4. welche wesentlichen Ergebnisse bisher aus der Einrichtung des Netzwerkes Lyme-Borreliose zu verzeichnen sind;
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- Elisabeth Brandt
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1 Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP und Stellungnahme des Ministeriums fürarbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Meldepflicht für Borreliose Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. welche Relevanz sie der Lyme-Borreliose im Hinblick auf eine nachhaltige Schädigung der Gesundheit mit Darstellung der wesentlichen Folgen beimisst; 2. wie sich die Zahl der Erkrankten und Neuinfizierten in den letzten fünf Jahren entwickelt hat; 3. wie sie den wissenschaftlichen Erkenntnisstand über die Borreliose-Erkrankungen und ihrer Prävention einschätzt; 4. welche wesentlichen Ergebnisse bisher aus der Einrichtung des Netzwerkes Lyme-Borreliose zu verzeichnen sind; II. 1. in Zusammenarbeit mit den relevanten Vertretern der Wissenschaft und Ärzteschaft, wie beispielsweise der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V., sowie den entsprechenden Patientenorganisationen, wie zum Beispiel dem Borreliose und FSME Bund Deutschland, über weitere geeignete Schritte zu beraten, um die Datenlage hinsichtlich der Borreliose-Infizierungen zu verbessern und dadurch auch die Prävention zu erleichtern und hierbei die Prüfung der Einführung einer Meldepflicht der Borreliose in Form eines Erythema migrans, einer akuten Neuroborreliose oder einer akuten Lyme-Arthritis einzuschließen; Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
2 2. sofern als Ergebnis der o. g. Beratungen die Einführung einer Meldepflicht für Borreliose erwogen werden sollte, mit den entsprechenden Akteuren des Gesundheitswesens hierüber in einen Meinungsaustausch zu treten und dabei auf eine Beschränkung des bürokratischen Aufwands auf ein unerlässliches Mindestmaß zu achten Haußmann, Dr. Rülke, Glück, Dr. Bullinger, Dr. Timm Kern FDP/DVP Begründung Zecken sind wesentlich für die Übertragung von zweierlei Krankheiten bekannt. Einerseits die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), vor der eine Impfung schützen kann, wie auch die in diesem Antrag erwähnte Borreliose. Nachdem es hinsichtlich der Borreliose keine hinreichend exakte Datenbasis zu geben scheint, wird verschiedentlich die Einführung einer Meldepflicht erwogen. Wenn die entsprechenden Beteiligten sich positiv äußern, fordern die Antragsteller die Landesregierung auf, entsprechend tätig zu werden. Stellungnahme Mit Schreiben vom 4. November 2011 Nr /15/697 nimmt das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. welche Relevanz sie der Lyme-Borreliose im Hinblick auf eine nachhaltige Schädigung der Gesundheit mit Darstellung der wesentlichen Folgen beimisst; Die Lyme-Borreliose wird durch Schraubenbakterien (Spirochaeten) der Gattung Borrelia hervorgerufen. Es handelt sich bei der Lyme-Borreliose um eine Multisystemkrankheit, die insbesondere Symptome an Haut, Nervensystem, Gelenken und Herz versursacht und in folgende drei Stadien eingeteilt wird: Stadium 1 (Tage bis Wochen nach der Infektion) stellt eine Lokalinfektion dar, die in erster Linie durch eine Hautreaktion die sog. Wanderröte (Erythema migrans) charakterisiert ist. Gelangen die Erreger von hier in die Blutbahn, kommt es oft unter einem sommergrippeartigen Krankheitsbild zur Streuung der Erreger in verschiedene Organe und damit zum Übergang ins Stadium 2. Im Stadium 2 (Wochen bis Monate nach der Infektion) treten akut-entzündliche Reaktionen des Nervensystems, vor allem der peripheren Nerven, auf (Neuroborreliose). Weiterhin kann es zu Gelenkentzündungen und einer Herzbeteiligung kommen. Stadium 3 (Monate bis Jahre nach der Infektion) der Lyme-Borreliose ist durch Hautmanifestationen (Acrodermatitis chronica atrophicans) und die chronische Lyme-Arthritis charakterisiert. Die Acrodermatitis chronica atrophicans äußert sich in einer zunehmenden Atrophie des Haut- und Unterhautgewebes mit Degeneration des Bindegewebes. Die Haut verfärbt sich dabei bläulich und wird sehr dünn. Darüber hinaus finden sich chronisch degenerative Veränderungen an den Nerven. 2
3 Individuell können sowohl der Krankheitsverlauf als auch das Krankheitsbild sehr unterschiedlich sein. In den Stadien 1 und 2 kommt es häufig zu einer spontanen Genesung des Patienten. Beim ganz überwiegenden Teil der Fälle wird ausschließlich Erythema migrans beobachtet. Dies zeigen eine großangelegte bevölkerungsbezogene Studie im Raum Würzburg aus dem Jahr 1999 sowie die Meldedaten aus den östlichen Bundesländern (siehe 2.). Nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei Eintreten des Stadiums 3 zu besorgen, das jedoch nur bei einem geringen Anteil der Infizierten (ca. 1 bis 3 %) auftritt. 2. wie sich die Zahl der Erkrankten und Neuinfizierten in den letzten 5 Jahren entwickelt hat; Zur Zahl von Neuinfektionen bzw. Neuerkrankungen sind die Daten für Deutschland lückenhaft, da keine bundeseinheitliche Meldepflicht besteht. Meldedaten zu Lyme-Borreliose gibt es seit dem Jahr 2001 aus den neuen Bundesländern und Berlin. Die aktuellste Auswertung dieser Daten durch das Robert Koch-Institut umfasst den Zeitraum bis zum Jahr Für den 5-Jahreszeitraum 2005 bis 2009 wurden in den sechs Bundesländern zwischen und Fälle von Lyme- Borreliose an das Robert Koch-Institut übermittelt. Dabei ergeben sich in der Inzidenz (Zahl der Neuerkrankten pro Einwohner) sehr große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Mit 2,3 bis 6,7 Fällen pro Einwohner weist Berlin die niedrigsten Inzidenzen auf, Brandenburg mit 71,2 bis 90,1 Fällen pro Einwohner die höchsten. Die durchschnittliche Inzidenz für alle sechs Bundesländer lag in diesem Zeitraum zwischen 32,6 und 37,5 Fällen pro Einwohner. Die zeitliche Entwicklung zeigt insgesamt einen Anstieg der Meldefälle bis zum Jahr 2006, seitdem sind die Fallzahlen leicht rückläufig. Für die Jahre 2007 bis 2009 wurden die Meldefälle aufgeschlüsselt nach den klinischen Bildern entsprechend der Falldefinition des Robert Koch-Instituts. Bei über 99 % der übermittelten Fälle handelt es sich um Erythema migrans. Fälle früher Neuroborreliose gemäß Falldefinition (klinisches Bild und Labornachweis) machen einen Anteil von weniger als 1 % an den insgesamt übermittelten Fällen aus. Der Anteil der Lyme-Arthritis, die erst seit 2009 über die Falldefinition erfasst wird, liegt bei 1,5 %. Es ist von einer deutschlandweiten Infektionsgefährdung durch Borrelia burgdorferi auszugehen. Das Infektionsrisiko wird im Wesentlichen bestimmt durch die regionale Zeckenpopulation und deren Erregerdurchseuchung sowie die Anzahl der Zeckenkontakte des Menschen. Auf der Grundlage der Inzidenz in Brandenburg ergibt sich für Baden-Württemberg eine Anzahl an Neuerkrankungen von ca bis pro Jahr. 3. wie sie den wissenschaftlichen Erkenntnisstand über die Borreliose-Erkrankungen und ihrer Prävention einschätzt; Seit Entdeckung des Krankheitserregers Borrelia burgdorferi im Jahr 1982 ist der Erkenntnisstand über den Erreger, das klinische Bild sowie Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose kontinuierlich gewachsen. Zu Diagnostik und Therapie wurden auf dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand von verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften Leitlinien erarbeitet, die im Grundsatz weitgehend übereinstimmen. Eine evidenzbasierte Gesamtleitlinie zur Lyme-Borreliose gibt es bislang allerdings nicht. Die Diagnostik erfolgt ganz überwiegend durch den Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien. Hierbei wird zunächst ein Screeningtest (ELISA) eingesetzt, der im positiven Fall durch einen Bestätigungstest verifiziert wird (Immunoblot). Neben diesen serologischen Verfahren kommen auch molekularbiologische Methoden wie die Polymerasekettenreaktion (PCR) zur Anwendung. Damit lassen sich Borrelien direkt im Körper nachweisen. Alle diese Verfahren sind in nahezu jedem diagnostischen Labor verfügbar. Die Behandlung der Borreliose erfolgt in der Regel mit Antibiotika, die in Stadium 1 üblicherweise oral verabreicht werden, in späteren Stadien per Infusion. Generell sind die therapeutischen Möglichkeiten in den Stadien 1 und 2 am aussichtsreichsten, da die im Verlauf der Bakterieninfektion auftretenden entzünd- 3
4 lichen Reaktionen in der Regel noch reversibel sind. In Stadium 3 sind die Therapiechancen schlechter, da die Antibiotikumbehandlung hier zwar die Bakterien noch abtöten kann, einmal eingetretene chronische entzündlich-degenerative Schäden jedoch nicht mehr behoben werden können. Hier werden häufig begleitend symptomorientierte Therapien, z. B. bei chronischen Schmerzen, durchgeführt. Bei der Prävention der Lyme-Borreliose kommt der Vermeidung von Zeckenstichen die größte Bedeutung zu. Die persönlichen Schutzmaßnahmen umfassen das Tragen heller, langer Kleidung, das Einschlagen der Hosenbeine in Strümpfe sowie evtl. die Verwendung von Insekten abweisenden Mitteln (Repellentien). Das sofortige Absuchen des Körpers nach Zecken nach einem Aufenthalt im Freien mit möglicher Zeckenexposition verhindert häufig den Zeckenstich. Bei bereits festsitzenden Zecken ist ein frühzeitiges Entfernen anzuraten, um die Zahl möglicherweise übertretender Erreger möglichst niedrig zu halten. Der Übertritt der Borrelien erfolgt in der Regel erst nach 24 Stunden. Dies bedeutet, dass sich speziell Borrelieninfektionen durch frühzeitiges Entfernen der Zecken weitgehend verhindern lassen. Darüber hinausgehende Ansätze zur Bekämpfung von Zecken, beispielsweise durch natürliche Feinde wie Pilze, Nematoden oder Erzwespen kommen allenfalls kleinräumig in Betracht (z. B. im Umfeld von Waldspielplätzen). An der Entwicklung eines Impfstoffes gegen die verschiedenen Borrelien-Spezies, die in Deutschland vorkommen, wird intensiv gearbeitet. Wann ein entsprechender Impfstoff zur Verfügung steht, ist derzeit nicht absehbar. 4. welche wesentlichen Ergebnisse bisher aus der Einrichtung des Netzwerkes Lyme-Borreliose zu verzeichnen sind; Am Robert Koch-Institut haben in den Jahren 2007 und 2008 interdisziplinäre Expertentreffen zur Lyme-Borreliose stattgefunden, die sich mit dem Forschungsbedarf und Forschungsansätzen befassten und zur Initiierung eines Netzwerkes zur Lyme-Borreliose führten. Bei den Expertentreffen bestand Einigkeit darin, dass die Lyme-Borreliose in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird. Es wurden Forschungsdefizite insbesondere auf dem Gebiet der Epidemiologie, der Immunologie und der Diagnostik festgestellt. Im Bereich der Epidemiologie wurde neben der Einführung einer bundesweiten Meldepflicht insbesondere die Durchführung von Sentinel-Untersuchungen thematisiert, da diese den Vorteil haben, dass detaillierte Informationen zu Expositionsrisiken erfasst werden können. Bedarf für immunologische Untersuchungen wird vor allem bezüglich der komplexen Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Erregerspezies, den Wirtsorganismen und dem Menschen gesehen. Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Qualität der auf dem Markt befindlichen Testsysteme besteht nach Einschätzung der Experten im Bereich der Diagnostik dringender Bedarf einer kontinuierlichen Fortentwicklung und besseren Standardisierung. Das Netzwerk Lyme-Borreliose hat sich zum Ziel gesetzt, die Wahrnehmung der Lyme-Borreliose in der Allgemeinbevölkerung und Fachöffentlichkeit zu verbessern. II. 1. in Zusammenarbeit mit den relevanten Vertretern der Wissenschaft und Ärzteschaft, wie beispielsweise der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V. sowie den entsprechenden Patientenorganisationen, wie zum Beispiel dem Borreliose und FSME Bund Deutschland, über weitere geeignete Schritte zu beraten, um die Datenlage hinsichtlich der Borreliose-Infizierungen zu verbessern und dadurch die Prävention zu erleichtern und hierbei die Prüfung der Einführung einer Meldepflicht der Borreliose in Form des Erythema migrans, einer akuten Neuroborreliose oder einer akuten Lyme-Arthritis einzuschließen; Bei der fachlichen Bewertung der Borreliose-Situation wurden bereits bisher die Informationen und Anliegen der oben genannten Verbände und Organisationen berücksichtigt. So setzt sich das Land für die Einführung einer bundesweiten Meldepflicht für Borreliose im Infektionsschutzgesetz ein, um eine bundeseinheitliche 4
5 Vorgehensweise und die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten zu gewährleisten. Vom Bundesministerium für Gesundheit wurde dies leider bisher nicht aufgegriffen. 2. sofern als Ergebnis der o. g. Beratungen die Einführung einer Meldepflicht für Borreliose erwogen werden sollte, mit den entsprechenden Akteuren des Gesundheitswesens hierüber in einen Meinungsaustausch zu treten und dabei auf eine Beschränkung des bürokratischen Aufwands auf ein unerlässliches Mindestmaß zu achten. Im Jahr 2011 haben die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland eine Arztmeldepflicht für die o. g. Erkrankungsformen der Lyme-Borreliose eingeführt. Von der Meldepflicht erwarten die betreffenden Länder eine Verbesserung der Datenlage zur epidemiologischen Situation sowie die nähere Identifizierung potenzieller Risikogebiete, um gezielter Präventions- und Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Auf aktuelle Nachfrage nach den bisherigen Erfahrungen wurde vom saarländischen Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz mitgeteilt, dass von der Meldepflicht rege Gebrauch gemacht werde. Eine Interpretation der bis Dato vorliegenden Daten sei momentan allerdings spekulativ. Es sei aber geplant, eine erste Auswertung der Borreliose-Meldungen für 2011 zu veröffentlichen. Die Landesregierung wird, sobald entsprechende Erfahrungen und Auswertungen aus den beiden Ländern vorliegen, diese daraufhin prüfen, ob anstelle der bisher favorisierten Bundesregelung eine Landesregelung angezeigt ist. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren 5
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