Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben. Rechtsanwältin Dr. Bettina Keienburg
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1 Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben Rechtsanwältin Dr. Bettina Keienburg
2 I. UVP-pflichtige Bergbauvorhaben Gewinnung von Kohle, bituminösen Gesteinen, Erzen und sonstigen nichtenergetischen Bodenschätzen im Tiefbau abhängig von übertägigem Flächenbedarf oder Senkungen ( 1 Nr. 1 a) UVP-V Bergbau), im Tagebau abhängig von Abbaufläche, Betreffung besonderer Schutzgebiete oder Wasserhaltungsmaßnahmen ( 1 Nr. 1 b) UVP-V Bergbau), Erdöl- und Erdgasgewinnung im Bereich des Festlandsockels und abhängig von der Fördermenge im Bereich des Festlands ( 1 Nr. 2 UVP-V Bergbau), Halden, Schlammlagerplätze und Klärteiche abhängig vom Flächenbedarf oder der Gefährlichkeit der Abfälle ( 1 Nrn. 3, 4, 4a UVP-V Bergbau), Gruben- u. Grubenanschlussbahnen nach Vorprüfung ( 1 Nr. 5 UVP-V Bergbau), Wassertransportleitungen des Tagebaus längenabhängig nach Vorprüfung ( 1 Nr. 6 UVP-V Bergbau),
3 I. UVP-pflichtige Bergbauvorhaben Untergrundspeicher für Erdgas, Erdöl u. petrochemische oder chemische Erzeugnisse abhängig vom Fassungsvermögen ( 1 Nr. 6a UVP-V Bergbau), Endlager für radioaktive Abfälle ( 1 Nr. 7 UVP-V Bergbau), Tiefbohrungen zur Gewinnung von Erdwärme ab m Teufe in besonders ausgewiesenen Gebieten ( 1 Nr. 8 UVP-V Bergbau), alle sonstigen betriebsplanpflichtigen Vorhaben, die gemäß der Anlage 1 zum UVPG UVP-pflichtig sind und nicht unter 1 Nrn. 1 8 UVP-V Bergbau fallen ( 1 Nr. 9 UVP-V Bergbau).
4 II. Ermittlung der UVP-Pflicht Neues Vorhaben: Spiegelung an den Vorgaben und Schwellenwerten des 1 Nrn. 1 bis 9 UVP-V Bergbau. Änderung/Erweiterung eines bereits existenten Vorhabens: 52 Abs. 2c BBergG: Die Absätze 2a und 2b [Planfeststellung mit UVP] gelten auch für die wesentliche Änderung eines Vorhabens i.s.d. 52 Abs. 2a S. 1, wenn die Änderung erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Weitergehende Regelungen der UVP-Pflicht oder Vorprüfpflicht von Änderungen in 3b, 3c, 3e UVPG. Gem. 18 S. 2 UVPG sind 5 bis 14 UVPG auf bergbauliche Vorhaben nicht anzuwenden. Umkehrschluss: 3b Abs. 3, 3c S. 5, 3e Abs. 1 UVPG sind auch auf bergbauliche Vorhaben anzuwenden. Spezialgesetzliche Regelungen auch des BBergG sind gem. 4 S. 1 UVPG vorrangig, außer wenn sie den Anforderungen des UVPG nicht entsprechen.
5 III. Hineinwachsen in die UVP-Pflicht, 3b Abs. 3 UVPG Wird der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten, ist für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführen. (Satz 1) Bisher nicht UVP-pflichtiges Vorhaben wird geändert/erweitert. Vorhandener Bestand und Änderung/Erweiterung erreichen additiv die Schwellenwerte einer zwingenden UVP. Beispiel: Ein Tagebau mit einer bisherigen Abbaufläche von 10 ha soll um 20 ha auf insgesamt 30 ha erweitert werden. Er überschreitet damit insgesamt den für eine zwingende UVP maßgeblichen Größenwert von 25 ha ( 1 Nr. 1 b) aa) UVP-V Bergbau). Die Änderung ist UVP-pflichtig. Führt nicht dazu, dass der vorhandene Bestand neu zuzulassen ist, aber die Umweltauswirkungen des vorhandenen Bestands sind in die UVP der Änderung bzw. Erweiterung einzubeziehen.
6 III. Hineinwachsen in die UVP-Pflicht, 3b Abs. 3 UVPG Bestehende Vorhaben sind auch kumulierende Vorhaben i.s.d. Absatzes 2 S. 1. (Satz 2) Kumulierende Vorhaben sind Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig und in einem räumlichen Zusammenhang von einem oder verschiedenen Vorhabenträgern errichtet worden sind. Beispiel: Zwei vorhandene Tagebaue mit einer bisherigen Abbaufläche von je 11 ha, insgesamt also 22 ha, stellen kumulierende Vorhaben dar. Soll einer der Tagebaue um 5 ha erweitert werden, wird damit insgesamt der für eine zwingende UVP maßgebliche Schwellenwert von 25 ha überschritten. Nach herrschender Literaturmeinung soll 3b Abs. 3 S. 2 UVPG auch Fälle der nachträglichen Kumulation erfassen. Beispiel: Im räumlichen Zusammenhang eines vorhandenen Tagebaus mit einer Abbaufläche von 15 ha soll ein neuer Tagebau mit einer Abbaufläche von ebenfalls 15 ha errichtet werden. Insgesamt wird damit der für eine zwingende UVP maßgebliche Schwellenwert von 25 ha überschritten. Die Änderung ist UVP-pflichtig.
7 III. Hineinwachsen in die UVP-Pflicht, 3b Abs. 3 UVPG Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte unberücksichtigt. (Satz 3) Altbestand aus dem Zeitraum vor dem Ablauf der Umsetzungsfristen ist nicht additiv zu betrachten; das gilt sowohl für vorhandenen Ist-Bestand als auch für noch nicht vorhandenen aber genehmigungsrechtlich verfestigten Bestand. Ablauf der Umsetzungsfrist Richtlinie 85/337/EWG am (auf dem Gebiet der ehem. DDR erst mit Wiedervereinigung), Ablauf der Umsetzungsfrist Richtlinie 97/11/EG am Beispiel: Ein vorhandener Tagebau mit einer Fläche von 20 ha, der vor dem zugelassen wurde, soll um 10 ha erweitert werden. Damit erreicht zwar das Gesamtvorhaben den für eine zwingende UVP maßgeblichen Schwellenwert von 25 ha, das führt aber dennoch nicht flächenbedingt zur UVP-Pflicht der Änderung, da der Altbestand von 15 ha in diesem Fall nicht additiv zu berücksichtigen ist.
8 IV. Hineinwachsen in die und Wachsen in der Vorprüfpflicht, 3c S. 5 UVPG Für das erstmalige Erreichen oder Überschreiten und jedes weitere Überschreiten der Prüfwerte für Größe und Leistung gilt 3b Abs. 2 S. 1 und 2 und Abs. 3 UVPG entsprechend. Bisher nicht UVP-pflichtiges Vorhaben wird geändert/erweitert. Vorhandener Bestand und Änderung/Erweiterung erreichen additiv die Schwellenwerte einer Vorprüfung. Beispiel: Ein Tagebau mit einer bisherigen Abbaufläche von 5 ha soll um 10 ha auf insgesamt 15 ha erweitert werden. Er überschreitet damit insgesamt den für eine Vorprüfung maßgeblichen Größenwert von mehr als 10 ha ( 1 Nr. 1 b) dd) UVP-V Bergbau). Die Änderung ist vorprüfpflichtig. Prüfung der Umweltauswirkungen unter Einbeziehung des vorhandenen Bestands auch kumulierender Vorhaben. Bestand aus dem Zeitraum vor dem Ablaufen der jeweiligen Umsetzungsfristen der Richtlinie 85/337/EWG und 97/11/EG ist nicht zu berücksichtigen.
9 V. Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben, 3e Abs. 1 UVPG Die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des 3c S.1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine UVP durchgeführt worden ist. Schon im Ursprungsbestand UVP-pflichtiges Vorhaben wird geändert/erweitert. Erfasst werden damit: bereits einer UVP unterzogene Vorhaben, Vorhaben, die noch keiner UVP unterzogen wurden, aber nach den heutigen Maßstäben zwingend UVP-pflichtig wären, d.h. auch ein Tagebau aus dem Jahre 1970 mit einer Fläche von mehr als 30 ha stellt ein Vorhaben i.s.d. 3e Abs. 1 UVPG dar.
10 V. Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben, 3e Abs. 1 UVPG Erreicht die Änderung/Erweiterung eines im Grundbestand bereits UVP-pflichtigen Vorhabens selbst die Größenwerte einer zwingenden UVP, ist die Änderung/Erweiterung UVP-pflichtig ( 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG). Beispiel: Ein Tagebau mit einer bisherigen Abbaufläche von 30 ha soll um weitere 30 ha erweitert werden. Die Erweiterung ist UVP-pflichtig. Erreicht die Änderung/Erweiterung eines im Grundbestand bereits UVP-pflichtigen Vorhabens nicht die Größenwerte einer zwingenden UVP, ist die Änderung/Erweiterung vorprüfpflichtig ( 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG); dies gilt unabhängig von dem Umfang der Änderung/Erweiterung.. Beispiel: Ein Tagebau mit einer bisherigen Abbaufläche von 30 ha soll um weitere 5 ha erweitert werden. Die Erweiterung ist vorprüfpflichtig, obwohl sie den Schwellenwert einer Vorprüfung gem. 1 Nr. 1 b) dd) UVP-V Bergbau nicht erreicht.
11 VI. Fazit 3b Abs. 3, 3c S. 5, 3e Abs. 1 UVPG Eine Änderung oder Erweiterung eines bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens, die dazu führt, dass die Schwellenwerte einer Vorprüfung erreicht oder erneut überschritten werden, ist vorprüfpflichtig ( 3c S. 5 UVPG). Dabei ist der vorhandene Bestand additiv zu berücksichtigen, mit Ausnahme von Bestand aus dem Zeitraum vor dem Ablaufen der jeweiligen Umsetzungsfrist der Richtlinie 85/337/EWG und 97/11/EG. Eine Änderung oder Erweiterung eines bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens, die dazu führt, dass die Schwellenwerte einer zwingenden UVP erreicht werden, ist UVP-pflichtig ( 3b Abs. 3 UVPG). Dabei ist der vorhandene Bestand additiv zu berücksichtigen, mit Ausnahme von Bestand aus dem Zeitraum vor dem Ablaufen der jeweiligen Umsetzungsfrist der Richtlinie 85/337/EWG und 97/11/EG. Eine Änderung oder Erweiterung eines bereits im Bestand UVP-pflichtigen Vorhabens ist dann, wenn die Änderung/Erweiterung selbst die Schwellenwerte einer zwingenden UVP erreicht, zwingend UVP-pflichtig ( 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG) und ansonsten vorprüfpflichtig ( 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG).
12 VII. Fehlerfolgen Das Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung stellt gem. 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG einen absoluten Verfahrensfehler dar. Das Unterlassen einer erforderlichen Vorprüfung stellt gem. 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG einen absoluten Verfahrensfehler dar. Genügt eine durchgeführte Vorprüfung nicht dem Maßstab des 3a Satz 4 UVPG stellt auch dies gem. 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG einen absoluten Verfahrensfehler dar.
13 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit KÜMMERLEIN Rechtsanwälte und Notare Messeallee 2, Essen Telefon: / , Telefax: / Bettina.Keienburg@kuemmerlein.de
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