Steuerrechtliche Falllösungstechniken anhand aktueller BFH-Urteile Einkommensteuer
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1 Die Jus(z des Landes Nordrhein-Wes4alen Steuerrechtliche Falllösungstechniken anhand aktueller BFH-Urteile Einkommensteuer Münster, 2. Mai 2016 Dr. Jens Reddig Richter am Finanzgericht Münster
2 A. Subjektive Einkommensteuerpflicht B. Objektive Einkommensteuerpflicht I. Einkünftequalifikation II. Einkünfteermittlung / objektives Nettoprinzip 1. Einkünfteermittlungsart 2. Ermittlung der Einkünfte III. Abzug von Privataufwendungen / subj. Nettoprinzip IV. Steuerermäßigungen
3 Fall I (BStBl II 2015, 1013) Frage 1 Einkünfte aus 2 I S. 1 Nr. 4 i.v.m. 19 I S. 1 Nr. 1 Willi ist ArbN i.s. von 1 I, II LoStDV. Frage 2 Einkünfte aus 2 I S. 1 Nr. 3 i.v.m. 18 I S. 1 Nr. 1 (Katalogberuf)
4 Fall I (BStBl II 2015, 1013) Frage 3 GbR ist selbst nicht einkommensteuerpflichtig Transparenzprinzip (Gesellschafter) GbR ist aber Subjekt der Einkünfteermittlung (gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung) Willi und sein Berufspartner erzielen in GbR Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ( 18 I S. 1 Nr. 1, IV S. 2 i.v.m. 15 I S. 1 Nr. 2). Willi muss seinen Gewinnanteil versteuern.
5 Fall I (BStBl II 2015, 1013) Frage 4 GmbH ist eigenes Besteuerungssubjekt (Trennungsprinzip). Gewinne der GmbH unterliegen der KöSt ( 1 I Nr. 1 KStG). Geschäftsführergehalt von Willi: 2 I S. 1 Nr. 4 i.v.m. 19 I S. 1 Nr. 1 Gewinnausschüttungen (Dividenden) der GmbH: 2 I S. 1 Nr. 5 i.v.m. 20 I Nr. 1 (Kapitalvermögen) grds. Abgeltungsteuer ( 43 V S. 1) Option ins Teileinkünfteverfahren möglich ( 32d II Nr. 3) dann 40%ige Steuerfreistellung ( 3 Nr. 40 Buchst. d) à wegen Vorbelastung mit KöSt
6 Fall I (BStBl II 2015, 1013) Frage 5 zumindest teilweise Werbungskosten ( 9 I S. 1)...?... oder (voll) nicht abzugsfähige Kosten ( 12 Nr. 1 S. 2)? auslösendes Moment für Kosten (Anlass der Feier)? à hier: (wohl) doppelt motiviert weitere Indizien ggf. Aufteilung geboten BFH: Einladung der Berufskollegen muss nach abstrakt berufsbezogenen Kriterien erfolgen (keine Selektion)
7 Fall I (BStBl II 2015, 1013) Frage 6 Werbungskosten i.s. von 9 I S. 1 Ergänzung: Wäre Willi zuvor noch nicht beruflich tätig gewesen, hätten die Aufwendungen vorweggenommene Werbungskosten dargestellt.
8 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 1 Einkünfte aus 2 I S. 1 Nr. 3 i.v.m. 18 I S. 1 Nr. 1 (Katalogberuf) Frage 2 - grds. Bestandsvergleich ( 4 I S. 1) - Wahlrecht zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung ( 4 III)
9 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 3 - ärztliche Tätigkeit i.s. von 18 I S. 1 Nr. 1 - sowohl Lilli als auch Dr. Z sind ärztlich tätig - maßgeblich allerdings die Perspektive der Unternehmensinhaberin (Lilli) - leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit gem. 18 I S. 1 Nr. 1 S. 3? v Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte unschädlich v leitende Tätigkeit (+) v aber wohl keine eigenverantwortliche Tätigkeit bzgl. der von Dr. Z betreuten Patienten v Stempel der Persönlichkeit
10 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 3 - Lilli erzielt sowohl freiberufliche ( 18) als auch gewerbliche Einkünfte ( 15) aus ihrer Arztpraxis - Aufteilung der Einkünfte erforderlich Frage 4 - Aufteilung der Einkünfte nach Maßgabe der Umsätze - 3/5 = 18 I S. 1 Nr. 1-2/5 = 15
11 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 5 - Verbot der ertragsteuerlichen Doppelbelastung aus ESt und GewSt - typisierende Minderung der ESt-Belastung durch Anrechnung der GewSt auf die ESt ( 35 I S. 1 Nr. 1) - Minderung ESt um das 3,8fache des festgesetzten GewSt- Messbetrags
12 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 6 - teilweise Gewerblichkeit ließe sich vermeiden durch Gründung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis durch Lilli und Dr. Z - GbR ( 705 ff. BGB) - steuerliche Mitunternehmerschaft ( 18 IV S. 2, 15 I Nr. 2) v Mitunternehmerrisiko v Mitunternehmerschaftinitiative - aber: Wäre dies auch von Lilli und Dr. Z zivilrechtlich gewollt?
13 Fall II (BStBl II 2015, 216 und BFH/NV 2016, 833) Frage 7 - gemischte Tätigkeit - Trennbarkeit ist gegeben - Tätigkeit als Chefarzt: 2 I S. 1 Nr. 4, 19 I S. 1 Nr. 1 - Privatpatienten: 2 I S. 1 Nr. 3, 18 I S. 1 Nr. 1
14 Fall III (EFG 2016, 551) Frage 1 - Betriebsausgaben ( 4 IV)? - Lag das auslösende Motiv für die Übernahme der Studienkosten im betrieblichen oder im privaten Bereich? - wohl gemischte Veranlassung v betriebliche Nachfolgeplanung / Personalakquise v zivilrechtliche Pflicht zur Übernahme der Kosten einer ersten Berufsausbildung (auch Studium) durch Eltern ( 1610 II BGB) - keine objektiv scharfe Trennung der Kostenmotivation möglich - insgesamt nicht abzugsfähige Kosten ( 12 Nr. 1)
15 Fall III (EFG 2016, 551) Frage 2 - grds. abgedeckt durch Kindergeld / Kinderfreibetrag - im Falle auswärtiger Unterbringung: Abzug eines Ausbildungsfreibetrags nach 33a II in Höhe von 924 vom GdE - sofern kein Kindergeldanspruch mehr besteht (> 25 J.): à Abzug der Aufwendungen bis zu jährlich vom GdE nach 33a I S. 1
16 Fall III (EFG 2016, 551) Frage 3 - eigene Studienkosten des Kindes = vorweggenommene Werbungskosten / Betriebsausgaben? v nicht, sofern nicht bereits eine Erstberufsausbildung bzw. ein Erststudium abgeschlossen ist ( 9 VI) v ja, wenn Studium nach abgeschlossener Erstausbildung - im Fall des Erststudiums: Sonderausgabenabzug bis zu /Jahr ( 10 I Nr. 7 S. 1) - Vorteil des Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzugs: Verlustvortragsmöglichkeit! - Zweiteilung in den Rechtsfolgen unterliegt derzeit verfassungsrechtlicher Überprüfung
17 Fall IV (BStBl II 2013, 275 und BStBl II 2015, 633) Frage 1 2 I S. 1 Nr. 6 i.v.m. 21 I Nr. 1 Frage 2 Werbungskosten; 9 I S. 3 Nr. 1 Frage 3 Willi tätigte ein privates Veräußerungsgeschäft ( 2 I S. 1 Nr. 7 i.v.m. 22 Nr. 2, 23 I S. 1 Nr. 1). Die Veräußerung erfolgte innerhalb der 10-Jahres-Frist nach Anschaffung.
18 Fall IV (BStBl II 2013, 275 und BStBl II 2015, 633) noch Frage 3 aber: Verlust im Jahr 2015 nicht ausgleichsfähig ( 23 III S. 7). Es erfolgt eine gesonderte Feststellung des Verlusts ( 23 III S. 8). è Verlustabzug von positiven 23er-Einkünften der Folgejahre
19 Fall IV (BStBl II 2013, 275 und BStBl II 2015, 633) Frage 4 Schuldzinsen sind grds. Werbungskosten ( 9 I S. 3 Nr. 1) Veranlassungszusammenhang zum Vermietungstatbestand ist mit der Veräußerung aber grds. entfallen. Führt dies zum Ende des Werbungskostenabzugs? Nein: nachträgliche Werbungskosten ( 24 Nr. 2)! à Ausweitung des Besteuerungszugriffs auch bei der Veräußerung von Privatvermögen ( 22 Nr. 2, 23 I S.1 Nr. 1)
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