Ganztagsschule und die Auswirkungen auf die Familie

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Eleonora Weiner
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1 Ganztagsschule und die Auswirkungen auf die Familie Dr. Christine Steiner Deutsches Jugendinstitut (DJI), München Familienleitbilder und Familienrealitäten in Deutschland 5. Hohenheimer Tage der Familienpolitik 27. Oktober 2015 in Stuttgart-Hohenheim Gefördert von:

2 Die deutsche Schule war von ihrer Herkunft her eine klassische Unterrichtsschule mit Halbtagsprinzip. Dieser Betrieb begann [ ] so früh am Morgen, dass man eigentlich nur von einer absichtlich boshaften Unterbrechung des Schlafes sprechen kann. [...] Heute ist das Wecken der Kinder eine veritable Elternleistung, die Durchhaltewillen verlangt. Der Halbtag endete ebenso beschwerlich, wie er begann, nämlich nach der normalen Mittagszeit, [wo] die Idylle des gemeinsamen Mittagessens oft genug an Bus und Bahn oder an den Unwägbarkeiten des öffentlichen Nahverkehrs [scheiterte]. [...] Hausaufgaben waren [ ] nichts Anderes als die stillschweigende Einführung der Ganztagsschule, mit dem Effekt, dass die Eltern nicht nur die Aufsicht zu übernehmen hatten, sondern auch noch vergeblich auf die intrinsische Motivation warten mussten. Wenn, dann hätte man hier die Familienfeindlichkeit anprangern müssen, [ ] denn die Schule profitiert durch die Ausbeutung einer Arbeitskraft, die nichts kostet. Jürgen Oelkers Quelle: Ganztag in der Ausbildung der Professionen, Vortrag am 19. Mai 2011 in Halle (Saale), zu finden unter: 2

3 Zur heutigen Denkwerkstätte PISA Schock 1 Vereinbarkeit von Erwerbsund Familienleben / Betreuung 2 Familienalltag und Problemlagen / Erziehung Wandel wohlfahrtstaatlicher Leitbilder 3 individuelle Förderung / Bildung 3

4 1 Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienleben 4

5 Inanspruchnahme des Ganztagsangebotes nach Erwerbsbeteiligung der Mutter (Schüler/-innen der Klasse 3, 2009) 100% 80% 80,1% 66,5% 60% 48,5% 40% 20% 0% Mutter in Vollzeit erwerbstätig Mutter in Teilzeit erwerbstätig Mutter nicht oder stundenweise erwerbstätig Quelle: StEG-Konsortium (2010): Ganztagsschule: Entwicklungen und Wirkungen, S. 20 zu finden unter: 5

Problembereiche Akzeptanz in den Familien & schulische Kapazitäten - schnell steigende Akzeptanz unter Eltern

Kapazitätsengpässe insbesondere (und nach wie vor) im Primarbereich Kosten & Finanzierung - Ganztagsangebote sind ein

Leistungssysteme zur Unterstützung von Familien - Schulleitungen beklagen eingeschränkte finanzielle Ressourcen

6 Problembereiche Akzeptanz in den Familien & schulische Kapazitäten - schnell steigende Akzeptanz unter Eltern schulpflichtiger Kinder - Diskrepanz zwischen dem Wunsch der Eltern und der tatsächlichen Inanspruchnahme - Kapazitätsengpässe insbesondere (und nach wie vor) im Primarbereich Kosten & Finanzierung - Ganztagsangebote sind ein Kostenfaktor für Familien - Gebühren können Ursache für eine sozial selektive Teilnahme sein - unterschiedliche Leistungssysteme zur Unterstützung von Familien - Schulleitungen beklagen eingeschränkte finanzielle Ressourcen Öffnungszeiten & Vereinbarkeit - unzureichende Öffnungszeiten insbesondere für vollerwerbstätige Eltern - Betreuung auch in den Ferienzeiten nur bedingt gewährleistet 6

7 Gesamtzeitraum verlässlicher Betreuungszeiten an Ganztagsschulen (2012) GTB in Kooperation mit Hort (n=117) Primarschule Sek. I (o. Gym) Gymnasien GTB ohne Kooperation mit Hort (n=257) (n=431) (n=173) Montag 9:33 8:20 8:00 8:00 Dienstag 9:30 8:30 8:00 8:00 Mittwoch 9:30 8:25 8:00 8:00 Donnerstag 9:30 8:30 8:00 8:00 Freitag 9:10 8:15 5:45 6:43 Median in Stunden und Minuten (Der Median ist der Wert, der die Schulgruppe in zwei Hälften teilt, so haben bspw. 50 Prozent der Gymnasien montags bis zu 8 Stunden und 50 Prozent 8 Stunden und mehr geöffnet) Quelle: StEG-Konsortium (2013): Ganztagsschule 2012/2013. Deskriptive Befunde einer bundesweiten Befragung, S. 26 zu finden unter: 7

8 2 Familienalltag und Problemlagen 8

9 Entlastung und Unterstützung der Eltern durch die Ganztagsschule -nach sozioökonomischen Status der Eltern (2009) Angaben in Prozent Bei Hausaufgabenhilfe entlastet In Erziehungsproblemen unterstützt Unterstes Quartil Zweites Quartil Drittes Quartil Oberstes Quartil Quelle: StEG-Elternbefragung 2009 (Querschnitt) 9

10 Veränderung des Familienklimas durch die Ganztagsschule (2009) Beziehung des Kindes zum Vater Beziehung des Kindes zur Mutter Teilnahme am Ganztag 1-3 Tage pro Woche 4-5 Tage pro Woche 1-3 Tage pro Woche 4-5 Tage pro Woche Beziehung hat sich verschlechtert Beziehung ist gleich geblieben Beziehung hat sich verbessert 2,6% 3,3% 2,9% 3,3% 93,1% 87,9% 89,9% 83,8% 4,3% 8,8% 7,2% 12,8% Quelle: StEG-Konsortium (2010): Ganztagsschule: Entwicklungen und Wirkungen, S. 21 zu finden unter: 10

11 Schulisches Elternengagement an Halb- und Ganztagsschulen (2012/2014) Aussage: Eltern müssen vieles leisten, was eigentlich Aufgabe der Schule ist. (stimme zu/lehne ab) Ganztagsschule Halbtagsschule Ganztagsschule Halbtagsschule % 20% 40% 60% 80% 100% stimme zu lehne ab Quelle: Tillmann, Klaus Jürgen (2014): Die Ganztagsschule und die Wünsche der Eltern. In: Killus, Dagmar/ Tillmann, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Eltern zwischen Erwartungen, Kritik und Engagement. Ein Trendbericht zur Schule und Bildungspolitik in Deutschland. Münster und New York: Waxmann Verlag, S. 80, eigene Darstellung 11

12 3 Individuelle Förderung der Schüler/-innen 12

13 Kindbezogene Gründe der Eltern für die Teilnahme am Ganztag (2009) Primarstufe Sekundarstufe I Kontakt zu Gleichaltrigen 3,52 bessere individuelle Förderung 3,39 interessante Angebote 3,48 interessante Angebote 3,33 Förderung der Selbstständigkeit 3,39 Förderung der Selbstständigkeit 3,32 bessere individuelle Förderung 3,3 Verbesserung der Schulleistungen 3,31 Verbesserung der Schulleistungen 3,15 Kontakt zu Gleichaltrigen 3,28 Wunsch des Kindes 3,11 Wunsch des Kindes 3,27 Empfehlung der Lehrkraft 2,33 Empfehlung der Lehrkraft 2, Quelle: StEG- Elternbefragung 2009 (Querschnitt), Skala: 1= gar nicht wichtig, 2= eher nicht wichtig, 3= eher wichtig, 4= sehr wichtig 13

14 Zufriedenheit der Eltern mit der individuellen Förderung ihres Kindes (2009) ,87 2,96 2,78 2,71 Klasse 3 Klasse 5 Klasse 7 Klasse 9 Quelle: StEG- Elternbefragung 2009 (Querschnitt), Skala: 1= gar nicht zufrieden, 2= eher nicht zufrieden, 3= eher zufrieden, 4= sehr zufrieden 14

15 Wovon hängt die Zufriedenheit mit der individuellen Förderung ab? Abmeldung von außerschulischen Angeboten Inanspruchnahme von Nachhilfe Unterstützung durch Eltern notwendig sozioökonomischer Status Doppelverdiener-Haushalt Alleinerziehende Alter des Kindes Kind besucht die Grundschule Mittelwert 2,84 Eltern mit Migrationshintergrund Eltern aus Ostdeutschland Kind besucht eine IGS Teilnahmegrund individuelle Förderung Quelle: Arnoldt, B. & Steiner, C.: Perspektiven von Eltern auf die Ganztagsschule. Zeitschrift für Familienforschung, 27(2015)2, S. 15 zu finden unter: 15

16 Fazit Gemessen an der sozial-/familienpolitischen Zielsetzung - der Unterstützung einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienleben ist die Einführung der Ganztagschule ein erfolgreiches Reformprojekt. Ganztagsschulen unterstützen darüber hinaus von allem sozial weniger privilegierte Familien bei erzieherischen Problemen und der Hausaufgabenhilfe. Der Ganztagsbesuch des Kindes hat auch keine nachteiligen Folgen für die innerfamiliären Sozialbeziehungen. Es zeigen sich aber auch Grenzen der bisherigen Ganztagspraxis, und zwar im Hinblick auf Kapazitäten an Ganztagsplätzen und der Organisation des Ganztagsbetriebs, vor allem aber auch in Bezug auf das Gelingen individueller Förderung. Es ist wenig darüber bekannt, aus welchen Gründen welche Familien gänzlich oder zum Teil auf alternative Angebote und Praktiken zurückgreifen (müssen). Kurz: Wir wissen wenige darüber, welche Bildung- und in Familien geschlossen werden. 16

17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für mehr Informationen zum Forschungsverbund 17

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www.projekt steg.de Ganztagsschule: Entwicklungen und Wirkungen Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen () 2005-2010 Pressekonferenz, Berlin, 11. November 2010 Gefördert vom: Ein kooperatives