Sonst steht uns kein weiteres Symbol für die Bildung von AL-Formeln zur Verfügung.
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- Viktoria Berger
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1 Seminar: Einführung in die Modallogik (WS 16/17) Lehrender: Daniel Milne-Plückebaum, M.A. Handout: Syntax und Semantik der Aussagenlogik Die Syntax der Aussagenlogik Um Formeln der Aussagenlogik (AL-Formeln) bilden zu können, müssen wir zuerst wissen, welche Symbole wir dafür überhaupt benutzen dürfen. Wir vereinbaren: 1 Folgende Symbole stehen uns für die Bildung von AL-Formeln zur Verfügung: p, 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9,,,,,, ( und ). Sonst steht uns kein weiteres Symbol für die Bildung von AL-Formeln zur Verfügung. ( ist das Negationssymbol, das Konjunktionssymbol, das Disjunktionssymbol, das Implikationssymbol und das Biimplikationssymbol.) Nun da wir wissen, welche Symbole wir benutzen dürfen, müssen wir natürlich noch wissen, wie wir diese benutzen dürfen. Dafür legen wir eine Reihe von Regeln fest: Folgende Symbolketten sind Formeln der Aussagenlogik (AL-Formeln): 1. Jede Symbolkette der Form p x, wobei x eine echte Ziffernfolge ist, ist eine AL- Formel, und zwar ein (AL-)Atom. 2. Jede Symbolkette der Form A, wobei A eine AL-Formel ist, ist eine AL-Formel, und zwar eine (AL-)Negation. 3. Jede Symbolkette der Form (A B), wobei A und B AL-Formeln sind, ist eine AL-Formel, und zwar eine (AL-)Konjunktion. 4. Jede Symbolkette der Form (A B), wobei A und B AL-Formeln sind, ist eine AL-Formel, und zwar eine (AL-)Disjunktion. 1 Für bessere Lesbarkeit verzichte ich auf die Verwendung von Anführungsstrichen oder sonstigen Indikatoren, um Symbole und Ausdrücke der Objektsprache kenntlich zu machen, und vertraue stattdessen darauf, dass Leser*innen diese selbst identifizieren können. 1
2 5. Jede Symbolkette der Form (A B), wobei A und B AL-Formeln sind, ist eine AL-Formel, und zwar eine (AL-)Implikation. 6. Jede Symbolkette der Form (A B), wobei A und B AL-Formeln sind, ist eine AL-Formel, und zwar eine (AL-)Biimplikation. Nichts sonst ist eine AL-Formel. Diese Regeln sind rekursiv definiert. Das bedeutet, dass wir einen Startpunkt haben, gegeben in Regel 1. Dadurch wissen wir schon einmal, dass z.b. p 0, p 1 und p 2 AL-Formeln sind (nämlich Atome). Ausgehend von diesem (unendlich großen) Grundstock an AL- Formeln können wir rekursiv weitere Formeln bauen. Da p 0 eine AL-Formel ist (wie oben gezeigt), ist auch p 0 eine AL-Formel (nämlich eine Negation). Das ergibt sich aus Regel 2. Da p 1 und p 0 AL-Formeln sind (wie oben gezeigt), ist auch (p 1 p 0 ) eine AL-Formel (nämlich eine Konjunktion). Das ergibt sich aus Regel 3. Da p 1 und p 2 AL-Formeln sind (wie oben gezeigt), ist auch (p 1 p 2 ) eine AL-Formel (nämlich eine Disjunktion). Das ergibt sich aus Regel 4. Da (p 1 p 2 ) und (p 1 p 0 ) AL-Formeln sind (wie oben gezeigt), ist auch ((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) eine AL-Formel (nämlich eine Implikation). Das ergibt sich aus Regel 5. Da ((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) und p 0 AL-Formeln sind (wie oben gezeigt), ist auch (((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) p 0 ) eine AL-Formel (nämlich eine Biimplikation). Das ergibt sich aus Regel 6. Und so weiter. Bevor wir mit der Semantik der Aussagenlogik weitermachen, folgen noch ein paar Hinweise zur Schreibweise. Die Großbuchstaben A, B, C,... im obigen Kasten repräsentieren beliebige AL-Formeln, die allesamt nur aus den ganz oben aufgeführten Symbolen bestehen dürfen. Außerdem wollen wir vereinbaren, dass die äußeren Klammern von AL- Formeln weggelassen werden dürfen, jedoch keine weiteren Klammern. Die Semantik der Aussagenlogik Wir wollen AL-Formeln natürlich auch irgendwie interpretieren. Das ist eine große Aufgabe, denn der AL-Syntax zufolge gibt es unendlich viele AL-Formeln. Und jede AL-Formel soll etwas bedeuten. Wir können auch sagen, dass jede AL-Formel einen sogenannten semantischen Wert zugewiesen bekommen soll. Bestimmte Dinge in der (nicht-sprachlichen) Welt stehen als semantische Werte zur Verfügung. Welche sind das für die Aussagenlogik? Semantische Werte für AL-Formeln sind die Wahrheitswerte: das Wahre (kurz: t) und das Falsche (kurz: f). Wir benötigen keine weiteren semantischen Werte für die Interpretation von AL-Formeln. 2
3 Um wirklich jeder AL-Formel einen Wahrheitswert zuweisen zu können, müssen wir irgendwo anfangen. Dafür bieten sich die kleinsten oder basalen AL-Formeln an, die Atome. Es muss also erst einmal unendlich vielen Atomen jeweils genau ein Wahrheitswert zugeordnet werden. Eine solche Zuordnung besitzt somit das Charakteristikum einer mathematischen Funktion. 2 Wir definieren: Eine basale AL-Interpretationsfunktion ist eine Funktion, die jedem Atom genau einen Wahrheitswert zuordnet (I {A A ist ein Atom} {t, f}). Wird einem Atom A von einer basalen AL-Interpretationsfunktion I ein Wahrheitswert x zugeordnet, so schreiben wir A, x I oder I(A) = x. Natürlich interessieren uns in der Regel nicht die konkreten Wahrheitswerte aller Atome. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei einer Relation erst dann um eine basale AL- Interpretationsfunktion, wenn wirklich jedem Atom genau ein Wahrheitswert zugeordnet ist. Wir können uns damit behelfen, für alle Atome, die uns im gegebenen Fall nicht interessieren, ein allgemeines Rezept für die Wahrheitswert-Zuordnung aufzuschreiben. Betrachten wir z.b. die basale AL-Interpretationsfunktion I 1 : Beispiel 1: I 1 (p 0 ) = f; I 1 (p 1 ) = f; I 1 (p 2 ) = t; I 1 (p 3 ) = f; und I 1 (p n ) = t für alle n > 3. I 1 ist vollständig bestimmt, da eine Bedingung für die Indizes der nicht explizit aufgeführten Atome angegeben wurde. Somit ist für jedes Atom A eindeutig definiert, welchen Wahrheitswert I 1 A zuordnet. Ein anderes Beispiel: Beispiel 2: I 2 (p n ) = f, falls n gerade ist und I 2 (p n ) = t, falls n ungerade ist. Grundsätzlich gilt nun: Ohne eine basale AL-Interpretationsfunktion, die schon einmal jedem Atom genau einen Wahrheitswert zuordnet, geht es in der Semantik der Aussagenlogik nicht weiter. Haben wir jedoch eine basale AL-Interpretationsfunktion I gegeben, bekommt auf der Grundlage von I wirklich jede AL-Formel einen Wahrheitswert zugeordnet, und zwar ohne weiteres Zutun unsererseits. Wir sagen: Eine (vollständige) AL-Interpretationsfunktion I (auf I) ist eine Funktion, die jeder AL-Formel genau einen Wahrheitswert zuordnet (I {A A ist eine AL- Formel} {t, f}), wobei I eine basale AL-Interpretationsfunktion ist. 2 Eine Funktion ist eine eindeutige Zuordnungsrelation zwischen einer Definitionsmenge M und einer Zielmenge N, wobei jedem Element aus M genau ein Element aus N zugeordnet wird. 3
4 Angenommen, wir haben eine basale AL-Interpretationsfunktion I gegeben: Wie lautet dann die vollständige AL-Interpretationsfunktion I (auf I)? Grundsätzlich lässt sich diese Frage immer gleich beantworten, ganz egal, wie I beschaffen ist. Denn es gibt eine Reihe von Regeln, die uns für jede basale AL-Interpretationsfunktion I genau sagen, wie ihre Vervollständigung I lautet. Mit anderen Worten: Egal, welche Wahrheitswerte I den Atomen zuordnet, diese Regeln sagen uns für jede (also auch jede komplexe) AL-Formel, welchen Wahrheitswert I ihr zuordnet. Hier sind die Regeln: Sei I eine basale AL-Interpretationsfunktion. Die AL-Interpretationsfunktion I ergibt sich aus I über folgende allgemeine AL-Wahrheitsbedingungen: Für alle Atome p: 1. I(p) = t genau dann, wenn [gdw.] I(p) = t. Für alle AL-Formeln A und B: 2. I( A) = t gdw. I(A) = f. 3. I(A B) = t gdw. I(A) = t und I(B) = t. 4. I(A B) = t gdw. I(A) = t oder I(B) = t. 5. I(A B) = t gdw. I(A) = f oder I(B) = t. 6. I(A B) = t gdw. [I(A) = t und I(B) = t] oder [I(A) = f und I(B) = f]. Da es nur genau zwei Wahrheitswerte gibt, und da sich aus den allgemeinen AL-Wahrheitsbedingungen AL-Interpretationsfunktionen ergeben, lassen sich aus den allgemeinen AL-Wahrheitsbedingungen im Übrigen auch die allgemeinen AL-Falschheitsbedingungen ableiten. Nun können wir die Wahrheitswerte beliebiger AL-Formeln ermitteln, sofern wir eine basale AL-Interpretationsfunktion gegeben haben. Betrachten wir z.b. die AL-Formel (p 1 p 2 ) (p 1 p 0 ). Nach Regel 5 haben wir (für alle basalen AL-Interpretationsfunktionen I): I((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) = t gdw. I(p 1 p 2 ) = f oder I(p 1 p 0 ) = t. Auf die unterstrichenen Bestandteile der konkreten AL-Wahrheitsbedingung können wir wiederum Regeln anwenden. 3 Nach den Regeln 3 und 4 ergibt sich: 3 Hier benötigen wir die allgemeine AL-Falschheitsbedingung für Disjunktionen, die oben nicht explizit aufgeführt ist, sich aber direkt aus der allgemeinen AL-Wahrheitsbedingung für Disjunktionen ergibt. 4
5 I( p 0 ) = t]. Wiederum können wir auf die unterstrichenen Bestandteile der konkreten AL-Wahrheitsbedingung Regeln anwenden. Nach den Regeln 1 und 2 ergibt sich: I(p 0 ) = f]. Eine Regelanwendung geht noch. Regel 1 liefert: I(p 0 ) = f]. Wir können und müssen so lange Regeln anwenden, bis nur noch auf mögliche zugrundeliegende basale AL-Interpretationsfunktionen in der jeweils hergeleiteten konkreten AL- Wahrheitsbedingung Bezug genommen wird. (Das ist genau dann der Fall, wenn sich keine Regeln mehr anwenden lassen.) Nun können wir z.b. überprüfen, ob unsere basale AL-Interpretationsfunktion I 1 (I 2 ) die hergeleitete konkrete AL-Wahrheitsbedingung erfüllt. Falls ja, wird der AL-Formel (p 1 p 2 ) (p 1 p 0 ) von der vervollständigten AL-Interpretationsfunktion I 1 (I 2 ) der Wahrheitswert t zugeordnet; falls nein, wird der AL-Formel (p 1 p 2 ) (p 1 p 0 ) von der vervollständigten AL-Interpretationsfunktion I 1 (I 2 ) der Wahrheitswert f zugeordnet. Unter I 1 ist die konkrete AL-Wahrheitsbedingung von (p 1 p 2 ) (p 1 p 0 ) nicht erfüllt. Damit gilt: I 1 ((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) = f. Unter I 2 hingegen ist die konkrete AL-Wahrheitsbedingung von (p 1 p 2 ) (p 1 p 0 ) erfüllt. Damit gilt: I 2 ((p 1 p 2 ) (p 1 p 0 )) = t. Insgesamt ist zu beachten, dass keine AL-Formel A einfach absolut den Wahrheitswert t oder f hat. Stattdessen hat eine AL-Formel A einen Wahrheitswert immer nur relativ zu einer AL-Interpretationsfunktion I auf der Grundlage einer basalen AL-Interpretationsfunktion I. 5
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