Martin Christian Morgenstern Gelassen gewinnen Ab jetzt reitest du den Affen!

Transkript

1 Martin Christian Morgenstern Gelassen gewinnen Ab jetzt reitest du den Affen! BusinessVillage

2 Inhalt Über den Autor... 9 Vorwort Einmal Affe und zurück Stress, die Energie des Lebens Wozu es Stress gibt Die Stressmechanik Stress und Emotionen Wie Stress unsere Kommunikation lenkt Stress und Kontrolle Die positive Seite von Stress Die dunkle Seite von Stress Stress wird erlernt Spezialstress Angst Soziale Ängste Körperliche Angst Warum es Grübeleien gibt Gevatter Tod: dein neuer Begleiter Stress und die Gesundheit Warum unser Körper Stress braucht Über den Zusammenhang zwischen körperlicher und mentaler Fitness Warum Stress heute zu einem Problem in Gesellschaft und Arbeitswelt geworden ist Wann und wie Stress krank macht...82 Inhalt 5

3 5. Das Lebenskonzept Gelassenheit Neurobiologische Grundlage von Gelassenheit Man lebt nur einmal Der Zusammenhang zwischen Konzentration und Gelassenheit Wie Ressourcenknappheit die Gelassenheit torpediert Wer gewinnen will, muss verlieren lernen Gelassenheit ist ein täglicher Weg Der Körper: Fundament der Gelassenheit Schlaf: die heilige Kuh Gelassenheit und Ernährung Welche Ernährung für deinen Körper gut ist Der Mensch ist ein Bewegungstier Wenn ein wenig Motivation guttut Atemtechniken für den Weg zu mehr Gelassenheit Über Bauchatmung und Brustatmung Reaktivierung der Bauchatmung Atmen und aushalten: die Top-Technik bei akutem Stress und Druck Wenn du eine Mordswut im Bauch hast Techniken für einen klaren Kopf Der Motzki Dinge gelassen zur Kenntnis nehmen Die Zazen-Meditation als Powertraining für das Gehirn Geh-Meditation ein Weg zu mehr Präsenz und Konzentration im Alltag Kopf leer schreiben Techniken gegen den Angsthasen Den Angsthasen aus dem Hut holen Gevatter Tod als Helfer im Alltag Was sollen die anderen von mir denken? Inhalt

4 10. Techniken zum Entspannen Ich-Zeitinseln für dich reservieren Progressive Muskelentspannung Autogenes Training Atemsurfen Mentaler Kurzurlaub Eine Technik für gute Stimmung Techniken zur Vorbereitung auf anspannende Situationen Das Visualisieren ABCDE-Technik Typische Stresssituationen mit Lösungsempfehlungen Der Stau Gespräche mit negativen Menschen Angst vor Jobverlust Termindruck und Arbeitsüberfrachtung Leben mit einem Dauerproblem Mordswut Belastungsanalyse Dein Konzept gelassen gewinnen Zusammenfassung und letzte Worte auf den Weg Textanmerkungen Anhang Kopiervorlage für dein Konzept gelassen gewinnen Literaturverzeichnis Bildquellennachweise Inhalt 7

5 ICH-1 ICH-2 Emotion/ Stress Abbildung 10: Schematisches Modell der Stresssteuerung Ein wesentlicher Unterschied zwischen positivem und negativem Stress liegt im Detail. Negativer Stress entsteht durch Bewertung im Gehirn und wirkt von da aus auf den Körper. Positiver Stress entsteht häufig dadurch, dass ein attraktives Motiv im Gehirn eine leichte Emotion auslöst. Ein Motiv kann zum Beispiel der Gedanke an ein Eis sein. Daraufhin setzt sich der Körper in Richtung Eiscafé in Bewegung. Diese Bewegungsaktivität löst dann erst die Stressreaktion im Körper aus, die wir dann auf der Ebene Ich-1 als Aktivierung wahrnehmen. Vielleicht kennst du das auch aus deinem Alltag. Man schwankt, ob man sich in Aktion versetzen soll oder nicht. Rafft man sich doch auf, fühlt man sich dann in der Aktion meist gut. Wir können deshalb vereinfacht sagen, dass in der Regel negativer Stress durch Bewertung im Gehirn und positiver Stress durch Bewegung des Körpers entsteht. 32 Stress, die Energie des Lebens

6 Wichtig Ich-1 besitzt nur eine schwache Leitung zu Ich-2, während Ich-2 zu Ich-1 eine enorm starke Leitung besitzt. Wir können deshalb nicht nicht reagieren, auch wenn wir mit Ich-1 eine Reaktion verhindern wollen. In diesem Buch werde ich weiter von Ich-2 sprechen, um den Sachbezug zu behalten. Definition: Ich-1 und Ich-2 als wesentliche Steuerungsebenen unseres Denkens und Fühlens Ich-1 bezeichnet alle Wahrnehmungen in Kopf und Körper. Dort werden die Entscheidungen getroffen, welche Verhaltensvariante oder Entscheidung am besten zu einer Situation passt. Allerdings werden alle Wahrnehmungen, Entscheidungen und Gedanken auf der Ebene Ich-1 immer bereits durch Emotionen wie beispielsweise Wut, Angst oder Freude gelenkt. Ich-1 ist deswegen niemals völlig frei in seinem Willen. Ich-1 wird stets durch die Emotionen gelenkt. Der eigentliche Chef der Wahrnehmung und des Verhaltens ist der Bereich des Gehirns, der dem Bewusstsein entzogen ist, Ich-2. Ich-2 ist der unbewusste Teil des Gehirns. Dort werden alle eingehenden Informationen über Körper und Außenwelt bewertet. Die Bewertung dreht sich immer darum, ob diese Informationen einen Wert für das Überleben des Organismus haben. Sie können entweder dem Überleben dienen oder es gefährden, wobei Gefährdung immer dominant ist. Bei möglichen Gefährdungen findet immer ein blitzartiger Abgleich über Fähigkeiten und momentane Fitness statt. Je weniger Fähigkeiten und/oder Fitness Ich-2 zur Verfügung zu haben glaubt, desto stärker fällt die emotionale Stressreaktion aus. Und umso stärker die Stressreaktion, desto kleiner wird der Rahmen zum bewussten Mitwirken und Entscheiden auf der Ebene Ich-1. In Extremsituationen wie Panik oder Wut kommt es zum (fast) totalen Steuerungsverlust auf der Ebene Ich-1. Das automatische Ich-2 setzt dem Bewusstsein Ich-1 automatisch einen Rahmen, weswegen Menschen in bedrohlichen Situationen Stress nicht verhindern können. Zudem ist die Wahrnehmung immer bereits voreingestellt. Stress, die Energie des Lebens 33

7 Ich-1 und Ich-2 klingt meist ein wenig analytisch und sperrig. Du kannst daher deinem Ich-2 ruhig einen Namen geben, der nicht so analytisch klingt. Ich zum Beispiel spreche in Coaching-Gesprächen auch gerne von Martin-2, Es oder schlicht dem Äffchen statt von Ich-2. Wenn ich mit mir selbst arbeite, nehme ich meist das Erstere. Und wenn mich dann der Affe reitet, dann nenne ich für mich mein Ich-2 liebevoll das Äffchen. Gerade dieses ah, mein Äffchen wird sauer gibt mir im Alltag eine angenehme Distanz zu meinem eigenem Stressverhalten und eröffnet so mehr Wege, produktiv mit Stress und Druck umzugehen! Wie willst du denn dein Ich-2 nennen?! Ich-2 ist der Chef der Stresssteuerung, den wir mit unserem Ich-1 beraten können. Das heißt, wenn Ich-2 eine Stressreaktion startet, können wir nur versuchen, es am besten über den Körperzustand zu beruhigen (zum Beispiel durch ruhige Atmung). Denn ist der Körper ruhig, wird auch Ich-2 ruhiger. Vor allem lernt Ich-2. Unser Äffchen speichert die Erfahrung, dass es in einer bestimmten Situation (durch ruhige Atmung) ruhiger geworden ist. Das führt dann dazu, dass seine Reaktion beim nächstem Mal in ähnlicher Situation immer schwächer ausfällt. Abbildung 11: Wie würde er wohl unter Druck reagieren?! 34 Stress, die Energie des Lebens

8 2.3 Stress und Emotionen Zeit, dass wir uns an dieser Stelle die Wirkung von Emotionen etwas genauer ansehen. Wie du eben erfahren hast, bewegen sich alle Menschen (und Organismen) immer innerhalb der beiden Verhaltensrichtungen hin zu etwas und weg von etwas. Das schließt natürlich auch unsere Gedanken ein. Was wir innerhalb der beiden Richtungen im Detail empfinden, bestimmen sogenannte Emotionen. Eine Emotion ist ein Körperzustand. Sie ist eine Mischung aus Körperhaltung, Muskelspannung und Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems. Der Körper ist sozusagen die Bühne der Emotionen. Auf dieser Bühne wiederum tritt dann unser Bewusstsein auf und bestimmt die Gedanken, Wahrnehmungen und Entscheidungen von Ich-1 massiv. Und zwar immer in den beiden großen Verhaltensrichtungen hin oder weg von etwas. So sind wir durch Emotionen auch immer schon vorfestgelegt, ob wir in Problemen oder Lösungen denken. Müssen Emotionen Wollen Emotionen Stress Angst Wut Furcht Gier Hass Freude Trauer Liebe Depression Sehnsucht Abbildung 12: Emotionen, Stress und Verhaltensrichtung Stress, die Energie des Lebens 35

9 Obwohl es keine wissenschaftlich abschließende Definition über die verschiedenen Emotionen gibt, herrscht eine gewisse Einigkeit über die sogenannten Basisemotionen. Positive Emotionen aus der Abteilung hin zu etwas oder wollen sind zum Beispiel Gier, Liebe, Freude oder Sehnsucht. Gier ist eine Emotion mit einer starken körperlichen Aktivierung. Und wie alle Emotionen mit starker Aktivierung, wir können auch sagen mit Stress, macht Gier kopflos. Das liegt daran, dass es bei hohem Stress immer zu einer Abschaltung der höheren Gehirnebenen kommt. Gier weist über den Körper unser Bewusstsein an, sich möglichst schnell einen Vorteil zu sichern. Und weil wir in der Konstruktion immer noch Steinzeitmenschen sind, ist jetzt schneller körperlicher Einsatz gefragt. Denn in der Steinzeit bewegen sich die essbaren Vorteile meist zügig weg und die unbeweglichen Schätze wollen von anderen zwei- oder vierbeinigen Mitbewerbern auch gesichert werden. Deshalb wird Gier immer von spürbarem Stress begleitet. Da wir aber hier potenziell etwas gewinnen können, fühlt sie sich gut an. Liebe ist eine Emotion, die uns zu anderen Menschen hinbewegen soll. Es gibt sie in verschiedenen Intensitäten. So ist zum Beispiel Hals über Kopf verliebt mit starkem Stress verbunden. Gleichzeitig ist jemand blind vor Liebe, was die starke Bewusstseinseinschränkung beschreibt. Auf diese Weise werden Partner unkritischer betrachtet und die stressforcierte starke Anziehungskraft sorgt nicht selten für die Genweitergabe an die nächste Generation. Lässt dieses starke Gefühl dann natürlicherweise nach, sieht mancher seinen Partner mit anderen Augen. Neben der heißen Liebe gibt es aber auch wesentlich moderatere Formen. Denken wir an einen Menschen, den wir lieb haben, oder begegnen wir ihm, dann aktiviert sich ebenfalls die Emotion Liebe. Durch die Emotion bewegt, denken wir dann positiv an diese Person, suchen deren Nähe oder verhalten uns ihr gegenüber positiv. Liebe löst also in uns eine Art prosoziales Verhalten und Denken aus. 36 Stress, die Energie des Lebens