Rechtsfragen des digitalen Nachlasses
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- Lilli Richter
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1 Rechtsfragen des digitalen Nachlasses Dipl. jur. Jan Heuer Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Lehrstuhl Prof. Dr. Thomas Hoeren 35. Rechtsseminar auf der 72. -Mitgliederversammlung Berlin 07. Juni 2016 Forschungsstelle Recht im Deutschen
2 Inhaltsüberblick I. Begriff und Problem Digitaler Nachlass II. Lösungsansätze III. Lebzeitige Regelungen IV. Entscheidung des LG Berlin 2
3 I. Begriff und Problem Digitale Welt = Informationstechnische Systeme und elektronischer Datenbestand Rechtlich sind viele Bereiche betroffen: - Persönlichkeitsrechte - Datenschutz-/Informationsrecht - Schuldrecht Entsprechend auch im Falle des Ablebens Digitaler Nachlass = Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Verstorbenen (Erblasser), die sich auf informationstechnische Systeme und seinen gesamten elektronischen Datenbestand beziehen. 3
4 I. Begriff und Problem Prinzipien des Erbrechts Gesamtrechtsnachfolge, 1922 BGB Erbe tritt in vollem Umfang in das Vermögen (= Summe vererblicher Rechtspositionen) ein Unvererbliches Nachlass Bestimmung der Erben Gesetzliche Erbfolge (Parentalsystem/Stammprinzip) Gewillkürte Erbfolge (Testament/Erbvertrag) 4
5 I. Begriff und Problem Das Postmortale Persönlichkeitsrecht Postmortaler Persönlichkeitsschutz (Art. 1 Abs. 1 GG) = Verpflichtung des Staates, Einzelnen gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu schützen Fortwirkender Würdeschutz bzgl. Wahrnehmung durch die Nachwelt Schutz des Andenkens 5
6 I. Begriff und Problem Postmortales Persönlichkeitsrecht Wirtschaftliche Aspekte Ideelle Aspekte Erbe Wahrnehmungsbefugter (P) digitaler Nachlass : Bündelung sensibler Inhalte bei Online-Aktivität Wie kann das PPR des Erblasser geschützt werden? 6
7 II. Lösungsansätze Literaturmeinung: Trennung in vermögensrechtliche und nicht-vermögensrechtliche Bestandteile s mit vermögensrechtlichem Bezug sind an die Erben weiterzuleiten, solche nicht-vermögensrechtlicher Art fallen nicht in den Nachlass und sollen den Wahrnehmungsbefugten zugeleitet werden Problem der Sortierung: Treuhänder / Nachlassgericht / Internetintermediär (Provider) 7
8 II. Lösungsansätze Sichtung der Inhalte durch Dritte ist rechtlich nicht unproblematisch (Daten sind nach dem Tod nicht schutzlos) s mit Mischcharakter? Pro: Optimaler Schutz des PPR des Erblassers Contra: Umsetzung 8
9 II. Lösungsansätze Überwiegende Ansicht Keine Trennung, sondern unmodifizierte Anwendung der erbrechtlichen Regeln Gesamtrechtsnachfolge Erbe tritt in alle Rechtsbeziehungen ein auch in Providervertrag des Erblassers, aus dem der Herausgabeanspruch erfolgt. Datenschutz? 88 Abs. 3 TKG ermöglicht grds. die Weiterleitung Auskunftsanspruch nach 34 BDSG (+) Schutz des Postmortalen Persönlichkeitsrechts tatsächlich verringert? 9
10 II. Lösungsansätze 2373 BGB und 2047 BGB BGB: BGB: Zuordnung Erbauseinandersetzung Rechtsposition ist dem Schutz des PPR vorgelagert Regelung über Verkauf des Erbteils Überschuss wird verteilt Ausnahme: persönliche Schriftstücke des Im Zweifel sind Familienpapieren und Erblassers Familienbildern nicht mitverkauft Schutz des PPR ist auf dem gleichen Niveau wie sonst Umkehrschluss: Besteht eine Sonderregel für die Umkehrschluss: Familienpapiere und bilder sind Verteilung, sind solche Schriftstücke zwingend Teil grds. Teil des Nachlasses des Nachlasses Vergleichbarkeit mit analoger Post Im Ergebnis ist der Schutz PPR nicht vermindert 10
11 II. Lösungsansätze Aus dem Providervertrag ergibt sich Anspruch auf Zugänglichmachung Erbe tritt in Providervertrag Der Anspruch ergibt sich für den Erben direkt mit Eintritt Verletzungen des PPR betreffen Verhältnis von Erben und Wahrnehmungsbefugten 11
12 III. Lebzeitige Regelungen Testamentarische Regelungen des Erblasser? (+), mithilfe der erbrechtlichen Instrumente sind Regelungen nach Wünschen des Erblassers darstellbar Testament, 1937 BGB Vermächtnis, 1939 BGB Auflage, 1940 BGB Aber: Abweisung durch Diensteanbieter möglich (vertragliche Regelungen in AGB) 12
13 IV. LG Berlin LG Berlin, Urt. v , Az.: 20 O 172/15 Zur Vererbbarkeit eines Facebook-Accounts 13
14 IV. LG Berlin Sachverhalt 14-jährige meldete sich mit Zustimmung ihrer Eltern bei Facebook an Tochter verstirbt, die Eltern begehren Zugriff Facebook versetzt Profil der Tochter in Gedenkstatus Zugriffsersuchen der Eltern wird verweigert 14
15 IV. LG Berlin Eltern sind Erben (gesetzliche Erbfolge) und treten in den Vertrag ein Gedenkstatus-Richtlinie von Facebook LG Berlin hält diese für unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung darstellt Eltern haben Anspruch auf Zugänglichmachung 15
16 IV. LG Berlin Entscheidung nicht unumstritten Keine höchstrichterliche Rechtsprechung Gewisse Rechtsunsicherheit Hochschulbezug Auch Hochschulen könnten mit diesem Problem konfrontiert sein (Mitarbeiter -Konten) Weiterführende Entwicklung ist unklar, Rechtsprechung ist abzuwarten In jedem Fall kein übereiltes Handeln notwendig 16
17 Fazit 1. Der digitale Nachlass ist genau so zu behandeln wie der analoge Nachlass (Begriff ist unpassend) 2. Regelungen in Bezug auf die digitalen Hinterlassenschaften sind in testamentarischer Form möglich 3. Die Grenzen der Wirksamkeit vertraglicher Regelungen zwischen Intermediär und Erblasser sind noch unklar 17
18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Forschungsstelle Recht im Deutschen
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