Die Türken in Bulgarien sprechen den regionalen Dialekt der türkischen Standardsprache. Publikationen erscheinen in lateinischer Schrift.
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- Waltraud Ritter
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1 Türken 1. Gruppenbezeichnungen 2. Sprache 3. Statistik und Demographie 4. Siedlungsgebiet und -schwerpunkte 5. Siedlungs- und Gruppengeschichte 6. Religion, konfessionelle Struktur 7. Politische und kulturelle Selbstorganisation 8. Schulwesen 9. Medien 1. Für die Türken Bulgariens wurden in den Jahren der kommunistischen Herrschaft eine Reihe von (Fremd-) Bezeichnungen verwendet: bulgarische Türken, Bulgaren türkischer Herkunft, turkisierte Bulgaren etc. 2. Die Türken in Bulgarien sprechen den regionalen Dialekt der türkischen Standardsprache. Publikationen erscheinen in lateinischer Schrift. 3. Demographische Entwicklung seit 1918 Jahr off. Angaben (10,7%) (9,7%) (9,6%) (9,4%) (9,4%) Quelle: Rezultati ot prebrojavaneto na naselenieto. T. 1. Demografski charakteristiki. Sofija 1994, S. 106, : 4. Siedlungsgebiete mit hohem bis sehr hohem türkischen Bevölkerungsanteil sind die Ostrhodopen (Zentrum Kărdžali) und das Ludogorie (tk. deliorman) in
2 2 Nordostbulgarien (Zentren Razgrad und Šumen), sowie der bulgarische Teil der Dobrudscha. Geringere Konzentrationen der türkischen Bevölkerung gibt um Stara Zagora und Pleven. 5. Bei den Türken Bulgariens handelt es sich überwiegend um die Nachkommen von Siedlern aus Anatolien, die während der osmanischen Herrschaft in den Balkanraum angesiedelt wurden. Einen geringeren Anteil stellen Nachkommen von Yürüken und turkisierten Bulgaren. Von bulgarischer Seite wurden immer wieder Versuche unternommen, eben diesen Umstand zu negieren. Die Türken Bulgariens seien nach dieser These, die vereinzelt schon am Ende des 19. Jahrhunderts propagiert wurde, eigentlich ethnische Bulgaren, die während der osmanischen Herrschaft sprachlich turkisiert und zwangsweise zum Islam bekehrt worden seien. Die Einwanderung der Türken erfolgte in verschiedenen Wellen ab dem 14. Jahrhundert. Bei der Gründung des bulgarischen Nationalstaats 1878 stellten die Türken etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung Bulgariens. Dieser Anteil ging jedoch in den folgenden Jahren immer weiter zurück, wobei die Auswanderung der Türken in das Osmanische Reich und die Vereinigung mit der autonomen Provinz Ostrumelien eine wichtige Rolle spielten. Begünstigt wurde die Emigration von Türken aus Bulgarien sowohl durch die Veränderung ihres sozialen Status, als auch durch die Friedensverträge von Konstantinopel (1912) und Neuilly (1919) und das Auswanderungsabkommen zwischen Bulgarien und der Türkei von In ihrem rechtlichen Status nahmen die Türken Bulgariens bis 1944 eine Zwischenstellung ein: Obwohl bulgarische Staatsbürger, unterstanden sie als Muslime nominell dem şeyhülislam, dem obersten Mufti des Osmanischen Reiches und später der Türkei. Als Muslime wurden ihnen auch gewisse Selbstverwaltungsrechte eingeräumt, die jedoch nach dem autoritären Umsturz von 1934 mehr und mehr beschränkt wurden, wobei besonders der auch in Bulgarien immer mehr Fuß fassender Laizismus Kemal Atatürks bekämpft wurde. Von den Einschränkungen nach 1934 waren vor allem die türkischen Privatschulen und das reichhaltige türkische Pressewesen betroffen. Welche Politik die bulgarische Regierung während des Zweiten Weltkriegs gegenüber den Türken verfolgte, ist bislang nicht untersucht worden.
3 3 Nach 1944 bemühte sich die bulgarische Regierung zunächst, durch die Wiederherstellung des türkischen Schul- und Pressewesens die türkische Bevölkerung für sich zu gewinnen. Doch schon Ende der vierziger Jahre kam es zu ersten Umsiedlungsmaßnahmen aus dem griechisch-bulgarischen Grenzgebiet. In den Jahren 1950/51 schließlich kam es zu einer großen Aussiedlungswelle, in deren Verlauf etwa Türken Bulgarien in Richtung Türkei verließen. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, ob es sich bei dieser Massenemigration um eine Fluchtwelle wegen der eingeführten Restriktionen handelt, oder ob die kommunistische Partei Bulgariens die Auswanderung wegen sicherheitspolitischer Bedenken förderte. Nach dieser Emigrationswelle beruhigte sich die Lage der bulgarischen Türken zeitweise, doch als die bulgarische Regierung 1958 eine Verschärfung des Assimilationskurses beschloss. Hiervon war in erster Linie das türkische Schulwesen betroffen, das in den beiden folgenden Jahren mit dem bulgarischen vereinigt wurde. Diese Maßnahme führte zu einem erneuten Anstieg des Emigrationsdruckes unter den Türken, so dass die Regierung sich genötigt sah, mit der Türkei über ein Abkommen über Familienzusammenführung zu verhandeln, das 1969 in Kraft trat und 1978 auslief. Schon in den siebziger Jahren wurde in der Parteispitze darüber diskutiert, ob man auch bei den Türken Namensänderungen (wie bei den Pomaken und Roma) durchführen solle. Aber erst im Herbst 1984 begann diese Kampagne, in deren Verlauf bis zum Frühling Türken gezwungen wurden, ihre bulgarische Namen anzunehmen und im Nachhinein von der Parteispitze als Wiedergeburtsprozeß bezeichnet wurde. Dies und das Verbot, in der Öffentlichkeit türkisch zu sprechen (ebenfalls seit 1984) führte dazu, dass in der Folgezeit Bulgarien immer mehr in die internationale Isolation geriet. Als im Frühling 1989 die Spannungen zwischen der türkischen Minderheit und der bulgarischen Regierung in offene Proteste seitens der Türken mündeten, wusste sich die Regierung nur noch mit der Öffnung der Grenzen im Mai 1989 zu helfen, woraufhin etwa Menschen das Land in Richtung Türkei verließen. Die Namensänderungen konnten erst nach dem Sturz Todor Živkovs im Frühjahr 1990 wieder rückgängig gemacht werden. In der Folgezeit bildete sich aus verschiedenen Widerstandsbewegungen eine Partei, die zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen keine ethnische Partei sein darf, de facto aber die Interessenvertretung der Türken in Bulgarien darstellt: die Bewegung
4 4 für Rechte und Freiheiten (Dviženie za Prava i Svobodi). Der Exodus der bulgarischen Türken ließ mit dem Systemwechsel zwar kurz nach, setzte sich aber wegen der anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach 1990 weiter fort. 6. In ihrer überwiegenden Mehrheit sind die Türken Bulgariens Muslime der sunnitischen Glaubensrichtung. Es gibt aber auch Schiiten (auch: Aleviten, kazălbaši) unter ihnen, deren genaue Zahl aber nicht festgestellt werden kann. 7. Dviženie za prava i svobodi, Abk.: DPS (Bewegung für Rechte und Freiheiten), Bul. Aleksandăr Stambolijski 45 a, 1000 Sofija. ( Fondacija Güven- Doverie (Vertrauen), Bul. Carigradsko šose 47, et.6, st.1, Bulgaristan'da Türkleri Kültür ve Yardimlasma Dernegi (Solidarity and Cultural Affairs Association of the Bulgarian Turks), 8. Bis zum Ende der fünfziger Jahre gab es eigenes türkisches Schulsystem in Bulgarien, das dann mit dem bulgarischen zusammengelegt wurde; bis in die siebziger Jahre wurde Türkisch in diesen vereinigten Schulen weiterhin fakultativ unterrichtet; Mitte der siebziger Jahre wurde der Türkisch-Unterricht abgeschafft. Zu Beginn der neunziger Jahre wurde der Türkisch-Unterricht wieder als vierstündiges Wahlfach eingeführt. Wegen der Wiedereinführung des Türkisch-Unterrichtes kam es zu Protesten seitens der bulgarischen Bevölkerung in den türkischen Siedlungsgebieten. Ab den sechziger wurden türkische Kinder (ebenso wie Roma und Pomaken) verstärkt in speziellen Internaten untergebracht.
5 5 Statistische Entwicklung des türkischen Schulwesens / /58 Schulen Schüler Lehrer Quellen: 1931: Bachmaier, P.: Bulgariens Weg zur neuen Schule. Die Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Vaterländischen Front Wien 1984, S /44 u. 1949/50: Şimşir, Bilâl: The Turks of Bulgaria ( ). London 1988, S /58: Memišev, Ju.: Zadružno v socialističesko stroitelstvo na rodinata (Priobštavane na bălgarskite turci kăm izgraždaneto na socializma). Sofija 1984, S Trifonov, S.: Strogo poveritelno! In: Pogled br. 17, , S. 10. Ulrich Büchsenschütz, Berlin
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