Anhang zu C. Pflichten und Haftung/ 1.1. Einlagenrückgewähr: Überblick und aktuelle Entwicklungen
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1 Anhang zu C. Pflichten und Haftung/ 1.1. Einlagenrückgewähr: Überblick und aktuelle Entwicklungen WS 2011/2012 Dr. Ulla Reisch 1
2 Ausgewählte Fragen zur Einlagenrückgewähr 1 Allgemeines 1 Begriffsdefinitionen 2 Erfasste Personen 3 Rechtsfolgen bei Verstößen 2 Ausschüttungsverbot 3 Verdeckte Gewinnausschüttungen 4 Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters 5 Finanzierung im Konzern, Cashpooling 6 Aquisitionsfinanzierung 2
3 1. Allgemeines Interessen der Bank an Besicherung ordnungsgemäßes Zustandekommen (d.h. gesetzeskonform) Gefahr: Nichtigkeit, mangelnde Durchsetzbarkeit Anfechtungsfestigkeit nach IO, AnFO Gefahr: Anfechtbarkeit 3
4 1. Allgemeines Sachverhalt Dr. P. Holding = KN 100 % Geschäftsanteile Dr. P. GmbH Dr. P. Holding kann verschiedene Rechtsformen haben, bzw natürliche Person sein Dr. P. GmbH ist eine Kapitalgesellschaft GmbH, AG (Stiftung) 4
5 1. Allgemeines - Begriffsdefinitionen verbotene Einlagenrückgewähr Vgl 82 Abs 1 GmbHG u. 52 AktG 52 AktG: Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den Bilanzgewinn, der sich aus der Jahresbilanz ergibt, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung ausgeschlossen ist. Als Rückgewähr von Einlagen gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien ( 65, 66) 5
6 1. Allgemeines - Begriffsdefinitionen verbotene Einlagenrückgewähr 82 Abs 1 GmbHG (1) Die Gesellschafter können ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. (2) Die Verteilung des Bilanzgewinns erfolgt in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen. (3) Zinsen von bestimmter Höhe dürfen für die Gesellschafter weder bedungen noch ausbezahlt werden. (4) Für wiederkehrende Leistungen, zu denen die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage neben den Stammeinlagen verpflichtet sind ( 8), darf nach Maßgabe der im Gesellschaftsvertrage festgesetzten Bemessungsgrundsätze eine den Wert dieser Leistungen nicht übersteigende Vergütung ohne Rücksicht darauf bezahlt werden, ob der Jahresabschluss einen Reingewinn ergibt. (5) Wird den Geschäftsführern oder dem Aufsichtsrate in der Zeit zwischen dem Schlusse des Geschäftsjahres und der Beschlussfassung der Gesellschafter über den Jahresabschluss bekannt, dass der Vermögensstand der Gesellschaft durch eingetretene Verluste oder Wertverminderungen erheblich und voraussichtlich nicht bloß vorübergehend geschmälert worden ist, so ist der nach der Bilanz sich ergebende Gewinn in einem der erlittenen Schmälerung des Vermögens entsprechenden Betrage von der Verteilung ausgeschlossen und auf Rechnung des laufenden Geschäftsjahres zu übertragen. 6
7 1. Allgemeines - Begriffsdefinitionen verbotene Einlagenrückgewähr Gesellschafter können ihre Einlage nicht zurückfordern (Ausschüttungsverbot); haben nur Anspruch auf Ausschüttung des Bilanzgewinns im Rahmen einer formellen Gewinnausschüttung Gebunden ist das gesamte Vermögen, nicht nur jenes das zur Abdeckung des Grund- oder Stammkapitals erforderlich ist Grundsatz der Kapitalerhaltung: Stamm- bzw Grundkapital soll als dauernder Grundstock vor Schmälerungen durch die Gesellschafter abgesichert werden, um die Befriedigungschancen von Gesellschaftsgläubigern zu wahren. Gesetzeszweck des Verbots der Einlagenrückgewähr ist der Schutz der Aktionäre Gesellschafter va der Minderheitsgesellschafter die in ihren Vermögensinteressen verkürzt werden könnten, ferner der Gläubigerschutz (einschließlich des Staates als Abgabengläubiger) und der Schutz potenzieller Anleger auf dem Kapitalmarkt. 7
8 1. Allgemeines - Begriffsdefinitionen verdeckte Gewinnausschüttung Begriff stammt aus dem Steuerrecht bezeichnet einen Vorteil, den die Gesellschaft einem Gesellschafter nur aufgrund seiner Gesellschafterstellung zuwendet, den sie aber einem fremden Dritten nicht gewähren würde wird steuerrechtlich nicht als Betriebsausgabe anerkannt wird unternehmensrechtlich idr als verbotene Einlagenrückgewähr behandelt 8
9 1. Allgemeines erfasste Personen Das Ausschüttungsverbot betrifft grundsätzlich nur Leistungen an Gesellschafter einer AG oder GmbH ( 82 GmbHG und 52 AktG) Das betrifft auch ehemalige und künftige Gesellschafter, wenn die Leistung in Hinblick auf ihre Gesellschafterstellung erfolgt - zb Abfindungen ausscheidender Gesellschafter oder - Besicherung des Erwerbspreises für einen Geschäftsanteil aus dem Gesellschaftsvermögen Beachte aber OGH (2 Ob 255/07p): das bei der GmbH geltende Verbot der Einlagenrückgewähr ist bei der GmbH & Co KG analog auf die KG im Verhältnis zu ihren Kommanditisten anzuwenden; der Rückersatzanspruch gem 83 GmbHG steht dabei der KG zu. 9
10 1. Allgemeines erfasste Personen Erfassung von Leistungen an Nichtgesellschafter, wenn eine Zurechnung dieser Leistung an den Gesellschafter erfolgen kann Voraussetzungen der Zurechnung im Detail noch umstritten Zurechnung kann erfolgen, - wenn dem Gesellschafter ein wirtschaftlicher Vorteil zufließt, dh der Gesellschafter mittelbar begünstigt wird, zb Gesellschafter wird durch die Leistung von einer Verbindlichkeit befreit Begünstigung einer Gesellschaft, an der der Gesellschafter mit einer höheren Quote als an der leistenden Gesellschaft beteiligt ist 10
11 1. Allgemeines erfasste Personen Wenn Leistung vom Gesellschafter in eigenem Interesse veranlasst wurde (vgl OGH wbl 2000/221, wbl 2004/93) Wann liegt Veranlassung im eigenen Interesse vor? - Wenn Leistung an dem Gesellschafter nahestehende Personen erfolgt Nahe Angehörige (im einzelnen strittig; keine ö Jud, vgl aber BGH ZIP 1992, 242) Konzernsachverhalte (im einzelnen strittig; genügt Eigenschaft als verbundenes Unternehmen oder kommt es auf konkrete Veranlassung an?) Leistung an den Treugeber des als Treuhänder fungierenden Gesellschafters (OGH SZ 51/148) Privatstiftung Zurechnung des Stifters? (wohl abhängig von konkreter Ausgestaltung der Stiftungserklärung) 11
12 1. Allgemeines Rechtsfolgen bei Verstößen Kapitalerhaltungsregeln schützen primär die Gesellschaft Rückgewähranspruch der Gesellschaft Im Konkurs Geltendmachung durch den MV Gesellschafter hat die Zahlung zurückzuerstatten ( 83 GmbHG, 56 Abs 3 AktG) Entfall der Rückerstattungspflicht für gutgläubig bezogene Gewinnanteile Gutgläubigkeit muss sich auf Rechtmäßigkeit des Gewinnausweises und die Auszahlung der Gewinne erstrecken Praktisch bedeutsam, wenn JA nichtig ist oder durch Anfechtung nachträglich beseitigt wird Verjährungsfrist für Ersatz- und Haftungsansprüche der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter: 5 Jahre ( 56 Abs 4 AktG, 83 Abs 5 GmbHG) In der Lit ist umstritten, ob bzw inwieweit angesichts der Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fallen, die fünfjährige Verjährungsfrist von der 30-jährigen Verjährungsfrist nach 1485 ivm 1472 ABGB verdrängt wird 12
13 1. Allgemeines Rechtsfolgen bei Verstößen Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen, sind gem 879 Abs 1 ABGB absolut nichtig Vgl 3 Ob 287/02f Nichtigkeit ist von Amts wegen zu beachten, auch im FBverfahren Nichtigkeit betrifft auch den Weisungsbeschluss, der den GF zu einer gegen das Ausschüttungsverbot verstoßenden Handlung anweist; vgl 3 Ob 287/02f Teil- oder Gesamtnichtigkeit? Vgl 7 Ob 142/07v (Abtretung von Geschäftsanteilen in Zusammenhang mit verbotener Gehaltszusage) Grundsatz: Reichweite der Nichtigkeitssanktion bestimmt sich nach dem Verbotszweck 13
14 1. Allgemeines Rechtsfolgen bei Verstößen Sind wesentliche Vertragsbestimmungen (Hauptpflichten) gesetzwidrig, ist der gesamte Vertrag nichtig Nichtigkeit von Nebenabreden bewirkt dann nicht Ungültigkeit des gesamten Geschäfts, wenn der Vertrag ohne diese Nebenabreden fortbestehen könnte Bei teilweiser Unerlaubtheit eines Rechtsgeschäfts ist die Gültigkeit des Vertrages zunächst nach dem Verbotszweck zu beurteilen, spricht dieser weder für noch gegen die Restgültigkeit ist auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen 14
15 1. Allgemeines Rechtsfolgen bei Verstößen Organmitglieder haften bei Verstößen gegen das Ausschüttungsverbot gem 25 GmbHG bzw 84 AktG Vgl insb 84 Abs 3 Z 1 AktG und 25 Abs 3 Z 1 GmbHG Keine Entlastung durch Zustimmung od Weisung der GV (vgl 3 Ob 287/02f) Ausfallhaftung der Mitgesellschafter Nur bei der GmbH ( 83 Abs 2 u 3 GmbHG), wenn die Erstattung von primär Haftenden (Leistungsempfänger od. ersatzpflichtigem GF) nicht erreicht werden kann Außenhaftung der Aktionäre Durchbrechung des Haftungsprivilegs ( 56 Abs 1 AktG): Gläubiger kann Aktionär in Höhe des zu unrecht Empfangenen direkt in Anspruch nehmen Keine entspr. Regelung bei der GmbH; allerdings Möglichkeit der Pfändung des Erstattungsanspruchs der GmbH geg. Gesellschafter 15
16 2. Ausschüttungsverbot Grundregel: Verboten sind alle Ausschüttungen an den Gesellschafter (jeder Vermögenstransfer an diesen) Zahlung ist jede vermögensmindernde Leistung auch Sachleistung, Verzicht o. Unterlassung, wo an sich pflichtgemäß ein Handeln der Kapitalgesellschaft geboten wäre. d.h. pflichtgemäß ist im Sinne des Grundsatzes der Kapitalerhaltung zu verstehen Zulässige Zahlungen und Leistungen: Gewinnverteilung Zulässige Einziehung von Aktien oder GmbH Geschäftsanteilen ordentliche Kapitalherabsetzung Sonderregelungen 16
17 2. Ausschüttungsverbot Ausnahme besteht insb für den jährlichen Anteil am Bilanzgewinn Voraussetzung hierfür ist ein im Jahresabschluss festgestellter Bilanzgewinn sowie die Einhaltung aller sonstigen förmlichen Voraussetzungen für eine Gewinnausschüttung Ist der JA nichtig oder wird der Feststellungsbeschluss nachträglich infolge einer Anfechtungsklage für nichtig erklärt, fehlt auch die Grundlage für die Ausschüttung Beachte auch 82 Abs 5 GmbHG: wenn zwischen Schluss des Geschäftsjahres und Beschluss über Feststellung des JA bekannt wird, dass der Vermögensstand der Gesellschaft durch Verluste oder Wertminderungen erheblich geschmälert ist, ist ein entsprechender Betrag des Bilanzgewinns auf Rechnung des laufenden Geschäftsjahres zu übertragen; im AktG besteht keine entsprechende Regel 17
18 2. Ausschüttungsverbot Das AktG ( 54a) gestattet unter gewissen Voraussetzungen auch Ausschüttung einer Halbjahresdividende bei der GmbH geht ha davon aus, dass Zwischenausschüttungen generell verboten sind Hier besteht nur die Möglichkeit, dem Ges unterjährig (zb über ein Verrechnungskonto) ein Darlehen auszuzahlen, das mit der nachfolgenden Dividende verrechnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die Darlehensvergabe dem Grundsatz der Fremdüblichkeit entspricht 18
19 2. Ausschüttungsverbot Unter das Ausschüttungsverbot fallen Zuwendungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Bilanz der Gesellschaft oder des Gesellschafters einen Niederschlag finden; zu unterscheiden sind offene Leistungen und im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen ( verdeckte Einlagenrückgewähr/Gewinnausschüttung ) Offene Leistungen Anders als im Steuerrecht keine Unterscheidung zwischen Rückgewähr der Stammeinlage und unzulässiger Gewinn-ausschüttung die Kapitalgesellschaft erbringt dem Aktionär/Gesellschafter eine einseitige Zuwendung, also wenn Kapital (Vermögenswerte) der KapGes abfließen, ohne dass ihr ein Gegenwert zukommt: Beispiele offener verbotener Ausschüttungen - Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvermögen 19
20 2. Ausschüttungsverbot Beispiele offener verbotener Ausschüttungen - Aktionär/Gesellschafter erhält ohne Rechtsgrund Zahlung - wenn die Zahlung aufgrund eines nichtigen Jahresabschlusses oder eines benötigten, aber fehlenden Gewinnverwendungsbeschlusses erfolgt - wenn die Auszahlung von Kapitalherabsetzungsbeträgen oder die Verteilung von Liquidationserlösen ohne Einhaltung der Vorschriften erfolgt - Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvermögen - Retournierung von Sacheinlagen OGH ecolex 2003/315: wird bei der Einbringung des Betriebs einer KG in die Komplementär GmbH das pos Verrechnungskonto des (ehemaligen) Kommanditisten als EK gewidmet, kann der nunmehrige GmbH- Gesellschafter nicht die Auszahlung des pos Saldos seines Verrechnungskontos verlangen 20
21 2. Ausschüttungsverbot - Auszahlung überhöhter Gründungskosten - In vielen Fällen der Rückgewähr der in bar geleisteten Stammeinlagen liegt tatbestandlich auch ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor Koppensteiner (GmbHR³ 10 Rz 16) geht von einem Vorrang der Kapitalaufbringungsregeln nach 10 Abs 3 GmbHG aus, wenn die Einlageverpflichtung als nicht erbracht anzusehen ist. Das hat insb Auswirkungen auf die Verjährung, da für die Stammeinlageverpflichtung jedenfalls die 40- jährige Frist gilt 21
22 3. Verdeckte Einlagenrückgewähr Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sind grundsätzlich zulässig Aber: Leistung der Gesellschaft muss Wert der Gegenleistung entsprechen bzw einem Fremdvergleich standhalten: OGH 6 Ob 288/99t: Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, der den Gesellschafter aufgrund des Gesellschafts-verhältnisses zulasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt Verdeckte Einlagenrückgewähr: Vorteil, den die Gesellschaft einem Gesellschafter nur aufgrund seiner Gesellschafterstellung zuwendet, aber einem Dritten nicht gewähren würde. Rechtliche Grundlage findet sich in 55 AktG und 82 Abs 4 GmbHG: Für satzungsmäßig verankerte Verpflichtungen zu wiederkehrenden Leistungen darf gewinnunabhängig ein angemessenes Entgelt bezahlt werden 22
23 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr Beurteilung der Zulässigkeit Durchführung eines Fremdvergleichs; Kontrollfrage: Wäre das Geschäft mit einem außenstehenden Dritten ebenso abgeschlossen worden? 1. Prüfungsschritt: objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung? - Es ist auf die effektive Verringerung des Vermögens und nicht auf eine rein bilanzielle Betrachtung abzustellen. Für die Bewertung kommt es daher nicht auf den Buchwert, sondern den Verkehrswert der betreffenden Vermögensgegenstände an - Die Gesellschaft muss für von ihr an den Gesellschafter erbrachte Leistungen ein angemessenes Entgelt einschl der üblichen Gewinnspanne verlangen. Eine Leistung zu Selbstkosten ist nur in betrieblich gerechtfertigten Fällen zulässig (bei Kapazitätsüberschüssen etwa) 23
24 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr - Für die Praxis ist in Zweifelsfällen anzuraten, dass vorweg ein Bewertungsgutachten eingeholt wird, um für spätere Streitfälle eine entspr Beweisgrundlage für die Angemessenheit des Wertes zu haben (wichtig ist dies va bei nicht leicht feststellbaren Werten wie Unternehmens(teile), Betriebe und Beteiligungen) - Ein allfälliger Irrtum des Gesellschafters über Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung ist irrelevant OGH (6 Ob 288/99t): Bei Vorliegen eines objektiven Missverhältnisses spricht eine Vermutung für das Vorliegen einer Begünstigung der Gesellschafter und damit einer verbotenen Einlagenrückgewähr ; Der OGH will allerdings den Gegenbeweis zulassen, dass das Geschäft auch ohne das Vorhandensein der gemeinsamen Gesellschafter genauso zustande gekommen wäre, oder dass dennoch eine betriebliche Rechtfertigung aus Sicht der GmbH gegeben ist. 24
25 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr 2. Prüfungsschritt: hätte ein sorgfältiger Geschäftsführer das fragliche Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen? - Der Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Geschäftsführers stellt einen zusätzlichen Filter dar, wobei hier alle aus Sicht der Gesellschaft für den konkreten Geschäftsabschluss sprechenden Umstände in die Beurteilung miteinfliessen können - Es gibt idr nicht nur eine angemessene Bewertung, sondern eine gewisse Bandbreite; auch Dritte erhalten nicht immer dieselben Konditionen; der Bewertungsspielraum ist enger bei Bestehen von Marktpreisen, weiter etwa bei Unternehmen oder Managergehältern 25
26 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr 3. Prüfungsschritt: liegt eine betriebliche Rechtfertigung aus Sicht der Gesellschaft vor? - OGH 6 Ob 271/05d: Eine verdeckte Einlagenrückgewähr kann auch damit gerechtfertigt werden, dass besondere betriebliche Gründe im Interesse der Gesellschaft vorliegen, wenn dies nach der Formel des Fremdvergleichs dahin gedeckt ist, dass das Geschäft, das mangels objektiver Wertäquivalenz ein Vermögensopfer der Gesellschaft bedeutet, auch mit einem Außenstehenden geschlossen worden wäre. - Beispiele für betriebliche Rechtfertigungen: T1 und T2 sind Schwestergesellschaften. T1 produziert die Waren, T2 vertreibt diese. Hier kann es im betrieblichen Interesse von T1 liegen, dass T2 fortbestehen bzw den Vertrieb optimieren kann (oder auch umgekehrt), und dies kann eine Finanzierungshilfe von T1 an T2 rechtfertigen 26
27 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr Eine gemeinsame Kreditaufnahme im Konzern durch eine Gesellschaft optimiert die Konditionen und ermöglicht es, dass jeweils die Gesellschaft, die konkreten Finanzbedarf hat, die Mittel erhält Festzuhalten ist, dass der Gesellschaft aus dem Rechtsgeschäft selbst konkretisierbare Vorteile erwachsen müssen, damit betriebliche Rechtfertigung vorliegt Auf subjektive Kriterien (Umgehungs- oder Begünstigungsabsicht etwa) kommt es nach ha nicht an 27
28 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr Anwendungsfälle verdeckter Einlagenrückgewähr: Überhöhtes Geschäftsführergehalt bzw. Pensionszusage Überhöhter Verkaufspreis oder Vermietungsentgelt bei Verkauf/Vermietung an die Gesellschaft Zu billiger Ankauf/Anmietung durch den Gesellschafter Zinsenloses oder zu niedrig verzinstes Darlehen an den Gesellschafter; Darlehen an den Gesellschafter ohne ausreichende Bonität oder ohne genügende Absicherung Verrechnung überhöhter Lizenzgebühren durch den Gesellschafter oder im Konzern Unangemessene Konzernverrechnungspreise Unangemessene (nicht durch konkrete Leistungen gerechtfertigte) Konzernumlage; bloße shareholder activities (Anteilsverwaltung und Wahrnehmung von Gesellschafterrechten) dürfen nicht verrechnet werden Schwarzgeschäfte Entziehung von Geschäftschancen (fraglich, ob nicht nur Verletzung Treuepflicht gegen über Gesellschaftern) 28
29 2. Verdeckte Einlagenrückgewähr Anwendungsfälle verdeckter Einlagenrückgewähr: Überlassung der Marke oder anderer Unternehmenskennzeichen der KapGes an ihren Gesellschafter ohne adäquate Gegenleistung die Einbringung von Werkleistungen durch die KapGes an ihren Gesellschafter zu einem Vorzugspreis die Einräumung einer unentgeltlichen Kaufoption von der KapGes an ihren Gesellschafter zur Übertragung des Geschäftsanteils der KapGes an einer Tochtergesellschaft an ihren Gesellschafter zu einem Kaufpreis der niedriger als der gemeine Wert des Geschäftsanteils ist die Übertragung von Vermögenswerten der KapGes an einen Treuhänder mit dem Auftrag, diese an die Gesellschafter der KapGes ohne Gegenleistung auszufolgen die Tragung von Privatausgaben der Gesellschafter durch die KapGes die Bezahlung von Verbindlichkeiten eines Gesellschafters oder einer Gesellschaft, an der der Gesellschafter beteiligt ist, durch die KapGes ohne ausreichenden Rechtsgrund, insbesondere bei Bezahlung des Kaufpreises für einen Geschäftsanteil, den ein Gesellschafter erwirbt, durch die KapGes selbst 29
30 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters GrundsatzE des OGH 4 Ob 2078/96h, Fehringer -Urteil B GmbH J AG 100% Fremdkapital Bank J GmbH 100% Hypothek nichtig? Liegenschaft 30
31 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters OGH 4 Ob 2078/96h: Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften kann auch in der Bestellung von Sicherheiten für Dritte am Gesellschaftsvermögen oder an Teilen davon für Forderungen gegen Gesellschafter liegen. Die Bestellung einer Sicherheit für eine Schuld des Gesellschafters ist zulässig, wenn die Gesellschaft eine angemessene Gegenleistung erhält, wie sie bei vergleichbaren Bankgeschäften üblich ist Anwendungsfälle: Gesellschafter nimmt einen Kredit auf; die GmbH räumt der Bank eine Sicherheit ein Die GmbH übernimmt eine persönliche Haftung (Bürgschaft, Schuldbeitritt, Garantie) Die GmbH übernimmt die Stellung als Mitkreditnehmer in Bezug auf eine für die Gesellschaft materiell fremde Verbindlichkeit (erhält keine Kreditmittel) 31
32 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters sind noch nicht abschließend geklärt, diskutiert werden folgende Kriterien: Bonitätsprüfung in Bezug auf den Kreditnehmer Angemessenes Entgelt (Avalprovision) - Der OGH (4 Ob 2078/96h) will bei Bestellung von Hypotheken ein außergewöhnlich hohes Entgelt verlangen; ansonsten stellt er auf eine bankübliche Avalprovision ab Betriebliche Rechtfertigung aus Sicht der Gesellschaft - Wichtig insb für Konzernfinanzierungsfälle; der Gesellschaft erwachsen aus der Sicherheitenbestellung selbst konkretisierbare Vorteile (Finanzierung von Vorhaben mit dem besicherten Darlehen, die auch der Gesellschaft zum Nutzen gereichen) 32
33 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters - OGH 6 Ob 271/05d: Das Vorliegen eines betrieblichen Rechtfertigungsgrundes kann auch bei Nichtvorliegen anderer Zulässigkeitsvoraussetzungen (etwa Avalprovision) eine Sicherheitenbestellung rechtfertigen. Vollwertigkeit des Regressanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter Prüfung der Kriterien anhand eines sog. beweglichen Systems : Für die Zulässigkeit der Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters müssen nicht alle genannten Kriterien erfüllt sein Hohe Anforderungen werden idr an die Bonität und die Werthaltigkeit des Regressanspruches gestellt Im Einzelfall ist aber wie sich aus OGH 271/05d ergibt auch eine Sicherheitenbestellung ohne angemessene Avalprovision denkbar, wenn etwa besondere Gründe betrieblicher Rechtfertigung vorliegen 33
34 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters Besicherung eines weitergeleiteten Kredits M gibt Kredit an T weiter, T besichert den Kredit von M bei der Bank: zulässig, weil materiell eigener Kredit Auswirkungen auf Dritte (Bank) Grundsätzlich richtet sich das Ausschüttungsverbot nur an Gesellschafter, keine Auswirkungen für Dritte Ausnahmen (OGH 4 Ob 2078/96h, 3 Ob 287/02f, 6 Ob 271/05d, 2 Ob 225/07p) - Bei Kollusion (Bank und Gesellschafter wirken bewusst zusammen, um Gesellschaft zu schädigen) - Bei sinngemäßer Anwendung der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht (dh für die Gültigkeit des gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßenden Geschäfts gegenüber dem Dritten (der Bank) kommt es auf die Schutzwürdigkeit des Dritten (der Bank) an; der Bank muss der Verstoß gegen die Einlagenrückgewähr bekannt gewesen sein od er muss für diese offenkundig gewesen sein) 34
35 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters Wann kann der Bank die Nichtigkeit des Sicherungsgeschäftes wegen Verstoßes gegen die Einlagenrückgewähr entgegengehalten werden? - OGH 4 Ob 2078/96h: - bereits bei grober Fahrlässigkeit Die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger müssen jedenfalls auch den Interessen jenes Kreditgebers vorgehen, der weiß, dass er den Kredit einem Gesellschafter gewährt, der damit einen Anteilskauf finanziert, und dass die Sicherheit am Gesellschaftsvermögen finanziert wird. Das gleiche muss auch für jenen Kreditgeber gelten, dem sich das Wissen geradezu aufdrängen muss, dessen Unkenntnis also auf grober Fahrlässigkeit beruht. 35
36 4. Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters - Erkundigungspflichten des Dritten Bank hätte sich darüber erkundigen müssen, ob die sicherheitsgebende Gesellschaft ein angemessenes Entgelt erhalten hat; sie kann sich aber auf nicht offenbar unrichtige Auskünfte der beteiligten Gesellschaften verlassen - OGH 6 Ob 271/05d: Sorgfaltsmaßstab für Banken wurde entscheidend reduziert: Eine allgemeine Erkundigungs- und Prüfpflicht der Bank besteht schon wegen der Komplexität des Fremdvergleichs nicht Eine Nachfrage ist nur dort zu fordern, wo sich der Verdacht einer unzulässigen Einlagenrückgewähr schon so weit aufdrängt, dass der Verdacht nahezu einer Gewissheit gleichkommt, etwa bei Anteilsübernahmen mit Fremdkapital (MBO) - Aber: OGH 2 Ob 225/07p bezieht sich wieder auf 4 Ob 2078/96h 36
37 5. Finanzierung im Konzern, Cash Pooling Problematische Konstellationen Kreditaufnahme durch die Mutter (M), Besicherung durch die Tochter (T) Kreditaufnahme durch eine Schwester (S), Besicherung durch eine andere Schwester (S1) Mitkreditnehmerschaft mehrerer Konzerngesellschaften (jede Gesellschaft haftet auch für die Ausnutzungen durch die anderen Gesellschaften) Kontoaufrechnungserklärungen Eigene Finanzierungsgesellschaft, die Finanzmittel aufnimmt und im Konzern weiterreicht Cash Pooling 37
38 5. Finanzierung im Konzern, Cash Pooling Unbedenklich ist der Fall, dass T einen Kredit aufnimmt, der von M besichert wird (aber 15, 16 EKEG) M einen Kredit aufnimmt und an T weiterreicht, die den Kredit auch besichert (aber Probleme wenn weitergereichte Mittel dem Eigenkapitalersatz unterliegen) Wenn eine betriebliche Rechtfertigung vorliegt - Vorteile für alle Gesellschaften durch günstigere Konditionen und mehr Flexibilität - Konkretes Interesse am Weiterbestand / der Expansion der anderen begünstigten Gesellschaft (OGH 6 Ob 271/05d) - Die betriebliche Rechtfertigung muss aus Sicht der die Sicherheit gewährenden Gesellschaft erfolgen; ein allgemeines Konzerninteresse ist nicht relevant 38
39 5. Finanzierung im Konzern, Cash Pooling Cash Pooling Effektives Cash Pooling: Positive Banksalden der Konzerngesellschaften werden über ein zentrales Konto ( Master Account ) abgeschöpft, von dem auch die negativen Salden abgedeckt werden. Das Master Account ist bei einer zentralen Gesellschaft (Master Company) angesiedelt, die insofern die Funktion einer konzerninternen Bank übernimmt. Fiktives Cash Pooling: Hier erfolgt keine tatsächliche Abdeckung der Banksalden durch die Master Company, die daher auch keine Finanzierungsfunktion übernimmt; es wird lediglich von der Bank für die Zwecke der Zinsberechnung eine fiktive Gesamtsaldierung vorgenommen. Beim fiktiven Cash Pooling ergeben sich in Hinblick auf das Verbot der Einlagenrückgewähr weniger Ansatzpunkte; zu achten ist lediglich darauf, dass Zinsvorteile und Zinsbelastungen korrekt auf die einzelnen Gesellschaften verteilt werden. 39
40 5. Finanzierung im Konzern, Cash Pooling effektives Cash Pooling und Einlagenrückgewähr: - Mittel dürfen nicht verschenkt werden; Weitergabe nur in Form von Darlehen (mit entsprechenden Rückzahlungsanspruch) zulässig - Bonitätsprüfung in Bezug auf Master Company bzw übrige Gesellschaften; zur laufenden Beurteilung der Bonität müssen entsprechende Mitsprache und Einsichtsrechte in der Cash Pooling Vereinbarung vorgesehen werden - Ausstiegsmöglichkeit bei Bonitätsverschlechterung - Korrekte Verrechnung von Soll- und Habenzinsen - Konkurrenz Ausschüttungsverbot Eigenkapitalersatz: Bei konzerninternen Darlehen kann es vorkommen, dass dieses Darlehen gleichzeitig gegen das Ausschüttungsverbot verstößt (aus Sicht der darlehensgebenden Gesellschaft) und dem Eigenkapitalersatz unterliegt (aus Sicht der darlehens-nehmenden Gesellschaft). Das Verhältnis beider Rechtsfiguren zueinander (unterschiedliche Rechtsfolgen!) ist ungeklärt und umstritten 40
41 6. Aquisitionsfinanzierung Der Erwerb von Anteilen an der Zielgesellschaft wird durch den Erwerber oder eine eigens dafür gegründete Erwerbsgesellschaft kreditfinanziert; die dafür erforderlichen Sicherheiten kommen von der Zielgesellschaft Dieser SV lag der E 4 Ob 2078/96h ( Fehringer ) zugrunde In solchen Konstellationen fehlt es idr an einer betrieblichen Rechtfertigung, womit nach einer Literaturmeinung (Karollus), die stets eine betriebliche Rechtfertigung verlangen will, die Zulässigkeit derartiger Transaktionen ausscheidet. Lässt man eine angemesssene Avalprovision und eine gute Bonität genügen, sind solche Transaktionen denkbar, wenn auch die Erwerbsgesellschaft nur in der Minderheit der Fälle eine für eine positive Bonitätsprüfung ausreichende Kapitalausstattung aufweisen wird. Beachte auch 66a AktG (Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs durch die Gesellschaft selbst); Verletzung begründet Haftungsansprüche gegenüber den Organen 41
42 6. Aquisitionsfinanzierung Im Fall einer späteren Verschmelzung der Zielgesellschaft mit der Erwerbsgesellschaft tritt nach Ansicht des OGH (4 Ob 2078/96h) durch die nachfolgende Verschmelzung keine Sanierung der zuvor unzulässiger Weise bestellten Sicherheit ein Anzuraten ist daher eine Neubegründung der Sicherheit nach der Verschmelzung 42
43 Anhang zu C. Pflichten und Haftung/ 1.1. Einlagenrückgewähr: Überblick und aktuelle Entwicklungen WS 2011/2012 Dr. Ulla Reisch 1
44 Ausgewählte Fragen zur Einlagenrückgewähr 1 Allgemeines 1 Begriffsdefinitionen 2 Erfasste Personen 3 Rechtsfolgen bei Verstößen 2 Ausschüttungsverbot 3 Verdeckte Gewinnausschüttungen 4 Besicherung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters 5 Finanzierung im Konzern, Cashpooling 6 Aquisitionsfinanzierung 2
45 1. Allgemeines Interessen der Bank an Besicherung ordnungsgemäßes Zustandekommen (d.h. gesetzeskonform) Gefahr: Nichtigkeit, mangelnde Durchsetzbarkeit Anfechtungsfestigkeit nach IO, AnFO Gefahr: Anfechtbarkeit 3
46 1. Allgemeines Sachverhalt Dr. P. Holding = KN 100 % Geschäftsanteile Dr. P. GmbH Dr. P. Holding kann verschiedene Rechtsformen haben, bzw natürliche Person sein Dr. P. GmbH ist eine Kapitalgesellschaft GmbH, AG (Stiftung) 4
47 1. Allgemeines - Begriffsdefinitionen verbotene Einlagenrückgewähr Vgl 82 Abs 1 GmbHG u. 52 AktG 52 AktG: Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den Bilanzgewinn, der sich aus der Jahresbilanz ergibt, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung ausgeschlossen ist. Als Rückgewähr von Einlagen gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien ( 65, 66) 5
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