Antibiotika in der Praxis
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- Julius Beltz
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1 Antibiotika in der Praxis Werner Handrick April 2014
2 Antibiotika in der Praxis 1. Grundregeln zum Umgang mit Antibiotika 2. Wichtige Antibiotika 3. Häufige Indikationen für Antibiotika 4. Antibiotika-Verbrauch in der Humanmedizin in Deutschland 2
3 Antibiotika in der Praxis 1. Grundregeln zum Umgang mit Antibiotika 3
4 Antibiotika in der Praxis Wichtige Fragen vor Beginn der Therapie Sprechen Anamnese und klinische Symptomatik für eine Infektion? Wenn ja, handelt es sich am ehesten um eine bakterielle, virale, Pilz- oder Protozoen-Infektion? Wenn es sich wahrscheinlich um eine bakterielle Infektion handelt: Ist eine Antibiotika-Therapie indiziert? Sollte diese sofort begonnen werden oder kann der mikrobiologische Befund abgewartet werden? 4
5 Antibiotika in der Praxis Allgemeine Regeln für die Anwendung Verordnung: so oft wie notwendig, so selten wie möglich, es muss eine klare Indikation vorliegen (Fieber allein ist kein Grund) Wirkspektrum des verordneten Antibiotikums: so schmal wie möglich und so breit wie notwendig Therapie-Dauer: so lange wie notwendig und so kurz wie möglich Abbruch der Therapie: sobald keine Indikation mehr besteht 5
6 Antibiotika in der Praxis Kriterien für die Auswahl eines Antibiotikums Erreger: - vermutete bakterielle Spezies - wahrscheinliche Antibiotika-Empfindlichkeit (lokale Resistenzsituation) Patient: - Alter - Grundkrankheit/Medikamente (Interaktionen) - Nieren-/Leberfunktion - Allergie gegen Antibiotika Antibiotikum: - Wirkspektrum - Pharmakokinetik - Verträglichkeit, Interaktionen - Darreichungsform vorliegende Erfahrungen: - klinische Studien - Empfehlung von Fachgremien Kosten: - Grundsatz: nicht an, sondern mit Antibiotika sparen! 6
7 Antibiotika in der Praxis Therapie-Dauer unterschiedlich, je nach: - Erreger der Infektion - betroffenem Organ - Abwehrlage des Patienten - Schweregrad der Infektion - Empfehlungen von Fachgremien Therapie-Kontrolle - klinisches Bild - Temperatur - sterile Kulturen (Blut, Liquor, Urin) - CRP, PCT, Blutbild 7
8 Antibiotika in der Praxis Informationsquellen zum Einsatz von Antibiotika (1) Fachgremien AWMF-Leitlinien Empfehlungen der KBV/Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Empfehlungen der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie Bücher Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie: DGPI-Handbuch Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Aufl., 2013, Thieme Brodt H-R (Stille): Antibiotika-Therapie Klinik und Praxis der antiinfektiösen Behandlung, 12. Aufl., 2013, Schattauer Ackermann G: Antibiotika und Antimykotika, 4. Aufl. 2013, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Friese K, Mylonas I, Schulze A (Hrsg.): Infektionserkrankungen der Schwangeren und des Neugeborenen, 3. Aufl., 2013, Springer Schaefer (et al.) (Hrsg.): Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit, 8. Aufl., 2012, Urban & Fischer 8
9 Informationsquellen zum Einsatz von Antibiotika (2) Zeitschriften Clinical Infectious Diseases Scandinavian Journal of Infectious Diseases Infection Journal of Infection Epidemiologisches Bulletin
10 Antibiotika in der Praxis 2. Wichtige Antibiotika Penicillin Aminopenicilline Aminopenicillin + BLI Cephalosporine Cotrimoxazol/Trimethoprim Fluorchinolone Makrolide Doxycyclin Nitrofurantoin Clindamycin Fosfomycin-Trometamol Linezolid
11 Orales Penicillin Präparate - Phenoxymethylpenicillin K (Penicillin V) - Phenoxymethylpenicillin - Benzathin Indikationen - A-Streptokokken-Infektionen (Tonsillitis, Scharlach, Erysipel) - dentogene Infektionen - Prophylaxe (Zustand nach Splenektomie bzw. rheumatischem Fieber, rezidivierendes Erysipel)
12 Penicillin-Empfindlichkeit/Resistenz bei häufig vorkommenden grampositiven Kokken S. aureus: % resistent (Penicillinase) Pneumokokken: 8 12 % vermindert empfindlich, < 1 % resistent A-, B-Streptokokken: es gibt keine resistenten Stämme
13 Aminopenicilline Präparate - Amoxicillin (p. o., i. v.) - Ampicillin (i. v. ) Indikationen - akute Otitis media - akute Sinusitis - (akute Bronchitis) - Pneumonie - Harnwegsinfektionen Pneumokokken H. influenzae (3-5 % resistent) Streptokokken Enterococcus faecalis E. coli (30 40% resistent) - Borreliose (Stadium 1)
14 Aminopenicillin + Betalaktamaseinhibitor (1) Präparate - Amoxicillin-Clavulansäure - Ampicillin-Sulbactam / Sultamicillin Wirkspektrum erweitert auf Betalaktamase-bildende Stämme von - S. aureus - M. catarrhalis - H. influenzae - Bacteroides spp. - E. coli u.a. Enterobakterien
15 Aminopenicillin + Betalaktamaseinhibitor (2) Indikationen wie Aminopenicilline, aber auch - Aspirationspneumonie - Haut-Weichgewebe-Infektionen, Lymphadenitis - infizierte Bisswunden (Mittel der Wahl) oft Mischinfektionen (1 Komponente ist ein ß-Laktamase- Bildner) - chronische Sinusitis
16 Cephalosporine Orale Gr. 1: Cefalexin Cefadroxil Cefaclor Gr. 2: Cefuroxim-Axetil Gr. 3: Cefpodoxim-Proxetil Cefixim Ceftibuten Parenterale Gr. 1: Cefazolin Gr. 2: Cefuroxim Gr. 3a: Cefotaxim, Ceftriaxon Gr. 3b: Ceftazidim Gr. 4: Cefepim
17 Cephalosporine Cephalosporine sind unwirksam gegenüber: Mykoplasmen Chlamydien Legionellen Bordetellen MRSA Enterokokken (Gefahr der Selektion durch häufigen Einsatz) B. fragilis, Cl. difficile P. aeruginosa (außer Ceftazidim) Listerien
18 Oralcephalosporine Gruppe 1 Präparate - Cefalexin - Cefadroxil, lange HWZ, 2 ED/d - Cefaclor, gegen H. influenzae nur eingeschränkt wirksam Wirkspektrum - gute Aktivität gegen A-Streptokokken und S. aureus - mäßige bzw. geringe Wirksamkeit gegen gramnegative Stäbchenbakterien (z. B. H. influenzae) Indikationen - Haut-Weichgewebe-Infektionen - A-Streptokokken-Tonsillopharyngitis (z. B. Cefadroxil)
19 Oralcephalosporine Gruppe 2 Präparate - Cefuroximaxetil Wirkspektrum relativ breit: - gute Aktivität gegen grampositive Kokken und wichtige gramnegative Stäbchen (im Unterschied zur Gr. 1) Indikationen - respiratorische Infektionen (Pneumokokken, Streptokokken, M. catarrhalis, H. influenzae) - Haut-Weichgewebe-Infektionen (S. aureus, A-Streptokokken u. a.) - Erythema migrans - Harnwegsinfektionen (E. coli, Proteus, Klebsiellen)
20 Oralcephalosporine Gruppe 3 Präparate - Cefpodoximproxetil - Cefixim - Ceftibuten, gilt als Spezialcephalosporin für HWI, Pneumokokken und GBS sind weniger empfindlich Wirkspektrum im Vergleich zur Gr. 2 - höhere Aktivität und breiteres Spektrum gegen Gramnegative (aber nicht P. aeruginosa u. a.) - geringere Aktivität gegen Grampositive (insbes. Ceftibuten) Indikationen - Harnwegsinfektionen - Gonorrhoe (insbes. Cefixim)
21 Trimethoprim-Sulfonamid (1) (Cotrimoxazol) Indikationen bei nachgewiesener Empfindlichkeit Infektionen durch: - E. coli (oft > 20% Resistenz) unkomplizierte HWI, Reinfektionsprophylaxe Prostatitis - ETEC (Reisediarrhoe) - Salmonellen - Yersinien - Shigellen - MRSA (insbes. CA-MRSA) können empfindlich sein weitere Indikationen Infektionen durch: - Pneumocystis jiroveci (auch Prophylaxe), Mittel der Wahl - St. maltophilia, Mittel der Wahl - B. cepacia
22 Trimethoprim-Sulfonamid (2) Weitere mögliche Indikationen Infektionen durch: - Listerien (Alternative) i. v. - B. pertussis (Alternative zu Makroliden) - Nokardien - Brucellen Kontraindikationen - respiratorische Infektionen durch übliche bakterielle Erreger (unzureichende Aktivität gegenüber Streptokokken) Nebenwirkungen - bei primär Gesunden relativ selten, häufig bei AIDS-Patienten - Nebenwirkungsrate nimmt mit dem Alter zu Fazit - abnehmende Bedeutung (ansteigende Resistenzraten, Nebenwirkungen)
23 Trimethoprim Wirksamkeit - wirkt in vitro schwächer als Cotrimoxazol - viele Erreger sind resistent Indikationen - Therapie unkomplizierter HWI (Zystitis) - Reinfektionsprophylaxe Nebenwirkungen - seltener als bei Cotrimoxazol - Interaktionen mit verschiedenen Pharmaka
24 Fluorchinolone
25 Fluorchinolone Probleme Zunahme der Resistenzraten in den letzten Jahren zahlreiche Nebenwirkungen (Darm, Haut, ZNS, Sehnen) Interaktionen mit verschiedenen Medikamenten (Antazida, Antiarrhythmika, Ciclosporin, Eisen-Präparate)
26 Norfloxacin Wirkspektrum - umfasst im Wesentlichen Enterobacteriaceae - keine Wirkung gegen grampositive und atypische Erreger Indikationen - in Deutschland zur Therapie von Zystitis, Enteritis und Prostatitis zugelassen Fazit - veraltet, suboptimal
27 Ciprofloxacin (1) Wirkspektrum - wirkt gegen viele aerobe gramnegative und grampositive Bakterien (stärker auf Gramnegative als auf Grampositive) - in den letzten Jahren Anstieg der Resistenzen bei Gramnegativen (E. coli, P. aeruginosa, Klebsiellen, Enterobacter, C. jejuni), aber auch bei Staphylokokken und Gonokokken - resistent sind z. T. St. maltophilia-, B. cepacia-, Serratia-, Acinetobacter-, Clostridien- und Bacteroides-Stämme Pharmakokinetik - gute Gewebspenetration - geringe Liquordiffusion - HWZ 3 5 h
28 Ciprofloxacin (2) Indikationen - nur noch eingeschränktes Standardmittel bei HWI, Gallenwegsund Darm-Infektionen - bei respiratorischen Infektionen nur in Ausnahmefällen (z. B. CF) - spezielle Indikationen: Infektionen durch Ps. aeruginosa (bei Empfindlichkeit), Legionellen, Salmonellen, ETEC u. a. Nebenwirkungen - diese betreffen Magen-Darm-Trakt, ZNS, Haut, Herz-Kreislauf, Gelenke, Sehnen, Leber - auf Interaktionen mit verschiedenen Pharmaka ist zu achten Fazit: Keine Anwendung als Universalmittel
29 Fluorchinolone Einsatz bei Kindern DGPI-Handbuch, 6. Aufl., 2013: Daher können in Übereinstimmung mit mehreren medizinischen Fachgesellschaften Chinolone auch wenn ein geringes Risiko für irreversible Arthropathien und für Tendopathien immer noch nicht ganz ausgeschlossen werden kann bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden, wenn es für die indizierte Therapie keine Alternative gibt und wenn Eltern und in der Regel ab dem 14. Lebensjahr auch der Patient ausreichend aufgeklärt worden sind (Dokumentation)
30 Levofloxacin (1) Gereinigtes und höher dosiertes Ofloxacin Wirkspektrum - viele gramnegative und grampositive Bakterien einschl. Pneumokokken u. a. Erreger respiratorischer Infektionen - bei Gramnegativen schlechter als Cipro- und besser als Moxifloxacin - bei Grampositiven besser als Cipro- und schlechter als Moxifloxacin - einige Pneumokokken- und Enterokokken-Stämme sind resistent Pharmakokinetik - HWZ: 7 8 h - gute Gewebsdiffusion - ungenügende Diffusion in den Liquor
31 Levofloxacin (2) Indikationen - Pneumonie, COPD-Schub - komplizierte HWI - Haut-Weichgewebe-Infektionen - bei Empfindlichkeit: Infektionen durch Gonokokken, Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen, Salmonellen Applikation, Dosierung - i. v., p. o. - breite Dosierungsspanne: 0,25 1g 1-2 x tgl. je nach Infektion Nebenwirkungen, Interaktionen - Nebenwirkungen betreffen Magen-Darm-Trakt, ZNS, Herz, Leber, Haut, Gelenke, Sehnen - es kann zu Interaktionen mit verschiedenen Pharmaka kommen Fazit: keine unkritische, breit gestreute Anwendung als Universalmittel
32 Moxifloxacin (1) Wirkspektrum - starke Aktivität gegen fast alle bakteriellen Erreger respiratorischer Infektionen: Pneumokokken, H. influenzae, M. catarrhalis, S. aureus, Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen - gute Wirksamkeit gegen Anaerobier - gegen Enterobakterien schlechter wirksam als Ciprofloxacin - z. T. resistent: MRSA, Enterokokken - weitgehend resistent: P. aeruginosa, einige Serratia- und Acinetobacter-Arten Pharmakokinetik - HWZ: 12 (-15) h - Bioverfügbarkeit: 86%
33 Moxifloxacin (2) Indikationen - ambulant erworbene Pneumonie, COPD-Schub, bakterielle Sinusitis - Haut-Weichgewebe-Infektionen - intraabdominelle Infektionen Applikation Dosierung - i. v., p. o., 1 x tgl. 400 mg Nebenwirkungen - Nebenwirkungen betreffen Magen-Darm-Trakt, ZNS, Herz, Leber, Muskeln - infolge einzelner Fälle von fulminanter Hepatitis, Stevens-Johnson- Syndrom sowie TEN erfolgte 2008 eine Beschränkung der oralen Anwendung bei COPD bzw. bakterieller Sinusitis - Interaktionen mit verschiedenen Pharmaka Fazit: keine unkritische, breit gestreute Anwendung als Universalmittel
34 Makrolide (1) Bakteriostatische Wirkung, hohe intrazelluläre Konzentrationen Präparate Clarithromycin, p. o., i. v. (i. v. ab 13 J.) Roxithromycin, p. o. Azithromycin, p. o., i. v. ( i. v. ab 13 J.) Erythromycin, p. o. Wirkspektrum: relativ breit nur mäßige Wirkung gegen S. aureus und H. influenzae durch häufigen Einsatz erhöhte Resistenzraten bei Pneumokokken (15 25%), A-Streptokokken (10 12 %), S. aureus, GBS weitgehende Kreuzresistenz zwischen den Makroliden
35 Makrolide (2) Indikationen: Infektionen durch - Mykoplasmen - Chlamydien - Legionellen - Bordetellen - Helicobacter pylori (Resistenzen) - atypische Mykobakterien - Bartonella henselae - Campylobacter (resistente Stämme kommen vor) zurückhaltender Einsatz bei Borreliose (wenn Betalaktame bzw. Doxycyclin nicht in Betracht kommen) Interaktionen mit zahlreichen Medikamenten (Theophyllin, Carbamazepin, Ciclosporin u. a.)
36 Doxycyclin Indikationen - Infektionen durch Mycoplasma pneumoniae, M. hominis Chlamydien Borrelia burgdorferi (Erythema migrans) Yersinia enterocolitica (Treponema pallidum) - Akne, Rosacea (Propionibakterien) zu beachten - nicht bei Kindern < 9 Jahren - nicht bei Schwangeren - S. aureus, Streptokokken, Pneumokokken evtl. resistent - zahlreiche Nebenwirkungen
37 Nitrofurantoin (1) Wirkspektrum, Pharmakokinetik - schwache Wirksamkeit gegenüber üblichen HWI-Erregern (E. coli, Klebsiellen, Enterobacter), aber auch gegen grampositive Kokken (S. saprophyticus, Enterokokken u. a.) - Proteus, P. aeruginosa, Acinetobacter sind meist resistent - keine wirksamen Serum- und Gewebskonzentrationen Indikationen - Reinfektionsprophylaxe Harnwege - unkomplizierte Zystitis
38 Nitrofurantoin (2) Nebenwirkungen - hauptsächlich bei älteren Menschen Wo nach Beginn der Behandlung oder erst nach Langzeitgabe (nach Monaten oder Jahren) - verschiedene Organe können betroffen sein: Lunge (Akutreaktion, Fibrose), Haut (allergische Reaktionen), Leber (Cholestase, Hepatitis), Blut (Leukozytopenie, Thrombozytopenie, aplastische Anämie), Magen-Darm-Trakt (Übelkeit, Erbrechen), ZNS (Polyneuropathie) - Interaktionen mit verschiedenen Pharmaka und Labortests wurden beschrieben Fazit - Harnwegsantiseptikum mit abnehmender Bedeutung
39 Clindamycin (Sobelin ) Wirkspektrum - S. aureus: MSSA (in 5 10 % resistent), MRSA (CA-MRSA oft empfindlich, HA-MRSA meist resistent) - A-Streptokokken, Pneumokokken (in ca. 5 % resistent) - Anaerobier (Cl. difficile resistent, B. fragilis in % resistent) Indikationen - Infektionen durch Streptokokken, Staphylokokken (bei Penicillin- Resistenz bzw. Unverträglichkeit) und Anaerobier, z. B. Haut- Weichgewebe-Infektionen, Muskel-, Knochen-, Gelenk-, Zahninfektionen, Toxic-Shock-Syndrome - Infektionsprophylaxe: Endokarditis-Prophylaxe (bei Patienten mit Haut- Weichgewebe-Infektionen, bei HNO- bzw. Zahn-Eingriffen und Penicillin-Allergie) peripartale GBS-Prophylaxe bei Penicillin-Allergie
40 Fosfomycin-Trometamol Durch Kombination mit Trometamol wird enterale Resorption möglich Indikation: Einmaltherapie (1 x 3g) unkomplizierter HWI der Frau, erfasst die meisten Zystitis-Erreger (auch ESBL-Bildner), aber nicht Pseudomonas aeruginosa Kontraindikationen: Schwangere, Kinder, Niereninsuffizienz gastrointestinale Nebenwirkungen
41 Linezolid Oxazolidinon, nicht mit anderen Antibiotika verwandt, d. h. keine Kreuzresistenzen bzw. allergien, Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese, bakterizide oder bakteriostatische Wirkung (je nach Spezies) Wirkspektrum, Pharmakokinetik - zahlreiche grampositive Erreger (inkl. MRSA, MRSE, GISA, VRE, Penicillin-resistente Pneumokokken), Mykobakterien (auch MDR-Tbk) - Bioverfügbarkeit fast 100% - gute Diffusion in verschiedene Organe Indikationen - Infektionen durch multiresistente grampositive Erreger (insbesondere bei Glykopeptid-Resistenz bzw. Unverträglichkeit) Applikation: i. v., p. o., Sequenztherapie! verschiedene, z. T. erhebliche Nebenwirkungen (ZNS, Knochenmark u. a.) und Kontraindikationen
42 Antibiotika in der Praxis 3. Einige wichtige Indikationen für Antibiotika Otitis media Tonsillopharyngitis Harnwegsinfektionen Enteritis Infizierte Bissverletzung Konjunktivitis Borreliose
43 Akute Otitis media Antibiotika-Therapie (1) Therapie-Beginn sofort - Säuglinge im Alter von < 6 Mo - Kinder im Alter von 6 Mo 2 Jahren mit beidseitiger Otitis media - Kinder mit Otorrhoe - Kinder mit Immunschwäche Erst nach h Beobachtung - alle anderen Kinder, wenn nach dieser Zeit keine Besserung eingetreten ist
44 Akute Otitits media Antibiotika-Therapie (2) Antibiotikum fast alle Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Amoxcillin (50 mg/kg KG) das Mittel der Wahl ist Therapiedauer 7-10 d (das Risiko eines Therapie-Versagens ist gering höher bei einer Therapie-Dauer von < 7 d im Vergleich zu > 7 d)
45 Akute Otitits media Antibiotika-Therapie (3) Ausbleibende Besserung nach h Amoxcillin sowie bei rekurrenter AOM Hohe Amoxcillin-Dosis (90mg/kg KG), oder Amoxcillin-Clavulansäure (90mg/kg KG), oder Ceftriaxon (1-3 Gaben)
46 Akute Otitits media Antibiotika-Therapie (4) Kinder mit Penicillin-Allergie Keine Sofortreaktion auf Penicillin - Cefuroxim-Axetil 30 mg/kg KG/d (max.1 g/d), oder - Cefpodoxim-Proxetil 10 mg/kg KG/d (max. 800 mg/d) jeweils auf 2 ED Sofortreaktion auf Penicillin - Clarithromycin 15 mg/kg KG/d (max. 1 g/d) für 5 d, oder - Azithromycin 10 mg/kg KG/d in 1 ED (max. 500 mg/d) für 3 d
47 A-Streptokokken-Tonsillopharyngitis Überwiegend Kinder >3 Jahre, meist Schulkinder Klinische Symptome - akuter Beginn - schnell ansteigendes, meist hohes Fieber - Halsschmerzen, Schluckbeschwerden - deutliches Krankheitsgefühl Klinische Befunde - Rachen gerötet - Tonsillen gerötet, geschwollen, oft Exsudat - vergrößerte, schmerzhafte Lymphknoten an den Kieferwinkeln Fehlen von Symptomen und Befunden, die auf eine Virusinfektion hindeuten (Husten, Schnupfen, Heiserkeit)
48 A-Streptokokken-Tonsillopharyngitis Antibiotika-Therapie Mittel der Wahl - Penicillin V p. o.: IE/kg KG tgl. auf 3 ED für 10 Tage (max. 2 Mio. IE, bei Erwachsenen 3 Mio. IE tgl.), evtl. Amoxicillin Bei Penicillin-Allergie bzw. Versagen der Penicillin-Therapie - Cephalosporin p. o. (z. B. Cefadroxil, Cefaclor), aber nicht bei allergischer Sofortreaktion auf Betalaktame in der Anamnese) - Makrolid (10-12 % resistente Stämme) - Clindamycin (ca. 5 % resistente Stämme) ABER Zunahme der Versagerquote bei Penicillin-Therapie in den letzten Jahren wird von einigen Autoren festgestellt, von anderen bezweifelt, es gibt aber keine Penicillin-resistenten A-Streptokokken
49 Harnwegsinfektionen Einteilungen Nach der Lokalisation - Pyelonephritis - Zystitis nach der Symptomatik - symptomatische HWI - asymptomatische HWI nach komplizierenden Faktoren - komplizierte HWI - unkomplizierte HWI
50 Harnwegsinfektionen Ätiologie Erstinfektion - in etwa 80 % E. coli komplizierte HWI/Reinfektion, häufiger: - P. aeruginosa - Klebsiella spp. - Proteus spp. - Enterokokken
51 Harnwegsinfektionen Antibiotika-Therapie Wahl des Antibiotikums bzw. der Antibiotika Mono-/Kombinationstherapie parenteral/oral stationär/ambulant Zeitpunkt des Therapie- Beginns Dauer je nach Patient - Alter - HWI-Anamnese (wie oft und mit welchen Antibiotika wurde behandelt?) - Dispositionsfaktoren - Allergie gegen Antibiotika Schweregrad der Erkrankung Erreger (vermutet/nachgewiesen) Erkrankungsort (zu Hause, Klinik) Bei Verdacht auf Pyelonephritis Therapie-Beginn ohne Zeitverzögerung und möglichst i. v
52 Harnwegsinfektionen Orale Antibiotika Cephalosporine - Ceftibuten - Cefixim - Cefpodoxim-Proxetil - Cefuroxim-Axetil Aminopenicilline - Amoxicillin - Amoxicillin-Clavulansäure Cotrimoxazol Ciprofloxacin Nitrofurantoin Wagenlehner F M E, et al. Unkomplizierte Harnwegsinfektionen. Klinische Leitlinie. Dtsch Ärzteblatt 2011; 108:
53 Akute infektiöse Enteritis Wichtige Erreger Viren (60 90 %) - Rotaviren (vor allem in den ersten 2. Lebensjahren) - Noroviren - enterale Adenoviren (Serotypen 40 und 41) - Astroviren Bakterien (10 20 %) - C. jejuni - Salmonellen - Y. enterocolitica - darmpathogene E. coli - Shigellen (in Deutschland meist Sh. sonnei) - Cl. difficile Protozoen - Giardia lamblia
54 Bakterielle Enteritis Antibiotika-Therapie Indikationen schwere bakterielle Enteritis (Fieber, blutig-eitriger Durchfall) Invasive/septische Verläufe, positive Blutkultur Patienten mit schweren Grundkrankheiten/immunsuppressiver Therapie Säuglinge und Patienten > 65 Jahre Nachweis von Shigellen (Kontagiosität) Antibiotika Ciprofloxacin (Salmonellen, Yersinien, C. jejuni) Cotrimoxazol (Salmonellen, Yersinien) Makrolid/Azithromycin (C. jejuni) Doxycyclin (Yersinien, C. jejuni) Rifaximin (ETEC) Cefotaxim, Ceftriaxon (Yersinien, Salmonellen) Metronidazol, Vancomycin, Fidaxomicin (Cl. difficile)
55 Infektionen durch Bissverletzungen Kalkulierte Antibiotika-Therapie Mittel - Aminopenicillin + BLI (p. o., i. v.) - Piperacillin-Tazobactam (i. v.) - Carbapenem (i. v.) - evtl. Cipro-/Moxifloxacin + Clindamycin (bei Penicillin-Allergie) - keine Monotherapie mit Flucloxacillin, 1.-Gen.-Cephalosporin, Erythromycin, Clindamycin Applikation - i. v./ p. o. (evtl. Sequenz-Therapie) - stationär/ambulant Dauer Wo (je nach Schwere der Infektion und Verlauf)
56 Bakterielle Konjunktivitis Antibiotika-Therapie Die bakterielle Konjunktivitis hat eine hohe Spontanheilungsrate, nicht jeder Patient muss antibiotisch behandelt werden eventuell wird die Entscheidung für oder gegen Antibiotika erst nach einer Beobachtungszeit von 1 3 Tagen gefällt meist handelt es sich um eine kalkulierte lokale Antibiotika-Therapie übliche Resistenztestungen sind wenig aussagekräftig großzügiger Einsatz trägt zum Anstieg der Resistenzraten bei Tendenz geht zu neueren Chinolonen (geringerer Selektionsdruck, bessere Wirksamkeit gegen Grampositive) mit 3 4 Anwendungen pro Tag (bessere Compliance), Einsatz aber nur in speziellen Fällen
57 Lyme-Borreliose Hinweise zur Interpretation serologischer Befunde Im Frühstadium kann die Antikörper-Produktion schwach sein oder fehlen eine frühe Antibiotika-Therapie kann die Serokonversion verhindern nach erfolgter Serokonversion können die Antikörper über viele Monate bis Jahre nachweisbar bleiben (auch nach erfolgreicher Therapie) auch ein positiver Immunoblot beweist nicht das Vorliegen einer Borreliose, sondern er erhöht die Sicherheit, dass die nachgewiesenen Antikörper gegen B. burgdorferi gerichtet sind
58 Lyme-Borreliose Antibiotika-Therapie der frühen Manifestationen > 9 Jahre < 9 Jahre - Doxycyclin: 2 4 mg/kg KG/d, max. 200 mg/d, in 1 2 ED für (-21) d - Amoxicillin: 50 mg/kg KG/d, max. 2 g/d, in 3 ED für (-21) d - Cefuroxim-Axetil: 30 mg/kg KG in 2 ED für (-21) d Bei Unverträglichkeit der üblichen Antibiotika können Clarithromycin oder Azithromycin eingesetzt werden
59 4. Antibiotika-Verbrauch in der Humanmedizin in Deutschland
60 M.Kresken
61 M.Kresken
62 Antibiotika-Verordnungen (DDD) nach ausgewählten Facharztgruppen (Wldo, 2007)
63 M.Kresken Augustin J, et al. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Antibiotika-Verordnungen im Jahr 2010 im regionalen Vergleich
64
65 M.Kresken
66 Augustin J, et al. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Antibiotika-Verordnungen im Jahr 2010 im regionalen Vergleich
67 Augustin J, et al. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Antibiotika-Verordnungen im Jahr 2010 im regionalen Vergleich
68 M.Kresken
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Antibiotika in der Praxis. Werner Handrick
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