Beitrag: Wie Bundeswehrberater abkassieren Verfeuerte Millionen

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1 Manuskript Beitrag: Wie Bundeswehrberater abkassieren Verfeuerte Millionen Sendung vom 30. April 2019 von Manka Heise Anmoderation: Ursula von der Leyen hatte als Bundesverteidigungsministerin Großes vor. Sie wollte die Bundeswehr von Grund auf reformieren und für die Zukunft rüsten. O-Ton Ursula von der Leyen, CDU, Bundesverteidigungsministerin, am : Heute ist das Signal sehr klar in die Truppe hinein, dass ein Vierteljahrhundert des Schrumpfens der Bundeswehr vorbei ist, es ist Zeit für die Bundeswehr wieder zu wachsen. Ein Reformmanöver: Die Privatisierung der Bundeswehr-eigenen Panzerwerkstätten. Dafür beauftragte das Ministerium Anwälte und externe Berater. Doch jetzt könnte sich die Privatisierung als Rohrkrepierer erweisen - und die Panzer werden immer noch nicht effektiv gewartet. Manka Heise über verfeuerte Millionen für teure Bundeswehrberater. Text: Hier werden Panzer repariert. In den HIL-Werken, der Heeresinstandhaltungslogistik. Sie gehören zur Bundeswehr. Das Verteidigungsministerium plant seit Jahren, die Werke an die Industrie zu verkaufen. Matthias Moseler, Betriebsrat, vermutet, dass deswegen das Verteidigungsministerium nichts mehr in die Werkstätten investieren will. O-Ton Matthias Moseler, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Heeresinstandsetzungslogistik HIL: Ab 2016 war klar, dass wir bei der Bundeswehr die eigene Instandsetzung nicht mehr weiter vorantreiben wollen, weil einfach die politische Entscheidung von vornherein klar war, dass man die Instandsetzung nicht mehr im eigenen Bereich machen will. Unter Verteidigungsministerin von der Leyen trieb die ehemalige

2 Staatssekretärin Katrin Suder das Privatisierungsvorhaben voran. Angeblich können durch den Verkauf der HIL-Werke Millionen gespart werden und die Industrie sei ohnehin besser in der Lage, Reparaturen durchzuführen. Aber vor allem ist die Instandsetzung eins: ein gutes Geschäft. Nach internen Prognosen des Verteidigungsministeriums müssen bis 2027 dreimal so viele Fahrzeuge instand gesetzt werden. Ein Vermerk an Staatssekretärin Suder belegt, dass die Interessen der Industrie der Politik wichtig sind: Ein langfristiger Erhalt oder gar Ausbau der derzeitigen Instandhaltungskapazitäten der HIL-Werke in Konkurrenz zur Industrie widerspräche ( ) der Absicht der Bundesregierung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland ( ). Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels hält die Privatisierung für einen Fehler: O-Ton Hans-Peter Bartels, SPD, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages: Die Industrie wird immer gebraucht für die Nachrüstprogramme, für Lebensdauerverlängerung, für neue Systeme, die integriert werden auf alte Waffensysteme. Also, dafür müssen die Kapazitäten haben. Instandsetzung kann man davon in guten Teilen abkoppeln und sagen, das macht die Bundeswehr selber. Also, die Bundeswehr, die ihre Instandsetzung im Griff hat, ist eine einsatzfähigere Bundeswehr. Während die Verteidigungsministerin und ihre Staatssekretärin an der Privatisierung festhalten, hat die Unternehmensspitze der HIL-Werke Zweifel. Aus Angst um ihre Karrieren gehen sie nicht vor die Kamera. Uns erzählen die Mitarbeiter, dass sie verschiedene Szenarien prüfen lassen wollten, um herauszufinden, ob eine Privatisierung überhaupt Sinn ergibt. Ein Insider berichtet: Uns war klar, dass die Werke umstrukturiert werden mussten. Also machten wir eine offene Ausschreibung. Wir wollten von Beraterfirmen wissen, wie die Werke weitergeführt werden müssen, damit wir wieder mehr Gerät instand setzen können. Das Ministerium hatte sich bis dahin nie in unsere Ausschreibungen eingemischt. Doch in diesem Fall ist das anders. Das BMVg schaltet sich ein, will die Kontrolle über die Ausschreibung fordert für die Rechtsberatung sogar eine bestimmte Kanzlei. Im März 2016 weist das Ministerium an:

3 Am Vergabeverfahren für die Rechtsberatung soll bitte ebenfalls teilnehmen: Hogan Lovells International LLP Doch die HIL-Manager wollen Hogan Lovells keinen Auftrag erteilen. Deren Stundenpreis seien mit mehr als 400 Euro fast doppelt so hoch als bei anderen. Doch das Verteidigungsministerium ignoriert die Kritik - und schreibt wieder eine Mail: Ich möchte Sie bitten, die beiden Ausschreibungen unverzüglich aufzuheben. O-Ton Matthias Moseler, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Heeresinstandsetzungslogistik HIL: Man hat dann im Ministerium am gleichen Tag selbst ausgeschrieben und freihändig die Aufträge vergeben, allerdings nicht mit der Vorgabe, dass maximal Euro ausgegeben werden dürfen. Hier sind dann Beträge, am Schluss waren das - glaube ich - bis zu 42 Millionen, die da freihändig an die Berater vergeben werden sollten. Also, man hat richtig Geld in die Hand genommen, um schnellstmöglich hier die Werke irgendwie zum Verkauf führen zu können. Mittlerweile hat das Verteidigungsministerium allein für die Rechtsberatung rund 20 Millionen Euro eingeplant - viel Geld. Das Ministerium rechtfertigt die hohen Kosten auf Nachfrage von Frontal 21, Zitat: Das wirtschaftlichste Angebot hat Hogan Lovells abgegeben. Die vereinbarten Stundensätze sind im Wettbewerb zustande gekommen und marktüblich. Die Insider kritisieren auch die Qualität der Gutachter: Die Ausschreibung vom Ministerium war nicht ergebnisoffen, sondern schon auf den Verkauf zugeschnitten. Außerdem wurde Hogan Lovells genommen. Ich bin der Meinung, dass dann nur Gefälligkeitsgutachten rauskommen können. Zu diesen Vorwürfen will sich Hogan Lovells nicht äußern. Fest steht, dass die Kanzlei nicht zum ersten Mal vom Verteidigungsministerium beauftragt wurde. Auch die Opposition hat Zweifel, ob Hogan Lovells die richtigen sind. O-Ton Katja Keul, B 90/DIE GRÜNEN, MdB, fraktionspolitische Sprecherin für Abrüstungspolitik: Wenn sozusagen die gleichen Berater über Jahre hinweg diese teuren Ausschreibungen erhalten, dann ist natürlich auch nicht mehr gesichert, dass das ergebnisunabhängig ist - und darauf kommt es ja schließlich an.

4 Und damit nicht genug. Neben Hogan Lovells wurde auch die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers engagiert. Auch an sie sind bereits Millionen geflossen entwarf das Unternehmen einen Plan, wie die HIL-Werke in nur sechs Monaten verkauft werden könnten. Ein Insider berichtet, dass das unmöglich sei: Es gab noch nie ein Rüstungsprojekt von 1,6 Milliarden Euro, das in sechs Monaten in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben wurde. Normalerweise dauert so was mindestens zwischen fünf und sechs Jahren. Das war allen klar, dem BMVg und natürlich auch den Beratern. Tatsächlich, die Berater wussten es: Bonn. Im Juni 2016 kommen in der HIL Zentrale Mitarbeiter von Hogan Lovells und Verteidigungsministerium zusammen. PricewaterhouseCoopers ist per Telefon zugeschaltet. Laut einem Gesprächsprotokoll, das Frontal 21 zugespielt wurde, sind sich die Teilnehmer einig: dass eine sachlich angemessene Durchführung ( ) dieses Zeitplanes nicht möglich ist. Doch das BMVg verweist auf die Verbindlichkeit des Zeitplanes. Nachfrage bei PWC. Die teilen mit, die Vergabe hätte in den sechs Monaten funktionieren können, unter bestimmten Bedingungen. Bei neuer Datenlage hätte PWC den Plan angepasst. Millionen für Berater und deren fragwürdige Beauftragung für die Privatisierung der HIL-Werke das will der parlamentarische Untersuchungssauschuss in den kommenden Wochen aufklären. O-Ton Rüdiger Lucassen, AfD, MdB, parlamentarischer Untersuchungsausschuss Beraterverträge : Mittlerweile sind wir ja noch mitten im Verfahren und schon bei dreieinhalb Jahren, aber die Stundensätze von 450 Euro plus Spesen und alles was dazu gehört, die sind geblieben. Also, hier hat sich oder haben sich die Beratungs- und Unterstützungsleistungsfirmen die Bundeswehr zur Beute gemacht und die Leitung BMVg hat hierfür den Vorschub geleistet. Mittlerweile ist nicht nur die Opposition gegen die Privatisierung. Selbst die regierende SPD will nicht mehr mitmachen:

5 Politisch haben wir uns festgelegt, dass wir keine Privatisierung wollen. O-Ton Frontal 21: Riskieren Sie damit nicht auch einen Koalitionsstreit? Manchmal muss man sich in einer Koalition auch streiten. Hier geht es ja um die Sache und ich weiß, dass es auch bei der Union Kollegen gibt, die unsere Sichtweise durchaus teilen. Privatisierung kommt für uns nicht mehr in Frage. Frontal 21 liegt exklusiv ein Schreiben aus der Ministeriumsspitze vor. Dort wird geprüft, ob die Werke doch bei der Bundeswehr bleiben können. Demnach wird ein Weg gesucht, der möglichst effizient den weiteren Inhouse-Betrieb sicherstellt. O-Ton Frontal 21: Warum laufen dann sozusagen die Beraterverträge weiter, da werden ja Steuergelder verschwendet? Das Ministerium trifft seine eigenen Entscheidungen. Wir haben frühzeitig deutlich gemacht, dass wir keine Privatisierung der HIL-Werke mehr wollen. Was das Ministerium für Schlüsse daraus zieht, entzieht sich jetzt meiner Bewertung. Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unter von der Leyen hat sich bisher nicht verbessert - trotz Millionen für Berater. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.