IV. Mietspiegel. Peter Rott, Kassel
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- Jacob Lichtenberg
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1 IV. Mietspiegel Peter Rott, Kassel
2 Bedeutung von Mietspiegeln im Mietrecht Im Mieterhöhungsrecht bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete 558 I BGB: Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen ( ). Grundlage ist das Mietniveau in der gesamten Gemeinde BGH, , NJW 2013, Darlegungslast beim Vermieter sechs Wohnungen im Regelfall eine zu geringe Datengrundlage; insbesondere, sie alle aus dem Bestand der Klägerin stammen - BGH, , NJW 2014, 292
3 Bestimmung der Ortsüblichkeit, 558 II BGB übliche Entgelte, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach 560 abgesehen, geändert worden sind.
4 Dynamik der Vergleichsmiete Nur Berücksichtigung der letzten 4 Jahre (Neuvermietungen und Mietänderungen) anders bis 1982 Inkl. Mieterhöhungen nach Modernisierung Aber: gesamtes Gemeindegebiet (s.o.), d.h. keine isolierte Betrachtung von In- Vierteln mit besonderer Preisentwicklung
5 Einfacher Mietspiegel, 558c BGB Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete (i.d.r. Nettokaltmiete) Von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt Kann zur (nach 558a I BGB notwendigen) Begründung des Mieterhöhungsverlangens herangezogen werden, vgl. 558 II Nr. 1 BGB (Begründungsfunktion) Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben - BGH, , NJW 2010, 2946 (Beweisfunktion) Der pauschale Einwand, einfache Mietspiegel enthielten in der Mehrzahl keine aussagekräftigen Daten, sondern würden "ausgehandelt" oder "einvernehmlich festgelegt", ist nicht geeignet, die Indizwirkung des Mietspiegels zu erschüttern. - BGH, , NJW 2013, 2963
6 Qualifizierter Mietspiegel, 558d BGB Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen nach vier Jahren neu zu erstellen Kann ebenfalls zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens herangezogen werden, vgl. 558 II Nr. 1 BGB, und muss dem Mieter in jedem Fall mitgeteilt werden, vgl. 558 III BGB. Vermutung, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben, 558d III BGB.
7 Spannenmietspiegel Enthält Spannenwerte, 558 IV BGB Bis zum Oberwert hat der Vermieter dann Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung - BGH, NJW 2012, 1351 Aber: Bei einer sehr weit auseinander gehenden Streuung der Vergleichsmieten hat der Tatrichter mit Unterstützung des Sachverständigen auf der Grundlage einer ausreichend großen, repräsentativen Stichprobe vergleichbarer Wohnungen zunächst das breite Spektrum der am Markt tatsächlich gezahlten Mieten auf den engeren Bereich der Entgelte zu begrenzen, der als Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete anzusehen ist. Ebenso mag es möglich sein, vom Mittelwert der Spanne auszugehen und aufgrund besonderer Qualitätsmerkmale der zu bewertenden Wohnung Zu- oder Abschläge vorzunehmen. Ermittlung der relevanten Spanne: häufig 2/3-Verfahren zur Eliminierung der Ausreißer
8 Tabellenmietspiegel
9 Tabellenmietspiegel Ist nur eine spezielle Darstellungsform Kann einfach oder qualifiziert sein Enthält ebenfalls Spannenwerte Allerdings fasst jedes Tabellenfeld im Grunde mehrere Einzelspannen zusammen (sonst müsste die Tabelle nicht, wie häufig, 24 oder 48 Felder enthalten, sondern Tausende) Daher pauschal Anspruch nur auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf den Mittelwert
10 Qualifizierter Mietspiegel, 558d BGB BGH, NJW 2013, 775 V wollte die Miete von 4,19qm auf 5,02qm erhöhen, berief sich dabei aber nicht auf den Berliner Mietspiegel 2009 der eine niedrige übliche Miete enthielt. M berief sich auf die Vermutungswirkung des QM. Ähnlich BGH, NJW 2014, 292
11 Qualifizierter Mietspiegel, 558d BGB Voraussetzung für das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung des 558d Abs. 3 BGB ist jedoch, dass der vom Tatrichter herangezogene Mietspiegel die Tatbestandsmerkmale des 558d I BGB unstreitig, offenkundig ( 291 ZPO) oder nachweislich erfüllt. Auf eine Prüfung dieser Anforderungen kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/ oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist. Substantiierte Angriffe gegen den Mietspiegel nötig (Erstellung muss dokumentiert sein, um die Ergebnisse nachvollziehen und überprüfen zu können) Beweis idr durch Sachverständigengutachten Beweislast bei demjenigen, der sich auf den QM beruft. Verlust der verfahrensvereinfachenden Funktion
12 V. Mietrückstand Peter Rott, Kassel
13 Kündigungsrecht 543 I, II 1 Nr. 3 Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Mieter a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
14 3 Fälle (1) Verzug mit zwei aufeinander folgenden Terminen in Höhe der Gesamtmiete; (2) Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in zwei aufeinander folgenden Terminen 569 III Nr. 1: in Höhe einer Monatsmiete + 0,01 Cent (3) die Kündigung bei Verzug über einen Zeitraum von mehr als zwei Terminen in Höhe einer doppelten Monatsmiete.
15 Begriff der Miete Gesamtmiete = Grundmiete + Betriebskostenpauschale Nicht: Betriebskostennachzahlung (aber Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nach 573 II Nr. 1 BGB)
16 Verzug Setzt i.d.r. keine Mahnung voraus, da kalendermäßig bestimmt, 556b I BGB Maßgeblich ist Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung Abschluss eines Überweisungsvertrags, 675f BGB Bareinzahlung Kein Verzug bei Umständen, die der Mieter nicht zu vertreten hat Nicht anwendbar auf Geldmangel Haftung für Erfüllungsgehilfen (z.b. Bank; RA, Mieterschutzverein bei fehlerhafter Beratung) Nicht zu vertreten: schuldloser Rechtsirrtum
17 Erlöschen des Kündigungsrecht 543 II 2, 1. Alt: bei vollständiger Befriedigung des Vermieters vor Zugang der Kündigung Auch durch Dritte! ( 267 BGB) 569 III Nr. 2: Befriedigung des Vermieters spätestens 2 Monate nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Räumungsklage (Schonfrist) hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach 546a BGB oder Verpflichtung durch eine öffentliche Stelle (Nachholrecht)
18 Verspätung bei Direktüberweisung durch Sozialbehörde P.: Umstand, den der Mieter zu vertreten hat? BGH: nicht, wenn das Jobcenter im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Leistungen an einen Bürger erbringt Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, BGH, NJW 2009, 3781 Anders zuvor Instanzgerichte (z.b. LG Mönchengladbach, ZMR 1993, 571; LG Karlsruhe, WuM 1989, 629) und auch die Literatur
19 VI. Energetische Sanierung Peter Rott, Kassel
20 Rechtlicher und politischer Rahmen Klimarecht (RL 2009/28/EG): 20% des Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen D: Ziel Einsparung von 20% bis % des Energieverbrauchs durch Gebäudesektor EnEV: Energievorgaben bisher haupts. für Neubauten und Sanierungen, ab 2020 auch für Altbestand
21 Rechtlicher und politischer Rahmen D: hohe Mietquote ca. 24 Mio. Mietwohnungen Einkommensschwache Haushalte wohnen typischerweise zur Miete P.: Wer bezahlt Investitionen in energetische Sanierung?
22 Eigentümerperspektive Keine Vorteile durch geringere Heizkosten, solange vermietet Staatliche Förderung ist gering Kompensation nur durch Miete (und Wertsteigerung) Finanzierung durch Mieter oder staatliche Stellen P.: normales Mieterhöhungsrecht ist keine große Hilfe, insb. führt energetische Sanierung nicht zu Neueinstufung der Wohnung im Mietspiegel Energetischer Zustand ist zwar Kriterium i.s.d. 558 II, aber bisher nur schwer zu fassen ( ökologischer Mietspiegel ) und auch nicht zwingend marktpreisrelevant i.ü. Kappungsgrenze des 558 III BGB: max 20% in 3 Jahren, Sperrfrist von 15 Monaten
23 Reform vom März 2013 (scheinbare) Entkoppelung von Duldungspflicht und Mieterhöhung Duldungspflicht verschärft: Abwägung nicht nur Mieterinteressen vs. Vermieterinteressen und Interessen anderer Mieter, sondern auch Energieziele Ausschluss wirtschaftlicher Erwägungen Mieterhöhungsrecht 11% der aufgewendeten Kosten / Jahr Ausn. (ggf. teilweise): nicht zu rechtfertigende Härte für den Mieter Gegenausn.: Umstände vom Verm. nicht zu vertreten, Versetzung in allg. üblichen Zustand Prozedurale Verbindung durch Obliegenheit
24 Rechtsfragen in Bezug auf ALG 2- Mieter Was hat der Vermieter nicht zu vertreten? Was ist der übliche Zustand? Zahlt der kommunale Träger die Erhöhung oder droht der Auszug? Spielt die Einsparung von Heizkosten eine Rolle?
25 Rechtsfragen in Bezug auf ALG2- Mieter Nicht zu vertreten: insb. Anforderungen der EnEV Austausch einiger uralter Kessel Dämmung der obersten Geschossdecke, wenn das Dach nicht gedämmt ist Üblicher Zustand BGH, NJW 1992, 1386: Zustand von mind. 2/3 der Gebäude gleichen Alters innerhalb der Region (= Bundesland) strittig!
26 Rechtsfragen in Bezug auf Hartz IV-Mieter Maßstab: tatsächlicher Zustand, nicht etwa das normativ Erstrebenswerte (gar nach EnEV) P.: Bisher kaum erfasst Beweislast beim Vermieter, aber Gerichte greifen auf Mietspiegel zurück Beisp.: Sammelheizung (statt Einzelöfen) in Berlin üblich (AG Pankow, MM 2004, 222) Isolierglasfenster wurden in Berlin 1999 als nicht allgemein üblich angesehen (LG Berlin, GE 1999, 46). Dynamisches Konzept, aber (ohne erhebliche staatliche Mittel) kein schneller Wandel zu erwarten (Maßstab Bundesland!) P.: Wenn das Übliche unterhalb der Anforderungen der EnEV liegt, kann eine Sanierung auf den üblichen Zustand energierechtlich unzulässig ( 9 EnEV) oder jedenfalls nicht förderfähig sein.
27 Härte Abwägung nur der Interessen von Vermieter und Mieter (nicht Klimaschutz, andere Mieter ) Ausschluss relativ sinnfreier Maßnahmen (Austausch von sehr gut gegen optimal isolierende Fenster) Maßgeblich sonst: individuelle Belastungsgrenze Nach Abzug der Miete muss dem Mieter ein Einkommen verbleiben, das es ihm ermöglicht, im Wesentlichen an seinem bisherigen Lebenszuschnitt festzuhalten. Z.B. abgelehnt: Erhöhung um 60 bei Bruttowarmmiete von 502,34 und (Arbeitslosen-)Einkommen von 1385,09 Kein starrer Wert, aber problematisch bei Mietbelastung von über 30% des Einkommens
28 Härte Ausgleich durch staatliche Leistungen? So entschieden für Wohngeld und für vergleichbare Leistungen, KG, NJW 1981, 2307: Wohngeld sei Teil des Gesamteinkommens des Mieters, weil er auf diese öffentliche Hilfe einen Anspruch hat. Übertragbar auf ALG2? vergleichbar?
29 Härte Übertragbar auf ALG2? Folge wäre, dass das Jobcenter oder der kommunale Träger die gesamtstaatliche Aufgabe Klimaschutz finanzieren müsste Begrenzung durch maximale Höhe nach SGB II Sinnvolle Lösung: Ausgleich der Mieterhöhung durch ALG2, soweit (ebenfalls vom öffentlichen Träger zu tragende) Heizkosten eingespart werden P.: Prognose der Einsparungen (individuelle Lebensführung) Unterschiedliche Abrechnungszeiträume
30 Prozedurales - Vermieterseite Modernisierungsmaßnahme muss mind. 3 Monate vor Beginn angekündigt werden, 555c I 1 BGB Sie muss u.a. Angaben enthalten über den Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung voraussichtliche künftige Betriebskosten Der Vermieter soll den Mieter auf die Form und Frist des Härteeinwands hinweisen.
31 Prozedurales - Mieterseite Härteeinwand gegen die Duldungspflicht und die Mieterhöhung muss bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitgeteilt werden, 555d III BGB Ausn. bei fehlendem Hinweis des Vermieters auf den Härteeinwand. Grund: relevant für Investitionsentscheidung! D.h.: Mieter muss binnen 1 Monat (+ x Tage) die Grundlagen des Härteeinwands herausfinden, insb. (die ungeklärte Rechtsfrage), ob bzw. inwieweit die Mieterhöhung über ALG2 ausgeglichen wird D.h. zur Sicherheit wird er den Einwand erheben müssen Klärung notfalls über Feststellungsklage des Vermieters vor Baubeginn.
32 Fazit Hinausmodernisieren? wohl nicht. Unvermeidliche Erhöhungen werden durch ALG2 ausgeglichen, i.ü. greift der Härteeinwand Es sei denn, der Mieter versäumt die Frist des 555d III BGB. Impuls für energetische Modernisierung gerade des energetisch schlechtesten Wohnraums? kaum zu erkennen Gesamtaufgabe Klimaschutz kann auf diese Weise kaum erreicht werden!
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