Case of Kafkaris v. Cyprus (Application no /04) Judgment, Strasbourg, 12. Februar 2008
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1 Case of Kafkaris v. Cyprus (Application no /04) Judgment, Strasbourg, 12. Februar 2008 The imposition of a sentence of life imprisonment on an adult offender is not in itself prohibited by or incompatible with Article 3 or any other Article of the Convention At the same time, however, the Court has also held that the imposition of an irreducible life sentence on an adult may raise an issue under Article 3 In determining whether a life sentence in a given case can be regarded as irreducible the Court has sought to ascertain whether a life prisoner can be said to have any prospect of release. An analysis of the Court's case-law on the subject discloses that where national law affords the possibility of review of a life sentence with a view to its commutation, remission, termination or the conditional release of the prisoner, this will be sufficient to satisfy Article 3 Sanktionenrecht SS 2013 Page 1
2 Persönlichkeitsschutz und Resozialisierung BVerGE 35, S. 202ff: Lebach Fall Rundfunkfreiheit und Resozialisierung Täterberichterstattung ist unzulässig, wenn sie die Wiedereingliederung gefährdet» Nähe der Sendung zur Entlassung» Durch die Berichterstattung wird eine selbständige und neue Beeinträchtigung ausgelöst Sanktionenrecht SS 2013 Page 2
3 Die Vermögensstrafe 43a (1) Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so kann das Gericht neben einer lebenslangen oder zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren auf Zahlung eines Geldbetrages erkennen, dessen Höhe durch den Wert des Vermögens des Täters begrenzt ist (Vermögensstrafe). (3) Das Gericht bestimmt eine Freiheitsstrafe, die im Fall der Uneinbringlichkeit an die Stelle der Vermögensstrafe tritt (Ersatzfreiheitsstrafe). Das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist zwei Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat. Sanktionenrecht SS 2013 Page 3
4 BVerfGE 2 BvR 794/ a des Strafgesetzbuches ist mit Art. 103 II GG unvereinbar und nichtig Das Gebot der Gesetzesbestimmtheit gilt (Art. 103 Abs. 2 GG) auch für die Strafandrohung. Strafe als missbilligende hoheitliche Reaktion muss in Art und Maß durch den parlamentarischen Gesetzgeber normativ bestimmt werden, die für eine Zuwiderhandlung gegen eine Strafnorm drohende Sanktion muss für den Normadressaten vorhersehbar sein. Bei der Entscheidung über die Strafandrohung darf der Gesetzgeber nicht nur Bestimmtheit und Rechtssicherheit anstreben» das rechtsstaatliche Schuldprinzip ist hinreichend berücksichtigen» im Einzelfall gerechte und verhältnismäßige Strafe zu verhängen» Schuldprinzip und Rechtsfolgenbestimmtheit stehen in einem Spannungsverhältnis, das in einen verfassungsrechtlich tragfähigen Ausgleich gebracht werden muss. Der Gesetzgeber hat einen Strafrahmen zu bestimmen, dem sich grundsätzlich das Mindestmaß einer Strafe ebenso wie eine Sanktionsobergrenze entnehmen lassen Führt der Gesetzgeber - wie bei der Vermögensstrafe nach 43a StGB - eine neue Strafart ein, die zudem einen intensiven Grundrechtseingriff zulässt, so sind dem Richter, neben den Grundsätzen der Strafzumessung, besondere Leitlinien an die Hand zu geben, die die Entscheidung hinsichtlich der Auswahl und der Bemessung der Sanktion vorhersehbar machen. Sanktionenrecht SS 2013 Page 4
5 Literatur Tiedemann, K.: Verfassungsrecht und Strafrecht. Heidelberg 1991 Lagodny, O.: Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte. Mohr: Tübingen Arnold, J.: Der Einfluss des BVerfG auf das nationale Straf- und Strafverfahrensrecht. StraFo 2004, S Sanktionenrecht SS 2013 Page 5
6 Das System strafrechtlicher Sanktionen Kriminalstrafen Geldstrafe ( 40) Freiheitsstrafe ( 38, 39) Verwarnung mit Strafvorbehalt ( 59 StGB) Strafmodifikationen: Strafaussetzung zur Bewährung ( 56 StGB) Nebenstrafe: Fahrverbot ( 44) Maßregeln der Besserung und Sicherung ( 63 ff) Freiheitsentziehend: Unterbringung in Psychiatrie, Entziehungsanstalt und Sicherungsverwahrung ( 63, 64, 66) Nicht freiheitsentziehend: Führungsaufsicht, Berufsverbot, Fahrerlaubnisentzug Verfall und Einziehung ( 73ff) Nebenfolgen ( 45) Verlust bürgerlicher Rechte Sanktionenrecht SS 2013 Page 6
7 Die Einbettung strafrechtlicher Sanktionen Strafverfahrensrecht Verfahrenseinstellungen 153ff StPO Strafvollstreckungsrecht Vollstreckung der Strafen (insb. Geldstrafe und der gemeinnützigen Arbeit) Strafvollzugsrecht Vollzugsformen» Offener Vollzug» Freigängervollzug» Geschlossener Vollzug Gnadenrecht und Amnestie Sanktionenrecht SS 2013 Page 7
8 Determinanten der Entwicklung strafrechtlicher Sanktionen Grundrechte und Verfassungsrecht Internationale Standards Sanktions- und Verfahrensökonomie Rechtspolitische Überzeugungen und Trends Sanktionenrecht SS 2013 Page 8
9 Verfahren und strafrechtliche Sanktionen Staatsanwaltschaftliche Verfahrenseinstellungen 153 StPO 153a StPO 31a BtMG Strafbefehlsverfahren 407 ff StPO Sanktionenrecht SS 2013 Page 9
10 153 StPO (1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind. Jugendstrafverfahren: 45 JGG Sanktionenrecht SS 2013 Page 10
11 153a StPO (1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht, 1. Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens 2. Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse 3. Gemeinnützige Leistungen (Arbeit) 4. Unterhaltspflichten nachzukommen 5. sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) 6. Aufbauseminar nach 2b, 4 StVG Sanktionenrecht SS 2013 Page 11
12 31a BtMG (1) In Fällen des 29 kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut oder besitzt. Vgl. hierzu BVerfGE 90, 145 (Cannabis Entscheidung) Sanktionenrecht SS 2013 Page 12
13 Länderrichtlinien zur Einstellung bei 31 a BtMG Regelungsbereiche» Cannabis» Harte Drogen: teilweise nicht erfasst, teilweise ausgeschlossen, teilweise geregelt Regelungscharakter» Teilweise Festlegung einer Grenze für zwingende Einstellung bei (in der Regel) 6 Gramm (Berlin 10 Gramm)» Teilweise Kann-Regelungen, Einzelfallbetrachtung Mengenregelungen» Cannabis: von drei Konsumeinheiten bis 15 Gramm, gewisse Tendenz zur 6 Gramm Grenze (Brandenburg, Schleswig Holstein, allerdings Berlin g)» Heroin: 0,5 1 Gramm» Tendenz zu Bruttogewicht Ausschluss der Einstellung Fremdgefährdung (weitgehend einheitlich)» Nachahmungsgefahr (Nähe zu Schule etc.)» Demonstratives Konsumverhalten» Anzeichen für Gefährdung des Straßenverkehrs, Arbeitsstätte» Bestimmte Räume (beispw. Strafvollzug, Schule) Wiederholungsfälle/gelegentlicher Konsum» Teilweise ausgeschlossen, teilweise irrelevant, unterschiedliche Zeitintervalle, abhängig auch von Suchtproblemen Polizeilicher Ermittlungsaufwand» Teilweise berücksichtigt, teilweise nicht» Bei Berücksichtigung: Sicherstellung, Feststellung des Gewichts, Vortest, Beschlagnahme und Kurzvernehmung Hilfsmaßnahmen: Information über Hilfsangebote, Einschaltung sozialer Dienste Sanktionenrecht SS 2013 Page 13
14 Geringfügigkeitseinstellungen: Begründungen Verfahrensökonomie Verhältnismäßigkeit Vermeidung von Stigmatisierung Sanktionenrecht SS 2013 Page 14
15 Voraussetzungen der Verfahrenseinstellung Vergehen Verurteilungswahrscheinlichkeit (wenn die Schuld als gering anzusehen wäre), Abgrenzung zu 170 StPO Geringe Schuld Anknüpfungspunkte in 46 StGB BGH 3 StR 444/06 - Beschluss vom 16. Januar 2007 (lange Verfahrensdauer) Fehlendes öffentliches Interesse Spezial- und Generalprävention (allerdings werden spezialpräventive Überlegungen jedenfalls teilweise bereits bei der Schuld berücksichtigt, z.b. Vorstrafen) Gleichbehandlung Keine Zustimmung erforderlich: Vergehenstatbestand sieht keine Mindeststrafe vor Verursachte Folgen sind gering Sanktionenrecht SS 2013 Page 15
16 Erledigungen durch die Staatsanwaltschaft 2010 (%) 30 28, , ,9 0,2 11,6 4,3 4,1 0 Anklage Amtsgericht Staatsanwaltschaftsstatistik 2012, S. 26 Anklage Landgericht Erlass Strafbefehl 153a II Verweis Privatklage Sanktionenrecht SS 2013 Page 16
17 Auflagenstruktur bei 153a StPO (2010, %) ,8 5,5 0,4 5,3 0,2 Geldauflage Gemeinnützige Arbeit Wiedergutmachung Unterhaltspflichten TOA Verkehrsseminar Sanktionenrecht SS 2013 Page 17
18 Gleichbehandlung und Einstellungsquoten 153a StPO ,5 4,1 5,3 4,2 4,7 3,6 5 3, ,2 4, ,6 2,3 2,4 1 0 Baden-Wuerttemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen M.-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-W. Rheinland P Saarland Sachsen Sachsen-A. Schleswig-H. Thueringen Sanktionenrecht SS 2013 Page 18
19 Probleme und Kritik der Verfahrenseinstellung Staatsanwalt als Richter vor dem Richter Unschuldsvermutung (im Zusammenhang mit Auflagen nach 153a) Gleichbehandlung Exekutives Recht? Materiell- oder verfahrensrechtlicher Ansatz zur Erfassung von Bagatellunrecht Vgl. auch Cannabisentscheidung des BVerfG (E 90, 145) Sanktionenrecht SS 2013 Page 19
20 Strafbefehl ( 407 StPO) (1) Im Verfahren vor dem Strafrichter und im Verfahren, das zur Zuständigkeit des Schöffengerichts gehört, können bei Vergehen auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen der Tat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung festgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft stellt diesen Antrag, wenn sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Antrag ist auf bestimmte Rechtsfolgen zu richten. Durch ihn wird die öffentliche Klage erhoben. (2) Durch Strafbefehl dürfen nur die folgenden Rechtsfolgen der Tat, allein oder nebeneinander, festgesetzt werden: 1. Geldstrafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung, 2. Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt, sowie 3. Absehen von Strafe. Hat der Angeschuldigte einen Verteidiger, so kann auch Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr festgesetzt werden, wenn deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Sanktionenrecht SS 2013 Page 20
21 Strafbefehl ( 407 StPO) Sanktionenrecht SS 2013 Page 21
22 Trends in Verfahrenserledigungen (%) Anklage Strafbefehl a Sanktionenrecht SS 2013 Page 22
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