Newsletter Arbeitsrecht Deutschland
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- Walther Diefenbach
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1 a newsletter from mannheimer swartling february 2014 Newsletter Arbeitsrecht Deutschland kontaktpersonen: Rechtsanwälte Dr. Christian Bloth, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Frankfurt (Editor) Alper Ardali, Frankfurt Rafael Hertz, Frankfurt Ulf Christoph Lohrum, LL.M, Berlin MannheimerSwartling mannheimer swartling frankfurt am main Bockenheimer Landstraße D Frankfurt am Main Tel: Fax: berlin Mauerstraße D Berlin Tel: Fax: stockholm Norrlandsgatan 21 Box 1711, Stockholm Tel: Fax: Editorial sehr geehrte damen und herren, unser erster Newsletter des Jahres 2014 behandelt schwerpunktmäßig Themen zum Kündigungs- und Diskriminierungsrecht, zu einer wichtigen Frage der Leiharbeit, aber auch Fragen des Arbeitsvertragsrechts, wie z. Bsp. Stichtagsregelungen in flexiblen Vergütungssystemen. Besonders möchten wir auf die Entscheidung des BAG hinweisen, das sich zur Frage äußert, ob mit dem Entleiher eines Arbeitnehmers ein Arbeitsverhältnis zustande kommt, wenn dieser nicht nur vorübergehend entliehen ist. Erstmalig hat auch das BAG zur Frage Stellung genommen, ob neben einer Kündigungsschutzklage auch Entschädigungsanspruch nach dem AGG in Betracht kommen, wenn die Kündigung auf diskriminierenden Gründen beruhte. Zur Kündigung eines Mitarbeiters in der Probezeit hat das Bundesarbeitsgericht im Falle einer HIV Infektion eines Mitarbeiters Stellung genommen und diese wegen Unbilligkeit für unwirksam erklärt. Für Ihre Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Beste Grüße aus Frankfurt, dr. christian bloth dieser newsletter erfolgt zu informationszwecken und nicht zur rechtsberatung. unter angabe der quelle dürfen die beiträge verbreitet und zitiert werden.
2 BAG zur Arbeitnehmerüberlassung: Nicht Vorübergehend ist trotzdem Nicht Für Immer Durch die hier besprochene Entscheidung des 9. Senat des BAG (Urteil vom 10. Dezember 2013 Az. 9 AZR 51/13) klärt das BAG auch wenn bisher nur die Pressemeldung ohne Begründung vorliegt eine in der Praxis und Literatur lange heftig diskutierte Frage (wir berichteten im Deutschen AnwaltSpiegel, Ausgabe 4 vom 20. Februar 2013, aus dem Bereich des Arbeitnehmerüberlassungsrecht). Streitpunkt war, ob eine Arbeitnehmerüberlassung, die entgegen dem in 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG verwandten Begriff vorübergehend dauerhaft erfolgt, die Rechtsfolge haben kann, dass durch einen solchen vermeintlichen Rechtsverstoß ein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiherbetrieb entstehen kann. sachverhalt Die Beklagte zu 1) war eine Krankenhausbetreiberin, deren einzige Gesellschafterin ein Landkreis ist. Die Beklagte zu 2) war eine 100-prozentige Tochter der Beklagten zu 1) und hatte eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte zu 2) stellte im Jahre 2008 den Kläger als IT-Sachbearbeiter ein. Dieser wurde dann als Leiharbeitnehmer in Einrichtungen der Beklagten zu 1) für einen längeren Zeitraum ohne absehbares Ende eingesetzt. Mit seiner Klage erstrebte der Kläger die Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis bestehe. Zur Begründung führte der Kläger an, dass er statt vorübergehend, dauerhaft überlassen worden sei und dies die Rechtsfolge zeitige, dass dadurch ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) entstünde, obwohl eine solche Rechtsfolge im AÜG für den Fall der nicht nur vorübergehenden Überlassung nicht vorgesehen sei. entscheidung Während das Arbeitsgericht in der ersten Instanz die Klage abwies, gab das LAG der Klage statt, das BAG entschied wie das Arbeitsgericht und wies die Klage ebenfalls ab. Gesetzlich vorgesehen ist eine vom Kläger begehrte Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiherbetrieb nur gemäß 10 Abs. 1 S. 1 AÜG in Fällen, in denen der Verleiherbetrieb nicht über die erforderliche Überlassungserlaubnis verfügt. Abgesehen davon, so dass BAG, kann diese Rechtsfolge nicht auf andere Verstöße über den Wortlaut des Gesetzes hinaus ausgedehnt werden. Für eine analoge Anwendung des 10 Abs. 1 S.1 AÜG fehle es an einer planwidrigen Lücke, denn der Gesetzgeber habe bei nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses angeordnet. Auch aus europäischem Recht folge eine derartige Auslegung nicht. Die Richtlinie 2008/104/EG gebe diese Rechtsfolge nicht vor. Die Festlegung wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen bei Verstößen gegen das AÜG obliege den Mitgliedsstaaten. Ob darüber hinaus tatsächlich ein Fall nicht nur vorübergehender Überlassung vorlag, hat der 9. Senat des BAG nicht entschieden, weil es dieser Entscheidung nicht bedurft habe. wertung Die Entscheidung kommt für viele Stimmen in der Literatur nicht überraschend. Sie bestätigt die Auffassung, dass Gerichte hier rechtlich gehindert sind, über den klaren Wortlaut und die Intention des Gesetzgebers hinaus die vom Kläger erstrebte Rechtsfolge gleichsam in das Gesetz einzufügen und damit die Grenze der zulässigen Auslegung zu überschreiten. In Abweichung zu dem hier entscheidenden 9. Senat des BAG sah dies der 7. Senat des BAG jedoch im Hinblick auf das Zustimmungsbedürfnis seitens des Betriebsrats zu einer Einstellung anders (wir berichteten in unserem Newsletter Ausgabe August 2013). Der 7. Senat stellte in diesem Fall, in dem ein Arbeitgeber Stammarbeitsplätze ausdrücklich dauerhaft durch Leiharbeitnehmer besetzen wollte, fest, dass eine dauerhafte Überlassung durch 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG verboten sei und somit der Betriebsrat zu Recht die Zustimmung zur Einstellung verweigert hatte. Dies ergebe sich aus ihrem Charakter als Rechtsnorm. Ansonsten verlöre die Regelung ihren Sinn als gesetzliche Norm, wenn sie keinerlei Bedeutung hätte. Interessant wird sein, ob in diesem Feld der Gesetzgeber ein greift. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 27. November 2013 sieht vor, den Begriff vorübergehend mit höchstens 18 Monaten zu begrenzen, wobei jedoch u. A. offen ist, ob bei einem Verstoß ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande kommt. alper ardali, alp@msa.se 2
3 BAG: Schadensersatz neben Kündigungsschutz bei diskriminierender Kündigung einer schwangeren Frau Grundsätzlich unterliegen Kündigungen in Unternehmen mit weniger als elf Mitarbeitern, sogenannten Kleinbetrieben, nicht dem Maßstab des 1 KSchG, bedürfen also keiner Rechtfertigung i. S. v. verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Gründe. Doch auch dann sind Kündigungen nicht schrankenlos möglich, wie das BAG nun im Anschluss an eine Entscheidung des Sächsischen LAG erneut bestätigt hat. Wird eine Kündigung in solchen Fällen treuwidrig aus willkürlichen oder sachfremden Motiven ausgesprochen, kann dies eine Kündigung unwirksam machen und dort, wo die gekündigte Person darüber hinaus auch noch im Sinne des 1 AGG diskriminiert wurde, kann zusätzlich ein Entschädigungsanspruch gem. 15 AGG gegeben sein. Das BAG bestätigt in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2013 (Az. 8 AZR 838/12), welche bisher nur als Pressemeldung vorliegt, dass Kündigungen im Kleinbetrieb nicht schrankenlos möglich sind, aber auch, dass anders als 2 Abs. 4 AGG vermuten lässt neben der Unwirksamkeit der Kündigung auch Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung möglich sind. In diesem Punkt nimmt das BAG erstmals Stellung. sachverhalt Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine schwangere Arbeitnehmerin, die zunächst Anfang Juli 2011 aus medizinischen Gründen einem Beschäftigungsverbot gem. 3 Abs. 1 MuSchG unterlag. Der Geschäftsführer der Beklagten sah dies offensichtlich nicht ein und forderte die Klägerin auf, trotz des Beschäftigungsverbots dennoch zu arbeiten. Am 14. Juli 2011 wurde festgestellt, dass die Leibesfrucht der Klägerin abgestorben war. Hierüber und über eine künstlich einzuleitende Fehlgeburt unterrichtete die Klägerin die Beklagte. Am selben Tag, dem 14. Juli, wurde ihr eine fristgemäße betriebsbedingte Kündigung zugestellt. Am 9. August 2011 sprach der Arbeitgeber nach Erhebung der Klage zudem eine weitere betriebsbedingte Kündigung, hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der vom 14. Juli, aus. Die Klägerin wandte sich zunächst vor dem Arbeitsgericht Zwickau, dann vor dem Sächsischen LAG gegen diese Kündigung und verfolgte zusätzlich einen Entschädigungsanspruch nach 15 AGG, da sie sich aufgrund ihrer Schwangerschaft in ihrem Geschlecht diskriminiert sah. entscheidung Das BAG, wie auch zuvor das sächsische LAG, gab der Klägerin recht. Das LAG hatte zuvor entschieden, dass die Kündigung aus dem Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit unwirksam sei. Zwar gelten bei Kleinunternehmen nicht die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit. Dennoch darf die Kündigung nicht auf willkürlichen und sachfremden Motiven beruhen. Verlangt wird ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Nicht nur, dass die Beklagte die Klägerin während der Mutterschutzzeit aufforderte weiterzuarbeiten, sie kündigte auch nur allein der Klägerin, was als ein Indiz gegen betriebsbedingte Gründe angesehen wurde, wie auch gerade, dass die Kündigung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Schwangerschaft erfolgte. Vor dem Hintergrund, dass zuvor die Arbeit der Klägerin bei der Beklagten so dringend gebraucht wurde, dass sie zur Missachtung des Beschäftigungsverbotes aufgefordert wurde, konnte die Beklagte mit ihrer Begründung, die Kündigung erfolge betriebsbedingt, nicht durchdringen. Auch Entschädigungsansprüche in Höhe von EUR des etwa dreifachen Bruttomonatsgehalts der Klägerin billigte das LAG. Das BAG urteilte zum Anspruch auf Entschädigung gem. 15 AGG, dass der Klägerin die beantragte Entschädigung in Höhe von EUR zustand, da die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft von der Beklagten diskriminiert worden sei. Das BAG begründet dies schon mit einem Verstoß gegen 9 MuSchG, der während der Schwangerschaft einen besonderen Kündigungsschutz gewährt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand vor Einleitung der künstlichen Geburt die Schwangerschaft noch. Dazu kommt der Versuch der Beklagten, die Klägerin zur Missachtung des Beschäftigungsverbotes zu bewegen. 3
4 wertung Das BAG und die Vorinstanz beleuchten hier gleich mehrere praxisrelevante Bereiche. Erstens wird wieder einmal beispielhaft verdeutlicht, wie wichtig ein ausreichend substantiierter Vortrag ist. Trotz des wegen der Nichtanwendbarkeit des KSchG einge schränktes Prüfungsprogramms scheitert die Begründung der Beklagten daran, dass sie es nicht vermocht hat, ausreichend konkret und nachvollziehbar darzustellen, dass und wie die Stelle der Beklagten entfallen sein soll und sieht sich somit dem allein verbleibenden Vorwurf der diskriminierenden Kündigung ausgesetzt. Zweitens zeigt dieses Beispiel auf, dass auch außerhalb der Prüfung einer Sozialwidrigkeit einer Kündigung nach dem KSchG Kündigungen gerade nicht schrankenlos ausgesprochen werden können, sondern gewisse Mindeststandards nicht unterschritten werden dürfen. Neben der Kündigung als solche, mag das Verhalten des Geschäftsführers während der Schwangerschaft sowie der gewählte Zeitpunkt der Kündigungszustellung sein Übriges dazu beigetragen haben. Drittens zeigt das BAG hier auf, dass neben der Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage in Fällen wie diesen durchaus daneben auch ein Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung gegeben sein kann. Dies war bisher umstritten. Die Einschränkung gem. 2 Abs. 4 AGG, wonach für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten, schließe einen solchen Anspruch laut BAG gerade nicht aus. Damit stellt das BAG klar, dass es Kündigungsschutz und einen Entschädigungsanspruch nach AGG in Fällen einer diskriminierenden Kündigung durchaus nebeneinander geben kann und die Einschränkung des 2 Abs. 4 AGG so zu verstehen ist, dass lediglich die Unwirksamkeit einer Kündigung allein nach den Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz zu bewerten ist. alper ardali, alp@msa.se Wartezeitkündigung wegen symptomloser HIV-Infektion Nach einem Urteil des BAG vom 19. Dezember 2013 (Az.: 6 AZR 190/12) ist eine symptomlose HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne von 1 AGG. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Wartezeit, langläufig Probezeit, des 1 KSchG, weil der Arbeitnehmer an dieser Infektion erkrankt ist, liegt in der Regel eine nach dem AGG verbotene Diskriminierung vor, wenn der Einsatz des Arbeitnehmers trotz der Infektion durch angemessene Vorkehrungen ermöglicht werden kann. sachverhalt Die Beklagte und Arbeitgeberin stellt intravenös zu verabreichende Arzneimitteln zur Krebsbehandlung her. Der Arbeitnehmer und Kläger wurde als Chemisch-Technischer Assistent eingestellt, um Arbeiten im Reinraum zu verrichten. Zu Beginn der Tätigkeit wies der Kläger den Betriebsarzt auf seine Infektion hin. Der Arzt hatte Bedenken gegen den Einsatz des Klägers im Reinraum. Nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht wies der Arzt die Beklagte auf die Infektion des Klägers hin. Am gleichen Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Sie könne den Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzen, denn Arbeitnehmer mit Erkrankungen jedweder Art dürften im Fertigungsbereich nicht beschäftigt werden. Der Arbeitnehmer hielt die Kündigung für unwirksam, weil sie ihn wegen einer Behinderung diskriminiere. Außerdem verlangte er eine Entschädigung nach 15 Abs. 2 AGG wegen eines immateriellen Schadens. Das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg wiesen die Klage ab. 4
5 das urteil des bag Das BAG hat das Berufungsurteil des LAG Berlin-Brandenburg im Revisionsverfahren aufgehoben. Es geht von einer Behinderung i.s.v. 1 AGG aus: Eine Behinderung liege vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, beeinträchtigt werden könne. Ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt sei, sei in diesem Sinne behindert. Auch chronische Erkrankungen können zu einer Behinderung führen. Die gesellschaftliche Teilhabe von HIV-Infizierten sei typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen seien. Kündige der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines solchen Arbeitnehmers in der gesetzlichen Wartezeit des 1 KSchG wegen der HIV-Infektion sei die Kündigung im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen könne. Die Kündigung benachteilige den Kläger unmittelbar im Sinne des 3 Abs. 1 AGG, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung stehe. Zur weiteren Aufklärung hat das BAG die Sache an das LAG zurückverwiesen. Es müsse noch geklärt werden, ob die Beklagte den anderweitigen Einsatz des Klägers durch angemessene Vorkehrungen hätte ermöglichen können. In diesem Fall sei die Kündigung unwirksam. Ob dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach 15 Abs. 2 AGG zustehe hänge davon ab, ob die Kündigung wirksam ist. praxishinweis Ist die Beschäftigung eines an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankten Arbeitnehmers aus bestimmten Gründen nicht möglich, sollte der Arbeitgeber vor einer Kündigung stets untersuchen und dokumentieren, ob eine Tätigkeit in einem anderen Bereich möglich ist. Sollte eine anderweitige Beschäftigung auf den ersten Blick nicht möglich sein, muss der Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen treffen, um eine Beschäftigung des Erkrankten zu ermöglichen. Das Gericht führt nicht näher aus, was es unter angemessenen Vorkehrungen versteht. Daher ist im Einzelfall festzustellen, welche Belastungen der Arbeitgeber durch die Weiterbeschäftigung zu erwarten hat. Um einem derartigen Konflikt zu entgehen, ist zu erwägen, ob der Arbeitgeber den Bewerber fragt ob er an einer Behinderung leide. Das sogenannte Fragerecht des Arbeitgebers kann sich jedoch auch auf Behinderungen erstrecken, wenn Personen mit einer Behinderung für den konkreten Arbeitsplatz ungeeignet sind, d.h. wenn das Fehlen der Behinderung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit ist. Bei der Fertigung von intravenös zu verabreichenden Arzneimitteln kann die Gefahr betsehen, dass Krankheitserreger die Medikamente verunreinigen. Wenn dies so ist, ist das Fehlen einer infektiösen Erkrankung welcher Art auch immer wohl eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung. Die Frage nach einer infektiösen Erkrankung wäre somit im konkreten Fall zulässig gewesen. robert brockhaus, mannheimerswartling arbeitsrechts-news@msa.se 5
6 Altersdiskriminierung durch Staffelung der Kündigungsfristen nach Dauer der Betriebszugehörigkeit einleitung Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen sind in 622 BGB geregelt. Die Frist für eine Kündigung durch den Arbeitgeber wird durch die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bestimmt, 622 Abs. 2 BGB: Je länger der Arbeitnehmer in dem jeweiligen Betrieb tätig war, desto länger ist die Kündigungsfrist. Eine Arbeitnehmerin sah in dieser Regelung eine nach dem AGG und der EU-Richtlinie 2000/78 ungerechtfertigte Altersdiskriminierung, da langjährig beschäftigte Arbeitnehmer naturgemäß älter sind als Arbeitnehmer mit kürzerer Betriebszugehörigkeit. sachverhalt Die Klägerin war als Arbeitnehmerin weniger als fünf Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich am 20. Dezember 2011 gemäß 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB zum 31. Januar Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin ihre Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Juli 2012 fortbesteht, mithin die höchstmögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten gelte (s. 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB). das urteil des lag hessen vom 13. mai 2013 az. 7 sa 511/12 In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht Gießen entschieden, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten wirksam zum 31. Januar 2012 beendet worden. Die Regelung des 622 Abs. 2 S. 1 BGB verstoße weder gegen 1 und 2 AGG noch gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Eine mittelbare Diskriminierung sei zwar denkbar, weil eine 28-jährige Arbeitnehmerin denklogisch nicht in den Genuss der höchstmöglichen Kündigungsfrist von sieben Monaten kommen kann. Diese Ungleichbehandlung erfolge jedoch nicht wegen des Alters, sondern knüpfe an die persönliche Bindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber an, die mit zunehmender Beschäftigungsdauer immer enger werde und deshalb eine immer längere Vorwarnfrist im Falle einer Kündigung erfordere. Die Klägerin hatte dagegen vorgetragen, dass auch jüngere Arbeitnehmer eine ausreichende Vorwarnfrist benötigten, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren. Insbesondere würden mit der Staffelung der Kündigungsfristen keine rechtmäßigen Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung verfolgt (vgl. Erwägungsgrund (25) EU- Richtlinie 2000/78). Das Dienstalter sei zwar bei der Bestimmung der Entgelthöhe ein zulässiger Faktor, er könne aber nicht für die Differenzierung der Kündigungsfristen herangezogen werden. Das LAG Hessen bestätigte das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis wie auch in der Begründung. Es ergänzte, dass das deutsche Arbeitsrecht regelmäßig an den längeren Bestand eines Arbeitsverhältnisses bestimmte Rechtsfolgen knüpfe. Wie die Klägerin selbst vorgetragen habe sei eine dienstalters bezogene Staffelung bei der Vergütung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt. Auch bei der Bemessung von Abfindungen gemäß 9, 10 KSchG wird neben dem Lebensalter auf die Beschäftigungsdauer Bezug genommen. Zudem wird die Betriebszugehörigkeit bei Sozialplänen i.s.d. 112 BetrVG berücksichtigt. In diesen Fällen kommen jüngere Arbeitnehmer naturgemäß seltener als ältere Arbeitnehmer in den Genuss höherer Zahlungen oder besserer Leistungen Die Staffelung der Kündigungsfristen entspreche dem allgemeinen Prinzip des sich mit der Dauer eines Arbeitsverhältnisses verstärkenden Bestandsschutzes. Dabei gehe es nicht nur um die persönliche Bindung an das Arbeitsverhältnis, sondern auch um langfristige Dispositionen des Arbeitnehmers, wie z.b. die den persönlichen Wünschen entsprechende Gestaltung der Wohnsituation. Die natürlichen Folgen einer längerfristigen Bindung an einen Arbeitsvertrag führten dazu, dass eine Umorientierung in Richtung einer anderen Beschäftigung ebenso wie die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber erschwert würden. Andererseits liefe es einer sinnvollen Beschäftigungspolitik zuwider, wenn bereits zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses sehr lange Kündigungsfristen gölten, da diese 6
7 durchaus als Einstellungshindernis angesehen werden müssten. Daher sei eine etwaige, mittelbare Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch rechtmäßige Ziele i.s.v. Erwägungsgrund (25) EU-Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt. Zudem sei die Staffelung der Kündigungsfristen eine objektive, angemessene und durch ein objektives Ziel gerechtfertigte Maßnahme i.s:d. 10 Satz 1 AGG. praxishinweis Die Klägerin hat beim BAG Revision eingelegt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Revision Erfolg hat, wenn man bedenkt, dass das BAG in Anknüpfung an die Rechtsprechung des EuGH beschäftigungspolitische Erwägungen als Rechtfertigung für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei unmittelbarer Anknüpfung an das Lebensalter, wie dem regelmäßigen Pensionsalter, zulässt. Allerdings sicher ist eine solche Prognose auch nicht, wenn das letzte Wort durch den EuGH gesprochen werden sollte. robert brockhaus, mannheimerswartling arbeitsrechts-news@msa.se Für den Arbeitnehmer extrem vorteilhafter Arbeitsvertrag ist bei Vortäuschung besonderer Beziehungen anfechtbar Täuscht ein Bewerber gute Beziehungen zu wichtigen möglichen Vertragspartnern des Arbeitgebers vor und kommt es deshalb zum Abschluss eines für den Arbeitnehmer extrem günstigen Arbeitsvertrags, so kann sich der Arbeitgeber durch Anfechtung vom Arbeitsvertrag lösen, wie jetzt ein Urteil des LAG Schleswig- Holstein vom (1 Sa 50/13) feststellt. sachverhalt Die beklagten Eheleute hatten vor 20 Jahren einen großen Lottogewinn gemacht, worüber seinerzeit in den Medien berichtet worden war. Die Ehefrau schreibt jetzt Kinderbücher. Der Kläger nahm Kontakt zu den Beklagten auf und bot an, für sie als Vertriebsmanager tätig zu werden. Dabei suggerierte er, über wichtige Kontakte zu verfügen. Daraufhin kam es zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Dieser sah u.a. vor, dass der Kläger ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt wird, sein Monatsgehalt Euro bei 13 Monatsgehältern beträgt, er zusätzlich eine Gewinnbeteiligung erhält, der Vertrag sich um zwei Jahre verlängert, wenn er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird, der Kläger vor Dienstantritt unkündbar ist und dem Kläger eine Abfindung i.h.v Euro zusteht, wenn der Arbeitsvertrag gleich aus welchen Gründen aufgehoben wird. Nachdem der Kläger einen geänderten Arbeitsvertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Beklagten den ursprünglichen Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht. Das Arbeitsgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das LAG diese Entscheidung auf und wies die Klage ab. entscheidung Die Beklagten haben nach Auffassung des LAG den Arbeitsvertrag mit dem Kläger wirksam wegen arglistiger Täuschung ( 123 BGB) angefochten, so dass der Vertrag hinfällig war. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Beklagten arglistig vorgetäuscht habe, Chefeinkäufer bekannter Handelsmarken persönlich zu kennen und beste Beziehungen zu einem führenden Kinderbuchverlag zu haben. Nur so ließe sich das Zustandekommen des aus Sicht des Klägers extrem günstigen Arbeitsvertrags erklären. Der Vertrag sei so außerordentlich einseitig im Interesse des Klägers ausgestaltet, dass ein vernünftiger oder auch nur durchschnittlich begabter Arbeitgeber ihn in keinem Fall unterzeichnet hätte. Aber auch ein einfacheres Gemüt, wie das Gericht es den Beklagten nach deren Auftritt in der mündlichen Verhandlung attestierte, hätte ohne die von den Beklagten behaupteten besonderen Zusicherungen des Klägers über seine guten Kontakte und den Erfolg der Vermarktung diesen Vertrag nicht unterzeichnet. rüdiger danowski, mannheimerswartling arbeitsrechts-news@msa.se 7
8 Flexible Vergütungssysteme und Stichtagsregelungen Es liegt im ureigenen Interesse des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter durch leistungsorientierte Vergütungssysteme zu einer besonders effizienten Arbeitsleistung zu motivieren, also nicht nur reine Tätigkeit zu vergüten. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte wirkt Entwicklungen dieser Art jedoch seit vielen Jahren entgegen und schränkt dabei die Freiheit der Arbeitgeber bei der Gestaltung solcher flexibler Vergütungssysteme kontinuierlich ein, sofern diese an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem gewissen Zeitpunkt anknüpfen. Seit dem Jahre 2011 hatte das Bundesarbeitsgericht gleich mehrfach zu Stichtagsregelungen Stellung bezogen. Im Zentrum der Diskussion steht dabei stets mal mehr oder weniger deutlich die Frage, ob die jeweilige Vergütungsregelung einen unverhältnismäßigen Eingriff in Berufsfreiheit des Arbeitnehmers darstellt, was der Fall sein kann, wenn einem Arbeitnehmer eine bereits verdiente Arbeitsvergütung wieder entzogen wird bzw. der Anspruch nicht entsteht weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beenden möchte (BVerfG, Urteil vom BvR 1341/90 zur Berufsfreiheit; BAG, Urteil vom AZR 412/09 zur Unwirksamkeit einer sog. Stichtagsregelung). Maßgebliches Kriterium, ob eine Regelung, die an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt anknüpft, wirksam ist, ist dabei der jeweilige Charakter der Sonderzahlung. Sofern ein gesonderter Vergütungsbestandteil von dem Erreichen persönlicher Ziele oder dem Unternehmenserfolg abhängig ist, geht man davon aus, dass es sich dabei um eine unmittelbare Gegenleistung für die von dem Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung handelt. Die darauf entfallende Sonderzahlung hat dann einen reinen Vergütungscharakter und ist von bloßen anlass- oder stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen zu unterscheiden (BAG, Urteil vom AZR 412/09), wie z. B. eine Weihnachtsgratifikation. Gewährt ein Arbeitgeber eine Gratifikation aus verschiedenen Gründen, d.h. anlass- und stichtagsbezogen, jedoch auch als Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit, bezeichnet die Rechtsprechung dies als eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Diese beurteilt die Rechtsprechung wie in einer Entscheidung des BAG vom 13. November 2013, 10 AZR 848/12, zum Ausdruck kommt, nach den Regelungen, die auch auf Vergütung für Arbeitsleistungen Anwendung finden. Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit von sog. Stichtagsklauseln in Frage gestellt, sofern diese auf einen Zeitraum außerhalb des bonusrelevanten Bezugsraums abstellten (z.b. Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers, wenn dieser vor dem 31. März des Folgejahres das Arbeitsverhältnis kündigt). Diese Entscheidungen hatten allesamt gemein, dass der jeweils streitgegenständlichen Sonderzahlung entweder reiner Vergütungscharakter oder zumindest Mischcharakter zugesprochen wurde (vgl. auch BAG, Urteil vom AZR 612/10). Offen blieb in diesem Zusammenhang lediglich noch die Frage, ob eine Stichtagsklausel wirksam vereinbart werden kann, wenn sie sich auf einen Bestand des Arbeitsverhältnisses innerhalb des laufenden Geschäftsjahres bezieht, also das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt ist. Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr mit seinem Urteil vom 15. November 2013 beantwortet. In dem zu Grunde liegenden Fall gewährte ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zum Jahresende eine als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt. Die Auszahlung dieser Gratifikation wurde an die folgenden 8
9 Voraussetzungen geknüpft: 1. Die Sonderzahlung wird ausgezahlt, wenn sich der jeweilige Mitarbeiter am des laufenden Jahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet; 2. Die Höhe der Sonderzahlung beträgt 1/12 des Bruttomonatsgehalts für jeden Kalendermonat in dem innerhalb des Bezugszeitraums eine bezahlte Arbeitsleistung erfolgte; 3. Sofern ein Mitarbeiter erst im Laufe des Jahres in das Unternehmen eingetreten ist, wird eine anteilige Sonderzahlung gewährt. Ein Mitarbeiter dieses Unternehmens kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2010 und beanspruchte sodann eine anteilige Sonderzahlung für dieses Jahr. Nachdem der Arbeitgeber die Zahlung unter Verweis auf die Voraussetzung 1 in vollem Umfang abgelehnt hatte, erhob der Mitarbeiter Zahlungsklage. Anders als die Vorinstanzen hat das Bundesarbeitsgericht der Klage stattgegeben und den Arbeitgeber zur Zahlung von 9/12 der Sonderleistung aus den folgenden Gründen verurteilt: Es handele sich bei dieser Regelung um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, da der Arbeitgeber sie aus zweierlei Motivation gewährt habe. Zum Einen wollte er seine Mitarbeiter dazu anhalten, über das laufende Jahr hinaus für ihn tätig zu sein (Voraussetzung 1). Demnach wollte er die Betriebstreue belohnen, da das Arbeitsverhältnis zum nicht gekündigt sein durfte. Zum Anderen stellte der Arbeitgeber die Sonderzahlung zu denjenigen Monaten in Bezug, in denen ein Mitarbeiter ein Gehalt bezogen hat (Voraussetzung 2). Daraus entnahm das Bundesarbeitsgericht den zweifelsfreien Hinweis auf einen Mischcharakter, da die Sonderzahlung zumindest auch als Gegenleistung für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde. Mit einer solchen Stichtagsregelung zum Jahresende würde einem Mitarbeiter jedoch der Anspruch auf die Vergütung für die von ihm bereits erbrachte Arbeitsleistung wieder entzogen. Dieses Vorgehen sei mit dem wesentlichen Grundgedanken des 611 BGB nicht vereinbar und benachteilige den Mitarbeiter zugleich unangemessen. Zeitgleich sei eine solche Stichtagsregelung unwirksam und der Mitarbeiter könne eine anteilige Sonderzahlung für die Zeitspanne der von ihm in diesem Jahr erbrachten Arbeitsleistung beanspruchen, hier also 9/12 eines Bruttomonatsgehalts. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt die Gestaltung flexibler Vergütungssysteme weiterhin. Möchte ein Arbeitgeber heute noch besondere Anreize für Betriebstreue, eine geringe Anzahl von Fehltagen o.ä. setzen, ist er darauf angewiesen, zusätzlich zu der geschuldeten Monatsvergütung einen oder vielleicht gleich mehrere neue Vergütungstöpfe einzuführen. Hierbei ist detailgenau darauf zu achten, dass in keiner Weise der Eindruck eines Entgeltcharakters erzeugt wird. Damit sind insbesondere zeitanteilige Berechnungen, die mit erbrachter Arbeitsleistung in Verbindung stehen, mit großer Vorsicht zu behandeln. Mischformen, die auf Arbeitsleistung und Betriebstreue aufbauen, sollten vermieden werden. Eine Lösung könnte darin liegen, solche Zahlungen für erbrachte Leistungen und Betriebstreue in verschiedenen Töpfen zu regeln, die unabhängig voneinander zur Auszahlung kommen, was allerdings zu höheren Vergütungen insgesamt führen kann. ulf c. lohrum, ucl@msa.se Angabe eines bestimmten Ortes für den Arbeitsbeginn im Arbeitsvertrag schließt eine spätere Versetzung nicht zwangsläufig aus Regelmäßig liegt es im Interesse des Arbeitgebers, möglichst flexibel hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten seiner Arbeitnehmer zu bleiben. Das betrifft die Tätigkeit an sich aber auch den Einsatzort. Aber wie wird diese Flexibilität etwa bei einer Verlegung des Betriebs oder Betriebsteils erreicht? Kann der Arbeitgeber den Arbeitsort kraft seines Direktionsrechts bestimmen oder bedarf es ggfls. einer Änderungskündigung? Die Rechtsgrundlagen für die Befugnis zur Änderung des Einsatzortes sowie deren Grenzen finden sich typischerweise im Arbeitsvertrag. Dort kann der Arbeitgeber sich das Recht vorbehalten, den Arbeitnehmer an verschiedenen Orten einzusetzen. Fehlt es an diesem Vorbehalt und wird ansonsten im Arbeitsvertrag lediglich von einem bestimmten Ort o.ä. gesprochen, gestalten sich Versetzungen an einen anderen Ort schwierig, da eine Änderungskündigung erforderlich wird, sollte eine Einigung mit dem Arbeitnehmer nicht möglich sein. Lediglich wenn eine vertragliche Regelung des Einsatzortes gänzlich fehlt, was sich nach der individuellen Formulierung im Arbeitsvertrag beurteilt, besteht ein weites Direktionsrecht nach 106 GewO. Das BAG musste sich hier mit der Frage auseinandersetzen, ob die Bestimmung eines Orts im Arbeitsvertrag, an dem die Arbeitsaufnahme anfänglich erfolgen sollte, eine spätere Änderungen des Orts der Arbeitsleistung kraft Direktionsrecht ausschließt (Urteil vom 28. August AZR 569/12). 9
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