Digitalisierung und ihre Konsequenzen
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- Louisa Schneider
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Digitalisierung und ihre Konsequenzen Bisher haben wir im Zusammenhang mit dem FID und den daraus resultierenden frequenzabhängigen Spektren immer nur von stetigen Funktionen gesprochen. In Wirklichkeit jedoch wird der FID digital registriert mit einem Raster äquidistanter Datenpunkte (Schwellenzeit, dwell time t d ): Es werden also nur die Amplituden der Magnetisierungen zu den jeweiligen Zeitpunkten n t d (rote Punkte) aufgenommen. 1
2 Üblicherweise wird die Zahl der Datenpunkte, in die der FID zerlegt wird, als ein Vielfaches von 2 festgelegt, wobei man ein oder mehr K Datenpunkte nimmt: 1 K (kilo) = 2 10 = 1024 (ungefähr 1000) Bei den heute üblichen Geräten verwendet man für die Registrierung der FIDs 16, 32 oder 64 K, um zu einer digitalen Auflösung zu kommen, die in den Bereich der natürlichen Auflösung der hochaufgelösten 1 H- und 13 C-NMR-Spektroskopie entspricht. Beispiel: 13 C-NMR, Messfrequenz MHz, δ-bereich von 250 ppm; 250 ppm entsprechen ca Hz = 25 khz. Bei einer Messung mit 32 K Datenpunkten verbleiben im Realspektrum 16 K = Damit ist die digitale Auflösung nur 1.5 Hz/Punkt (= ppm)! Das ist im Routinebetrieb gut genug, aber für Messungen von Kopplungskonstanten mindestens eine Größenordnung zu wenig! Eine entsprechende Rechnung für 1 H-NMR: Messfrequenz MHz, δ-bereich von 10 ppm; 10 ppm entsprechen ca Hz = 4 khz. Bei einer Messung mit 64 K Datenpunkten verbleiben im Realspektrum 32 K = Damit ist die digitale Auflösung 0.12 Hz/Punkt (= ppm)! Das ist sehr gut, aber für eine Kopplungsangabe auf 0.1 Hz genau immer noch nicht ausreichend. 2
3 Dies bedeutet zugleich, dass die Genauigkeit bei der Angabe chemischer Verschiebungen (in ppm oder in Hz) begrenzt ist. Obwohl sie bei der automatischen Beschriftung der Spektren oft auf 4 Stellen hinter dem Komma genau angegeben ist, kann sie nie genauer sein als die digitale Auflösung. Dies ist dann nur eine artifizielle Genauigkeit. Wer sie genau so in seine Protokolle/Diplom-/Doktorarbeit übernimmt, beweist nur, dass er das Messprinzip der NMR nicht genau verstanden hat. Die Digitalisierung des FIDs hat aber noch eine weitere, sehr viel gravierendere Konsequenz. Man weiss aus der Informationstheorie, dass eine Sinusfunktion nur dann eindeutig in digitaler Form registriert werden kann, wenn man pro Periode mindestens zwei Datenpunkte zur Verfügung hat. Dies hat große Bedeutung, weil bei FID-Funktionen von Signalen, die weit vom Puls (ν 1 ) entfernt sind, viel höhere Frequenzen und kleinere Perioden vorliegen, als bei Signalen, die nahe am Puls stehen. Damit hat das entferntere Signal auch nur weniger Datenpunkte pro Periode (siehe Skript NMR-02). Diejenige Frequenz, bei der gerade nur noch 2 Datenpunkte pro Periode zur Verfügung stehen, also die vom Puls am weitesten entfernte Frequenz, die gerade noch eindeutig definiert ist, nennt man die Nyquist-Frequenz (ν N ). 3
4 Stellen wir uns vor, wir haben einen Zug von Datenpunkt registriert, bei dem die Eindeutigkeitsbedingung (2 Datenpunkte pro Periode) nicht mehr erfüllt ist: 4
5 Man kann dann durch diese Punkte eine Sinuskurve mit der Frequenz ν N + ν legen (rot): 5
6 Genausogut kann man aber auch einen Kurvenzug mit ν N - ν (grün) hindurch legen. 6
7 Mit anderen Worten: Es entstehen im Prinzip zwei Signalfrequenzen (chemische Verschiebungen) für den gemessenen Kern, die links und rechts den gleichen Abstand von ν N haben. Der Spektrometerrechner ist so programmiert, dass er nicht über die Nyquist-Frequenz hinaus registrieren kann; dies nennt man die spektrale Breite ; spectral width [SW = ν N = 1/(2 t d )]. Er wird also nur das grüne Signal im Spektrum abbilden, aber es bleibt unsicher, ob die wirkliche Resonanzfrequenz des Kerns nicht doch durch das rote Signal vertreten wird. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, nennt man ein solches Signal gefaltet oder gespiegelt. In Zweifelsfällen hat man die Möglichkeit, die Zahl der Datenpunkte bei der FID- Aufnahme zu erhöhen, um Faltung zu vermeiden. Dann rückt die Nyquist-Frequenz weiter ab (hier nach rechts; größere spektrale Breite). In der Routine 1 H- und 13 C-NMR-Spektroskopie kennt man die üblichen Resonanzfrequenzen, und die dafür erforderliche Pulsfrequenz und spektrale Breite, sodass das Phänomen der Faltung normalerweise nicht relevant ist. Gelegentlich muss dies aber doch überprüft werden. Eine elegante Möglichkeit dazu bietet eine Neuaufnahme mit gleicher spektraler Breite, aber mit einer versetzten Pulsfrequenz (ν 1 ): 7
8 Ist das ursprüngliche Signal nicht gefaltet (grün), wird das dargestellte Signal an der gleichen Position auftauchen. In beiden Fällen liegt es innerhalb der spektralen Breite. Ist das ursprüngliche Signal aber tatsächlich gefaltet (rot), wird das dargestellte Signal wegen der Spiegelung an ν N nicht mehr an der Stelle des grünen, sondern der des grün gestrichelten Signals erscheinen. 8
9 Das Problem der Faltung trägt sogar noch weiter. Der Spektrometerrechner ignoriert per se nicht nur alle Frequenzen jenseits ν N. Er kann auch nicht zwischen links und rechts unterscheiden, wird also alle Signale, egal ob sie links oder rechts von der Pulsfrequenz auftreten, auf eine Seite (hier: rechts; ν 1 bis +ν N ) abbilden bzw. falten. Man musste also immer darauf achten, dass der Puls eine höhere Frequenz als alle zu erwartenden Signale hat, also ganz links steht. Damit erkauft man sich aber, dass vom linken Spektrumteil (-ν N bis ν 1 ) das Rauschen in das eigentliche Spektrum hinein gefaltet wird (verdoppeltes Rauschen!). Um wenigstens dies zu vermeiden, wurde schon in den 70er Jahren eine veränderte Methode der FID-Registrierung eingeführt, die sog. Quadratur-Detektion (QD). Sie sei hier nicht ausführlich dargestellt; es sei nur so viel gesagt, dass durch doppelte FID-Registrierung mit Phasendifferenz eindeutig erkannt werden kann, welches Vorzeichen ν hat, ob das Signal also links oder rechts vom Puls steht. Damit genügt es, den Puls in die Mitte des zu erwartenden Resonanzbereiches zu setzen und die Nyquist-Frequenz gegenüber einer Messung ohne QD zu halbieren. Dies führt zu einem Signal-Rauschgewinn von Faktor 2 und damit zu einem Gewinn an Messzeit von Faktor 2 ( 1.4). 9
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