Schulabsentismus Schulangst Schulphobie Schulschwänzen
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- Susanne Steinmann
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1 Schulabsentismus Schulangst Schulphobie Schulschwänzen Team EB Thun Weiterbildungsveranstaltung 12. November 2014, Uhr
2 Überblick 1. Definition und Klassifikation 2. Aktuelle Situation in der Schweiz 3. Erklärungsmodell 4. Allgemeine Handlungsprinzipien 5. Spezifische Interventionen 6. Merkblatt für Schulen
3 Definition und Klassifikation Schulabsentismus = Oberbegriff für das unentschuldigte und absichtliche Fernbleiben vom Unterricht aus einem gesetzlich nicht vorgesehenen Grund (Stamm, 2008) Schulabsentismus = Nichterscheinen in der Schule (Walitza et al., 2013)
4 Definition und Klassifikation Schulabsentismus dissozial nichtdissozial Schulschwänzen Schulphobie Schulangst
5 Definition und Klassifikation Schulschwänzen Schulphobie Schulangst dissoziale Form Schulunlust Disziplinlosigkeit Fernbleiben ohne Wissen der Eltern keine zugrundeliegende Angst Bevorzugung angenehmerer Aktivitäten Trennungsangst Angst, dass Bezugsperson etwas zustösst Angst, dass sich selber etwas zustösst Auf Schule bezogene Ängste Angst vor Schulversagen Angst vor LehrerIn Angst vor Mitschülern Soziale Angst Prüfungsangst
6 Kommt Schulabsentismus an Ihrer Schule oft vor? Antworten von SchulleiterInnen im Raum Thun Eher selten, wenn: vorwiegend auf Mittelstufe Bisher nur rudimentär mit Schulabsentismus konfrontiert Letzter Fall liegt 6 Jahre zurück Nein, unentschuldigte Absenzen kommen bei uns nicht vor Wir haben an unserer Schule keinen Schulabsentismus
7 Hintergrund In der Schweiz bisher wenig Beachtung in der Öffentlichkeit Absenzen gibt es seit Einführung der Schulpflicht 1874 Schulabsentismus wird stillschweigend geduldet «wer nicht da ist, stört nicht»
8 Zahlen und Fakten in der Schweiz (Stamm, 2008) Gelegenheitsschwänzer 49% häufige Schwänzer 33% massive Schwänzer 5% nie geschwänzt 13% Jeder zweite Schüler bleibt im Laufe der Schulzeit der Schule fern 5% gelten als massive «Schwänzer» (> 5 Halbtage pro Jahr)
9 Schulabsentismus als Risikofaktor abweichendes Verhalten psychische Störungen Schulausschluss Schulabsentismus schlechte Schulleistungen Schulabbruch es lohnt sich, genauer hinzuschauen!
10 Wer sind die Schulabsentisten? Stamm, 2008 Anstieg vom 13. bis 17. Lebensjahr Jungen zeigen früher Schulabsentismus als Mädchen Jungen sind in der Gruppe der massiven Schwänzer übervertreten weniger intelligente Schüler bleiben häufiger der Schule fern Unterforderung führt auch zu Schulvermeidung schlechte Schulleistungen tiefes Selbstbild Tendenz zum Aussenseitertum
11 Die familiäre Perspektive Stamm, 2008 Schulabsentismus kommt in allen Sozialschichten und Familienstrukturen vor Problematisch: Überforderung der Eltern unzureichende Elternkontrolle Schonhaltung der Eltern Familiäre Belastungen (psychisch kranker Elternteil, Paarkonflikte, Trennung)
12 Die schulische Perspektive Stamm, 2008 ungünstige Faktoren: grosse Schule unverbindliche Absenzenregelung schlechtes Schulklima tiefe Unterrichtsqualität schlechte Lehrer-Schüler- Beziehung
13 Welche Gründe beobachten Sie? Antworten von SchulleiterInnen im Raum Thun Mobbing in der Schule Übertritt auf die Oberstufe schwierige Familienverhältnisse Mutter arbeitslos und einsam Trennungsangst Kind hat psychische Probleme, fühlt sich matt fehlende Tagesstruktur Überforderung der Eltern Ferien- oder Dispensationsgesuche ausserhalb der Schulferien
14 Häufige Auslöser Übergänge: Klassenwechsel, Schulwechsel Mobbing in der Klasse Konflikte mit Klassenkameraden oder Lehrpersonen Überforderung, Misserfolg in der Schule Somatische Erkrankungen Mangelnde familiäre Unterstützung Trennung der Eltern
15 Kind Schulangst Schulphobie Schulschwänzen Somatische Reaktionen Mangel an sozialen Fertigkeiten Antriebsminderung/ depressive Tendenzen Störung im Arbeitsund Lernverhalten Intellektuelle Überforderung/ Teilleistungsstörung Schule Mobbingsituation Hohe Leistungsanforderungen Ungünstige Lernbedingungen Viele auffällige Mitschüler Grosse Klassen Schwierige Lehrer- Schüler-Beziehung Lockerer Umgang mit Absenzen Familie Ungünstige Erziehungsbedingungen Überforderung der Eltern Psychisch auffälliger Elternteil Familiäre Belastungen/Paarkonflikte Verstärkungsprozesse Hoher Anspruch der Eltern Schulabsentismus
16 Welche Massnahmen ergreifen Sie? Antworten von SchulleiterInnen im Raum Thun bei Abwesenheiten? klare, verbindliche Regeln gemäss Richtlinien des Kantons Falls Kind nicht abgemeldet wird: Anruf der Eltern innert kurzer Zeit Arztzeugnis verlangen
17 Welche Massnahmen ergreifen Sie? Antworten von SchulleiterInnen im Raum Thun bei hartnäckigen SchulabsentistInnen? Gespräch mit Eltern suchen Einbezug Lk SPU, SSA Kind zu Hause abholen Anhörung durch SL/SK bis zur Anzeige Meldung bei der KESB
18 Handlungsprinzipien I Klare Haltung der Erwachsenen Schulpflicht Schulrecht Hinschauen, Erkennen, Handeln! Schnelles Handeln verhindert Chronifizierung Gemeinsame Problemdefinition fördert Verständnis Interdisziplinäre Zusammenarbeit «alle ziehen am selben Strick», Klärung der Verantwortlichkeiten Stufenweises Vorgehen vgl. Merkblatt EB Thun Einzelfallbezogene Lösungen
19 Handlungsprinzipien II Angst muss ausgehalten werden
20 Handlungsprinzipien III ungünstige Verstärkungsprozesse müssen erkannt werden Schonhaltung der Eltern Zuwendung bei Somatisierung Trennungsängste auf Seite der Eltern Compliance der Eltern zentral
21 Handlungsprinzipien IV körperliche Beschwerden anerkennen Zusammenhang Körper Psyche berücksichtigen längerdauernde Krankschreibungen hinterfragen
22 Handlungsprinzipien V Gestaltung des Tagesrhythmus Ausschlafen ist tabu regelmässige Schlaf- und Wachzeiten beibehalten kein Spass-Programm (gamen, TV schauen) Hausaufgaben organisieren
23 Kindzentrierte Interventionen Therapie bei psychischen Störungen Angstbehandlung Training sozialer Fertigkeiten Aufbau sozialer Aktivitäten Ressourcenaktivierung Verbesserung der Lernorganisation / Reduktion von Wissensdefiziten
24 Elternzentrierte Interventionen Bei ungünstigen Erziehungsbedingungen oder Überforderung der Eltern: Elterntraining, Erziehungsberatung bei Trennung/Scheidung: Beratung in Bezug auf Elternschaft nach der Trennung Familienunterstützende Massnahmen z.b. sozialpädagogische Familienbegleitung im Extremfall: familienexterne Lösung, Platzierung
25 Schulzentrierte Interventionen Einleiten einer adäquaten Beschulung Parallelklassenversetzung Kontinuierliches Aufstocken des Schulpensums Stärkung der Lehrer-Schüler-Beziehung Mobbingintervention in der Klasse
26 Merkblatt Grundlagen wann besteht Handlungsbedarf? schrittweises Vorgehen Homepage EB Thun
27
28 Prävention Schulkultur: Verbindlichkeiten, Beziehungspflege mit Schülern/Schülerinnen und Eltern klares und umgesetztes Absenzensystem: Sofortiges Reagieren der Schule bei unentschuldigten Absenzen Einbezug von Fachstellen bei Verdacht auf Entwicklungsrisiken und beginnendem Schulabsentismus
29 Take Home Vielfältige Gründe: Komplexes Zusammenspiel von persönlichen, familiären und schulischen Faktoren Koordiniertes, stufenweises Vorgehen von Schule und Familie bei Bedarf frühzeitig weitere Fachpersonen und Behörden einbeziehen Einzelfallorientierte Massnahmen Prävention: Haltekraft der Schule, klares und umgesetztes Absenzensystem, frühzeitiges Einbeziehen von Fachstellen
30 Literatur Stamm, M. (2008). Die Psychologie des Schuleschwänzens. Rat für Eltern, Lehrer und Bildungspolitiker. Bern, Huber. Walitza, S., Siebke M., Della Casa, A., & Schneller, L. (2013). Schulverweigerung und Schulabbruch: Eine Standortbestimmung unter Berücksichtigung von Perspektiven aus der Schweiz. Praxis für Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 62, Weitere Unterlagen auf der Homepage der EB Thun: /regionalstellen/thun/downloads.html
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