungsbeispiel der Fouriertransformation Auffinden spezieller Lösungen von gewöhnlichen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten, z. B. bei vorgegebenem f S. Fouriertransformation der Gleichung y y = f Fy Fy = Ff k Fy Fy = Ff + k )Fy = Ff Fy = + k Ff Rücktransfomation und Anwendung des Faltungstheorems.9 ergibt da F ) +k ) F Fy = y = F + k F Ff ) ) yx) = F + k f x) yx) = = π e x siehe Übungen). Bemerkung. Vgl. frühere Formel für spezielle Lösungen: Homogene Lösung y y = y = e x y = e x W = e x e x y spez x) = e x x e x e x c e x = e x x fx )dx fx ) x dx + e x c e x fx ) dx y spez x) hängt mit obiger, durch Fouriertransformation gefundener, Lösung zusammen: e x x fx )dx = = x e x+x fx )dx + x Dabei sind K und K endlich, da fx) S. c e x+x fx )dx + x x c e x x fx )dx e x x fx )dx + K e x + K e x 3

..4 Mehrdimensionale Fouriertransformation Definition. Für x R n ist fx) S, wenn f beliebig hohe partielle Ableitungen besitzt und für r = x + x +... + x n sowie für alle k N und für alle p = p + p +... + p n, p i N Beispiel. lim r rk x p p f... = xpn n e r S x e r S Dagegen e x / S, da es mit x = bei r nicht abfällt. Definition Mehrdimensionale Fouriertransformation). Sei x = x. Rn, k = k. Rn. x n Ff)k) = fx)e ikx d n x π) n/ R n F f)x) = fk)e +ikx d n k π) n/ R n k n Beispiel. n = 3, x, k R 3 Bei allgemeinen fx) faktorisiert Ff)k) nicht! fx) = e x / = n i= e x i / 3 Ff)k) = e k i / = e k / i=..4. Fouriertransformation einer radialsymmetrischen Funktion Sei n = 3, x = x x x 3, r = x + x + x 3 und fx) = fr). Denken wir uns k R3 fest, kx = kr cos θ d 3 x = r dr sin θdθdφ = r drd cos θdφ 33

wo k = k, θ π, φ π. Dann ist Ff)k)! = Ff)k) = Analog die Rücktransformation Wählen Polarkoordinaten im R 3 Ff)k) = π) 3/ = π) / π k F f)r) = dr π r π dr dφ d cos θe ikr cos θ r fr) [ cos θ e ikr ikr ] cos θ= r fr) cos θ= drfr)r sin kr.) dkfk)k sin kr.) x = r sin θ cos φ x = r sin θ sin φ x 3 = r cos θ mit θ π und φ π; weiters d 3 x = dx dx dx 3 r dr sin θdθdφ Wählen x, x, x 3 -Achsen so, dass k x 3 -Achse k = k = k 3 = k Außerdem k = k. Beispiel. fr) = e ar a > π k Ff) k ) = dr sin k r) e ar r = Im Ff) k ) = = Im a i k = a k a + k ) π a a + k ) In der zweiten Zeile wurde dabei partiell integriert. dr e a i k )r r dre a i k )r a + i k ) = Im a i k ) a + i k ) 34

.3 Laplacetransformation Definition Laplace-Transformation). Lf)s) = fx)e sx dx, s C Satz. Wenn f stetig und fx) const e σx für σ R und x, so existiert Lf)s) für alle solche s C, wo Re s > σ. Beweis. fx)e sx dx fx) e Re s)x dx const e Re s σ)x dx = const e Re s σ)x Re s σ = const < Re s σ.3. Beispiele zur Laplace-Transformation Beispiel. fx) = fx) = = e x σ = Also existiert L))s), wenn Re s > L))s) = e sx dx = s e sx = s Damit also L) = s Beispiel. fx) = x x const e σx σ > Also existiert Lx),wenn Re s > Lx))s) = x e sx dx = x e sx s Im ersten Schritt haben wir partiell integriert, im zweiten fällt x e sx s also Lx) = s e sx + s dx = s = weg. Insgesamt erhalten wir 35

Beispiel. fx) = e ax, a R σ = a Le ax ) existiert, wenn Re s > a. Le ax ) = e s a)x dx = s a Beispiel. fx) = cos ωx, ω R σ = Re s >.3. Ableitungsformeln Lcos ωx) = e s iω)x + e s+iω)x) dx = s iω + ) s + iω s = s + ω.3) Lf ) = f) + s Lf).4) Man beachte besonders den ersten Term. Vergleiche außerdem Formel.4 mit der Ableitungsformel für die Fouriertransformation Ff ) = ikff. Beweis. f x)e sx dx = fx) e sx = f) + s Lf) + s fx) e sx dx Dabei haben wir zunächst partiell integriert. Im zweiten Schritt haben wir benutzt, dass fx) e sx = f) für Re s > σ. Aus.4 folgt weiters Lf ) = f ) + slf )) = f ) sf) + s Lf) oder umgeordnet Lf ) = s Lf) f ) sf).5).3.3 Zusammenhang mit der Fourier-Transformation Sei s = σ + ik, wobei σ, k R. Dann gilt Lf)σ + ik) = π F fx)e σx Θx) )) k).6) 36

Beweis. Wir schreiben zunächst die rechte Seite explizit an: π F fx) e σx Θx) )) k) = fx)e ikx σx Θx)dx = Im zweiten Schritt haben wir die Heaviside-Funktion Θx) eingesetzt, x < Θx) = x Diese verhindert Beiträge von negativen x. fx)e ikx σx dx = Lf)σ+ik) = Lf)s).3.4 Umkehrtransformation der Laplace-Transformation Zunächst folgt für σ > σ und stetiges und stückweise differenzierbares f aus.6 mittels Fourier- Rücktransformation für x > ), dass bzw. fx)e σx = π fx) = π e ikx π Lf)σ + ik)dk Lf)σ + ik)e σ+ik)x dk Dies ist die Parameterdarstellung eines komplexen Integrals mit Weg γ vgl. Abb.. links): sk) = σ + ik, k, ) ṡ = i und damit fx) = Lf)s)e sx ds, x > πi γ γ Im s γ Im s γ γ γ3 σ Re s a) Integralweg σ σ σ Re s b) Geschlossener Integralweg Abbildung.: Illustrationen zum Integrationsweg 37

Allgemein gilt der folgende Satz. Lf)s) ist analytisch für Re s > σ. ohne Beweis) sowie der Satz. Ist Lf)s) analytisch bis auf endlich viele isolierte Singularitäten s,..., s m mit Re s k σ und gilt Lf)s) für s, so kann man den Integrationsweg γ durch einen unendlich großen linken Halbkreis γ sowie Strecken γ und γ 3 schließen vgl. Abb.. rechts) und den Residuensatz anwenden, sodass für x > m fx) = L Lf) = Res Lf)s)e sx, s = s k ) k= ohne Beweis) Beispiel. fx) =, L) = s Beispiel. fx) = L s ) ) = Res s esx, s = = fx) = e ax, Le ax ) = s a ) ) e fx) = L sx = Res s a s a, s = a = e ax.3.5 Anwendung der Laplace-Transformation zur Lösung gewöhnlicher DGL mit konstanten Koeffizienten. DGL Laplace-transformieren. Ableitungsformel 3. Lösen der transformierten Gleichung rein algebraisch) 4. Rücktransformation Beispiel. y + ω y = cos ωx y) = y ) = 38

Ly ) + ωly) = Lcos ωx) s Ly) y ) s y) + ωly) s = s + ω Ly) s + ω ) s = s + s + ω s s Ly) = s + ω + s + ω ) s + ω ) Dabei haben wir im ersten Schritt auf die linke Seite die Ableitungsformel.5 und auf die rechte Seite Gl..3 angewendet. Im zweiten Schritt haben wir die Anfangsbedingungen eingesetzt und s addiert. Nun wenden wir auf den zweiten Term rechts eine Partialbruchzerlegung an und transformieren schließlich den ganzen Ausdruck zurück: s Ly) = s + ω + ω ω y = cos ω x + s s + ω s s + ω ω ω cos ωx cos ω x) Bemerkung. Die Anfangsbedingung ist hier automatisch inkludiert! ) 39

Kapitel 3 Spezielle Funktionen Funktionen wie die Legendre-Polynome 3.), die Besselfunktionen 3.), die Hermite-Polynome 3.3) oder die Laguerre-Polynome 3.4) können mittels erzeugender Funktionen definiert werden. Wir studieren zunächst Eigenschaften dieser Polynome und beweisen abschließend, dass diese Polynome mit den Lösungen diverser Randwertprobleme zusammen hängen. 3. Legendre-Polynome Definition. Erzeugende Funktion der Legendre-Polynome ist : xt + t Wenn xt + t <, ergibt sich nach Taylor-Entwicklung und unter Anwendung des Binomischen Lehrsatzes: xt + t ) / = = = l= l= l l l l= k= ) xt + t ) l ) l ) l t k xt) l k k k= ) ) l t l+k x) l k 3.) l k Wir fordern, dass Doppelsumme absolut konvergent ist, also dass t <, x <, und können umordnen Beispiel. Näherungsweise Berechnung = P l x)t l xt + t l= + ε = ε + 3 8 ε +... Tipp: x ist immer das, woraus die Polynome werden 4

wo ε = xt + t xt + t = + xt + 3x )t +... P = P = x P = 3x )..5 n = n = n = n = 3 n = 4 n = 5 Pnx).5 -.5 - - -.5.5 x Abbildung 3.: Die ersten sechs Legendre-Polynome P n Beispiel. Seien x, x R 3, R = x, r = x und sei R > r. x x = r + R Rr cos α = R r R ) cos α + r 3.) R ) = r ) l P l cos α) R R l= x r α R x Abbildung 3.: Definition von R, r, cos α 4

Wir betrachten nun den allgemeinen Fall und führen den neuen Summationsindex n = l + k in 3. ein: l= k= l = k max n= k= Da k l = n k, gilt n n gerade k max = n n ungerade xt + t ) / = = = l l= k= k max n= k= l P n x)t n n= n k ) ) l k t l+k x) l k ) ) n k k ) n k x n k t n Hier ist P n x) = k max k= n k ) Wir betrachten die einzelnen Faktoren: ) = ) ) n k n k k ) ) n k x n k... ) n + k + } {{ } n k) Faktoren n k k ) = n k)! n k)! k! /n k)! und erhalten damit ) n k n k k ) ) n k = ) n k = )n k n k ) k n 3... n k ) n k) n k )... n k)! n k)! k! n ) k und daraus schließlich die 3.. Explizite Formel für die Legendre-Polynome k max P n x) = ) k n k)! x n k n k)! n k)! k! n k= n n gerade k max = n n ungerade 4

3.. Formel von Rodrigues Beweis. mit d n dx n x ) n = dn dx n d n P n x) = n n! dx n x ) n 3.3) = = k max k= k max k= ) n n ) k x n k) k k= ) n k k n k)! ) n k)! xn k n! n k)! )k n k)! k! n k)! xn k n n gerade k max = n n ungerade 3..3 Integraldarstellung der P n P n x) = πi C z ) n n dz z x) n+ C... geschlossener Weg um x Beweis mittels Cauchy scher Formel für Ableitungen wo fz) = n n! z ) n gesetzt wird. f n) x) = n! fz) dz πi C z x) n+ 3..4 Legendre Polynome P n und DGL Es gilt x )P n xp n + nn + )P n = 3.4) Beweis. Sei γ ein geschlossener Weg um x: Aus Integraldarstellung folgt P nx) = πi P n x) = πi γ γ z ) n n + ) n z x) n+ dz z ) n n + )n + ) n z x) n+3 dz 43

Einsetzen: x )P n xp n + nn + )P n = n+ πi γ = n+ πi z ) n dz [ n z x) x )n + ) xz x) + nz x) ] n+3 z ) n dz [ γ n z x) n + )zz x) n + )z ) ] n+3 = n+ πi n γ dz d dz = [ ] z ) n+ z x) n+ 3..5 Normierung, Orthogonalität P n x)p m x)dx = n + δ nm 3.5) Beweis. Wir multiplizieren die DGL für die Legendre-Polynome 3.4) P n mit P m und jene für P m mit P n ; dann bilden wir die Differenz der so erhaltenen Produkte: [ d dx { x ) dp n dx }] [ d P m dx [ d dx [ x ) P m dp n dx P n { x ) }] dp m dx x ) dp n P m dx P dp m n dx )] dp m + [nn + ) mm + )] dx P n + [nn + ) mm + )]P n P m = )] + [nn + ) mm + )]P n P m = P n x)p m x)dx = Im letzten Schritt wurde zwischen und integriert; der linke Term verschwindet dadurch offensichtlich. Damit nun muss gelten, falls m n, dass [nn + ) mm + )] P n x)p m x)dx = P n x)p m x)dx = Für m = n gilt unter Verwendung der Formel von Rodrigues 3.3) und weiters durch partielle Integration: P n x) dx = = n n!) n n!) =... = )n n n!) = ) n n)! n n!) d n x dx n ) ) n d n x dx n ) ) n dx [ d n x dx n ) n d n x dx n ) n Im letzten Schritt wurde verwendet, dass x ) n d n dx n x ) n dx d n x dx n ) n d n+ x dx n+ ) ] n dx x ) n dx 3.6) x ) n = x n x n ) +... + ) n d n dx n x ) n = n)! 44

Weiters gilt, wieder unter Verwendung partieller Integration x ) n x + ) n dx = n n + = ) n n!) n)! = ) n n!) n)! x ) n x + ) n+ dx =... x + ) n dx x + ) n+ n + n+ = ) n n!) n)! n + Setzen wir dieses Ergebnis in Gleichung 3.6 ein, so ergibt sich schließlich P n x) dx = n + Damit stellen die Legendre-Polynome P n x) ein orthogonales, normiertes Funktionensystem dar. Bemerkung Entwicklung von Polynomen nach Legendre-Polynomen). Sei p n x) ein Polynom n-ter Ordnung in x. Dann lässt sich p n x) durch die Legendre-Polynome P x),..., P n x) ausdrücken: p n x) = a P x) + a P x) +... + a n P n x) 3.7) Für die Koeffizienten a m folgt durch Integration von Gleichung 3.7 und Anwendung von Gleichung 3.5 p n x) P m x)dx = m + a m Bemerkung Entwicklung von Funktionen nach Legendre-Polynomen). Sei fx) eine Funktion in x. Sätze über Konvergenz ohne Beweis) ähnlich wie bei Fourierreihenentwicklung. fx) = a n P n x) n= a n = n + fx)p n x)dx Es gilt z. B. gleichmäßige Konvergenz für eine auf [, ] stetige, stetig differenzierbare Funktion. Definition Assoziierte Legendre-Polynome). P m n x) := x ) m/ d m P n x) dx m Beispiel. P x) = x ) / Beispiel. Die assoziierten Legendre-Polynome P m n bilden eine Orthonomalbasis ohne Beweis). Es gilt z. B. Pn m x)p m n + m)! l x)dx = δ nl n + n m)! 45

Bemerkung. P m n x) = wenn m > n Differentialgleichung Assoziierte Legendre-Funktionen P m l ) x )P m) l + ll + ) m x Pl m = 3.8) Beweis mittels Integraldarstellung) 3. Besselfunktion J n x) Erzeugende Funktion: e x t t ) t C\{} Entwicklung in Laurentreihe: zur Erinnerung: fz) singulär bei z = e x t t ) = fz) = n= n= a n = πi γ a n z n t n J n x) fw) dw wn+ γ... geschlossener Weg um daraus folgt: substituieren w = z x J n x) = πi γ e x w w ) w n+ dw J n x) = x ) n x z e 4z z n dz πi γ 46

.8 n = n = n = n = 3.6.4 Jnx). 5 5 -. -.4 x Abbildung 3.3: Die ersten drei Bessel-Funktionen J n Entwickeln und einsetzen es heben sich alle Potenzen weg, außer jene, wo z stehen bleibt): e x 4z e z = k= z k k! ) r = r! r= x r 4z) r J n x) = J n x) = ) r x ) n+r r! r= r= k= k! dz z n r+k πi γ }{{} wenn n : δ k, n+r ) r x ) n+r konvergiert x r! n + r)! siehe dazu auch Übungsbeispiele für n < : J n x) = ) n J n x)) Behauptung. J n erfüllen die Bessel sche DGL J n + x J n + n x ) J n = Beweis: analog zu Legendre-Polynomen mittels Integralformel für J n x) siehe auch hier Übungen; man verwendet γ dz d dz x z e 4z z n ) = ). Auch die Besselfunktionen bilden eine Orthonormalbasis. 3.3 Hermite-Polynome Definition. e t +tx = n= H n x) t n n! 47

Beispiel. e t +tx = t + tx + 4t x +... = + xt + 4x )t +... H = H = x H = 4x 5 n = n = n = n = 3 n = 4 n = 5 Hnx) 5-5 - - 4 6 x Abbildung 3.4: Die ersten sechs Hermite-Polynome H n Behauptung. H n x) = ) n e x dn dx n e x Beweis. ) n e x dn dx n e x = ) n dn x e dx n e x t) = ) n e x t= dn dt n e x t) = dn dt n e x x t) ) t= = dn dt n e t +tx ) t= = = k= H k k! δ nkk! = H n x) k= ) n t= H k k! d n dt n tk t= 3.3. Integraldarstellung H n x) = ) n n! e z x e dz πi γ z x) n+ γ... geschlossener Weg um x 48

3.3. Differentialgleichung H n xh n + nh n = ohne Beweis; analog zu Legendre-Polynome, Besselfunktionen) 3.4 Laguerre-Polynome L n x) 3.4. Erzeugende Funktion e x t t t = L n x)t n t < n= Die L n x) sind die Koeffizienten der Taylor-Reihe. 3.4. Integraldarstellung L n x) = πi C e x z z z)z n+ dz C... geschlossener Weg um ohne zu umschließen Behauptung. L n x) = ex d n n! dx n xn e x ) 5 n = n = n = n = 3 n = 4 n = 5 Lnx) 5-5 - -5 5 5 x Abbildung 3.5: Die ersten sechs Laguerre-Polynome L n Beweis. Einsetzen in Integralformel z = w x w bzw. w = x z dz = dw w w x)dw w = x w dw 49

L n x) = πi = πi ex = e x πi w x x w x w w e w x w γ γ = ex d n n! dx n xn e x ) w x ) w )n+ x dw w e w+x w +n+ dw w x) n+ w n e w dw w x) n+ 3.4.3 Assoziierte Laguerre-Polynome 3.4.4 Differentialgleichung L m n x) := ) m dm dx m L n+mx) xl m n xl n + x)l n + nl n = + + m x)l m n + nl m n = Beweis mittels Integraldarstellung) 3.5 Kugelfunktionen Y m l ϑ, ϕ) Definition. wo ) m l+ l m)! Yl m 4π l+m)! ϑ, ϕ) = P l m cos ϑ)e imϕ m ) m Y m ϑ, ϕ) ) m < l l =,,,... m = l, l +,..., l, l. ϑ [, π] ϕ [, π] Beispiel. Y = Y = Y ± = 4π P cos ϑ) }{{} 3 4π cos ϑ 3 sin ϑe±iϕ 8π = 4π Bemerkung. Die Kugelfunktionen sind bezüglich des vollständigen Orthonormalsystems der assoziierten) Legendrepolynome definiert. 5

Sie bilden daher selbst ein vollständiges ONS für Funktionen, die auf der Einheitskugel definiert sind d.h. von ϑ, ϕ) abhängen). Insbesondere kann man zeigen, dass: π sin ϑ dϑ π Es gilt das wichtige Additionstheorem: P l cos α) = dϕ Y m n ϑ, ϕ)y m n ϑ, ϕ) = δ nn δ mm 3.9) 4π l + wo α der Winkel zwischen r, ϑ, ϕ) und R, θ, φ) ist cos ϑ l m= l sin ϑ cos ϕ sin θ cos φ cos α = sin ϑ sin ϕ sin θ sin φ Yl m ϑ, ϕ)yl m θ, φ) 3.) cos θ = sin ϑ sin θcos ϕ cos φ + sin ϕ sin φ) + cos ϑ cos θ = sin ϑ sin θ cosϕ φ) + cos ϑ cos θ r, ϑ, ϕ) α R, θ, φ) Abbildung 3.6: Additionstheorem der Kugelfunktionen Beweis.. l m= l Y l m ϑ, ϕ)yl m θ, φ) ist unter Drehungen des Koordinatensystems invariant Darstellungstheoreme, Drehgruppe). wählen ϑ =, also cos α = cos θ l m= l Yl m, ϕ)yl m α, φ) = = l m= l l m= l l + l m)! 4π l + m)! P l m )e imϕ Pl m cos α)e imφ l + l m)! 4π l + m)! δ mpl m cos α)e imφ ϕ) = l + 4π P l cos α) = l + 4π P lcos α) 5

3.6 Gammafunktion Γx) Wir betrachten zunächst für α > differenzieren n-mal nach α e αt dt = α e αt = α multiplizieren mit ) n und setzen t) n e αt n nn )... dt = ) α n+ = ) n n! α n+ Definition. Beispiel. α = : Γx) = t n e t dt = n! n =,, 3,... t x e t dt x R + Γn + ) = Γ Γ) = ) = = π t n e t dt = n! e t dt = =! t e t dt = e τ / dτ mit t = τ, dt = τ dτ = t / dτ. 4-4 - 4 - -4 Abbildung 3.7: Die Gammafunktion Γx) Es gilt: 5

Γx + ) = xγx) x R + t x }{{} u }{{} e t dt = t x e t ) }{{} v = x = xγx) t x e t dt dt xt x e t ) Beispiel. Später werden wir der Differentialgleichung der sphärischen Besselfunktion J l+ x) begegnen. Diese ist mittels der Γ-Funktion definiert wo J l+ x) = ) r x ) l+ +r r! l + + r)! r= l + ) + r! = Γ l + ) + r + Wir bezeichnen J l+ x): = j lx) als sphärische Besselfunktion. Definition. Wenn x R \{,, 3,...} können wir Γx) := xγx + ) definieren. Beispiel. Γ ) = ) )Γ = π Γ 3 ) = 3 )Γ ) = 4 π 3 Bemerkung. Für x {,,, 3,...} ist Γx) singulär! Beispiel. lim Γɛ) = lim ɛ ɛ = lim ɛ = lim ɛ ɛ Γ + ɛ) ɛ ɛ lim Γ + ɛ) ɛ }{{} 53

Kapitel 4 Theorie der Distributionen Motivation: Wir wollen anstelle von unpräzisen Definitionen und Manipulationen von verallgemeinerten Funktionen im Gegensatz zu gängigen Formelsammlungen und Handbüchern für PhysikerInnen wo zum Beispiel mit der Dirac sche Delta funktion δ unverzeihlich salopp verfahren wird) einen mathematisch rigorosen Formalismus verwenden. Dieser umfasst die große Klasse der temperierten Distributionen und gestattet allgemeine Rechenregeln abzuleiten. Wesentliche Idee: Verallgemeinerte Funktionen werden nicht punktweise definiert, sondern indirekt durch ihre Wirkung auf genügend brave Funktionen, die sogenannten Testfunktionen. Als wichtige Anwendung der Theorie der Distributionen werden wir die Greensfunktionsmethode zum Lösen von inhomogenen DGL besprechen. 4. Grundlegende Definitionen Wir wiederholen zunächst die Definition von Funktionen der Schwarz schen Klasse S, die schon in Abschnitt. eingeführt wurden und die - bei gleicher Bedeutung - in diesem Abschnitt auch den Namen Raum der Testfunktionen erhalten. Raum der Testfunktionen S Schwarz sche Klasse) Menge der unendlich oft differenzierbaren Funktionen f : R C, sodass f und alle ihre Ableitungen schneller als jede Potenz von x bei x gegen Null geht. Beispiel. e x S, x 5 e x S, e x / S Abbildungen von reellen Zahlen in komplexe Zahlen heißen Funktionen, Abbildungen von Funktionen in die komplexen Zahlen heißen Funktionale z. B. das bestimmte Integral über die Funktion). Wir formalisieren: Definition. Eine Abbildung g : S C, γ S gγ) C heißt Funktional über S Definition. g heißt lineares Funktional über S, falls g Funktional über S ist und gλγ + µγ ) = λgγ ) + µgγ ) wo λ, µ C, γ, γ S 54