Entgrenzung von Arbeit und Gesundheit
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- Hannelore Gerber
- vor 7 Jahren
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1 Nick Kratzer Entgrenzung von Arbeit und Gesundheit Plattform Entgrenzte Arbeit des Kooperationsnetzwerks Prospektive Arbeitsforschung - KOPRA - des BMBF-Förderprogramms Zukunftsfähige Arbeitsforschung Präsentation im Workshop Zukunftsfähige Arbeitsforschung bei der GfA-Frühjahrstagung 2005 in Heidelberg
2 Übersicht Ausgangspunkt Entgrenzung von Arbeit: Konzept und Erscheinungsformen Leistungsdruck und Belastungen Entgrenzung von Arbeit und Gesundheit: Anforderungen an eine Zukunftsfähige Arbeitsforschung
3 Ausgangspunkt Beobachtungen: Verbreitung neuer Organisations- und Steuerungsformen von Arbeit Zunehmender Arbeits- und Leistungsdruck Veränderung und Zunahme - arbeitsbedingter Belastungen Die Entgrenzung von Arbeit ist Folge und Ursache eines wachsenden Arbeits- und Leistungsdrucks Entgrenzung von Arbeit und Gesundheit: Herausforderungen für eine zukunftsfähige Arbeitsforschung
4 Entgrenzung von Arbeit: Zentrale Thesen Entgrenzung = Erosion der fordistisch-tayloristischen Normalarbeit. Entgrenzung: Institutioneller Wandel von Arbeit und strukturelle Folge Ziel der betrieblichen Entgrenzung von Arbeit ist der erweiterte Zugriff auf die subjektiven Potentiale und lebensweltlichen Ressourcen von Arbeitskraft. Entgrenzung von Arbeit ist eine betriebliche Rationalisierungsstrategie, aber auch Reaktion auf gewandelte Arbeits- und Erwerbsorientierungen: Anforderung und Angebot.
5 Ebenen und Dimensionen der Entgrenzung Entgrenzungsprozesse lassen sich auf allen Ebenen und in allen Dimensionen von Arbeit beobachten Entgrenzung der Organisation: Dezentralisierung, Vermarktlichung, Vernetzung Entgrenzung der Arbeitsmärkte: wachsende Grauzone zwischen innen und Außen durch flexible Beschäftigung Entgrenzung von Arbeit: Flexibilisierung und Selbstorganisation
6 Entgrenzung von Arbeit: Erscheinungsformen Heterogenität: Pluralisierung und Individualisierung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen; Wachsende Tendenz der Spaltung Flexibilisierung: Insbesondere Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Beschäftigungsbedingungen; Entgrenzung der Zeiten und Orte von Arbeit Selbstorganisation: Verbreitung neuer Steuerungsformen von Arbeit (indirekte Steuerung) und neuer Arbeitsformen mit größeren Entscheidungs- und Gestaltungskompetenzen der Beschäftigten
7 Entgrenzung von Arbeit: Heterogenität Wachsende Heterogenität der Erwerbsformen: Relativer Rückgang der Normalarbeitsverhältnisse und Zunahme nicht-standardisierter Erwerbsformen Wachsender Anteil flexibler Beschäftigung an den Belegschaften: 2001: 23,7% (West) bzw. 17% (Ost); Quelle: IAB- Betriebspanel Wachsende Heterogenität der (tatsächlichen) Arbeitszeiten: Starke Zunahme von Teilzeitarbeit und geringfügiger Beschäftigung, Zunahme der Beschäftigten mit (tatsächlichen) Arbeitszeiten über 40 Wochenstunden, Rückgang der Beschäftigten mit Arbeitszeiten zwischen 30 und 40 Stunden (Quelle: SOEP, vgl. Kratzer u.a. 2004)
8 Entgrenzung von Arbeit: Flexibilisierung Flexibilisierung von Beschäftigung und Arbeitszeit: Arbeitskraft als zentraler Puffer für die Bewältigung eines wachsenden Markt- und Kostendrucks. Die Zeit als wichtigste Ressource; Arbeitszeitflexibilisierung als bedeutsamstes Flexibilisierungsinstrument Verbreitung von Arbeitszeitkonten (Deutschland): Betriebe: %; % Beschäftigte: %; % (Quelle: Arbeitszeitberichterstattung des ISO Köln) Neue Arbeitszeit-Freiheit : als Basis für das Selbst-Management von Überlastung
9 Entgrenzung von Arbeit: Selbstorganisation Gruppenarbeit: Zunahme von 7% der Beschäftigten (1993) auf 12% (1998) (Gruppenarbeit insges.; Quelle: IAT-Strukturberichterstattung) Projektarbeit: Weitere Verbreitung als prototypische Form der Organisation und Steuerung von Wissensarbeit Flache Hierarchien: Z.B. Von 64% (1997) auf 75% (1999) aller Betriebe in der Investitionsgüterindustrie ( weite Definition, Quelle: ISI) Zielvereinbarungen als Instrument indirekter Steuerung: Weiter wachsende Verbreitung und Bedeutung (Bahnmüller 2002; Hinke u.a. 2002) 32% aller Beschäftigten haben variable selbstgesteuerte Arbeitszeiten (ISO-Arbeitszeitbericht 2003)
10 Entgrenzte Arbeit - Entgrenzung der Arbeits- und Leistungsanforderungen Zunahme des Zeit- und Termindrucks (in % aller Befragten): EUR EUR EUR hohes Arbeitstempo strikte Terminvorgaben und kurze Fristen Quelle: Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- uns Arbeitsbedingungen
11 Differenz zwischen tatsächlicher und vertraglich vereinbarter Arbeitszeit nach Qualifikationsgruppen (in Stunden, 2002) 7 6,5 6, ,6 2,9 2,7 3,4 3,5 2 1,6 1 0 W estdeutschland O h n e Q u a lifik a tio n M ittlere Q ualifikation O stdeutschland E infache Q ualifikation H o h e Q u a lifik a tio n Quelle: SOEP, eigene Berechnungen
12 Gründe für Mehrarbeit bei Beschäftigten mit selbstgesteuerten Arbeitszeiten (in Prozent) Arbeit sonst nicht zu bewältigen 82 Probleme mussten dringend gelöst werden 62 Sonst nicht zufrieden mit Arbeitsergebnis 36 Spaß an der Arbeit 25 Betriebliche Vorgaben Einem Kollegen ausgeholfen Bitte des Vorgesetzten Kürzer arbeiten zu anderem Zeitpunkt Frei nehmen zu anderem Zeitpunkt Alle Kollegen haben so lange gearbeitet Willkommener Zuverdienst 6 7 Sonstige Gründe ISO: Arbeitszeit 2003
13 Wachsender Arbeits- und Leistungsdruck - Wirkungen und Reaktionen Bei Zeit- und Leistungsdruck: arbeiten 73% der Beschäftigten länger und nehmen 16% Arbeit mit nach Hause - (Selbst)Extensivierung arbeiten 95% mit erhöhter Konzentration, erhöhen 70% das Arbeitstempo und verzichten 62% auf Pausen - (Selbst)Intensivierung (Quelle: ISO-Arbeistzeitbercht 2003). Zwischenfazit: Die Entgrenzung von Arbeit ist Folge, aber auch Ursache eines wachsende Arbeits- und Leistungsdrucks. Folge: Flexibilisierung, Extensivierung und Intensivierung der Arbeit Ursache: Zunahme von Verantwortung, Aufgabenvielfalt und Koordinationsaufwand
14 Entgrenzte Arbeit und arbeitsbedingte Belastungen Generell: Kein eindeutiger Rückgang physischer und eindeutige Zunahme psychischer Belastungen Belastungen durch Flexible Beschäftigung: Belastende Arbeitsbedingungen und Unsicherheit Belastungen durch Flexible Arbeitszeiten: Mehrarbeit, Un- Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Erschöpfung und psychische Belastungen Belastungen durch kooperative Arbeitsformen: Erhöhter Abstimmungs- und Aushandlungsbedarf, Unklare Zuständigkeiten, Mobbing, Konflikte Belastungen durch Selbsorganisation: Wachsender Verantwortungsdruck, Zunehmende Aufgabenvielfalt, Selbst- Intensivierung
15 Entgrenzung von Arbeit: Anforderungen an eine zukunftsfähige Arbeitsforschung Heterogenität der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen: Nebeneinander von alten und neuen Belastungen und Risiken Ambivalenzen entgrenzter Arbeit: Gleichzeitigkeit von Chancen und Risiken (auch: ambivalente Bewertungen) Institutionelle Uneindeutigkeit : Begrenzte Aussagekraft der institutionellen Form Individualisierung und Subjektivierung von Belastungen und Bewältigungsformen Zwischen Wohlbefinden und manifester Erkrankung: Grauzonen der Wahrnehmung und Bewältigung Ressourcen: Reproduktion in der Arbeit?
16 Entgrenzung von Arbeit und Gesundheit: Ansatzpunkte der Erforschung und Gestaltung Zusammenhänge klären: Rahmenbedingungen, Arbeitsformen und Belastungen Grauzone aufhellen: Strategien und Verläufe Über den Betrieb hinausgehen: Unternehmensnetzwerke und Lebenswelten Die Individuen einbeziehen: Individuen als Leidtragende und Akteure der Arbeitsgestaltung und Gesundheitspolitik Nachhaltigkeit ermitteln: Erhalt und Reproduktion individueller Ressourcen
17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Nick Kratzer Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.v. ISF München Jakob-Klar-Str München 089/ nick.kratzer@isf-muenchen,de
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