30 Metriken und Normen
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- Thilo Böhm
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1 31 Metriken und Normen Metriken und Normen Lernziele: Konzepte: Metriken, Normen, Skalarprodukte, Konvergenz von Folgen Frage: Versuchen Sie, möglichst viele verschiedene Konvergenzbegriffe für Folgen im Funktionenraum C [0,1] zu finden. DieKonvergenz von FolgenimR n kannmit Hilfedes in(28.8)definierten Euklidischen Abstands erklärt werden. Allgemeiner können mittels geeigneter Abstandsbegriffe auch viele Konvergenzbegriffe für Funktionenfolgen erklärt werden, etwa die in Abschnitt?? ausführlich behandelte gleichmäßige Konvergenz oder die für die Integrationstheorie wichtige Konvergenz im Mittel (jedoch nicht die punktweise Konvergenz) Definition. Es sei X eine Menge. Eine Abbildung d : X X [0, ) heißt Metrik auf X, falls stets gilt d(x,y) = 0 x = y, (1) d(x, y) = d(y, x) (Symmetrie) und (2) d(x, y) d(x, z) + d(z, y) (Dreiecks-Ungleichung). (3) Das Paar (X, d) heißt metrischer Raum. An Stelle von (X,d) schreibt man kurz X, wenn klar ist, welche Metrik gemeint ist. Für eine Teilmenge M von X ist auch (M,d) ein metrischer Raum Beispiele. a) Auf R wird durch d(x,y) := x y eine Metrik definiert. b) Auf R n wird wie in (28.8) durch d(x,y) := ( n (x j y j ) 2 ) 1 / 2 eine Metrik definiert; die Dreiecks-Ungleichung folgt aus 30.6 und c) Ein exotisches Beispiel einer Metrik ist die durch d(x,y) := { 0, x = y 1, x y (4) auf einer beliebigen Menge X definierte diskrete Metrik; diese ist gelegentlich zur Konstruktion von Gegenbeispielen nützlich Konvergente Folgen. a) Eine Folge (x n ) in einem metrischen Raum X heißt konvergent gegen x X, falls d(x,x n ) 0 gilt. Man schreibt dann x = n lim x n oder x n x. Dies ist genau dann der Fall, wenn gilt: ε > 0 n 0 N n n 0 : d(x n,x) < ε. (5)
2 154 V. Topologische Grundlagen der Analysis b) Nach (3) gilt d(x,y) d(z,y) d(x,z) und auch d(z,y) d(x,y) d(z,x) für x,y,z X, wegen (2) also d(x,y) d(z,y) d(x,z) für x, y, z X. (6) c) Aus x n x und y n y folgt wegen (6) und (2) sofort d(x n,y n ) d(x,y) d(x n,y n ) d(x,y n ) + d(x,y n ) d(x,y) d(x n,x)+d(y n,y) 0. d) Aus x n x und x n y folgt also d(x,y) = lim n d(x n,x n ) = 0; wegen (1) sind daher Grenzwerte in metrischen Räumen eindeutig bestimmt Konvergente Folgen im R n. a) Eine Folge(x (k) ) = ((x (k) j )) in R n konvergiert genau dann gegen x = (x j ) R n, falls lim x (k) j = x j für j = 1,...,n gilt. k b) Dies folgt unmittelbar aus den Definitionen (5) der Konvergenz und (28.8) der Metrik; die Konvergenz in R n findet also einfach koordinatenweise statt. Im R 2 hat manbeispielsweise ( cosk, sink) (0,0), k k imr3 etwa( k k, logk, (1+ 2 k k )k ) (1,0,e 2 ). c) Eine Folge (z k ) in C ist genau dann konvergent, wenn die reellen Folgen (Rez k ) und (Imz k ) konvergieren. Viele der in der Analysis wichtigen metrischen Räume besitzen zusätzlich eine Vektorraum-Struktur (über den Körpern K = R oder K = C); dies ist insbesondere der Fall für K n und für Funktionenräume, d.h. für Unterräume des Vektorraumes F(M,K) aller Funktionen auf einer Menge M mit Werten in K. Die Metriken sind meist translationsinvariant, erfüllen also d(x,y) = d(x y,0) (7) für x,y X, und sind daher bereits durch die Distanzen d(x,0) der Punkte x X zum Nullpunkt eindeutig festgelegt. Für die Abbildungen x d(x, 0) gelten oft die folgenden Normeigenschaften (8) (10): 30.5 Definition. Es sei E ein Vektorraum über K. Eine Abbildung : E [0, ) heißt Norm auf E, falls stets gilt x = 0 x = 0, (8) αx = α x für α K und x E, (9) x+y x + y (Dreiecks-Ungleichung). (10) Das Paar (E, ) heißt normierter Raum. Statt (E, ) schreibt man kurz E, wenn klar ist, welche Norm auf E gemeint ist.
3 31 Metriken und Normen Feststellung. Auf einem normierten Raum (E, ) wird durch d(x,y) := x y für x, y E (11) eine Metrik definiert. An Stelle von (9) würde auch die schwächere Bedingung x = x genügen. Die stärkere Bedingung (9) sichert jedoch die Stetigkeit der Skalarmultiplikation Normen auf K n. a) Für 1 p < wird auf K n die l p -Norm durch ( ) n 1/p x p := x j p, x = (x 1,...,x n ) K n, (12) erklärt. Die Dreiecks-Ungleichung (10) ist für p = 1 klar und für p 1 als Minkowskische Ungleichung (vgl. [A1], (21.8)*) bekannt. Für p = 2 folgt sie aus Im Fall K = R stimmt 2 = mit der Euklidischen Norm aus (28.5) überein. b) Neben der l 2 -Norm werden vor allem die l 1 -Norm und die durch x := n max x j, x = (x 1,...,x n ) K n, (13) erklärte l -Norm oder Maximum-Norm auf K n verwendet. Die Notation wird durch x = lim x p für x K n motiviert. Für 1 p schreibt man kurz l n p p oder l n p (K) für (Kn, p ) Äquivalenz von Normen. a) Zwei Normen A und B auf einem Vektorraum E heißen äquivalent, falls die folgenden Abschätzungen gelten: c, C > 0 x E : c x A x B C x A. (14) Äquivalente Normen liefern den gleichen Konvergenzbegriff auf E. b) Für 1 p q < und x K n gilt x x q x p x 1 n x ; (15) somit sind also alle l p -Normen auf K n äquivalent. In Satz wird gezeigt, daß sogar alle Normen auf K n äquivalent sind Kugeln. a)diekonvergenzbedingung(5)kannmithilfeder offenenε-kugeln K ε (x) := {y X d(y,x) < ε}, ε > 0, (16) auch so formuliert werden: ε > 0 n 0 N n n 0 : x n K ε (x); (17) statt der offenen kann man auch die abgeschlossenen ε-kugeln verwenden: K ε (x) := {y X d(y,x) ε}, ε 0. (18) b) Die in (16) und (18) definierten ε-kugeln sind nur im Fall der Euklidischen Norm rund (und im R2 natürlich Kreise); für p = und K = R etwa hat man Quadrate im R 2 und Würfel im R 3.
4 156 V. Topologische Grundlagen der Analysis Definition. Es sei E ein Vektorraum über K. Eine Abbildung, : E E K heißt Skalarprodukt auf E, falls gilt: αx 1 +x 2,y = α x 1,y + x 2,y, α K, x 1, x 2, y E, (19) x,y = y,x, x, y E, (20) x,x 0 und x,x = 0 x = 0, x E. (21) Beispiele und Bemerkungen. a) Auf R n wird durch (28.6) ein Skalarprodukt definiert, auf C n entsprechend durch x,y := n x j y j, x = (x 1,...,x n ), y = (y 1,...,y n ) C n. (22) b) Auf C[a, b] wird ein Skalarprodukt definiert durch f,g := b a f(t)g(t)dt, f, g C[a,b]. (23) c) Für x,y E gilt nach (19) und (20) die binomische Formel x+y,x+y = x,x +2Re x,y + y,y. (24) Satz (Schwarzsche Ungleichung). Es sei, ein Skalarprodukt auf E. Für alle x,y E gilt dann x,y 2 x,x y,y. (25) Beweis s. [A2], Folgerung. Für ein Skalarprodukt, wird durch x := x,x (26) eine Norm auf E definiert Produkträume. a) Für metrische Räume (X 1,d 1 ),...,(X n,d n ) wird auf dem Produkt X := X 1... X n etwa durch d(x,y) := d 2 (x,y) := ( n d j (x j,y j ) 2 ) 1 / 2 (27) für x = (x 1,...,x n ), y = (y 1,...,y n ) X eine Metrik definiert. Wie im Fall des K n liefert d die koordinatenweise Konvergenz x (k) x x (k) j x j für j = 1,...,n. (28) b) Für normierte Räume (X j, j ) wird die Metrik d 2 von dieser Norm induziert: x := x 2 := ( n x j 2 j )1 / 2. (29) c) Sind die Normen auf X j durch Skalarprodukte, j gemäß (26) gegeben, so wird die Norm 2 auf X von folgendem Skalarprodukt induziert: x,y := n x j,y j j. (30)
5 31 Metriken und Normen 157 Es werden nun wichtige Beispiele normierter Funktionenräume vorgestellt: Supremums-Normen. a) Die Menge B(M, K) aller auf einer Menge M beschränkten Funktionen ist ein Vektorraum, und auf diesem wird durch f sup := f := f M := sup f(x), f B(M,K), (31) x M die Supremums-Norm definiert. b) Diese beschreibt die gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen, d. h. es gilt genau dann f f k sup 0, wenn die Folge (f k ) gleichmäßig gegen die Funktion f konvergiert (vgl. [A1], 14.8). c) Für Intervalle I R und K = R ist die Kugel K ε (f) die Menge aller Funktionen in B(I,R), deren Graph in einem ε-schlauch um den Graphen von f liegt. d) Für M = {1,...,n} kann B(M,K) mit (K n, ) identifiziert werden. Für abzählbare M ist B(M) ein Folgenraum und wird dann meist mit l (M) bezeichnet; speziell hat man die Notation l = l (N) = B(N). e) Teilmengen normierter Räume sind genau dann ebenfalls normierte Räume, wenn sie Unterräume im Sinn der Linearen Algebra sind, sonst jedenfalls metrische Räume. Für ein kompaktes Intervall J R ist der Raum C(J) der stetigen Funktionen ein interessanter Unterraum von B(J). Nach Theorem 10.5 gilt f sup = f J = max f(x), f C(J). (32) x J Integral-Normen. Auf C[a, b] wird für 1 p < durch f p := ( b a f(t) p dt) 1 / p, f C[a,b], (33) die L p -Norm definiert. Sie beschreibt die Konvergenz im p-ten Mittel auf [a,b]. Eigenschaft (8) folgt aus Satz Die Dreiecks-Ungleichung (10) ist für p = 1 klar und für p 1 als Minkowskische Ungleichung (vgl. [A1], (21.6)*) bekannt. Für p = 2 folgt sie aus 30.13, da die L 2 -Norm mittels des Skalarprodukts (23) definiert wird.
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