Unterschätzte individuelle Diversity-Aspekte: Introvertiertheit, Aussehen und Boreout. Günther Vedder, IAW - Leibniz Universität Hannover
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- Rudolph Voss
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1 Unterschätzte individuelle Diversity-Aspekte: Introvertiertheit, Aussehen und Boreout Günther Vedder, IAW - Leibniz Universität Hannover
2 Worauf wir uns konzentrieren und was wir eher vernachlässigen Verhalten Sprache Kleidung Aussehen Alter Geschlecht Ethnizität Sexuelle Behinderung Religion Orientierung Soziale Herkunft Familie Belastungen Kompetenzen Arbeitsweisen Zeitorientierung Motivation Lernstile Einstellungen Werte Persönlichkeitsmerkmale Intelligenz Denkmuster Überzeugungen Seite 2
3 Welche Diversitätsaspekte sind jeweils besonders relevant? Herausgabe eines Sammelbandes: Qualitativ guter Input, Pünktlichkeit, Einhaltung von Vorgaben Wissenschaftliche Weiterbildung: Eingangsmotivation, Vorkenntnisse, Abstraktionsvermögen Starke Betonung der Diversity-Kerndimensionen Blinde Flecken der Diversitätsforschung Seite 3
4 Beispiel 1: Introvertiertheit als Persönlichkeitseigenschaft Introversion Extraversion Zwei Pole eines Kontinuums auf dem sich jede(r) verorten lässt von Carl Gustav Jung in die Psychologie eingeführt. Unterschiedliche Arten der Wahrnehmung, des Denkens und Fühlens. Jede Ausprägung bringt Vor- und Nachteile mit sich! Wie geht es sehr introvertierten Menschen in Organisationen? Seite 4
5 Stärken von introvertierten Menschen im Berufsleben Vorsicht: Introvertierte vermeiden Abenteuer, gehen behutsam vor, beobachten aufmerksam, zeigen Respekt und sind unaufdringlich (Kehrseite: Unsicherheit im Umgang mit Anderen) Beharrlichkeit: Introvertierte gehen geduldig und mit langem Atem einer Sache nach um ihr Ziel zu erreichen (Kehrseite: Fixierung; Unbeweglichkeit in der Kommunikation) Einfühlungsvermögen: Introvertierte können sich gut in die Lage des Gegenübers versetzen und leben mit wenigen Konflikten (Kehrseite: Konfliktscheu; Nachgeben oder Zumachen bei Druck) Konzentration, Ruhe, Substanz, Unabhängigkeit Quelle: Sylvia Löhken (2012): Leise Menschen, starke Wirkung Wie sie Präsenz zeigen und Gehör finden; Gabal. Seite 5
6 Die Erwartungen gehen oft in eine andere Richtung Wir möchten gerne glauben, dass wir Individualität wertschätzen, aber vor allem bewundern wir einen Typus denjenigen, dem es nichts ausmacht, sich in den Vordergrund zu stellen. ( ) Introvertierte, die unter dem Ideal der Extraversion leben, werden wegen eines Merkmals geringgeschätzt, das sie im Innersten definiert. Quelle: Susan Cain (2011): Still die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt; Riemann. Seite 6
7 Herausforderungen für die Betroffenen Introvertierte: Teamwork Brainstorming Großraumbüros Abteilungsmeetings Networking Vorgesetzte von Introvertierten: Unsicherheit Welche Hilfen kann ich geben? Was sind die spezifischen Bedürfnisse dieser Personen? Sie werden eher übersehen, unterschätzt und kommen in Diskussionen seltener zu Wort. Gefühlte Benachteiligung bei Beförderungen Mit der Aufforderung Mensch, komm doch mal aus dir heraus ist es jedenfalls nicht getan. Hilfestellungen bei der Förderung von Introvertierten Seite 7
8 Beispiel 2: Das Aussehen als Diversitätsmerkmal unattraktiv sehr attraktiv Aussehen = äußeres Erscheinungsbild einer Person Der Körper selbst und Objekte, die der Mensch am Körper trägt. Körpergröße, Hautfarbe, Körpergewicht, Nasenform, Haarfülle Kleidung, Schmuck, Kopfbedeckungen, Piercings, Tattoos Diskriminierung aufgrund von Äußerlichkeiten (Lookism) Seite 8
9 Das Attraktivitätsstereotyp und die Folgen Den Attraktiven werden durchgängig die besseren Eigenschaften zugeschrieben, sowohl bei der Persönlichkeit als auch bei der Kompetenz und Intelligenz ( Was schön ist, ist auch gut ). Hübsche Schüler bekommen in der Schule die besseren Noten. (Rost 1993) Schöne Menschen setzen sich in Diskussionen eher durch, reden länger, werden seltener unterbrochen und erfahren mehr Zustimmung. (Horai et.al. 1974) Attraktivere Angeklagte können vor Gericht mit milderen Strafen rechnen. (Downs & Lyons 1991) Gut aussehende ProfessorInnen werden von Studierenden als kompetenter bewertet. (Klein & Rosar 2006) Seite 9
10 Die Rolle des Aussehens bei der Personalauswahl A B C D D E F G Seite 10
11 Fehler bei der Personalauswahl mit Blick auf das Aussehen Hohe Kompetenz Weniger hohe Kompetenz Hohe Attraktivität Wir nehmen die Person = alles in Ordnung Wir nehmen die Person = Alpha-Fehler Weniger hohe Attraktivität Wir nehmen die Person nicht = Beta-Fehler Wir nehmen die Person nicht = alles in Ordnung Seite 11
12 Beispiel 3: Die Wahrnehmung beruflicher Belastungen Starke Unterforderung Starke Überforderung 1.) Zum Verbreitungsgrad der Über- bzw. Unterforderung am Arbeitsplatz Stressreport 2012 der baua (n = ) Ich fühle mich quantitativ überfordert 19% Ich fühle mich qualitativ überfordert 4% Ich fühle mich quantitativ unterfordert 5% Ich fühle mich qualitativ unterfordert 13% 2.) Unter Boreout verstehen wir eine dauerhafte Form der Unterforderung am Arbeitsplatz (qualitativ und/oder quantitativ), die deutliche negative Stress-Symptome und das Gefühl von Langeweile zur Folge hat. Seite 12
13 Zusammenspiel von Anforderungen + Kompetenzen Anforderungen der Stelle hoch BURNOUT niedrig niedrig BOREOUT hoch Individuelle Kompetenzen Seite 13
14 Ursachen und Folgen der permanenten Unterforderung Ausgewählte Ursachen: Rationalisierung und Reorganisation; Überqualifikation für die jeweilige Stelle; Mobbing und unbearbeitete Konflikte; fehlende Weiterbildung => Dequalifikation; Ausgewählte Folgen: Gesundheitsprobleme (Rücken, Tinnitus, Depression ) Sinkendes Selbstwertgefühl - Wissensentwertung Gefühl fehlender Wertschätzung oder Diskriminierung Schamgefühl + Angst vor dem Arbeitsplatzverlust Seite 14
15 An welchen Punkten kann angesetzt werden, wenn Boreout in der Organisation kein Tabuthema ist? Präventiv: Personalrekrutierung Personaleinarbeitung Durchgängig: Personalführung Arbeitsgestaltung Personalentwicklung Arbeitszeitreduktion Boreout-Coaching Konfliktmanagement Seite 15
16 Plädoyer: Verstärktes Aufgreifen solcher Diversity-Aspekte Mehr Aufmerksamkeit für die blinden Flecken unseres Themenfelds, sowohl in der Praxis als auch in der Forschung! In Organisationen: Unconscious Bias-Training für RekrutiererInnen (Aussehen) Projekt Ungleiche Arbeitsbelastungen (Boreout) Fortbildung von Führungskräften zum Thema Introversion In der Wissenschaft: Originelle Fragestellungen für Masterarbeiten/Dissertationen Wo sind die DiM-Kerndimensionen mehr/weniger zentral? Differenzierung/Individualisierung von Personalpolitik Seite 16
17 Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Günther Vedder, IAW - Leibniz Universität Hannover
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