Mehrsprachige Sprachbewusstheit und deren Potenzial für den Grundschulunterricht
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- Sigrid Waltz
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1 Prof. Dr. Anja Wildemann Prof. Dr. Hans H. Reich Lena Bien-Miller, Muhammed Akbulut Mehrsprachige Sprachbewusstheit und deren Potenzial für den Grundschulunterricht
2 Einigkeit herrscht in der Zweitspracherwerbsforschung auch darüber, dass Kinder, die in mehrsprachigen Kontexten aufwachsen, besondere metasprachliche Fähigkeiten entwickeln, die sich in größerer Sprachbewusstheit äußern. (Jeuk 2007: 64) Two kinds of explanatory factors are needed to sytematize the findings from the research decribed above. The first is a set of descriptors reflecting the individual differences among the children who comprised the participants in the research group. These include differences in language proficiency, intelligence, and level of bilingualism. The second is a set of desprictors reflecting task differences in the measures used to assess the particular metalinguistic performance. These can be examined in terms of the processes of analysis and control. (Bialystok, 2001: 143). Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
3 Konstrukt von Sprachbewusstheit in Anlehnung an Clark, Bialystok, Gombert, Karmiloff-Smith, Waller Ihr Logo Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
4 Projekt Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit Forschungsfragen: 1. Besteht ein Zusammenhang zwischen Kompetenzen in der Erst- und Zweitsprache und metasprachlichen Aushandlungen? 2. Nutzen mehrsprachige SchülerInnen ihre vorhandenen Sprachkompetenzen in interaktiven Lernsettings? Design: MZP 1: Erfassung personenbezogener Daten, kognitiver Leistungen (CFT-20) und Erstellung von Sprachprofilen in der Erst- und Zweitsprache (Klasse 3) MZP 2: Erfassung metasprachlicher Interaktionen (Videografie) anhand des mehrsprachigen Computerprogramms My first stories (Oldenbourg Verlag) (Klasse 4) Stichprobe (N=400) einsprachig deutsch 176 deutsch-türkisch 71 deutsch-russisch 51 deutsch-andere Sprachen 102 Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
5 Elizitation von Sprachbewusstheit omehrsprachige Software My first stories oprobanden lesen die Geschichte Maddox, der Magier und können jederzeit zwischen den Sprachen Deutsch, Englisch, Russisch, Spanisch und Türkisch switchen okeine Wissensabfrage, sondern oimpulse, die zur metasprachlichen Reflexion anregen Oldenbourg Verlag Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
6 Bezeichnung Impuls/Aufgabe linguistische Kategorie Abracadabra Ihr Logo Erinnert ihr euch noch, was der Zauberer gesagt hat? Wie zaubert man eigentlich in verschiedenen Sprachen? Schaut doch mal nach und findet es heraus! Wie heißt denn nun der Zauberspruch in verschiedenen Sprachen? Wenn ihr zaubern würdet, wie würdet ihr es tun? lexikalisch Großbuchstaben Satzzeichen Zählt doch mal nach! Wie viele Großbuchstaben gibt es auf dieser Seite? Jetzt sucht euch eine zweite Sprache aus, wie ist es da? Wo sind die ganzen Großbuchstaben hin? Könnt ihr das erklären? Jetzt geht bitte auf die Seite 8 auf Spanisch. Schaut euch die Sätze genau an! Was sind das für komische Zeichen? Was meint ihr, was soll das denn? morphologisch graphematisch Streit Was machen die Kinder da? (Streiten die miteinander?) Woran merkt man das? Was will denn Marnie von Maddox? Und was will er? Wörter zählen Könnt ihr mir mal sagen, wie viele Wörter in diesem Satz sind? Jetzt schaltet mal ins Englische um. Sind es genauso viele? Warum nicht? Zaubern Lest bitte den Satz vor. Jetzt schaltet mal ins Englische um. Wo steht denn hier eigentlich das Wort für zaubern? Könnt ihr das herausfinden? pragmatisch morphologisch, syntaktisch lexikalisch Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
7 Impuls: Wörter zählen Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
8 Referenzbereiche metasprachlicher Äußerungen N=400 phonologisch graphematisch lexikalisch morphologisch syntaktisch pragmatisch Summe Abracadabra Großbuchstaben Satzzeichen Streit Wörter zählen Zaubern Summe Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
9 Deklarative metasprachliche Äußerungen (N=400) Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
10 Modellierung metasprachlicher Thematisierungen Nein, das ist ein sch, kein s. Ich kann russisch nicht lesen und schreiben. Da ist ja alles kleingeschrieben. Ja, und da, und des is Englisch und des Deutsche, des ist halt verschieden. Wir sind in Deutschland drin und die sind in England. Weil im Englischen, da sind eben die genau, übersetzt heißt das nicht das, was wir machen die machen eigentlich keine richtigen Sätze auf Deutsch, sondern einfach nur englische Sätze, weil, wenn wir das jetzt übersetzen würden, wäre das nicht der Satz, der auf Deutsch. Des ist nicht derselbe [Satz]. Nä, hm, die sagen hier, der rennt zu seinem Lehrer, aber hier bei Deutschen sagen. Ja, die haben s anders beschriftet. Auf deutsch dass er zu seinem Lehrer nur rennt. Selbst- und Fremdkorrekturen sprachbezogene Urteile sprachbezogene Beschreibungen sprachbezogene Feststellungen sprachbezogene Erklärungen sprachbezogene Analysen SPONTAN ELIZITIERT Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
11 Modell von Sprachbewusstheit (siehe Wildemann, Akbulut & Bien-Miller 2016) Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
12 Metasprachliches Verhalten* der Kinder (N=400) Mittelwert = 8,73 Standardabweichung = 3,41 N=400 Gruppe 1 Verhalten Anzahl Prozent erklären ausschl % 0,75; 9% 1,39; 16% Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 erklären + feststellen erklären + analysieren erklären + analysieren + feststellen ,5% 56 14% 10 2,5% vernachlässigbar 6,58; 75% % Feststellungen Erklärungen Analysen *Verhalten = Metasprachliche Äußerung muss mind. 2 mal vorkommen Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
13 Unterschiede einsprachig vs. zweisprachig Metasprachliches Verhalten 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% einsprachig mehrsprachig analysiert auch stellt auch fest erklärt nur Werden Grundintelligenz, Sprachkompetenz im Deutschen und Alter kontrolliert, sind die Unterschiede in der Gesamtzahl der metasprachlichen Äußerungen signifikant (F=4,024; p=.046) erklärt nur stellt auch fest analysiert auch Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
14 Working in process model Ihr Logo Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
15 Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
16 Metasprachliches Handeln in mehrsprachigen Lernsettings TL: Warum sind s im Türkischen vier, noch weniger [Wörter]? : Weil diese Wörter benutzt man halt viel größer. Zum Beispiel Lehrer: öğretmen. Es ist gelaufen, ähm jetzt, warte, ich kann s nicht : Maddox geht zu seinem Lehrer : Nein. Maddox öğret öğretmeninin. Der Lehrer geht, also Maddox geht zu seinem Lehrer. Der geht halt zu seinem Lehrer. Und weil die, weil für Türkisch braucht man halt viel wenigere Wörter. TL: Und woran merkst du das? Woher weißt du das? Was macht man denn mit den türkischen Wörtern? : Ähm, weil man die halt irgendwie zusammensetzt. Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
17 Mehrsprachige Sprachbewusstheit beruht auf sprachlichem Wissen und Können in mindestens zwei Sprachen ermöglicht vergleichende und analytische Auseinandersetzungen mit Sprachen auch mit Sprachen, die nicht selbst gesprochen werden Bedarf des Hereinholens von Sprachen in die unterrichtliche Sprachreflexion Kann so die Vermutung durch einen sprachreflexiven (Deutsch)Unterricht, in dem explizit Sprachthematisierungen herbeigeführt werden, bereits in der Primarstufe gefördert werden. MehrSprachen im Deutschunterricht eine Interventionsstudie zur Förderung von Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit in der Grundschule (Laufzeit , BMBF) Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
18 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Wenn Sie mehr erfahren wollen: Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
19 Akbulut, M.; Bien, L.; Reich, H. H. & Wildemann, A. (2015): Metasprachliche Interaktionen in mehrsprachigen Lernsettings ein Projekt zur Sprachbewusstheit im Grundschulalter. (erscheint Ende 2015 in der Fachzeitschrift ide) Andresen, H. & Funke, R. (2006): Entwicklung sprachlichen Wissens und sprachlicher Bewusstheit: In Bredel, U.; Günther, H.; Klotz, P.; Ossner, J. & Siebert-Ott, G. (Hrsg.): Didaktik Ihr Logo der deutschen Sprache. Band 1. Paderborn: Schöningh Bialystok, E. (1986): Factors in the Growth of Linguistic Awareness. In: Child development, Vol. 57, N Bialystok, E (2001): Bilingualism in Development. Language, Literacy & Cognition. Cambridge University Press. Bialystok, E. (2009): Effects of Bilingualism on Cognitive and Linguistic Performance across the Lifespan. In: Gogolin, Ingrid; Neumann, Ursula (Hrsg.): Streitfall Zweisprachigkeit The Bilingualism Controversy. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S Bredel, U. (2007): Sprachbetrachtung und Grammatikunterricht. Stuttgart: Schöningh. Clark, E. V. (1978): Awareness of Language: Some evidence from what children say and do. In: Sinclair, Anne; Jarvella, Robert J. & Levelt, Willem J. M. (Eds.): The Child s Conception of Language. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, Gombert, J. É. (1992): Metalinguistic Development. New York: Harvester Wheatsheaf. Jeuk, S. (2007): Sprachbewusstheit bei mehrsprachigen Kindern im Vorschulalter. In: Hug, M. & Siebert-Ott, G. (Hrsg.): Sprachbewusstheit und Mehrsprachigkeit. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, Jude, N. (2008): Zur Struktur von Sprachkompetenz. Frankfurt am Main. Dissertation Karmiloff-Smith, A. (1986): From meta-processes to conscious access: Evidence from children s metalinguistic and repair data. Cognition 23, Karmiloff-Smith, A. (1992): Beyond Modularity. A Developmental Perspective on Cognitive Science. Massachusetts: MIT Press. Kutsch, S. (1989): Sprachreflexive Fähigkeiten im Zweitspracherwerb. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST), 40. S Kuyumcu, R. (2007): Metasprachliche Entwicklung zweisprachig aufwachsender türkischer Kinder im Vorschulalter. In: In: Hug, M. & Siebert-Ott, G. (Hrsg.): Sprachbewusstheit und Mehrsprachigkeit. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren Stude, J. (2013): Kinder sprechen über Sprache. Eine Untersuchung zu interaktiven Ressourcen des frühen Erwerbs metasprachlicher Kompetenzen. Stuttgart: Fillibach bei Klett. Waller, M. (1988): Komponenten der metasprachlichen Entwicklung und Bedingungen ihres ontogenetischen Aufbaus. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie 20: 4, Wildemann, A. (2013): Sprache(n) thematisieren Sprachbewusstheit fördern. In: Gailberger, S. & Wietzke, F. (Hrsg.): Handbuch kompetenzorientierter Deutschunterricht: Diagnostizieren Binnendifferenzieren Fördern. Weinheim, Basel: Beltz Wildemann, A.; Bien, L.; Akbulut, M. & Bien-Miller, L. (2016): Mehrsprachige Sprachbewusstheit zum Ende der Grundschulzeit Vorstellung und Diskussion eines Elizitationsverfahrens. In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht, Jg., 21/2, Wildemann/Reich/Bien/Akbulut Seite
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