Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismusspektrumstörungen und schweren Behinderungen
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- Rosa Sauer
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismusspektrumstörungen und schweren Behinderungen Kathrin Heinz (Heilpädagogin) Dr. Helga Schlichting (Förderschullehrerin)
2 Wahrnehmung und Wahrnehmungsstörungen bei Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen und/oder Autismusspektrumsstörungen Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen und Menschen mit Autismusspektrumsstörungen sind von einer Vielzahl von Störungen in ihrer Wahrnehmung betroffen Dabei können alle Ebenen der Wahrnehmung betroffen sein: Schädigungen der Sinnesorgane Beeinträchtigung der Reizweiterleitung Verarbeitungsprobleme im ZNS Dr. Helga Schlichting
3 Aus ihrer außergewöhnlichen Perspektive schildert Temple Grandin ihren zähen Kampf gegen die bizarren Symptome des Autismus: etwa das Unvermögen, ihre Bewegungen zu kontrollieren, die Besessenheit mit einer Beschäftigung, ihre Geräuschempfindlichkeit, die Überreiztheit ihres Nervensystems überhaupt, oder ihre anfängliche totale Unfähigkeit, mittels Sprache oder auch nur Körperkontakt eine Verbindung zur Außenwelt herzustellen - obwohl sie gerade dies sehnlichst wünschte.
4 Förderung der Körperwahrnehmung Angebote zur Körperwahrnehmung sind von Bedeutung, um einem betroffenen Menschen zu ermöglichen seinen Körper deutlicher zu spüren, dessen Ausdehnung, die Beziehung seiner Teile zueinander und Grenzen zu erfahren zu ermöglichen, die Grenze seiner Selbst zur Umwelt zu erkennen und damit das In- Kontakt- Kommen mit der Umwelt zu ermöglichen Kommunikation und Interaktion mit anderen Menschen zu ermöglichen genügend Körperinformationen zu bekommen, um zur Ruhe zu finden
5 Möglichkeiten der Förderung der Körperwahrnehmung Bestimmte Lagerungen/ Lageveränderungen: Nestlagerung Beschweren des Körpers mit Körnerkissen, Sandsäckchen, Kugeldecken, Sandwesten Beim An- und Ausziehen sowie beim Waschen soviel Wahrnehmungserfahrungen vermitteln, wie möglich Als Förderangebot: Körperteile bewusst machen durch Massagen mit der Hand, verschiedenen Materialien, Bällen, Materialbäder Dr. Helga Schlichting
6 Nestbau/Nestlagerung 2 Decken fest rollen, Lagerungsschlangen sind auch möglich Wulst fest unter den Körper stopfen, immer der Körperform angepasst Hohlräume (durch Skoliose, Hohlkreuz oder Kontrakturen entstehende) unterlagern Füße und Kopf ebenfalls durch Deckenrolle locker umlegen Den Betroffenen zudecken, um Geborgenheit und Wahrnehmungsganzheit zu ermöglichen In Seitenlage Kissen oder kl. Decken zwischen die Beine bringen, um Knochenreibung zu vermeiden
7 Wickeltechnik Arme mit eingewickelt oberhalb der Brust die Decken fest um Oberkörper und Arme wickeln, straff anziehen und unter den Körper schieben ganzkörperliche Wahrnehmung wird noch verstärkt und Geborgenheit vermittelt Arme nicht mit einwickeln Vorgehen, wie oben Arme unterlagern, damit diese nicht so tief liegen
8 Möglichkeiten der Förderung der somatischen Wahrnehmung Beim An- und Ausziehen sowie beim Waschen soviel Wahrnehmungserfahrungen vermitteln, wie möglich Konzepte: Berührungsregeln der Basalen Stimulation Pflegerisches Führen nach Affolter
9 Berührungsregeln aus dem Konzept der Basalen Stimulation Die Art der Berührung muss eindeutig sein, also: Vermeidung von allen oberflächlichen, streifenden, punktuellen, abgehackten und zerstreuten Berührungen Überhastete Arbeitsweisen vermeiden Berührung ruhig, mit flächig aufgelegter Hand deutlich beginnen und enden Vorüberziehend mit konstantem Druck arbeiten Den Kontakt halten Bei stark wahrnehmungsbeeinträchtigten Menschen: Möglichst nach allgemeiner Absprache mit allen Betreuenden eine Initialberührung (Beginn und Ende der pflegerischen Maßnahme immer mit die gleiche Berührung! ein Ritual entsteht und fördert das Wohlbefinden) einführen
10 Das pflegerische Führen im Affolter Konzept typische Alltagstätigkeiten für das pflegerische Führen beim An- und Auskleiden beim Waschen beim Windeln Wechseln beim Lagern und beim Transfer weitere
11 Durchführung des pflegerischen Führens Beim Anziehen bzw. Ausziehen werden die Kleidungsstücke über den Körper gestopft, d.h. Textilien werden mit deutlichem Druck und mit fühlbarer Intensität am Körper entlang bewegt und möglichst auch zwischen Körper und Unterlage durch gestopft Beim Waschen wird ein (rauer) Waschhandschuh und ein (raues) Handtuch benutzt und ebenfalls deutlich am Körper entlang bewegt bzw. zwischen dem Körper und der Auflagefläche durch gestopft Beim Lagern und Bewegen werden betroffene Menschen nicht vom Bett oder Liege aufgehoben, sondern gerutscht und geschoben, um ihnen möglichst viel Informationen über ihren Körper und ihre Unterlage bzw. deren Beziehungen zueinander zu vermitteln.
12 Durchführung des pflegerischen Führens Bei Menschen mit Autismusspektrumsstörungen ist es außerdem wichtig möglichst alle Abläufe zu ritualisieren Durchführung einer Handlung (z.b. Schuhe aus/anziehen) immer am gleichen Ort- diesen Ort für diese Tätigkeit markieren!!! Durchführung der Handlung in immer gleicher Abfolge Beginn und Ende der Handlung deutlich machen!!
13 Das pflegerische Führen- Selbsterfahrung Führen Sie ihren Partner pflegerisch beim Schuhe ausziehen Geben Sie deutliche Informationen, Fuß deutlich aufstellen, Schuh deutlich öffnen, Widerstände deutlich machen, Schuh zwischen Unterlage und Fuß durchstopfen Geben Sie nach jeder Was? Information eine Wo?- Information Wechseln Sie immer wieder die aktive Seite
14 Das Affolter Konzept Das Affolter Konzept mit seiner Idee des Führens in Alltagshandlungen kann Menschen dabei unterstützen ihren Körper, ihre Umwelt besser wahrzunehmen und Tätigkeiten zu erlernen.
15 Tätige Auseinandersetzung mit der Umwelt ist Grundlage für alle weiteren Wahrnehmungsleistungen und Lernprozesse
16 Methode des Führens in Alltagshandlungen Ziel: Vermittlung angemessener Spürinformationen Verbesserung und Ausweitung der Wurzelerfahrungen Befähigung zur besseren Alltagsbewältigung aufgrund der Auseinandersetzung mit alltäglichen Anforderungen: Vertraut werden, Kennen lernen der Umwelt und ihren Gegenständen, Handlungsverständnis, selbst Handlungen bzw. Teilschritte übernehmen, Problemlösen in der Alltagshandlung.
17 Arten des Führens Einfaches Führen- Führen mit den Händen Pflegerisches Führen- Führen mit dem gesamten Körper bzw. mit Körperteilen
18 Das einfache Führen typische Alltagstätigkeiten für das einfache Führen: Essen und Trinken geführtes Essen Waschen, Zahnpflege, Eincremen Zubereitung von Mahlzeiten: Durchbrechen einer Banane, Schneiden einer Banane, Eingießen von Tee in eine Tasse Tisch decken Öffnen einer Tür Etwas aus einem Schrank nehmen Sich anziehen bzw. ausziehen
19 Gespürte Interaktion Gespürte Interaktion ist die wechselseitige Aktivität zwischen Person und Umwelt Dies ermöglicht Erkenntnisse über das, was geschieht und gibt Informationen über die Position des Körpers innerhalb der Umwelt. Gespürte Informationen geben Antworten auf die Basisaspekte des Erkennens: Was geschieht? Wo bin ich bzw. wo ist die Umwelt? (Ehwald, Hofer 2004, 86)
20 Gespürte Interaktion Was- Information? Was geschieht in der Alltagshandlung? Fokus auf das Geschehen Vertraut werden mit den Gegenständen, Verstehen der Situation Wo- Information? Wo befindet sich mein Körper? Fokus auf die Position im Raum Aufmerksamkeit halten bzw. Wiederherstellen
21 Grundregeln des Führens Prinzip der stabilen Referenz (stabiler Untergrund als Voraussetzung taktiler Informationsquellen/Widerstand) Langsame und harmonische Bewegungen Vermittelte Widerstandserfahrungen sollen eindeutig sein Geführte Handlungen bilateral ausführen Beim Nehmen und Ablegen eines Objektes muss die Unterlage (z.b. Tisch) gespürt werden Während des Führens sollte nicht gesprochen werden; vor der Handlung ankündigen, was geschieht; nach Beendigung das Geschehene nochmals in Worte fassen Pausen während der geführten Handlung Geführt wird nur dann, wenn eine eigenständige Durchführung der Tätigkeit nicht möglich ist
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