Die Ziele der Geldpolitik und die Strategie der Europäischen Zentralbank
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- Kajetan Pfeiffer
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1 Die Ziele der Geldpolitik und die Strategie der Europäischen Zentralbank 4. Mai 2009 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 1
2 Bundesbank verteidigt EZB Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main, vom 23. Mai 2007 bf. Monetäre Indikatoren bleiben nach jüngsten Forschungsergebnissen der Deutschen Bundesbank für eine Prognose der Inflation im Euro-Raum wichtig. Deshalb sollte die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrer Zwei-Säulen-Strategie festhalten, in deren Rahmen sie sowohl realwirtschaftliche als auch monetäre Daten analysiert, argumentieren Ökonomen der Bundesbank. Sie antworten damit auf die zunehmende Kritik, dass die Analyse monetärer Daten allenfalls von begrenztem Wert sei und die EZB ihr zu viel Bedeutung beimesse. Beispielsweise hatte der Präsident der französischen Zentralbank... eine Studie vorgestellt, in der einer der Eckpfeiler der monetären Analyse, nämlich die Stabilität der Geldnachfrage im Euro-Raum in Frage gestellt wird. Ähnlich waren auf einer EZB- Konferenz im vergangenen Herbst... erhebliche Zweifel geäussert worden. Eines der neuen Forschungspapiere kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Geldnachfrage im Euro-Raum durchaus stabil sei, wenn man in die Analyse neben der Entwicklung von BIP und Zinsen zusätzlich die Immobilienpreise einbeziehe.... Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 2
3 Die Ziele der Geldpolitik und die Strategie der Europäischen Zentralbank Die Zielformulierung des Europäischen Systems der Zentralbanken Kritik: 1. Einseitige Festlegung auf das Ziel Preisstabilität 2. Zielinflationsrate: unter 2 % Die geldpolitische Strategie der EZB: zwei Säulen Kritik: Die EZB baut zu stark auf der monetären Säule auf Stellt inflation targeting eine Alternative dar? Die Erfahrungen der Bank of England Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 3
4 Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2% gegenüber dem Vorjahr. Preisstabilität muss mittelfristig gewährleistet werden. (EZB-Rat 1998) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 4
5 Für das Jahr 2003 geltende Gewichte der Hauptkomponenten des HVPI im Euro-Währungsgebiet Gesamtindex 100,0 Warenpreise 59,1 Unverarbeitete Nahrungsmittel 7,6 Verarbeitete Nahrungsmittel 11,7 Industrieerzeugnisse (ohne Energie) 31,6 Energie 8,2 Dienstleistungen 40,9 Wohnungsmieten 10,4 Verkehr 6,3 Nachrichtenübermittlung 2,9 Freizeitdienstleistungen und Dienstleistungen aus dem persönlichen Bereich 14,9 Sonstige Dienstleistungen 6,4 Daten: Eurostat., Die Geldpolitik der EZB (2004), S. 54 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 5
6 Inflationsraten (HICP) im Eurowährungsgebiet Quelle: ECB; Statistics Pocket Book; April 2009 Anteil Durchschnitt Durchschnitt Februar (in %; 2009) BE (Belgien) DE (Deutschland) IE (Irland) GR (Griechenland) ES (Spanien) FR (Frankreich) IT (Italien) CY (Zypern) LU (Luxemburg) MT (Malta) NL (Niederlande) AT (Österreich) PT (Portugal) SI (Slowenien) SK (Slowakei) FI (Finnland) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 6
7 Das Konzept der mittelfristigen Ausrichtung beinhaltet absichtlich eine gewisse Flexibilität in Bezug auf den genauen zeitlichen Rahmen. Die Geldpolitik der EZB (2004), S. 56 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 7
8 p AS Potentialoutput AD y Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 8
9 7,0 6,0 Wachstumsraten und Inflationsraten im Eurowährungsraum, 2007 (Daten: Eurostat) Durchschnitte: Wachstumsrate BIP: 3,7 Veränderungsrate HVPI: 2,2 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 BE DE IE GR ES FR IT CY LU* MT NL AT PT SI FI Wachstumsrate BIP HVPI *Lu: Daten für 2006 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 9
10 7,0 6,0 Wachstumsraten und Inflationsraten im Eurowährungsraum, 2008 (Daten: Eurostat) Durchschnitte: Wachstumsrate BIP: 0,8 (2007: 3,7) Veränderungsrate HICP: 3,3 (2007: 2,1) 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0-1,0 BE DE IE GR ES FR IT CY LU* MT NL AT PT SI SK FI -2,0-3,0 Wachstumsrate BIP HICP Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 10
11 6,0 4,0 Wachstumsraten BIP 4. Quartal 2008 Inflationsraten Febr (Daten: Eurostat) Durchschnitte: Wachstumsrate BIP: -1,3 Veränderungsrate HICP: 1,2 2,0 0,0-2,0 BE DE IE GR ES FR IT CY LU* MT NL AT PT SI SK FI -4,0-6,0-8,0 Wachstumsrate BIP HICP Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 11
12 Zielinflationsrate: unter 2 % Milton Friedman: Inflationsziel sollte bei 0 liegen gesamtwirtschaftliche Kosten von Inflation? Gründe für die Tolerierung geringfügig positiver Inflationsraten Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 12
13 The Economist, June 7th-13th 2008 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 13
14 Gründe für die Tolerierung geringfügig positiver Inflationsraten zero bound für Nominalzinsen Qualitätsverbesserungen werden im Konsumentenpreisindex verzögert berücksichtigt Überwindung nominaler Rigiditäten bei der Existenz von Balassa-Samuelson Effekten im Währungsgebiet könnte es bei einem Inflationsziel von 0 in einzelnen Mitgliedstaaten zu Deflation kommen Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 14
15 Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie der EZB VORRANGIGES ZIEL: PREISSTABILITÄT EZB-Rat fasst geldpolitische Beschlüsse auf der Basis einer Gesamtbewertung der Risiken für die Preisstabilität WIRTSCHAFT- LICHE ANALYSE Analyse der wirtschaftlichen Dynamik und Schocks Gegenprüfung MONETÄRE ANALYSE Analyse der monetären Entwicklung UMFASSENDE INFORMATIONEN Quelle: Die Geldpolitik der EZB (2004) S. 70 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 15
16 Die wirtschaftliche Analyse gesamtwirtschaftliche Produktion und Nachfrage, bzw. ihre Komponenten öffentliche Haushalte, Finanzpolitik Kapitalmarktbedingungen Arbeitsmarktbedingungen Wechselkursentwicklung -> alle Faktoren, die in einer AS / AD Analyse Eingang finden Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 16
17 Die monetäre Analyse Milton Friedman: Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen. Empirisch: Geldmengenaggregat M3 ist am stärksten mit der Preisentwicklung korreliert Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 17
18 Die monetäre Analyse Erhebliche oder anhaltende Abweichungen des Geldmengenwachstums vom Referenzwert würden unter normalen Bedingungen Risiken für die Preisstabilität auf mittlere Sicht signalisieren. Die Geldpolitik der EZB (2004), S. 68 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 18
19 Der Referenzwert für das Geldmengenwachstum abgeleitet aus der Quantitätsgleichung (in log-linearer Form): m + v = p + y In ersten Differenzen: Δm + Δv = Δp + Δy Erste Differenzen approximieren Wachstumsraten (im einstelligen Bereich). Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 19
20 Der Referenzwert für das Geldmengenwachstum aus Δm + Δv = Δp + Δy Δm = Δp + Δy -Δv mit: Zielwert Δp: 2% Schätzung Wachstumsrate Potentialoutput Δy: 2% Schätzung Veränderungsrate Umlaufgeschw. Δv: -0.5 % folgt: Referenzwert Geldmengenwachstum Δm: 4,5 % Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 20
21 Stellt inflation targeting eine Alternative dar? Die Erfahrungen der Bank of England (BoE) September 1992: mit dem Verlassen des WKM beauftragt die Regierung die BoE mit der Stabilisierung der Inflationsrate (Zielband: 1-4%) Mai 1997: Amtsantritt der Labour-Regierung Tony Blairs: Stärkung der Unabhängigkeit der Bank of England Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 21
22 Stärkung der Unabhängigkeit der Bank of England operational responsibility für die Erreichung des Inflationsziels geht an die BoE Einsetzung des Monetary Policy Committees (5 Mitglieder aus der BoE, 4 externe Experten ) BoE erhält einen Auftrag (Remit): price stability at all times ab Mai 1997: 2,5 % (Detailhandelspreisindex) ab Dez. 2003: 2 % (CPI) Open Letter der BoE an den Schatzkanzler wenn das Ziel um mehr als 1 Prozentpunkt verfehlt wird Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 22
23 Die Arbeit des Monetary Policy Committee: Erarbeitung der Inflationsprognose in 6 bis 7 Sitzungen Begründung der geldpolitischen Entscheidung, indem die Einflussfaktoren auf die Inflationsprognose diskutiert werden The publication of forecasts, and the linking of interest rate decisions to those forecasts, has certainly helped outside commentators understand that we aim to be forward-looking and pre-emptive, rather than simply responding to the current rate of inflation. (Bean 2004, ) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 23
24 Wie hat sich die Strategie der BoE bewährt? Stabilisierung der Inflationsrate (Figure 1) Stabilisierung der Inflationserwartungen (Figure 4) bei relativ stabiler Outputentwicklung (Figure 2) und Rückgang der Arbeitslosenquote (strukturelle Reformen in den 1980er und 1990er Jahren) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 24
25 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 25
26 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 26
27 Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 27
28 Sollte die Vermögenspreisentwicklung explizit in geldpolitische Entscheidungen einbezogen werden? EZB: die monetäre Säule der Strategie gibt die notwendigen Hinweise auf übermässige Liquidität im System, die Blasen in Märkten für Vermögenstitel auslösen kann. BoE: in die Inflationsprognose geht eine umfassende Analyse der Gesamtwirtschaft ein, also auch die Entwicklung der Vermögenspreise. Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 28
29 Such data (on the emergence of asset price bubbles) suggest that nothing short of a sharp increase in shortterm rates that engenders a significant economic retrenchment is sufficient to check a nascent bubble. The notion that a well-timed incremental tightening could have been calibrated to prevent the late 1990s bubble is almost surely an illusion. Instead, we... need to focus on policies to mitigate the fallout when it occurs and, hopefully, ease the transition to the next expansion. (Greenspan 2002) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 29
30 Lektüre DeGrauwe, Paul (2005) Econonomics of Monetary Union. Kap. 8 Monetary Policy in Euroland. Quelle zur institutionellen Ausgestaltung der BoE und der Bewertung der Erfahrungen seit 1992: Charles Bean (2004) Inflation Targeting: The UK experience. Perspektiven der Wirtschaftspolitik 5 (4) Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 30
31 Nächste Woche: Die Durchführung der Geldpolitik DeGrauwe, Paul (2005) Econonomics of Monetary Union. Kap. 8 Monetary Policy in Euroland. Prof. Dr. Elisabeth Allgoewer Geldtheorie und -politik 31
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