Kleine Ursache große Wirkung! Immissionsschutz in Praxis

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1 Kleine Ursache große Wirkung! Immissionsschutz in Praxis Die vier folgenden Beispiele von bearbeiteten Projekten bei KÖTTER Consulting Engineers zeigen, dass z.t. einfache Möglichkeiten zur Beseitigung gravierender Geräuschprobleme bestehen. Basis erfolgreicher Lärmminderung sind sorgfältige messtechnische Untersuchungen sowie Kenntnisse der technischen und theoretischen Akustik. Ist der Wirkungsmechanismus analysiert, ist die Grundlage für eine kostensparende, effektive Lärmminderung bereitet. Rund oder eckig? Im Zuge der Erweiterung eines Kraftfutterwerkes wurden Siloanlagen mit mehreren tausend Tonnen Kapazität installiert. Bei Inbetriebnahme der Anlage traten gravierende Überschreitungen des Immissionsrichtwertes sowie extreme Tonhaltigkeit in der Nachbarschaft auf. Durch Ausnutzung eines besonderen physikalischen Effektes konnte die erforderliche Lärmminderung kostengünstig erzielt werden. In großen Getreidesilos werden leistungsfähige Ventilatoren zur Belüftung und Kühlung des gelagerten Getreides eingesetzt, da bei der Lagerung von großen Getreidemengen durch biologische Prozesse qualitätsmindernde, unzulässige Temperaturen entstehen können. Aufgrund der Lage des Kraftfutterwerkes zur Wohnbebauung in der unmittelbar angrenzenden Nachbarschaft wurden bereits im Vorfeld auf Empfehlung eines Planers lärmmindernde Einhausungen sowie saugseitig Schalldämpfer installiert. Bei Inbetriebnahme der Lüftungsanlage wurde ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt. Die Luftschallabstrahlung der Lüftungskanäle sowie der Silos war so stark, daß die Immissionsrichtwerte alleine durch die Einzeltonintensität sogar für den Tageszeitraum überschritten waren. Da zur Begrenzung der Temperaturen im Getreide die Anlage jedoch 24 Stunden betrieben werden muß, war ein störungsfreier Betrieb der sensibilisierten Nachbarschaft demnach weder tags noch nachts möglich. Es folgten Untersuchungen: Nach dem subjektiven Höreindruck entstanden an einem Lüftungskanal die höchsten tonhaltigen Geräuschpegel. Da die Lautstärke des Einzeltons entlang des Kanals stark schwankte, sollte eine sog. Stehende Welle oder auch akustische Resonanz die Ursache sein. Von verschiedenen Spezialisten wurden Maßnahmen zur Beseitigung der Resonanzen vorgeschlagen, die wie sich später herausstellte - nicht den gewünschten Erfolg ergeben hätten.

2 KÖTTER Consulting Engineers (KCE) erhielt den Auftrag, den Effekt zu untersuchen und kurzfristig eine geeignete Lärmminderungsmaßnahme vorzuschlagen. Während des Ortstermins stellte sich heraus, daß die Schaufelpassierfrequenz der Ventilatoren bei f = 148 Hz die Ursache der Einzeltonerzeugung waren und zu Überschreitungen des Richtwertes in der Nachbarschaft von mehr als 25 db führte. Die Besichtigung bestätigte den anfangs beschriebenen Effekt, daß der Einzelton entlang des Lüftungskanals an- und abschwellte. Eine erste Abschätzung vor Ort ergab, daß eine sog. Stehende Welle bzw. Resonanz aufgrund der Kanallänge physikalisch nicht nachvollzogen werden konnte und damit ausschied. Ein bis dahin vorgesehener Absorber am Kanalende hätte aufgrund der großen Wellenlänge mit Sicherheit keinerlei spürbare Wirkung gezeigt. Dann blieb noch die Frage, wie das An- und Abschwellen des Einzeltones entlang des Kanals zu erklären sei. Auch hier gab es eine Antwort: variierende Steifigkeiten des Kanals an den Übergängen der Bleche zu verschiedenen Flanschen führten zu unterschiedlicher Luftschallabstrahlung. Welche Lösung konnte es geben? Die Ventilatoren waren vorhanden und zeigten aus akustischer Sicht keine Besonderheiten. Der Austausch gegen lärmarme Ventilatoren wäre nicht sinnvoll gewesen (leisere gibt es kaum). Ein spezieller Resonator-Schalldämpfer, der die Einzeltonfrequenz um den erforderlichen Betrag reduzierte, ist teuer, war kurzfristig nicht lieferbar und hätte zu weiteren Schwierigkeiten durch zusätzliche Druckverluste, Platzmangel usw. geführt. Die Lösung klingt einfach, denn sie stammt aus Erkenntnissen der theoretischen Akustik: der Rechteckkanal, der bei der hier vorliegenden Einzeltonfrequenz aufgrund seiner Bauart prinzipiell eine geringe Schalldämmung aufwies, wurde kurzfristig durch ein handelsübliches, preisgünstiges rundes Rohr ersetzt. Das Rohr hat aufgrund seiner Geometrie bei der hier anregenden Frequenz und der hier vorliegenden Abmessungen eine besonders hohe Schalldämmung. Des weiteren wurde durch Berechnungen abgesichert, daß spezielle frequenzabhängige, modale Schallpegelverteilungen im runden Rohr sich nicht ungünstig auf potentielle Resonanzen und die Schallabstrahlung auswirken. So wurde erreicht, daß die im Rohr enthaltene, hohe Schallenergie nicht mehr direkt nach außen abstrahlt. Da die Schallenergie jedoch abgebaut werden muß (sonst wird sie anderweitig abgestrahlt), wurde sie einfach in das im Silo gelagerte Getreide geleitet und dort absorbiert. Eine Abstrahlung durch die großen Oberflächen des Silos war daher nicht zu befürchten.

3 Die Inbetriebnahme ergab keinerlei tonhaltige Geräusche mehr: Der Auftraggeber war rund -um zufrieden! Tieffrequenten Geräuschen auf der Spur... Anwohner fühlten sich zu Recht gestört In einem Wohnhaus wurden Richtwertüberschreitungen aufgrund tieffrequenter Geräusche festgestellt. Als Ursache hierfür wurden Maschinen oder Pumpen auf einem nahegelegenen Betriebsgelände in der Nachbarschaft vermutet. Der Einsatz eines Resonators aus kostengünstigen, handelsüblichen Bauteilen löste das Geräuschproblem. Ziel der von KÖTTER Consulting Engineers durchgeführten meßtechnischen Untersuchung war, die Ursache der Geräuschabstrahlung vom Nachbarbetrieb zu ermitteln und Maßnahmen zur Lärmminderung vorzuschlagen. Dazu wurden Luft- und Körperschallmessungen in dem betroffenen Wohnhaus und auf dem Betriebsgelände durchgeführt. Als Ergebnis der Analysen wurde festgestellt, daß das tieffrequente Geräusch im Wohnhaus bei einer Frequenz von f = 31 Hz lag und geometrische Reflexionen und Resonanzen in den Räumen aufgrund einer sog. stehende Welle verstärkt wurden. Die ermittelte Resonanzfrequenz stimmte mit der anregenden Pulsationsfrequenz der Drehkolbenpumpen im Nachbarbetrieb überein. Die Ursache der verstärkten Geräuschabstrahlung war die Ankopplung von großflächigen Bauteilen an die Drehkolbenpumpen, wie Rohrleitungen, Rechteckkanal und Kamin in einer Halle auf dem Betriebsgelände. Durch einen stark schwingenden Rechteckkanal wurden tieffrequente, hohe und einzeltonhaltige Schalldruckpegel in der Halle erzeugt, die wiederum die Seitenwände und das Dach zu Schwingungen anregten. Die ermittelte Schalleistung der Hallenwände war in der selben Größenordnung wie die der Kaminöffnung. Zur Lärmminderung wurden an den Ausgängen der Drehkolbenpumpe speziell auf die Anregefrequenz optimierte einfache λ/4 - Resonatoren, bestehend aus handelsüblichen Rohrsegmenten, eingebaut. Dieser einfache Resonator bedämpft eine Frequenz, kann jedoch höhere Harmonische verstärken. Mehrere, evtl. auch negative Einflussfaktoren wurden theoretisch geprüft. Um Abweichungen zwischen der berechneten und der möglicherweise durch Einbautoleranzen veränderten Resonanzfrequenz am realen Resonator kompensieren zu können, wurden Justiermöglichkeiten geschaffen. Mit dem Einbau des Resonators wurden Pulsationen und somit überhöhte Kanal- und Rohrleitungsschwingungen reduziert.

4 Die nachfolgende Messung bestätigte den Erfolg der umgesetzten Maßnahmen. Die bisher stark schwingenden Hallen- und Kanalwände wurden beruhigt und an der Kaminöffnung wurde ein Pegelminderung des tieffrequenten Geräusches von 15 db gemessen. Die Richtwerte in dem Wohnhaus wurden durch die kostengünstige und kurzfristig durchführbare Maßnahme an der Quelle eingehalten. Theorie und Praxis zeigten Übereinstimmung. Geräuschimmissionen trotz großer Entfernung zu einer Industrieanlage Mitten in einer lebendigen Stadt führten Anwohner trotz eines Abstandes von mehr als 850 m zu einer Industrieanlage Beschwerde über tieffrequente Geräusche. Die Belästigungen traten in einzelnen Nächten auf und waren vor allem bei geschlossenen Fenstern störend. Die Suche nach dem Verursacher kann erfahrungsgemäß sehr aufwendig werden, zumal im Freien die Lokalisierung der tieffrequent abstrahlenden Geräuschquelle nicht möglich war. Viele Schallquellen, wie Heizkessel, Blockheizkraftwerke, Verdichter, Lüfter... kommen prinzipiell als Verursacher in Frage. Diverse Messungen sowie die Analyse der Betriebszeiten halfen, den Verursacher zu ermitteln. Festgestellt wurde, dass das Abblasen von überschüssigem Prozessdampf einer größeren Kesselanlage zeitgleich zu den Beschwerden auftrat. Untersuchungen zeigten, dass aufgrund von einstufiger, kritischer Druckentspannung eine hohe Schallleistung in einem Ventil erzeugt wurde. Der hohe akustische Wirkungsgrad bei einer sog. kritischen Druckentspannung entsteht durch Strömung bei annährend Schallgeschwindigkeit des Mediums. Neben einer Expansionskammer zur Reduzierung der Pulsationen war zusätzlich an der Abblaseöffnung ein Kulissenschalldämpfer installiert. Die Kulissen des Schalldämpfers waren versottet und mit der Zeit unwirksam geworden waren. Die Untersuchung von Abhängigkeiten aus Dampfmenge und erzeugter Schallleistung ergab, dass die für ursprünglich mehr als 30 Tonnen Dampf/Stunde ausgelegte Anlage nur noch bei ca. 10 max. 20 Tonnen Dampf/Stunde betrieben wurde. Die früher abgeblasenen Dampfmengen werden heute zur Energierückgewinnung genutzt. Weitere Untersuchungen dienten dem Ziel, eine geeignete Maßnahme für die zu erzielende Lärmminderung zu erarbeiten. Da umfangreiche Messungen beim Beschwerdeführer nicht stattfinden sollten, wurden mithilfe einer speziellen Prognosesoftware umfangreiche,

5 frequenzabhängige Berechnungen durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Richtwirkung bei der Geräuschabstrahlung und der reflektierenden Flächen in der Umgebung, wurden aus den gemessenen Schalldruckpegeln Schalleistungspegel berechnet. Das Maximum liegt für alle Spektren bei der Terz von 160 Hz. Relevante Geräuschanteile unter 110 Hz, die zu den Belästigungen führen konnten, sind vorhanden. Es wurde anhand der gemessenen Pegel, der FFT-Spektren und dem subjektivem Höreindruck weder eine Impulshaltigkeit noch eine Tonhaltigkeit der Geräusche festgestellt. Die Belästigung bei geschlossenen Fenstern wies darauf hin, dass möglicherweise stehende Schallwellen durch Übereinstimmung von Wellenlängen mit den Abmessungen der Wohnräume, entstanden. Diese Wellenlängen liegen typischerweise zwischen 3 10 m und entsprechend im Frequenzbereich zwischen Hz. Lärmminderungsmaßnahmen mussten daher auf die Vermeidung tieffrequenter Geräusche an der Quelle abzielen. Als Beispiel für die an den betreffenden Immissionsorten zu erwartende Lärmbelastung kann das Terzspektrum des Beurteilungspegels L rn herangezogen werden, das für ein höher belastetes Haus im 4. Stock berechnet wurde. Wie auch bei der Quelle traten hier die höchsten Pegel um 160 Hz auf. Im berechneten Gesamtpegel ergab sich ein Immissionspegel L rn von 51 db(a). Die Überschreitung der Richtwerte und damit die Berechtigung der Beschwerde waren damit nachgewiesen. Von der Behörde wurde ein Pegel von 37 db(a) gefordert, der den Richtwert von 40 db(a) um 3 db unterschritt. Daher war eine Lärmminderung für das Terzfrequenzband um 14 db notwendig. Bezüglich der Lärmminderungstechnik wurde vorgeschlagen, eine mehrstufige Entspannung des Dampfes zu realisieren, um die lärmintensive Ausströmung bei Schallgeschwindigkeiten zu reduzieren. Ergänzend hierzu sollten die vorhandenen Kulissenschalldämpfer durch einen neuen ersetzt werden. Letztendlich kam eine speziell auf die Dampfmenge optimierte, mehrstufig wirkende Expansionskammer sowie ein angepaßter Kulissen-Schalldämpfer zum Einsatz.

6 Nach dem Austausch der Expansionskammer erfolgte eine messtechnische Überprüfung. Die ursprünglich problematischen niedrigen Frequenzen wurden kostensparend und effektiv um die geforderten Garantie-Pegel gemindert. Seit dem liegen keine Geräuschbeschwerden vor. Sägender Einzelton In der Nachbarschaft eines Faserzementwerkes führte ein mit den Jahren ansteigender Einzelton zu Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte. Schon der Höreindruck deutete auf ein gravierendes Lärmproblem hin. Als Ursache der Einzeltonabstrahlung wurden vom Auftraggeber drei Staubfilteranlagen angegeben. Mehrere Versuche des Betreibers, durch den Austausch von Lagern und diverser weiterer Verschleißteile das Geräuschproblem zu lösen, scheiterten. Der Klang des Einzeltones war nach dem subjektiven Höreindruck sehr unangenehm. Er war nach dem Höreindruck nicht direkt einem Drehklang oder der Schaufelpassierfrequenz der Ventilatoren zuzuordnen. Das Geräusch ähnelte eher einem Lagerdefekt oder einem technischen Defekt. Mit Hilfe von Luftschall- und Körperschallmessungen wurde festgestellt, dass zwei der drei baugleichen Filteranlagen die Ursache waren. Sowohl die Ventilatoren als auch die Filter der drei Anlagen waren zwar technisch einwandfrei, aber die Analyse der Luftschallmessungen hat ergeben, dass zwei Anlagen ca. 20 db(a) höhere Schallleistungspegel als die dritte baugleiche Anlage aufwiesen. Weitere Analysen zeigten, dass die Schalldämpfer keinerlei akustische Wirkungen mehr hatten. Befragungen ergaben, dass die lauteren beiden Filteranlagen mit zementhaltigen Stäuben befrachtet wurden. Die dritte Anlage filterte zementfreie Luft. Die Kulissenschalldämpfer waren in Verbindung mit Feuchtigkeit aus der umgebenden Luft über einen längeren Zeitraum allmählich zubetoniert und damit schallhart und ohne Wirkung.

7 Die Ursache für die besondere Störwirkung des sägenden Einzeltones war aufgrund geringfügig unterschiedlicher Betriebsbedingungen (Druckverhältnis, Schlupf, Fertigungstoleranzen) ein sehr geringer Drehzahlunterschied der beiden lauten Ventilatoren. Hierdurch entstand bei der Grundfrequenz der Schaufelpassierfrequenz eine Modulation, die ein An- und Abschwellen des Einzeltons erzeugte. Die Drehzahlabweichung führte bei den höheren Harmonischen des Einzeltons zu nichtharmonischen Verhältnissen, die besonders unangenehm und verstimmt klingen. Der Austausch der Kulissen gegen neue Kulissen mit einer akustisch transparenten Schutzfolie/Membrane sorgt für eine dauerhafte Wirkung der Schalldämpfer. Fazit: Wer die Ursache kennt, wird der Wirkung Herr! Autor: Dipl.-Ing. Arno Schällig KÖTTER Consulting Engineers ist ein spezialisiertes Ingenieurunternehmen mit anerkannten Spezialisten aus den Bereichen Bau- und Raumakustik und dem Immissionsschutz. Seit 25 Jahren werden sie außerdem mit Aufgabenstellungen der Industrie in den Bereichen Maschinenakustik und Maschinendynamik beauftragt. Von Rheine, Berlin und Dresden aus arbeiten das Unternehmen und seine Fachleute als staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz, als Meßstelle nach 26 BImSchG zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen von Geräuschen und Erschütterungen; und als Prüfstelle der Gruppe II für die Eignungs- und Güteprüfung gemäß DIN 4109.