Der Shareholder Value-Ansatz
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- Hans Brahms
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1 FernUniversität in Hagen Fachbereich Wirtschaftswissenschaft Seminararbeit Thema: Der Shareholder Value-Ansatz Darstellung und kritische Würdigung Seminar : SS 2006 Grundfragen der Corporate Governance bei : Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler Matr.- Nr. : Name, Vorname : Christoph Blume Anschrift : Max-Winkelmann-Str. 53, 48165, Münster Telefon : 0179 / Fax : 0179 / christoph.blume@web.de Abgabedatum :
2 I Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis... I 1 Einleitung Überblick Stakeholder - Shareholder Transaktionskostentheoretischer Ansatz Wettbewerb auf dem Kapitalmarkt Wertorientiertes Steuerungssystem Zielsetzung Anforderungen an ein Steuerungssystem Wertorientierte Kennzahlen Discounted Cashflow Bestimmung des Free Cashflow Marktwert des Fremdkapitals Ermittlung der Kapitalkosten Weitere Kennzahlen Economic Value Added Cash Flow Return on Investment und Cash Value Added Wertorientierte Anreizsysteme Kommunikation Weitere wertsteigernde Strategien Einbindung in die Corporate Governance Diskussion Wichtige Kritikpunkte am Shareholder Value Ansatz Zusammenfassung und Ausblick Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1: Shareholder Value - Ansatz... 2 Abbildung 3.1: Ermittlung des Free Cashflow nach der WACC Methode...5 Abbildung 3.2: Indirekte Ermittlung des Free Cashflow... 5 Abbildung 3.3: Ermittlung des Kapitalkostensatzes im WACC-Ansatz (vgl. auch Weber et al. 2004,S. 51)... 6 Abbildung 3.4: Ermittlung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber (vgl. auch Weber et al. 2004, S. 53)... 7
3 1 Einleitung 1 Shareholder Value ist sicher nicht die englische Übersetzung von Gemeinwohl. Bundestagspräsident Norbert Lammert bei der Eröffnung des Bankentages des Bundesverbandes deutscher Banken. Shareholder Value und Stakeholder Value sind Schlagworte der aktuellen Corporate Governance Diskussion. Leider wird diese Diskussion oft nur auf Schlagworte reduziert, was wenig zum Verständnis der Problematik beiträgt. Einerseits ist es in einer Marktwirtschaft (auch in einer sozialen Marktwirtschaft) unumstritten, dass Unternehmen profitabel sein müssen, um zu überleben, andererseits sind Firmen komplizierte Netzwerke von verschiedenen Parteien 1 (Stakeholder) mit unterschiedlichen Interessen, die alle zusammenarbeiten müssen, um den Erfolg zu gewährleisten. Während einerseits die Trennung von Eigentum und Management das Wachstum von Unternehmen ermöglicht, ergibt sich andererseits daraus zumindest potentiell der Nachteil, dass sich die Unternehmensaktivitäten nur begrenzt an den Interessen der Anteilseigner oder der anderen Anspruchsgruppen ausrichten. Statt dessen kann das Management der Versuchung erliegen, die Eigeninteressen in den Vordergrund zu stellen. Wie können diese unterschiedlichen Interessen gewichtet und entsprechend ausgeglichen verwirklicht werden? Im Moment scheint der Shareholder Value Ansatz der am weitesten Verbreitete in der Welt der Unternehmen zu sein, während in der öffentlichen Diskussion von Politik, Gewerkschaften und Interessenverbänden eher der Stakeholder Ansatz in unterschiedlichen Ausprägungen propagiert wird. Die Lösung dieser Frage ist allerdings nicht Ziel dieser Arbeit. Vielmehr soll hier der heftig diskutierte und umstrittene Shareholder Value Ansatz dargestellt und im Kontext der angesprochenen Diskussion kritisch gewürdigt werden. 2 Überblick 2.1 Stakeholder - Shareholder Während der Stakeholder Ansatz die Interessen aller Anspruchsgruppen gleichermaßen berücksichtigt, betrachtet der Shareholder Value Ansatz nur die Interessen der Teilhaber. Die Gruppe der Anteilseigner wird also 1 Stakeholder können sein: Anteilseigner, Kunden, Mitarbeiter, Fremdkapitalgeber, Lieferanten, Politik, Interessenverbände, Sonstige
4 2 nicht nur aus den anderen Stakeholdergruppen herausgehoben, sondern als einzig maßgebende Gruppe angesehen. Die Interessen der anderen Gruppen werden nur betrachtet, wenn dies den Interessen der Shareholder dient. Das Verhältnis zwischen Management und Anteilseignern wird als Prinzipal - Agent - Theorie modelliert, wobei die Shareholder als Prinzipale den Managern als Agenten die Führung der Unternehmung auftragen. Abbildung 2.1: Shareholder Value - Ansatz 2.2 Transaktionskostentheoretischer Ansatz In Unternehmen wirken verschiedene Bezugsgruppen zur gemeinsamen Wertschöpfung zusammen. Die Beziehungen dieser Gruppen untereinander werden durch implizite und explizite Verträge geregelt. Probleme entstehen durch die zwangsläufige Unvollständigkeit dieser Verträge (vgl. von Werder 2005, S. 37). Die Beteiligten können versuchen, die Vertragslücken zu ihren Gunsten auszunutzen. Die meisten Anspruchsgruppen haben mit dem Unternehmen explizite Verträge, die über Institutionen durchgesetzt werden können 2. Die Anteilseigner hingegen haben nur einen impliziten Vertrag, Eigenkapital gegen eine angemessene Rendite zur Verfügung zu stellen (vgl. auch von Werder 2005, S. 37). Die Aktionäre werden also als letzte bezahlt. Wegen des Fehlens eines expliziten Vertrages der Aktionäre mit dem Unternehmen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass das Ziel jedes Managements die Steigerung des Unternehmenswertes sein sollte. Dies entspricht annahmegemäß den Interessen der Anteilseigner. 2.3 Wettbewerb auf dem Kapitalmarkt Die sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen, die Notwendigkeit von Innovation und Wachstum und kürzere Produktlebenszyklen lassen in den Unternehmen einen hohen Kapitalbedarf entstehen, der zu großen Teilen über den Kapitalmarkt gedeckt werden muss. Durch die 2 Mitarbeiter: Arbeitsverträge, Kunden :Kaufverträge, Politik: Steuergesetze etc.
5 3 Globalisierung des Kapitalmarktes kommt es hier zum Wettbewerb um das Kapital. Unternehmen, die eine stärkere Kapitalmarktorientierung aufweisen, können ihren Kapitalbedarf leichter decken und auf diese Weise Wettbewerbsvorteile erzielen (vgl. auch Schwab 2003, S. 5). Die Unternehmensführung muss also versuchen den Wert des Unternehmens für die Anteilseigner kontinuierlich zu steigern. Im Zentrum des Shareholder Value steht somit die Maximierung des Marktwertes des Eigenkapitals. 3 Wertorientiertes Steuerungssystem 3.1 Zielsetzung Der Shareholder Value Ansatz geht, wie oben schon angesprochen, davon aus, dass die Eigenkapitalgeber an einer langfristigen 3 und nachhaltigen Unternehmenswertsteigerung interessiert sind. Ein alleiniges Interesse an einer kurzfristigen Optimierung des Investments wird dagegen verneint. Ziel der wertorientierten Steuerung von Unternehmen 4 ist demzufolge die Ausrichtung der gesamten Unternehmensaktivitäten auf die langfristige Steigerung des Eigenkapitalwertes (vgl. auch Weber et al. 2004, S. 6). Das strategische Ziel der Steigerung des Marktwertes des Eigenkapitals muss, um handhabbar zu sein, in einem Steuerungssystem mit periodischen Zielvorgaben und -messungen operationalisiert werden. 3.2 Anforderungen an ein Steuerungssystem Kennzahlen: Damit Führungskräfte und Mitarbeiter wissen, welche Ziele sie verwirklichen müssen, sind die wertorientierten Steuerungsgrößen in die Zielplanung des Unternehmens zu integrieren. Die Steuerungsgrößen müssen verschiedene Perspektiven 5 betrachten und die Zusammenhänge der Wertentstehung im Unternehmen darstellen. Das Zielausmaß ist dabei aus den Anforderungen des Kapitalmarktes abzuleiten. Anreizsystem: Aber auch das Anreizsystem muss diese Größen mit einbeziehen, um die Mitarbeiter zu zielkonformem Verhalten anzuregen. 3 Langfristig bedeutet hier in der Regel 5-10 Jahre 4 Dieser Begriff wird in der deutschsprachigen Literatur oft als Synonym für den Shareholder Value verwendet und soll auch hier so verstanden werden. 5 Hier bietet sich die Balanced Scorecard an (vgl. grundsätzlich Kaplan/Norton 1997 zitiert nach Weber et al. 2004, S. 30)
6 4 Berichtswesen: Die notwendigen Informationen sind den Führungskräften jederzeit (periodenunabhängig) zur Verfügung zu stellen, um eventuell notwendige Korrekturen einleiten zu können (vgl. zu diesem Absatz Weber et al. 2004, S. 22ff). 3.3 Wertorientierte Kennzahlen Die interne Sicht geht auf den theoretischen Unternehmenswert ein und stellt ihn auf die Basis fundamentaler Daten. Dabei sollen die der systematischen Lenkung zugänglichen Einflussfaktoren identifiziert werden (vgl. Weber et al. 2004, S. 7) Discounted Cashflow Der Shareholder Value Ansatz geht davon aus, dass die bisherigen Gewinne, die ein Unternehmen erwirtschaftet hat, nur sehr wenig über den zukünftigen Erfolg des Unternehmens aussagen. Es muss daher eine Lösung gefunden werden, die es ermöglicht den Wert zukünftiger Geldflüsse zu bestimmen. Zur Ermittlung des Unternehmenswertes gibt es eine Vielzahl von Vorschlägen, von denen hier nur die Discounted-Cashflow-Methode (DCF) kurz vorgestellt werden soll. Der Shareholder Value Ansatz schätzt den ökonomischen Wert einer Investition oder eines Unternehmens dadurch, dass die prognostizierten Cashflows mittels des Kapitalkostensatzes diskontiert werden (vgl. Rappaport 1999, S. 39). In einem ersten Schritt werden die Barwerte der zukünftigen freien Cashflows bestimmt. Diese fließen den Eigen- und Fremdkapitalgebern zu, um ihre Renditeforderungen zu erfüllen. Die Abzinsung wird dann mit einem Kapitalkostensatz vorgenommen, der entsprechend dem Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital gewichtet wird. Der so ermittelte Wert stellt den Gesamtwert des Unternehmens dar. In einem zweiten Schritt muss der Marktwert des Fremdkapitals von diesem Gesamtwert abgezogen werden, um den Marktwert des Eigenkapitals zu erhalten. Die hier beschriebene Vorgehensweise entspricht dem WACC 6 - Ansatz (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen dieses Abschnittes auch Weber et al. 2004, S. 44ff) Bestimmung des Free Cashflow Die Zahlungsströme zur Ermittlung des Free Cashflows können entweder direkt angesetzt oder aus den Plan Jahresabschlüssen abgeleitet werden. 6 Weighted Average Cost of Capital
7 Die vereinfachte Ermittlung wird in der folgenden Abbildung dargestellt. Sämtliche Ein- und Auszahlungen, die im Leistungserstellungs - und Verwertungsprozess eines Unternehmens anfallen werden zu einem Saldo zusammengeführt. Dabei wird zunächst eine reine Eigenkapitalfinanzierung unterstellt. 5 Bei der indirekten Ermittlung des Free Cashflows muss das Jahresergebnis nach Steuern aus der Gewinn und Verlustrechnung um die Aufwendungen und Erträge korrigiert werden, die nicht zahlungswirksam sind oder Zins- und zinsähnliche Aufwendungen darstellen. Erfolgsneutrale aber zahlungswirksame Vorgänge sind dagegen aufzunehmen. Wegen der Annahme einer reinen Eigenkapitalfinanzierung ist die Steuerersparnis aufgrund von Zinsaufwendungen ebenfalls abzuziehen. Abbildung 3.1: Ermittlung des Free Cashflow nach der WACC Methode Abbildung 3.2: Indirekte Ermittlung des Free Cashflow Marktwert des Fremdkapitals Der zweite Schritt ist die Ermittlung des Marktwertes des Fremdkapitals. Die hierbei zu beachtenden Konditionen sind neben den Zinsen sämtliche Nebenkosten der Fremdkapitalbeschaffung. Die ermittelten Fremdkapitalkosten sollten mit den Fremdkapitalkosten von Unternehmen mit ähnlichem Standing verglichen werden. Bei Übereinstimmung der Konditionen der Fremdkapitalüberlassung kommt der Marktwert des Fremdkapitals dem no-
8 6 minellen Rückzahlungsbetrag und dem Buchwert des Fremdkapitals in der Bilanz gleich. Sollte keine Übereinstimmung mit den marktüblichen Preisen für Fremdkapital vorliegen, wird der Marktwert als Barwert der noch zu leistenden Zahlungen bestimmt Ermittlung der Kapitalkosten Als dritter Schritt in der Ermittlung des Discounted Cashflow folgt die Bestimmung der Kapitalkosten. Diese dienen als Abzinsungsfaktor für die Free Cashflows. Die Kapitalkosten werden im Weighted Average Cost of Capital Ansatz als gewichteter Gesamtkapitalkostensatz bestimmt. WACC= WACC : Weighted Average Cost of Capital EK M : Marktwert des Eigenkapitals FK M : Marktwert des Fremdkapitals r EK : Renditeforderung der Eigenkapitalgeber r FK : Renditeforderung der Fremdkapitalgeber s: pauschaler Steuersatz auf den Unternehmensgewinn Abbildung 3.3: Ermittlung des Kapitalkostensatzes im WACC-Ansatz (vgl. auch Weber et al. 2004,S. 51) Die Gewichtung wird dabei im Verhältnis der Marktwerte des Kapitaleinsatzes vorgenommen. Es wird also das gewichtete arithmetische Mittel der Verzinsungsansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber ermittelt. Da bei den bisherigen Berechnungen die Steuerersparnis durch Zinszahlungen aufgrund der angenommenen vollständigen Eigenkapitalfinanzierung herausgerechnet wurde, muss dies nun berücksichtigt werden. Die Einbeziehung erfolgt über den steuermodifizierten Kapitalkostensatz. Dieser ergibt sich aus dem Produkt des (pauschalisierten) Unternehmenssteuersatzes und den gesamten Fremdkapitalkosten. Weiterhin ist die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber unter Berücksichtigung des Risikos der Cashflows zu ermitteln. Da die Eigenkapitalgeber keinerlei Verträge mit dem Unternehmen geschlossen haben, lässt sich ihre Renditeforderung nur ungleich schwerer ermitteln. Die Einbeziehung des Risikos erfolgt über einen Zuschlag auf einen risikofreien Zinsfuß 7. Dieser stellt die Kosten einer risikolosen Anlagealternative dar und kann als Mindestrenditeforderung verstanden werden. r EK EK M EK M FK M anteilige Renditeforderung der Eigenkapitalgeber 1 s r FK FK M EK M FK M anteilige Renditeforderung der Fremdkapitalgeber 7 Als Referenzobjekte können z.b. Anleihen der öffentlichen Hand mit ähnlicher Laufzeit wie der betrachtete Planungszeitraum verwendet werden.
9 7 Eine Möglichkeit der Risikoprämienermittlung ist der individualistische Ansatz. Dabei wird die investorenspezifische Risikoneigung zu Grunde gelegt. Wesentlich weiter verbreitet ist jedoch das Capital Asset Pricing Modell (CAPM), das versucht, die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber aus den Marktdaten abzuleiten. Hierbei wird angenommenen, dass die Rendite eines Wertpapiers von seinem systematischen Risiko abhängig ist. Das systematische Risiko kann als Kovarianz des einzelnen Wertes zum Marktportfolio aufgefasst werden. Das unsystematische Risiko wird durch die Diversifikation 8 eliminiert. Die von den Eigenkapitalgebern geforderte Rendite setzt sich dann aus der Rendite der risikofreien Anlage und einem Risikozuschlag für das systemische Risiko zusammen. Der Risikozuschlag wiederum ist das Produkt aus der Risikoprämie für den Gesamtmarkt und dem Beta-Faktor 9 für das Unternehmen. Da bei der Bestimmung des WACC der Marktwert des Eigenkapitals mit einfließt kommt es zu einem Zirkularitätsproblem, denn schließlich soll dieser ja erst mit Hilfe des WACC ermittelt werden. Dieses Problem kann entweder durch Iteration oder durch die Annahme einer Zielkapitalstruktur gelöst werden Weitere Kennzahlen Economic Value Added Der Economic Value Added (EVA) bildet eine periodenbezogene Differenz zwischen dem durch das eingesetzte Kapital erwirtschafteten betrieblichen Gewinn und den Kapitalkosten (vgl. Weber et al. 2004, S. 55). Es handelt sich um eine Residualgewinngröße, da auch kalkulatorische Eigenkapitalkosten mit einbezogen werden. r EK =r S r M r S r EK : Renditeforderung der Eigenkapitalgeber r S : Rendite der risikofreien Anlage r M : Rendite des Marktportfolios : Beta Faktor desunternehmens Abbildung 3.4: Ermittlung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber (vgl. auch Weber et al. 2004, S. 53) Cash Flow Return on Investment und Cash Value Added Auch der Cash Value Added ist eine Residualgewinnkennzahl. Die Ver- 8 Es wird angenommen, dass der Anleger ein Portfolio entsprechend der Marktstruktur hält. 9 Der Beta-Faktor stellt das systematische Risiko der speziellen Anlage dar. Er gibt die Beziehung der Kursentwicklung zwischen der Aktie und dem Gesamtmarkt (Index) an.
10 8 änderungen des Unternehmenswertes werden in einer Periode auf einer Cashflow Basis ermittelt. Die Berechnung erfolgt über den Cash Flow Return on Investment (CFROI), einer weiteren Kennzahl. Der CFROI stellt eine über die interne Zinsfußmethode ermittelte Gesamtrentabilität dar. 3.4 Wertorientierte Anreizsysteme Ziel wertorientierter Anreizsysteme ist es, Führungskräfte zur Wertsteigerung zu motivieren. Allerdings ist es nicht leicht eine sinnvolle Verbindung zwischen der kurzfristigen Leistungsbewertung und den langfristigen wertsteigernden Planungsprozessen herzustellen. Ausgangspunkt der theoretischen Überlegungen ist hier eine Modellierung der Prinzipal Agenten Beziehung zwischen dem Aktionär und dem Management. In einem dynamischen mehrperiodischen Modell kann das Moral Hazard Problem zwar nicht vollständig gelöst werden, jedoch ist die Annäherung an die First Best Lösung mit zunehmender Anzahl der Perioden genauer. Der optimale Vertrag ist also ein langfristiger Vertrag (vgl. auch Witt 2001, S.94). Der eigentliche Schwachpunkt der theoretischen Modelle ist das zugrundeliegende Menschenbild. Es kann sich dabei immer nur um eine Verallgemeinerung handeln, die dem Individuum nicht gerecht wird. Entsprechend ist die praktische Umsetzung sehr vielschichtig und individuell. Hauptsächlich kann man zwischen einem aktienkursorientierten und einem kennzahlenorientierten Vorgehen unterscheiden (vgl. auch Weber et al. 2004,S. 207). Zu weitergehenden Betrachtungen verweise ich auf die vielfältige Literatur (vgl. z.b.: Weber et al. 2004, S. 195ff; Rappaport 1999, S.133ff; Reymond 2002). 4 Kommunikation Die bisherigen Betrachtungen erfolgten aus der inside out Perspektive. Die Bewertung eines Unternehmens erfolgt aber nicht intern, sondern wird auf dem Markt durchgeführt. Eine realistische Einschätzung kann aber nur vorgenommen werden, wenn die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Die Wahrnehmung des Unternehmenswertes aus der outside in Perspektive muss ebenfalls durch das Management ermöglicht werden. Wertsteigernde Maßnahmen können daher auch in der Kommunikation der Unternehmensaktivitäten gegenüber den Interessengruppen bestehen. Dabei kommt es darauf an, den Investoren die Anstrengungen des Managements zur Wertsteigerung zu versichern. Deshalb ist eine intensive In-
11 9 vestor-relations-arbeit notwendig. Damit ist die regelmäßige Information der Financial Community über Roadshows, Analystentreffen, informationsreiche Geschäftsberichte und Quartalsberichterstattung gemeint. Insbesondere sei auf den wertsteigernden Einfluss von Business Reporting und Assurance Services (vgl. auch Eder 2002), die zur Senkung der Kapitalkosten beitragen, hingewiesen. 5 Weitere wertsteigernde Strategien Da der Unternehmenswert durch nahezu jede Entscheidung oder Handlung direkt oder indirekt beeinflusst wird, kann der Shareholder Value Ansatz mit den unterschiedlichsten Steuerungskonzepten in Verbindung gebracht werden. Somit ist auch jede dieser Strategien im Hinblick auf den Shareholder Value zu betrachten. Beispielhaft sollen hier drei solcher Steuerungskonzepte angesprochen werden. Total Quality Management ist eine Strategie, die das ganze Unternehmen einbindet in die Schaffung von Qualität. Die beabsichtigte Folge ist die Senkung der Fehlerkosten und eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit, die wiederum zu Kundenbindung und zu höherer Umsatzrentabilität führt. Ebenso kann umweltbewusstes Verhalten eine Strategie darstellen, die wertsteigernd wirkt (vgl. dazu Wipfli, Hauser 1998). Bei allen Strategien ist es wichtig, dass sie nicht Selbstzweck sind, sondern als Mittel zum Zweck zielgerichtet auf die Steigerung des Shareholder Value eingesetzt werden. Weder die Qualität, noch die Steigerung der Umweltperformance dürfen das eigentliche Ziel sein, sondern die Schaffung von Nutzenpotentialen bei den Stakeholdern, die sich positiv auf den Shareholder Value auszuwirken vermögen. Wie im obigen Abschnitt über die Kommunikation muss hier darauf hingewiesen werden, dass die Wahrnehmung der Maßnahmen bei den Stakeholdern genauso wichtig ist, wie die Umsetzung der Maßnahme selbst. Welche Maßnahme auch immer umgesetzt werden soll, operative Exzellenz ist als Wertsteigerungshebel unerlässlich, da sonst alle Anstrengungen wirkungslos verpuffen (vgl. Henzler McKinseyWissen 05). Die Steigerung der operativen Exzellenz allein führt schon zu einer besseren Umsatzrentabilität und damit zu einer Wertsteigerung. Operative Exzellenz reiht sich daher nahtlos in die Reihe der wertsteigernden Strategien ein. 6 Einbindung in die Corporate Governance Diskussion Die Orientierung am Shareholder Value Modell ist bei den Unternehmen
12 10 im angelsächsischen Raum wesentlich ausgeprägter als im europäischen und insbesondere im deutschsprachigen Raum. Dies liegt unter anderem in den unterschiedlichen Systemen der Unternehmensverfassung 10 begründet. So ist die gesetzlich verankerte Mitbestimmung in Deutschland ein Ausdruck des politischen Willens, die Interessen der Arbeitnehmer bei der Leitung eines Unternehmens stärker zu berücksichtigen. Auch in jüngerer Zeit versucht die Politik Einfluss auf die Entwicklung der Corporate Governance Debatte zu nehmen. Dies geschieht z.b. über die Einrichtung der Gromme Kommission, die den deutschen Corporate Governance Kodex erarbeitet hat. Die Entwicklung geht dabei eindeutig in Richtung Shareholder Value Orientierung. Die Notwendigkeit der Maximierung des Unternehmenswertes wird erkannt und Maßnahmen, die z.b. die Transparenz erhöhen, werden in den Kodex aufgenommen (vgl. dazu den deutschen Corporate Governance Kodex 2005, Punkt 4.1.1). Schon in der Präambel wird festgehalten, dass der Kodex die Rechte der Aktionäre verdeutlicht. Aber auch die Interessen der anderen Stakeholder sollen weiter Berücksichtigung finden. Es wird darauf hingewiesen, dass sich das dualistische und das monistische System einander annähern. Interessanterweise erfolgt die Annäherung von Seiten des in Deutschland vertretenen dualen Führungssystem mit der Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat, die durch ihre immer engere Zusammenarbeit den Unterschied zum monistischen System des angelsächsischen Wirtschaftsraums immer weiter verwischen (vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex 2005, Präambel). 7 Wichtige Kritikpunkte am Shareholder Value Ansatz Das Shareholder Value Konzept häufig Kritik hervorgerufen, die so vielfältig ist, dass sie hier nicht abschließend erörtert werden kann. Daher sollen nur die wichtigsten Punkte angesprochen werden. Kurzfristigkeit der Ausrichtung Ein beliebter Vorwurf ist der, dass die Shareholder Orientierung nur an kurzfristigen Aktienkursentwicklungen interessiert ist und langfristige Aspekte nicht betrachtet werden (vgl. z.b. Glaubitz 2006 unter letzter Zugriff :51:32). Diesen Punkt kann man sehr einfach entkräften, da die Wertermittlung mit der Discounted Cashflow Methode ja explizit zukünftige Entwicklungen einbezieht. Der Planungshorizont liegt dabei in einem Zeit- 10 Vgl zu Fragen der Unternehmensverfassung ausführlich Schewe 2005
13 11 raum von 5-10 Jahren. Man muss zugeben, dass bei der Ermittlung der zukünftig zu erwartenden Zahlungsströme eine erhebliche Schätzproblematik besteht (vgl auch von Werder 1997). Dieses Problem dürften aber alle zukunftsorientierten Planungen unabhängig von der dahinter stehenden Philosophie haben. Die Unsicherheiten dürften sich noch wesentlich erhöhen, wenn sogenannte weiche Nebenbedingungen berücksichtigt werden sollen. Beeinträchtigung der Rechte anderer Interessengruppen Dieser Vorwurf ist immer wieder anzutreffen und sehr schwer zu widerlegen, da die Aussage systembedingt richtig ist (vgl. Zitat Norbert Lammert und Glaubitz 2006 unter letzter Zugriff :51:32). Die Shareholder Value Perspektive setzt Profitabilität vor Verantwortung. Unternehmen werden hauptsächlich als Instrumente ihrer Eigentümer gesehen. Die Befürworter des Shareholder Value gehen davon aus, das der Zweck von Unternehmen darin besteht, den Wert für die Eigenkapitalgeber zu maximieren, während die Befürworter der Stakeholder Perspektive die Meinung vertreten, dass Eigentum auch soziale Verantwortung bedingt. Fraglich ist jedoch, ob zwischen den beiden Ansichten ein Zielkonflikt besteht. So ist es sicherlich nicht umstritten, dass es ohne Eigenkapital auch keine Arbeitnehmer geben würde. Allerdings kann man diese Kette weiter fortführen. Sie gleicht ein wenig der Frage, wer zu erst da war, das Huhn oder das Ei. Sicher ist jedoch, das alle Interessengruppen zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich zu sein. Es ist daher im Interesse der Anteilseigner für einen Ausgleich mit den anderen Stakeholdern zu sorgen. Sonst könnte es sein, dass diese sich nicht so einbringen, wie es für die Maximierung des Unternehmenswertes nötig wäre. Nicht nur die expliziten, sondern auch die impliziten Ansprüche sind wertbestimmend für das Unternehmen. Unternehmenswertmaximierung sollte deshalb nur unter der Nebenbedingung der Aufrechterhaltung des Wertes der impliziten Ansprüche erfolgen. Im Spezialfall des idealen Marktes 11 ist unter der Nebenbedingung der Kapitalerhaltung 12 der Stakeholder Ansatz mit dem Shareholder Ansatz kompatibel (vgl. Speckbacher 1997). Es kann also zumindest für einen Fall gezeigt werden, dass zwischen beiden Denkansätzen kein 11 Kein realer Markt erfüllt die Anforderungen des idealen Marktes. 12 Erfolgskapitalerhaltung dient in diesem Zusammenhang als Prinzip zur Sicherung impliziter Ansprüche.
14 Zielkonflikt besteht. 12 Bereicherung des Topmanagements, Verleitung zum Bilanzbetrug Wenn man die bekannt gewordenen Fälle von Bilanzbetrug betrachtet, so stellt man fest, dass in diesen Fällen gerade nicht nach den Prinzipien des Shareholder Value verfahren wurde. Es mangelte an Transparenz der Unternehmensführung und es gab Kommunikationsprobleme zwischen den Interessengruppen. Häufig sind solche Skandale auf das Fehlen einer wirksamen Kontrollinstanz zurückzuführen. Da solche Fälle nicht nur im angelsächsischen Wirtschaftsraum auftreten, sondern ebenso in Deutschland mit der Dualität von Aufsichtsrat und Vorstand, kann davon ausgegangen werden, dass diese Phänomene nicht systembedingt sind, sondern durch menschliches Versagen hervorgerufen werden. Niemand würde auf die Idee kommen, das deutsche Rechtssystem zu verurteilen, nur weil immer wieder Verbrechen und Rechtsverstöße geschehen. 8 Zusammenfassung und Ausblick Während der Shareholder Value Ansatz nicht nur eine Planungsrichtlinie sondern auch eine konkrete Methode zur Umsetzung bereithält, kann der Stakeholder Ansatz nur mit einer schwer operationalisierbaren Forderung nach Interessenausgleich aufwarten. Es ist nur natürlich, dass jede Entscheidungshilfe gern angenommen wird. Ein Konzept wie das des Stakeholder Value kann noch so hohen ethischen Ansprüchen genügen, wenn es nicht einfach umsetzbar und praktikabel ist, wird es nicht angewandt werden. Vieles deutet darauf hin, dass es nicht einmal des Zieles der Wertsteigerung bedarf. Wichtig ist vielmehr überhaupt ein Ziel zu haben. Die Steigerung des Unternehmenswertes ist dann fast ein Nebenprodukt (vgl dazu Collins 2005). Die konsequente Ausrichtung aller Mitarbeiter bis hin zum Topmanagement an feststehenden Unternehmenswerten 13 und -zielen bewirkt oft mehr als eine halbherzige Umsetzung des einen oder des anderen Ansatzes. Rentabilität wird eher als Mittel zum Zweck angesehen. Sie ist notwendig für das Weiterbestehen des Unternehmens aber sie ist nicht der Zweck des Unternehmens. Gerade diese Sichtweise erscheint als eine Möglichkeit zur Lösung des Problems: Da außerhalb eines idealen Kapitalmarktes nicht von einheitlichen Zielen innerhalb der Interessengruppen ausgegangen werden kann, sollte versucht werden eine Unternehmensvision zu etablieren. Dieses Ziel 13 Unternehmenswert ist hier in einem ethischen, nicht in einem ökonomischen Sinne zu verstehen.
15 13 muss dann konsequent verfolgt werden. Wichtig ist dabei die sehr langfristige Ausrichtung: Im Unternehmen muss ein System geschaffen werden, dass den Fortbestand der Gesellschaft unabhängig macht von einem Produkt oder einer Person. Collins und Porras (2005) nennen das nicht die Zeit ansagen sondern Uhren bauen. Auch viele Vorstände gehen von einer wachsenden Bedeutung von Werten aus (vgl. Booz/Allen/Hamilton 2003). Zusammenfassend kann man sagen, dass starke Werte in Verbindung mit operativer Exzellenz und einer handhabbaren Planungsrichtlinie für das Management zur Maximierung des Shareholder Value führen werden und damit auch die Stakeholderinteressen ausgeglichen werden. Jede Stakeholdergruppe versucht für sich ihren Nutzen zu maximieren. Daher kann niemand den Anteilseignern vorwerfen, dies auch zu tun. Die Shareholder müssen wiederum verstehen, dass ein als gerecht empfundener Interessenausgleich zwischen den Beteiligten für die Maximierung des Residualgewinns notwendig ist.
16 14 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Booz/Allen/Hamilton (2003): Werte schaffen Wert, Studie Collins, Jim; Porras, Jerry I. (2005): Immer erfolgreich, DTV Taschenbuch, München Eder, Stephan (2002): Business Reporting und Assurance Services-Beitrag zur Shareholder Value Optimierung, Diss., Universität St. Gallen Glaubitz, Jürgen: shareholder_value, letzter Zugriff :51:32 Henzler, Herbert (o.j.): Das Ying und Yang moderner Führung in: McKinseyWissen 05, S Rappaport, Alfred (1999): Shareholder Value - Ein Handbuch für Manager und Investoren, Schäffer - Poeschel, Stuttgart Regierungskommission deutscher Corporate Governance Kodex (2005): Deutscher Corporate Governance Kodex 2005 Reymond, Alan P. (2002): Corporate Governance und Managemententlöhnung, Lizentiatsarbeit, Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum Universität Basel Schewe, Gerhard (2005): Unternehmensverfassung, Springer, Berlin, Heidelberg Schwab, Carsten (2003): Shareholder- Value- Analyse, Betriebswirtschaftliches Institut, Abt. V Universität Stuttgart Speckbacher, Gerhard (1997): Shareholder Value und Stakeholder Ansatz in: Die Betriebswirtschaft, 5, S von Werder, Axel (1997): Corporate Governance: Vertragen sich die deutsche Unternehmensverfassung in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 4/1997, S von Werder, Axel (2005): Führungsorganisation, Gabler, Wiesbaden Weber, Jürgen, et. al. (2004): Wertorientierte Unternehmenssteuerung, Gabler, Wiesbaden Wipfli, Cyril; Hauser, Markus (1998): Schaffung von Shareholder Value durch umweltbewusstes Verhalten in: Der Schweizer Treuhänder, 12/98, Online-Ausgabe Witt, Peter (2001):Corporate Governance in: Johst, P-J (Hrsg.): Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der BWL, S
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