Mögliche psychosoziale Folgen einer Hörschädigung
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- Viktor Swen Waltz
- vor 7 Jahren
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1 Hörstress Mögliche psychosoziale Folgen einer Hörschädigung Das Gehör Von allen unseren Sinnen ist der Hörsinn der empfindlichste. Er übernimmt für uns Menschen eine Reihe von sehr wichtigen Aufgaben. Wenn er jedoch beeinträchtigt ist, kann er diese Aufgaben nicht mehr oder nur noch unvollständig wahrnehmen. Und das hat Folgen, auch für unser seelisches Wohlbefinden. 1
2 Das Gehör Ein erster Überblick über die Funktionen des Gehörs Signale wahrnehmen Orientierung Soziale und emotionale Wahrnehmung Kommunikation Das Gehör Signale Über das Ohr können wichtige Signale aufgenommen werden, die den Menschen auf das, was gleich passiert, vorbereiten. Beispiel: Beim Spazierengehen hören Sie hinter sich eine Fahrradklingel. Also gehen Sie zur Seite und lassen den Radfahrer vorbeifahren. Hören Sie die Klingel jedoch nicht, wird sich der Radfahrer irgendwann dicht an Ihnen vorbeidrängen und Sie werden sich erschrecken. 2
3 Das Gehör Hörgeschädigte Menschen leben deshalb oft in ständiger zweifelnder Erwartung: War da nicht etwas? Habe ich etwas überhört? Soll ich etwas machen? Hat mich jemand angesprochen? Sie sind in ständiger Reaktionsbereitschaft und das bindet körperliche und psychische Kräfte und kann auf Dauer zu frühzeitiger Erschöpfung führen. Das Gehör Orientierung Eine weitere Funktion ist die Orientierung. Das Ohr kann feststellen, woher ein Geräusch kommt. Das Hören mit beiden Ohren macht im Normalfall ein Richtungshören möglich. Bei einer Hörschädigung ist dies nur noch bedingt oder gar nicht mehr möglich. Sie müssen also erst mit den Augen suchen, woher das Geräusch kommt. 3
4 Das Gehör Dies vermittelt oft ein Gefühl der Ohnmacht und macht nicht selten gereizt, nervös, unsicher und bindet und verbraucht ebenfalls Energien. Hinderlich ist das fehlende Richtungshören auch in Gruppengesprächen. Wenn jemand zu sprechen beginnt, muss der/die Hörgeschädigte erst mal schauen, wer da eigentlich spricht. Das Gehör soziale und emotionale Wahrnehmung Wenn Sie sich mit jemandem unterhalten, können Sie an seiner Stimme meistens auch erkennen, wie diese Person zu Ihnen steht oder auch in welcher Stimmung sie gerade ist. Hohn, Ironie, Anerkennung, Herablassung, Besorgnis etc. können auch am Tonfall der Stimme erkannt werden. Ein Nein beispielsweise oder eine Begrüßung, Hallo, kann auf viele verschiedene Arten gesagt werden. 4
5 Das Gehör Je nach Stärke der Hörbeeinträchtigung können die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen von hörgeschädigten Menschen nicht mehr richtig wahrgenommen werden und dies kann zu unangemessenen oder peinlichen Reaktionen führen. Der unausgesprochene Konsens mit der Umwelt, das, was zwischen den Zeilen steht, geht verloren. Die Sprache als Kommunikationsweg Kommunikation Die menschliche Kommunikation läuft hauptsächlich über Sprache, unterstützt durch nonverbale Ausdrucksformen wie Mimik, Gestik, Stimmlage und Betonung. Die soziale und emotionale Wahrnehmung gehört im weiteren Sinne auch zur Kommunikation, der Hörsinn ist also der wichtigste Sinn für die verbale Kommunikation. 5
6 Die Sprache als Kommunikationsweg Ist also der Hörsinn beeinträchtigt, so macht sich dies in allen Lebensbereichen bemerkbar, denn sobald wir mit anderen Menschen zusammentreffen, kommunizieren wir und das oft rund um die Uhr. Kommunikation rund um die Uhr: 6
7 Die Sprache als Kommunikationsweg Sprachverstehen Vorrangiges Ziel ist bei einer HG-Versorgung immer, das Sprachverstehen des hörgeschädigten Menschen zu optimieren, um eine möglichst gute Kommunikationsfähigkeit zu gewährleisten. Das, was verstanden wird, ist allerdings auch abhängig von der Situation. Manchmal klappt es sehr gut, manchmal weniger gut und manchmal gar nicht. Verstehen bedeutet: 7
8 Die Sprache als Kommunikationsweg Das (Sprach-) Verstehen hängt immer ab von: Dem Gehör Den Augen (visuelle Wahrnehmung) Der Mimik des Gegenübers Der Gestik (z.b. der Hände) Der Körperhaltung (träge, gebückt, aufrecht, verkrampft) Die Sprache als Kommunikationsweg Da alle Komponenten, wie sie eben schon genannt wurden, störanfällig sind, ergeben sich de facto für die optimale Kommunikationsfähigkeit eines/r hörgeschädigten Menschen bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: Das Gehör braucht: eine ruhige Umgebung die Nähe zum Gesprächspartner schallgedämpfte Räume strukturierte Gesprächssituationen 8
9 Die Sprache als Kommunikationsweg Das Absehen mit den Augen braucht: Die Körpersprache muss sein: gute Lichtverhältnisse die Nähe zum Gesprächspartner ein gutes Mundbild des Gesprächspartners ein deutliches Sprechen deutlich eindeutig passend Die Sprache als Kommunikationsweg Eine Hörschädigung hat entsprechend dieser vorangegangenen Ausführungen in erster Linie eine Kommunikationsstörung zur Folge. Diese kann sich jedoch im ungünstigen Fall zu sowohl physischen als auch psychosozialen Folgewirkungen ausweiten! 9
10 Psychische, physische und soziale Folgen von Neigung zur Selbstüberlastung Im Rahmen ihrer Anstrengungen zur Störungskompensation bringen sich hörgeschädigte Menschen vielfach in eine chronische Überforderungshaltung. Bei hörgeschädigten Menschen basiert sie vor allem auf dem Verstehen durch Vom-Mund-Ablesen, welches ein hohes Maß an Konzentration erfordert. Psychische, physische und soziale Folgen von Verlust an Entspannungsfähigkeit Aktive Behinderungsbewältigung ist neben erhöhtem Kräfteaufwand mit einem Verlust normaler Gelassenheit verbunden, der das für unseren Kräftehaushalt so wichtige Wechselspiel von Anspannung und Ruhe störend beeinflusst. Mit dem Verlust an Entspannungsfähigkeit steigert sich die Anfälligkeit für Nervosität und vorzeitige Erschöpfung. 10
11 Psychische, physische und soziale Folgen von Misstrauen Wir finden bei hörgeschädigten Menschen auch eine charakteristische Form der Vertrauensstörung. Sie bezieht sich auf die Unverlässlichkeit des Gehörs ("den eigenen Ohren nicht mehr trauen können"). Für die Betroffenen realisiert sich die Vertrauensstörung als globales Unsicherheitsgefühl. Im gleichen Zug wachsen Misstrauen, Empfindlichkeit, Ungeduld und Verletzbarkeit. Psychische, physische und soziale Folgen von Beeinträchtigung des Selbstvertrauens "Ich traue mir immer weniger zu, da ich Angst habe, dass man mich anspricht. Manchmal hätte ich so vieles zu sagen, aber ich traue mich nicht, es zu tun. "Ich leide darunter, dass ich nicht mehr wie früher auf andere Menschen zugehen kann." 11
12 Psychische, physische und soziale Folgen von Vermehrte Nachgiebigkeit und Unterordnungsbereitschaft Gemeint ist damit die Bereitschaft vieler hörgeschädigter Menschen, im Konfliktfall von den eigenen Ansprüchen und Überzeugungen Abstriche zu machen. Psychische, physische und soziale Folgen von Sozialer Rückzug Auf die besonderen Kommunikationsbedürfnisse und -fähigkeiten hörgeschädigter Menschen wird in der Umwelt, oft viel zu wenig Rücksicht genommen, so dass die tägliche Lebensführung vielfach in konflikthaftes Fahrwasser gerät. Resignation und depressiver Rückzug aus den gewohnten sozialen Bezügen sind häufige Folgen dieser mangelnden Rücksichtnahme. 12
13 Psychische, physische und soziale Folgen von Psychovegetative Erschöpfung Eine für hörgeschädigte Menschen charakteristische Befindlichkeitsstörung wird durch den Symptomkomplex "Innere Unruhe, Erregbarkeit, Reizbarkeit" umschrieben, der zugleich auf eine gestörte Fähigkeit zum inneren Abschalten und Entspannen hinweist. Betroffene charakterisieren diesen Zustand oft mit den Worten "wie ständig auf dem Sprung sein" oder "sich in ständiger Reaktionsbereitschaft/Alarmbereitschaft befinden". Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Henning Glause Univ. Dipl.-Beh.Pädagoge Tel.: 01/ Mobil: 0676/ BHW NÖ Schimmelgasse Wien Fax: 01/
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