Community Reinforcement Approach und Familien-Training
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- Catharina Pfaff
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1 Community Reinforcement Approach und Familien-Training Dr. Gallus Bischof Universität zu Lübeck Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Forschungsgruppe S:TEP (Substanzmissbrauch: Therapie, Epidemiologie und Prävention)
2 Inhalt Versorgungssituation Angehöriger Grundprinzipien des CRAFT-Ansatzes Wirksamkeit des CRAFT-Ansatzes CRAFT-Bausteine
3 Hintergrund In Deutschland gelten ca. 7 Mio. Angehörige von Alkoholabhängigen als von der Abhängigkeit unmittelbar mitbetroffen Erhöhte Rate stressbedingter Erkrankungen bei Angehörigen Leidensdruck erhöht
4 Hintergrund Einbeziehung von Angehörigen in die Behandlung von Alkoholabhängigen verbessert: Behandlungsaufnahme Haltequote Outcome (Zweben et al., 1983)
5 Inanspruchnahme von suchtspezifischer Hilfe bei Alkoholabhängigen 14,5% weitergehend 14,5% geringfügig 70,9% keine TACOS Studie, Rumpf, Meyer, Hapke, Bischof & John (2000). Sucht,46, 9-17
6 Absichtsbildung Absichtslosigkeit Handlung Nutzen des Verhaltens Kosten der Änderung Kosten des Verhaltens Nutzen der Änderung
7 Änderungsbereitschaft bei Alkoholabhängigkeit Handlung Absichtslosigkeit Absichtsbildung 58 % 16 % 26 % TACOS Studie, Rumpf, Meyer, Hapke, & John (1999). General Hospital Psychiatry, 21;
8 Stadien der Änderungsbereitschaft Motivation Entscheidung Selbstwirksamkeit Absichts- Absichts- Hand- Aufrecht- losigkeit bildung lung erhaltung Besorg- Druck Entscheidungs- Coping nis durch die balance Skills Umwelt
9 Inanspruchnahme von ambulanter suchtspezifischer Hilfe bei Angehörigen 6 % aller Inanspruchnehmer < 1% der Angehörigen Hildebrand et al. (2009), Sucht,55, S15-S34.
10 Behandlungsangebote und Konzepte Aktuell dominierend für die Angehörigenarbeit in Selbsthilfe und Beratung ist das Konzept Co-Abhängigkeit : Er/sie (der/die Co-Abhängige) ist ein Kompagnon, ein unwissentlich Verbündeter des Abhängigen und ein doppelter Teilhaber an der Krankheit: Er kriegt "seinen Teil ab und er trägt ungewollt seinen Teil dazu bei, dass die Abhängigkeit sich festigt (Schneider 1998)
11 Behandlungsangebote und Konzepte Co-Abhängigkeit ist Beziehungsstörung und -abhängigkeit. Co-Abhängige unterstützen ihre Partner bis zur eigenen Selbstaufgabe. Sie sind nicht in der Lage, die Aussichtslosigkeit ihres Verhaltens zu bewerten und sich entsprechend zu verhalten. Co-Abhängigkeit kann soweit führen, dass Co-Abhängige sich selbst nicht mehr fühlen und wahrnehmen zumindest in der Beziehung zum Süchtigen, oft aber auch darüber hinaus. Co-Abhängigkeit ist also Irrtum, Versäumnis und Verstrickung. (BKK/Freundeskreis (Hrsg.) Co- Abhängigkeit erkennen. Angehörige von Suchtkranken im Blickpunkt ärztlichtherapeutischen Handelns. Broschüre, o.j.) Oftmals undifferenziert verwendet für ALLE Angehörigen von Suchtmittelabhängigen
12 Behandlungsziele nach dem Konzept der Co-Abhängigkeit
13 CRAFT: Begriffsklärung Community = Gemeinschaft: Familie, Freunde, Arbeit/Schule, Glaubensgemeinde, Sozial + Freizeit- Kontakte Reinforcer = Verstärker im Sinne der Lerntheorie Angehörige = die am Programm teilnehmenden, nicht suchtkranken Angehörigen IP = Indexpatient (der suchtkranke Angehörige)
14 CRAFT= Community Reinforcement Ansatz: Das Familien-Training Einzelintervention für Angehörige OHNE den IP Individualisiertes Vorgehen Basiert auf verhaltenstherapeutischen Konzepten Anwendbar für unterschiedliche Beziehungsarten (Partner, Kinder, Freunde) Wirksamkeit nachgewiesen für Alkohol, Drogen, pathologisches Glücksspiel
15 CRAFT: Ziele o Verringerung des Substanzkonsums des IP o Behandlungsaufnahme durch den IP o Unabhängige Verbesserung der Lebenszufriedenheit der Angehörigen
16 CRAFT: Grundlagen Beendigung der Verstärkung von konsumierenden Verhalten Gezielte Verstärkung von abstinenten, funktionalen Verhaltensweisen
17 Absichtsbildung Absichtslosigkeit Handlung Nutzen des Verhaltens Kosten der Änderung Kosten des Verhaltens Nutzen der Änderung
18 Absichtsbildung Absichtslosigkeit Handlung Kosten Konsum Nutzen fkt. Verhalten Nutzen Konsum Kosten fkt. Verhalten
19 Effektivität von Interventionen bei Angehörigen: Empirische Befunde bei Alkohol 130 Angehörige (91% w., 47J.) wurden randomisiert den folgenden Interventionsbedingungen zugewiesen: Al-Anon Facilitation Therapy (AFT; 12x1Std.) Johnson Institute Intervention (JII; 6x 2Std.) Community Reinforcement (CRAFT; 12x1Std.) Quelle: Miller, Meyers & Tonigan (1999). Engaging the unmotivated in treatment for alcohol problems: A comparison of three strategies for intervention through family members. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 67:
20 Miller, Meyers & Tonigan (1999) Behandlungsraten zum follow-up Zeitpunkt Al-Anon Johnson CRAFT ,6 22,5 p< ,4
21 BDI-Depressions-Scores Miller, Meyers & Tonigan (1999) Intake Month 3 Month 6 Month 12
22 Effektivität von Interventionen bei Angehörigen: Empirische Befunde bei Drogen 90 Angehörige (53% Eltern, 30% Partner) wurden randomisiert den folgenden Interventionsbedingungen zugewiesen: Al-Anon Facilitation Therapy (AFT) Community Reinforcement (CRAFT) Community Reinforcement (CRAFT) + Nachsorge Quelle: Meyers R, Miller W, Smith J, Tonigan S.(2002) A randomized trial of two methods for engaging treatment-refusing drug users through concerned significant others.journal of Consulting and Clinical Psycholy 70:
23 Behandlungsraten zum 12-Monats follow-up Al-Anon CRAFT CRAFT+ Nachsorge p<.0001 Quelle: Meyers R, Miller W, Smith J, Tonigan S.(2002) A randomized trial of two methods for engaging treatment-refusing drug users through concerned significant others.journal of Consulting and Clinical Psycholy 70:
24 Studien zu CRAFT & Substanzmissbrauch: Überblick Sisson & Azrin 1986 Miller et al Kirby et al., 1999 Meyers et al Meyers et al., 2002 Waldron et al., Angehörige 130 Angehörige 32 Angehörige 62 Angehörige 90 Angehörige 43 Angehörige Alkohol Alkohol Kokain Kokain Cannabis Cannabis Heroin Cannabis Kokain Kokain Stimulanzien Opiate Stimulanzien Randomisiert (CRAFT/AA) Randomisiert (CRAFT/JI/AA) Randomisiert (CRAFT/AA) Nicht randomisiert Randomisiert (CRAFT/AA) Nicht randomisiert 86% vs. 0% 64% vs. 23% vs. 13% 74% vs. 17% 74% 67% vs. 29% 71%
25
26 ?
27 Psychosoziale Interventionen bei Angehörigen von Personen mit chronischer Alkoholabhängigkeit
28 Studiendesign Angehörige aus Beratungsstellen und Arztpraxen Ablehnung Diagnostik Ausschluss Nach 3 Monaten Nach 6 Monaten Nach 12 Monaten Intervention Randomisierung Sofortige Intervention E t0 E t1 E t2 E t3 Warteliste E t0 E t1 Intervention E t2 E t3
29 Studienteilnehmer >18 Jahre alte Angehörige von Personen mit alkoholbezogener Störung Mit IP zusammenlebend oder mind. 20 Std./Woche Kontakt Einschluss von 107 Angehörigen nach Baseline-Diagnostik (t0) 18 dropouts von t0 zu t3 (IP verstorben, Abbruch, Trennung) N = 89 Studienteilnehmer Wartegruppe (WG) n=37 Interventionsgruppe (IG) n=52
30 83 Frauen, 6 Männer Stichprobe Beziehung zum Indexpatienten: 60,7 % Ehepartner 15,7 % Lebenspartner 10,1 % Kind 7,9 % Elternteil 6,6 % andere Beziehung 62,9% haben bereits wegen des Alkoholproblems anderweitige Hilfe in Anspruch genommen (Selbsthilfe 28,1%, Beratungsstelle 32,6%, andere 29,2%) Diese wird von 64% als eher oder garnicht hilfreich beurteilt
31 Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfe Erhoben wurde die Inanspruchnahme verschiedener Hilfen durch den Indexpatienten: Beratungsstellen Selbsthilfegruppen Ambulante Gruppen Stationäre Aufenthalte (Entgiftung, Entwöhnung) Andere Beratungen durch Fachkräfte (Psychologe, Pastor, Psychiater, Sozialarbeiter )
32 Inanspruchnahme (kumulativ) *p= ,5 13,5 Baseline bis 3 MK 48,1 40,5 Baseline-6 MK 51,9 45,9 Baseline- 12MK Signifikant höhere Inanspruchnahme in IG zu 3MK Kein Unterschied zur 6- und 12MK zwischen den Gruppen Interventionsgruppe Wartegruppe
33 Veränderung des Alkoholkonsums Erhoben wurde Fremdanamnestisch der AUDIT-C (durch Schätzung der Angehörigen) zur 3 und 6MK Einschätzung der Veränderung des Alkoholkonsums durch Angehörige (9-stufige Ratingskala) zur 3 und 6MK
34 Veränderung Alkoholkonsum AUDIT-C *p= ,7 6,9 6,8 7,6 6,6 7,3 3 MK 6 MK 12 MK Signifikant niedrigerer AUDIT-C Summenscore zur 3 MK in der IG Angleichung zur 6- und 12 MK Interventionsgruppe Wartegruppe
35 Psychische Gesundheit der Angehörigen Erhebungsinstrumente: Beck Depressions Inventar (BDI) Five Item Mental Health Inventory (MHI-5) Symptom Check List 90-R (SCL 90-R)
36 *p<0.001 BDI Summenscore ,4 12,2 9,5 *p= ,9 8, Baseline 3 MK 6 MK 12 MK IG WG
37 MHI-5 *p<0.001 P=.044 P= ,34 11,22 10, ,27 8,68 8, Baseline 3 MK 6 MK Interventionsgruppe Wartegruppe
38 CRAFT: Bausteine o Motivieren der Angehörigen o Gewaltpräventive Strategien o Funktionale Verhaltensanalyse o Kommunikationstraining
39 CRAFT: Bausteine o Nutzung (positiver) Verstärkung o Nutzung negativer Konsequenzen o Verbesserung der Lebensqualität des Angehörigen o Vorbereitung einer Behandlung für IP
40 CRAFT: Aufbau Die Entscheidung, welche Bestandteile einzusetzen sind, ist in erster Linie von den Bedürfnissen der einzelnen Angehörigen und ihrer Bereitschaft das Verfahren auszuprobieren, abhängig. (...) Die Verfahren sollen jedoch nicht wie ein Einkaufszettel abgearbeitet werden, sie sollten eher in beliebiger Reihenfolge und unterschiedlicher Geschwindigkeit eingeführt werden, je nachdem, was das Beste für jeden Klienten ist. (...) Zusammenfassend werden Sie in Abhängigkeit vom Klienten verschiedene Kombinationen von Verfahren oder dieselben Verfahren zu verschiedenen Zeitpunkten oder dieselben Verfahren mit unterschiedlicher Dauer anwenden. Sie müssen in der Lage sein den Prozess stetig zu ändern, bleiben Sie nicht an einer spezifischen Formel kleben. (Smith/Meyers 2004)
41 CRAFT: Vorgehen 1. Diagnostische Phase 2. Intervention
42 CRAFT: Diagnostische Phase Wie ist die Beziehungsqualität? Wie viele gemeinsame Aktivitäten finden statt? Treten Bedrohungssituationen auf? (Ggf. FA Gewalt) Wie sieht das aktuelle Konsummuster aus? Wie sind die Verstärkerbedingungen bei Konsum? (FA Konsum) Gab es Phasen mit geringerem Konsum? Was könnte dafür ausschlaggebend gewesen sein?
43 CRAFT: Diagnostische Phase Welche funktionalen Verhaltensweisen existieren derzeit? Wie sind die Verstärkerbedingungen? (FA Funktionales Verhalten) Inwiefern wird Alkoholkonsum thematisiert? Wie läuft das ab? Wie waren die bisherigen Reaktionen? (Komm.training) Wie belastet ist Angehörige aktuell? Hinweise auf fehlende Ressourcen? (Verbesserung Lebensqualität)
44 CRAFT: Aufbau Keine zwingende Reihenfolge vorgeschrieben Gewichtigkeit der einzelnen Bausteine variiert individuell Durchführung aller Module setzt Einverständnis mit den 3 Zielen voraus (i.d.r. während Diagnostik geklärt) Vor aktiven Änderungsplänen diagnostische Phase (I.d.R. 1-2 Sitzungen)
45 CRAFT: Gundlagen CRAFT: Aufbau Motivieren der Angehörigen Gewaltpräventive Strategien Verbesserung der eigenen Lebensqualität Kommunikationstraining
46 Absichtsbildung Absichtslosigkeit Handlung Zulassen negativer Konsequenzen Aussetzen positiver Verstärkung bei Konsum Nutzen des Verhaltens Kosten der Änderung Kosten des Verhaltens Nutzen der Änderung
47 Absichtsbildung Absichtslosigkeit Handlung Nutzung (positiver) Verstärkung Beeinflussung von Kontingenzen (Funktionale Analyse) Vorbereitung einer Behandlung für IP Nutzen des Verhaltens Kosten der Änderung Kosten des Verhaltens Nutzen der Änderung
48 Nächste Schritte Entwicklung eines Gruppenprogramms (10 Sitzungen) Integration in Selbsthilfeansätze (Familienclubs, I.O.G.T.)
49 Gruppenkonzept in 10 Sitzungen à 90 Minuten 1. Kennenlernen, Erfahrungsberichte, Vorstellung des Programms, Waage-Modell, Klärung Verantwortlichkeiten 2. Verständnis des Konsumverhaltens; Einführung in die Funktionale Analyse + Hausaufgabe 3. Auswertung Funktionale Analyse, Selbstfürsorge + Hausaufgabe 4. Auswertung Selbstfürsorge, Einführung Kommunikationstraining, Alltagsübungen
50 Gruppenkonzept 5. Auswertung Kommunikationstraining, Sammeln und Bewerten von funktionalem Verhalten, Auf funktionales Verhalten des IP achten als Hausaufgabe 6. Nachbereitung Hausaufgabe, Funktionale Analyse funktionalen Verhaltens, Verbesserung der Beziehungsqualität 7. Negative Konsequenzen + Umgang damit => Sammeln; Sammeln alternativer Verhaltensmöglichkeiten, Kommunikationsübung
51 Gruppenkonzept 8. Umgang mit negativen Konsequenzen besprechen; Selbstfürsorge + Problemlösetraining 9. Inanspruchnahme Hilfen: Psychoedukation + günstige Zeitfenster; Kommunikationsübung 10. Weiteres Vorgehen; Umgang mit Rückfällen, Abschied
52 Zum Weiterlesen...
53 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen, Kritik, Anregungen, Wünsche...
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