Wohlfahrtssysteme im internationalen Vergleich. Fazit:
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- Max Bach
- vor 8 Jahren
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1 Fazit:
2 Fazit: erhebliche empirische Varianz (national gerahmter) Wohlfahrtssysteme diese Varianz ist Gegenstand der komparativen und typologisierenden Wohlfahrts(staats)forschung Typologisierung als Gruppierung von Objekten nach dem Maß ihrer Ähnlichkeit: - höchstmögliche Homogenität innerhalb der Gruppen - größtmögliche Heterogenität zwischen den Gruppen grundsätzlich: 3 zentrale Typen von Typen Realtypen Extremtypen Idealtypen
3 Realtypen (klassifikatorische Typen): Zusammenfassung empirischer Fälle zu mind. 2 Gruppen Anspruch: Festlegung der Fälle aufgrund theoretischer Annahmen Vollständige Erfassung der so definierten Fälle Disjunkte Zuordnung der Fälle zu Gruppen Problem der angemessenen Grenzziehung zwischen den Gruppen / Typen Verbreitete Lösung des Problems: quantitative Aufteilung einer Rangliste (Orientierung an Mittelwert oder Quantilen) diese Grenzziehung ist oft nicht sinnvoll ( künstlich )
4 Extremtypen: Lösung des Problems der künstlichen Grenzziehung: Kontinuum zwischen zwei Kategorialbegriffen Endpunkte des Kontinuums als reine oder extreme Typen (empirisch selten, wenn überhaupt existent) Endpunkte als begriffliche Bezugspunkte ( Pole ), zwischen denen empirisch vorfindbare Phänomene eingeordnet werden können ( Grad der Annäherung an einen Pol) Vorteil: keine Beschränkung auf Entweder/Oder- Zuordnung (wie bei Realtypen), sondern Mehr/Weniger- Verortung auf einem Kontinuum möglich
5 Idealtypen (nach Max Weber): sind gedankliche Konstruktion, gewonnen durch einseitige Steigerung einer oder einiger Dimension(en) sind damit ein theoriegeleitetes Werkzeug, mit dem konkrete Phänomene verglichen werden können, um einige ihrer bedeutsamen Bestandteile herauszuarbeiten sind in ihrer begrifflichen Reinheit selbst nicht empirisch vorfindbar ähneln also Extremtypen
6 grundsätzliche ProbIeme der Typenbildung: Typenbildung erfordert Zeitpunktbetrachtung Typen sind zeitpunktbezogene Realitätsabbildungen aber: Typologien erheben Anspruch vglw. dauerhafter Erklärungen Herausforderung: angemessenes Verhältnis von Statik der Typologie und Dynamik der Realität finden Typenbildung erfordert Komplexitätsreduktion: Vorab-Entscheidungen nötig darüber, welche Kategorien / Dimensionen / Daten für den Vergleich relevant sind Typen sind komplexitätsreduzierte Realitätsabbildungen Herausforderung: angemessenes Maß für Komplexitätsreduktion finden
7 Unterschiede zwischen Wohlfahrtsstaaten resultieren aus kulturellen Unterschieden in sozialpolitisch relevanten gesellschaftlichen Wertebereichen Relevant sind kulturelle Werte v.a. in Bezug auf: Redistribution: wünschenswerte(s) Ausmaß und Form Armut: selbstverursacht vs. strukturell bedingt Verhältnis von Staat und Markt Erwerbsarbeit und Arbeitsmarkt: richtige bzw. normale Beschäftigungsformen, gruppenspezifisch legitimierte Dekommodifizierung Wohlfahrtsmix und Rolle der Familie Bürgerstatus und Zugehörigkeitsrechte
8 die bekannteste und wirkungsvollste WFS-Typologie: Gøsta Esping-Andersen The Three Worlds of Welfare Capitalism (1990) Ausgangspunkt: Klassenkoalitionsthese a) Koalition von Arbeiterbewegung und Landbevölkerung in demokratischen Systemen universalistische, generöse soziale Sicherung b) Keine Koalition von Arbeiterbewegung und Landbevölkerung in nicht-demokratischen Systemen fragmentierte, disziplinierende Sozialleistungen c) Keine Koalition von Arbeiterbewegung und Landbevölkerung in demokratischen Systemen residuale soziale Sicherung
9 Gøsta Esping-Andersen The Three Worlds of Welfare Capitalism (1990) Grad der Dekommodifizierung Einfluss der Sozialpolitik auf soziale Schichtung (Stratifizierung) Relation Staat / Familie / Markt bei Erbringung von Wohlfahrtsleistungen liberales Wohlfahrtsregime gering niedrige universelle Sozialleistungen Sozialleistungen stärken soziale Ungleichheit (Exklusion, Stigmatisierung) Primat des Marktes Familie subsidiär Staat nur als letztes Sicherungsnetz korporatistisches Wohlfahrtsregime statusbezogen statusäquivalente Sozialleistungen (Leistungs-, Einkommensorientierung) Sozialleistungen befestigen soziale Ungleichheit (Statusäquivalenz) Aufgabenteilung zwischen Staat und Familie Marktvorsorge nachrangig sozialdemokratisches Wohlfahrtsregime hoch hohe universalistische Sozialleistungen Sozialleistungen vermindern soziale Ungleichheit (Inklusion) Primat des Staates Marktvorsorge nachrangig familiale Hilfssysteme unbedeutend Beispiele USA, UK, CH FRA, GER, ITA SWE, DK, NOR
10 eine alternative WFS-Typologie: Giuliano Bonoli (1997) Ausgangsüberlegung: Erkenntnisgewinn durch Kombination von Struktur- und Outcome-Variablen a) Outcome-Variable: Sozialleistungsquote b) Struktur-Variable: Bismarck/Beveridge-Unterscheidung: Bismarck -Modell Beveridge -Modell Ziel: Einkommenssicherung Armutsvermeidung Leistungen: einkommensbezogen pauschal Anspruchsvoraussetzung: Beitragszahlung (Anwartschaft) Aufenthalt, Bedürftigkeit Erfasster Personenkreis: abhängig Beschäftigte gesamte Bevölkerung (funktionale Zugehörigkeit) (politische Zugehörigkeit) Finanzierung: Beitragszahlung Steuern
11 eine alternative WFS-Typologie: Giuliano Bonoli (1997)
12 europäische Wohlfahrtsstaatsdynamik 1990/ /08
13 Fazit: Methodologische Erkenntnis: Vorsicht bei Typenbildung! Liefert die Typologie ein angemessenes Abbild der Realität zu einem bestimmten Zeitpunkt? Kann die Typologie Veränderungen im Zeitverlauf angemessen erfassen, ohne dabei an Erklärungskraft einzubüßen? Erkenntnis für die komparative Wohlfahrtsstaatsforschung: Sozialstaatskonvergenz! Unterschiede zwischen europäischen Wohlfahrtsstaaten werden geringer, sowohl mit Blick auf ihre Strukturen als auch auf ihre Leistungsniveaus
14 Literatur: Bonoli, Giuliano (1997): Classifying Welfare States: a Two-dimension Approach. In: Journal of Social Policy 26 (3), S Esping-Andersen, Gøsta (1990): The three worlds of welfare capitalism. Princeton, N.J: Princeton University Press. Fehmel, Thilo (2013): Sicherungsbewahrung. Europas sozialpolitische Zukunft. Weinheim: Beltz Juventa Hempel, Carl G. (1965): Typologische Methoden in den Sozialwissenschaften. In: Ernst Topitsch (Hg.): Logik der Sozialwissenschaften. Köln: Kiepenheuer & Witsch, S Pfau-Effinger, Birgit (2009): Wohlfahrtsstaatliche Politiken und ihre kulturellen Grundlagen. In: Österreichische Zeitschrift für Soziologie 34 (3), S Schmid, Josef (2010): Wohlfahrtsstaaten im Vergleich. Soziale Sicherung in Europa: Organisation, Finanzierung, Leistungen und Probleme. Wiesbaden: VS. Weber, Max (1904): Die "Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1), S Fehmel 2013
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