Teil F: Sonderthemen VI. Nahe Angehörige
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- Julius Kruse
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1 Arbeitsunterlagen zur Vorlesung Unternehmenssteuerrecht 2015 Teil F: Sonderthemen VI. Nahe Angehörige Dr. Paul Richard Gottschalk Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Fachberater für Internationales Steuerrecht Saarbrücken
2 GLIEDERUNG A B C D EINFÜHRUNG ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG ANERKENNUNG VON SCHULDVERHÄLTNISSEN Seite 2
3 A EINFÜHRUNG 1. BEGRIFF FAMILIENUNTERNEHMEN : a) keine besondere zivilrechtliche Unternehmensform b) Charakteristikum: die an dem Unternehmen beteiligten Personen sind familiär verbunden c) sämtliche zivilrechtlich zulässige Rechtsformen möglich 2. MOTIVE FÜR GRÜNDUNG: a) Verteilung der mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundenen Arbeitsbelastung auf mehrere Personen b) erster Schritt zur Übertragung des Unternehmens auf die Kinder c) Wunsch zur Erzielung von laufenden Erparnissen bei Einkommensteuer durch Einkünfteverlagerung (vgl. z.b. BFH vom , BStBl. III S. 181) Seite 3
4 A EINFÜHRUNG 2. STEUERLICHE ANERKENNUNG: a) Steuerliche Anerkennung: Prüfung, inwieweit die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags durch familiäre Beziehungen zwischen den Vertragspartnern beeinflusst werden b) Angemessenheitsprüfung auf drei Ebenen: Anerkennung dem Grunde nach: Anerkennung der vertraglichen Vereinbarungen an sich Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede: Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede bzw. der Vergütungen Anerkennung von schuldrechtlichen Abreden: Form bzw. Angemessenheit schuldrechtlicher Abreden zwischen nahe stehenden Personen Seite 4
5 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG 1. GEGENSTAND UND BEGRÜNDUNG: a) Prüfung, ob das Familienmitglied zivilrechtlich eine Gesellschafterstellung erlangt hat, d.h. ob eine Einkunftsquelle übertragen worden ist. b) Begründung für die Anerkennungsprüfung: Begründung: Mitunternehmerschaften Körperschaften Trennung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung ( 12 Nr. 2 EStG) Grundsätze des wirtschaftlichen Eigentums ( 39 AO) Seite 5
6 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG 2. EINZELKRITERIEN: Vier Einzelkriterien für Anerkennung dem Grunde nach I. Zivilrechtliche Wirksamkeit von Gesellschaftsvertrag/ Satzung (BFH BStBl. II 1976, 678) IV. tatsächliche Durchführung von Gesellschaftsvertrag/ Satzung (BFH BStBl II 1976, 328 ) II. Klarheit u. Eindeutigkeit der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen III. Gesellschafterstellung nach dem Regelstatut des HGB/GmbHG Seite 6
7 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG a) KRITERIUM I: ZIVILRECHLICHE WIRKSAMKEIT VON GESELLSCHAFTSVERTRAG/SATZUNG Besonderheit von Familiengesellschaften: 41 Abs. 1 Satz 1 AO gilt nicht Zivilrechtliche Formvorschriften bei der Beteiligung von minderjährigen Kindern: Selbstkontrahierungsverbot gemäß 181 BGB bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrags und Vertretung der Kinder durch die Eltern Abschlusspfleger ( 1909 BGB) Seite 7
8 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG a) KRITERIUM I: ZIVILRECHLICHE WIRKSAMKEIT VON GESELLSCHAFTSVERTRAG/SATZUNG familiengerichtliche Genehmigung ( 1822 Nr. 3 BGB) Gilt auch bei schenkweiser Übertragung, da die Gesellschafterstellung nicht nur rechtliche Vorteile bringt (BFH vom , BStBl. II, S. 309) Zivilrechtliche Rückwirkung Entgegen zivilrechtlicher Regelung steuerliche Rückwirkung nur dann, wenn sie unverzüglich nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beantragt und in angemessener Frist erteilt wird (BFH vom , BStBl. II, S. 307) Verfahrenspfleger Seite 8
9 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG b) KRITERIUM III: GESELLSCHAFTERSTELLUNG NACH DEM REGELSTATUT DES HGB/GMBHG Mögliche kritische Punkte: Widerspruchsrecht bei außergewöhnlichen Geschäften ( 164 HGB) Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung Recht zur Entnahme der Gewinnanteile Kündigungsrecht Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert Seite 9
10 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG b) KRITERIUM III: GESELLSCHAFTERSTELLUNG NACH DEM REGELSTATUT DES HGB/GMBHG Beispiele für Nichtanerkennung: Eltern behalten sich das Recht vor, den Gesellschaftsvertrag jederzeit zu kündigen und die Kinder mit dem Buchwert abzufinden (grundlegend: BFH vom , BStBI 1981 II, S. 663) Unschädlich: wenn im Falle einer Kündigung durch die Eltern eine Abfindung geleistet wird, die auch einen angemessenen Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert umfasst, oder wenn bei eigener Kündigung der Kinder eine Buchwertabfindung vereinbart ist Die Gesellschafterstellung der Kinder ist auf eine bestimmte Zeit befristet ist (BFH vom , BStBl 1976 II, S. 324) Seite 10
11 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG b) KRITERIUM III: GESELLSCHAFTERSTELLUNG NACH DEM REGELSTATUT DES HGB/GMBHG Beispiele für Nichtanerkennung: Eltern behalten sich die Verwaltung der Beteiligung für eine längere Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit vor (BFH vom , BStBl 1981 II, S. 779) In Grenzfällen kann jedoch die Gesellschafterstellung zu bejahen sein, wenn die Vertragsgestaltung nach objektiven Kriterien darauf abzielt, die Kinder an das Unternehmen heranzuführen, um dadurch dessen Fortbestand zu sichern (BFH vom , BStBl 1979 II, S. 620). Voraussetzung ist allerdings, dass die Kinder ihrem Alter nach bereits die für die Heranführung an das Unternehmen erforderliche Reife besitzen (BFH vom , BStBI 1979 II, S. 670) Seite 11
12 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH I. ANERKENNUNGSPRÜFUNG b) KRITERIUM IV: TATSÄCHLICHE DURCHFÜHRUNG VON GESELLSCHAFTSVERTRAG/SATZUNG tatsächlicher Vollzug des Gesellschaftsvertrages erfordert im Gegensatz zu seinem Abschluss nicht die Bestellung eines Ergänzungspflegers (Dauerpfleger) tatsächliche Vollzug wird ebenfalls nicht verneint, wenn die entnahmefähigen Beträge nicht in vollem Umfang entnommen werden (BFH vom , BStBl 1976 II, S. 328) Seite 12
13 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH II. FOLGEN DER NICHTANERKENNUNG 1. EINKOMMENSTEUER: a) Eltern sind Mitunternehmer bzw. wirtschaftliche Eigentümer der Beteiligung Laufende Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft/Beteiligung unterliegen vollumfänglich bei den Eltern der Einkommensteuer Seite 13
14 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH II. FOLGEN DER NICHTANERKENNUNG 1. EINKOMMENSTEUER: b) Kind hat gegebenenfalls steuerliche Stellung als typisch stiller Gesellschafter oder partiarischer Darlehensgeber Kind erzielt Einkünfte gemäß 20 EStG Eltern können den dem Kind nach zivilrechtlichen Festlegungen zustehenden Gewinnanteil als Betriebsausgaben/Sonderbetriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen keine relevante steuerliche Stellung Kind erzielt keine steuerlichen Einkünfte Der dem Kind nach zivilrechtlichen Festlegungen zustehende Gewinnanteil ist steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung oder Unterhaltsleistung Seite 14
15 A ANERKENNUNG DEM GRUNDE NACH II. FOLGEN DER NICHTANERKENNUNG 2. ERBSCHAFTSTEUER: a) Einkommensteuerliche Beurteilung nicht maßgeblich b) Wegen Bindung des ErbStG an die zivilrechtliche Beurteilung kann eine freigebige Zuwendung gemäß 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch dann vorliegen, wenn die Gesellschafterstellung oder der Vollzug des Gesellschaftsvertrags ertragsteuerlich nicht anerkannt wird Seite 15
16 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG I. ÜBERSICHT Unterscheide: Anerkennungsprüfung bei Mitunternehmerschaften (insbes. KG) Anerkennungsprüfung bei Kapitalgesellschaften Seite 16
17 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG II. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KG 1. ÜBERSICHT Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft entgeltlicher Erwerb unentgeltlicher Erwerb angemessener Gewinnanteil: Fremdvergleich (Kriterien: Umfang der Arbeitsleistung, Überlassung des Kapitals, Übernahme von Haftungsrisiken) angemessener Gewinnanteil: Verzinsung des tatsächlichen Werts (gemeiner Wert) des Gesellschaftsanteils nicht mehr als 15 % hierzu sogleich Seite 17
18 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG II. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KG 2. BERECHNUNG: VERZINSUNG DES TATSÄCHLICHEN WERTS DES GESELLSCHAFTSANTEILS a) Gewinn (G): Verzinsung = G / W * 100 wobei: G = Gewinn, W = Wert des Gesellschaftsanteils zu erwartender Durchschnittsgewinn der nächsten fünf Jahre Aus dem Gesamtgewinn sind zuvor Vergütungen für Sonderleistungen der Gesellschafter herauszurechnen Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung: Zeitpunkt, in dem die Gewinnverteilungsabrede getroffen wird Seite 18
19 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG II. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KG 2. BERECHNUNG: VERZINSUNG DES TATSÄCHLICHEN WERTS DES GESELLSCHAFTSANTEILS b) Tatsächlicher (gemeiner) Wert des Gesellschaftsanteils (W): BFH: keine eindeutige Aussage, in jedem Fall jedoch Einbeziehung von stillen Reserven und Geschäftswert (BFH v , BStBl. II 1973, 5). Folgende Möglichkeiten bestehen: Verfahren der Unternehmensbewertung betriebswirtschaftlich anerkannte Verfahren Substanzwertverfahren Kombinationsverfahren Ertragswertverfahren, auf Zahlungsflüssen basierende Verfahren (z.b. DCF-Methode) z.b. Stuttgarter Verfahren Seite 19
20 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG II. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KG 3. HÖCHSTGRENZE DER ANGEMESSENHEIT DES GEWINNANTEILS: X = 15*W / G wobei: X = Höchstgrenze, W = Wert des Gesellschaftsanteils, G = Gewinn Seite 20
21 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG II. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KG 4. FOLGEN DER UNANGEMESSENHEIT: a) Einkommensteuer: den begünstigten Familienmitgliedern werden nur diejenigen Gewinnanteile zugerechnet, die innerhalb der Angemessenheitsgrenze liegen übersteigende Gewinnanteile sind bei den abgebenden Familienmitglieder einkommensteuerpflichtig, obwohl sie nicht über diese Gewinnanteile verfügen können (Einkommensverwendung) b) Erbschaftsteuer: Gewinnübermaßschenkung ( 7 Abs. 6 ErbStG) Seite 21
22 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG III. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KAPITALGESELLSCHAFT 1. GRUNDSATZ: Bei Kapitalgesellschaft ist der Beitrag des Gesellschafters grundsätzlich auf die Leistung der Einlage beschränkt grundsätzlich keine Angemessenheitsprüfung erforderlich Seite 22
23 B ANERKENNUNG DER GEWINNVERTEILUNG III. GEWINNVERTEILUNG BEI DER KAPITALGESELLSCHAFT 2. SONDERFÄLLE: a) Schuldrechtliche Vereinbarungen Prüfung nach den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung/verdeckten Einlage b) Disquotale Gewinnverteilung Steuerlich grundsätzlich zulässig (BFH v , BFH/NV 2000, 112) Voraussetzung: besondere Leistung des Gesellschafters (z.b. unentgeltliche Überlassung eines Betriebsgrundstücks andernfalls: disquotale Gewinnverteilung ist Einkommensverwendung des verzichtenden Gesellschafters (Verfügung über Gewinnbezugsrechte) Seite 23
24 C ANERKENNUNG VON SCHULDVERHÄLTNISSEN Anerkennung Schuldverhältnisse klare und eindeutige Vereinbarungen tatsächliche Durchführung Angemessenheitsprüfung Seite 24
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