Garantenstellung - allgemein
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- Detlef Schmid
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1 FamR1_sk13 Garantenstellung - allgemein - Garantenstellung Garantenpflicht Tatbestandsmerkmal des unechten Unterlassungsdelikts Merkmal der Rechtswidrigkeit - nicht in 13 StGB geregelt - verlangt rechtliches Einstehenmüssen, sittliche Pflichten reichen nicht aus - Funktion als Beschützer und Überwacher Beschützergarant sichert ein bestimmtes Opfer, ohne Rücksicht darauf, wer dieses Opfer als Täter bedroht Überwachergarant sichert Gefahrenquellen, ohne Rücksicht darauf, wer Opfer zu werden droht - Klassische Vierteilung: 1. Garantenstellung aus Gesetz 2. Garantenstellung aus konkreter Lebensbeziehung 3. Garantenstellung aus Vertrag 4. Garantenstellung aus vorangegangenem Tun (sog. Ingerenz)
2 FamR1_sk14 Garantenstellung aus Gesetz 1353 I 2 BGB Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft beinhaltet die Rechtspflicht, einander bei Lebensgefahr nach Kräften zu schützen und zu helfen beinhaltet nicht die zivilrechtliche Vermögensfürsorgepflicht Selbstverantwortung steht im Vordergrund 1626 II BGB Verpflichtung der Eltern, Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit von den Kindern fernzuhalten beinhaltet auch die zivilrechtlich begründete Vermögensfürsorgepflicht des 1626 I BGB Merke: Selbst wenn sich die Pflicht zur Abwendung von Gefahren unmittelbar aus einem Gesetz ergibt, begründet sie keineswegs immer eine Garantenpflicht. Vielmehr ist, mit Ausnahme der völlig unproblematischen Fälle des 1626 II BGB, unter Zuhilfenahme von Beschützer- und Überwacherkriterien das Vorliegen einer Garantenstellung stets besonders zu begründen. Rechtspflichten, die sich aus echten Unterlassungsdelikten ergeben, sind keine Garantenpflichten i.s.d. 13 StGB.
3 FamR1_sk15 Garantenstellung aus konkreter Lebensbeziehung rechtliche (und sittliche) Erfolgsabwendungspflichten Voraussetzung: enges Gemeinschaftsverhältnis besteht auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung betrifft die allerengsten Familienbeziehungen, wie Kinder - Eltern Geschwister untereinander weitläufige Verwandtschaft nur bei gemeinschaftlichem Schwägerschaft Zusammenleben häusliches Zusammenleben nur bei Hinzukommen weiterer Kriterien kurzfristige Lebensgemeinschaften nur, wenn Gemeinschaft Charakteristikum ist z.b.: Expeditionen, Kletterpartien usw. Zufallsgemeinschaften sind nicht ausreichend z.b.: Zechkumpanen, Rauschgiftkonsumenten usw.
4 FamR1_sk16 Garantenstellung aus Vertrag es kommt nicht auf einen wirksamen Vertragsschluss an der bloße Vertragsbruch als solcher ist strafrechtlich irrelevant erfordert eine tatsächliche Übernahme einer Verpflichtung, durch die eine Vertrauenslage geschaffen wird. die geschaffene Vertrauenslage muß Schutzfunktion haben Vertrauen auf die zugesagte Hilfe und die Einsatzbereitschaft des Gewährübernehmers muß zum Unterbleiben anderer Schutzmaßnahmen geführt haben
5 FamR1_sk17 Garantenstellung aus vorangegangenem Tun (sog. Ingerenz) Grundgedanke wie beim fahrlässigen Delikt: Rücksicht auf die Rechtsgüter anderer zwingt zu sorgfältigem Handeln Verbot andere zu verletzen enthält zugleich das Gebot, selbst geschaffene Gefahren zu beseitigen Vorangegangenes Tun ist in der Regel rechtswidrig, kann aber ausnahmsweise auch rechtmäßig sein rechtswidrige Gefahrschaffung verpflichtet zur nachträglichen Gefahrabwendung ist auf ex ante gefährliches Verhalten beschränkt es genügt nicht, daß sich ex post herausstellt, daß ex ante objektiv ungefährliches Verhalten doch ein Rechtsgut in Gefahr gebracht hat es muß ein Gefahrzusammenhang zwischen Vorhandlung und dem bedrohten Rechtsgut bestehen entsteht die Gefahrenlage aus rechtmäßigem Vorverhalten, so kann ebenfalls eine Garantenstellung begründet werden keine Garantenstellung: - der durch Notwehr Gerechtfertigte ( BGHSt 23, 327) - derjenige Autofahrer, der einen anderen Verkehrsteilnehmer trotz fehlerfreier sorgfaltsgerechter Fahrweise verletzt - (BGHSt 25,218) nicht ausreichend für die Begründung einer Garantenstellung ist rechtmäßiges gefahrsteigerndes Verhalten
6 FamR1_sk18-1 Beispiele zu den Formen der Garantenstellung 1. aus Gesetz Beispiel 1: F ist beim Fensterputzen von der Leiter gefallen und hat sich dabei eine schwere Schädelverletzung zugezogen. Als ihr Ehemann E nach Hause kommt, findet er die F bewußtlos auf dem Boden liegend vor. Da E eine Geliebte hat, die schon lange auf Scheidung drängt, sieht E den Unfall der F als glückliche Fügung des Schicksals an und unternimmt nichts. F stirbt. Sie wäre aber, wenn E einen Arzt gerufen hätte, gerettet worden I 2 BGB Garantenpflicht für E Beispiel 2: Mutter M unterläßt es, ein ihrem Kind K gehörendes Gemälde vor dem Verderb durch Feuchtigkeit zu retten, weil ihr das Bild ein Geschenk ihres Schwiegervaters an K noch nie gefallen hat BGB die zivilrechtliche Vermögensfürsorgepflicht begründet bei Kindern auch strafrechtlich eine Garantenstellung Beispiel 3: Ehefrau F unterläßt es, ein ihrem Ehemann E gehörendes Gemälde vor dem Verderb durch Feuchtigkeit zu retten, weil ihr das Bild ein Geschenk ihres Schwiegervaters an ihren Ehemann noch nie gefallen hat I 2 BGB die zivilrechtliche Vermögensfürsorgepflicht begründet keine strafrechtliche Garantenstellung
7 FamR1_sk aus konkreter Lebensbeziehung Beispiel: Der 19-jährige S hat aufgrund grober Auseinandersetzungen mit seinem Vater V das elterliche Haus verlassen. Als er, um seine Mutter zu besuchen, das Haus betritt, hört er aus der Küche einen Schrei. S eilt hin und findet seinen Vater V bewußtlos vor. Aus Verbitterung unterläßt S es, Hilfe für seinen Vater zu holen, so daß dieser an den Folgen des erlittenen Herzinfarktes stirbt. Hätte S einen Arzt alarmiert, wäre V gerettet worden BGB (-) enges Gemeinschaftsverhältnis aufgrund enger Blutsbande (+) Garantenstellung S V gegeben 3. aus Vertrag Beispiel: Kindermädchen M ist zur Beaufsichtigung des Kindes K angestellt worden und soll am 1. Mai die Stellung antreten, was auch geschieht. Am 2. Mai spielt K, auf den sie aufpassen sollte, unbeaufsichtigt am Rande des Gartenteiches, fällt ins Wasser und ertrinkt. Vertrag, der in der konkreten Situation eine besondere Vertrauenslage schafft es wird eine Garantenstellung begründet
8 FamR1_sk aus vorangegangenem Tun (= Ingerenz) Beispiel 1: Der angetrunkene T überfährt mit seinem Pkw den auf der Straße liegenden ebenfalls betrunkenen O und verletzt O schwer. T hält zunächst an und ist sich darüber im klaren, daß O ohne Herbeiholung eines Arztes sterben wird. T beschließt jedoch, nichts zu unternehmen, weil er Alkohol getrunken hat und fährt davon. O stirbt. objektiv pflichtwidriges Tun eine Garantenstellung wird begründet Beispiel 2: Wie Beispiel 1, jedoch war T nüchtern, ist aber mit einem nicht versicherten Pkw gefahren. O ist T objektiv unvorhersehbar ins Auto gelaufen. Pflichtwidrigkeit Fahren ohne Versicherungsschutz steht nicht im Gefahr- zusammenhang es wird keine Garantenstellung begründet Beispiel 3: A hat den Räuber R durch Notwehr schwer verletzt. A läßt R liegen. R verblutet. A hätte den R retten können, wenn er ihn verbunden oder wenigstens Hilfe geholt hätte. Daß Rettungsmaßnahmen für R zu spät kommen würden, hat A in Kauf genommen. rechtmäßiges vorangegangenes Tun nur in Ausnahmefällen wird eine Garantenstellung begründet der durch Notwehr Gerechtfertigte hat keine Garantenstellung für das Leben des Angreifers hier kommt allenfalls 323 c StGB in Betracht
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