TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
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1 Prof. Dr. R. König Dr. M. Prähofer Zentralübung TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Zentrum Mathematik Z7.1. Komposition stetiger Funktionen Mathematik für Physiker (Analysis 1) MA90 Wintersem. 017/18 Lösungsblatt W ( ) Seien M, N, K metrische Räume, die Funktion f : M N stetig in x 0 M, und die Funktion g : N K stetig in y 0 := f(x 0 ). Zeigen Sie: g f : M K ist stetig in x 0, (a) einmal mit der Definition von Stetigkeit, (b) und mit der Charakterisierung von Stetigkeit mittels konvergenter Folgen. Der Einfachheit halber schreiben wir für die Metriken in den drei Räumen immer d. Es gilt (g f)(x) = g(f(x)). (a) Zu zeigen ist: ɛ > 0 δ > 0 x M : d(x, x 0 ) < δ d(g(f(x)), g(f(x 0 ))) < ɛ. Sei ɛ > 0. Wegen der Stetigkeit von g bei y 0, wählen wir ein η > 0, so dass y N : d(y, y 0 ) < η d(g(y), g(y 0 )) < ɛ gilt. Da f bei x 0 stetig ist, wählen wir zu diesem η ein δ > 0, so dass x M : d(x, x 0 ) < δ d(f(x), f(x 0 )) < η ist. Sei nun x M mit d(x, x 0 ) < δ. Dann ist d(f(x), y 0 ) < η und daher d(g(f(x)), g(y 0 )) < ɛ. (b) Sei ( ) N M mit x 0. Wegen der Stetigkeit von f in x 0 gilt f( ) f(x 0 ) und wegen der Stetigkeit von g in f(x 0 ) gilt g(f( )) g(f(x 0 )). Anders ausgedrückt: lim g f() = lim g(f()) = g( lim f()) = g(f( lim )) = g f( lim ), n n n n n wann immer ( ) konvergent ist. Z7.. Stetigkeit der Wurzelfunktionen Sei n N und f : [0, ) [0, ) gegeben durch f(x) = n x. Zeigen Sie: (a) Für x, y 0 gilt x y n y n. (b) f ist stetig. (a) Ohne Einschränkung nehmen wir x y an. Dann ist (x y) n y n zu zeigen. Sei nun s = x y 0, dann folgt die Ungleichung aus s n (s + y) n y n, was wegen der binomischen Formel und s, y 0 offensichtlich ist. (b) Sei y 0 fest gewählt und ɛ > 0 gegeben. Wähle δ = ɛ n. Dann gilt für alle x 0 mit x y < δ, f(x) f(y) n (a) f(x) n f(y) n = x y < δ = ɛ n. Wegen Monotonie folgt also f(x) f(y) < ɛ. Z7.3. Eine überall unstetige Funktion Zeigen Sie: (a) ist irrational. (b) Für jede rationale Zahl x gibt es eine Folge irrationaler Zahlen, die gegen x konvergiert.
2 (c) Für jede irrationale Zahl x gibt es eine Folge rationaler Zahlen, die gegen x konvergiert. (d) Die Funktion f : R R gegeben durch { 1 falls x Q, f(x) = 0 sonst. ist in jedem Punkt ihres Definitionsbereichs unstetig. (a) Annahme: Q. Wegen > 0 gibt es also p, q N mit = p q. Dann gibt es auch teilerfremde p, q N mit = p q (Kürzen!). Somit gilt q = p. Es muss also p gerade, d.h., p = k mit k N, sein. Damit gilt aber q = k, woraus q gerade folgt. Das ist ein Widerspruch dazu, dass p und q teilerfremd sind. (b) Sei x Q. Dann ist = x + 1 n irrational für alle n N und xn x. (c) Sei x R \ Q, also eine irrationale Zahl. Für die Dezimalbruchapproximation := 10 n x 10 gilt für n N n 0 (i) Q und x < 10 n 0, bzw., x. (d) Für x Q wählen wir ( ) wie in (b). Dann gilt lim f() = 0 1 = f(x) = n f( lim n ). Also ist f für rationale x unstetig. Für x R \ Q wählen wir die Dezimalapproximation ( ) Q wie in (c). Dann gilt lim f() = 1 0 = f(x) = f( lim ). Also ist f auch für irrationale x unstetig. n n Präsenzaufgaben P7.1. Allgemeine Potenz positiver Zahlen Zeigen Sie für a, b > 0 und r, s R: (i) log(a r ) = r log a, (iii) (a r ) s = a r s, (ii) a r+s = a r a s, (iv) a r b r = (ab) r, (v) a r = 1 a r. (vi) a r = ( 1 a )r. Notieren Sie dabei, wo sie welche Eigenschaften von log und exp verwenden. Die Definition der allgemeinen reellen Potenz ist a r = e r log a. (i) log(a r ) = log(e r log a ) ( ) = r log a. (ii) a r+s = e (r+s) log a = er log a+s log a ( ) = e r log a e s log a = a r a s. (iii) (a r ) s = e s log(ar) = e s log(er log a ) ( ) = e s r log a = a s r = a r s. (iv) a r b r = e r log a er log b ( ) = e r log a+r log b = er(log a+log b) ( ) = e r log(ab) = (ab) r. (v) a r = e r log a ( ) 1 = = 1 e r log a a. r (vi) ( 1 a )r = e r log 1 a ( ) = e r log a = a r. ( ) log(exp(x)) = x für alle x R, ( ) Funktionalgleichung des exp, ( ) Funktionalgleichung des log. Bemerkung: Im Komplexen gelten ( ) und ( ) nicht uneingeschränkt, ( ) dagegen schon. P7.. Äquivalenz von Normen
3 (a) Sei V ein K-Vektorraum mit den zwei Normen a, b, für die gilt: es gibt ein c > 0, so dass x a c x b für alle x V. Sei ( ) eine Folge in V, die bezüglich b konvergiert. Dann konvergiert ( ) auch bezüglich a. (b) Skizzieren Sie die Mengen {x R x p = 1} für p = 1,,. (c) Bestimmen Sie für p = 1, jeweils Konstanten c, C, so dass für alle x R gilt: c x x p C x. (d) Sei ( ) R mit x R bezüglich einer der Normen p, p = 1,,. Dann konvergiert ( ) auch bezüglich der anderen beiden Normen gegen x. (a) Konvergenz gegen ein x V bezüglich der Norm b bedeutet einfach x b 0, wobei x eine reelle Folge bildet. Wir wollen zeigen, dass auch ( x a ) n N eine Nullfolge ist: Dies ergibt sich aber sofort wegen und dem Einschließungskriterium. 0 x a c x b 0 (b) Nach Definition ist x 1 = x 1 + x, x = x 1 + x, x = max{ x 1, x }. Die roten Linien sind Kreise mit Radius und. 1.0 p p 0.5 p (c) Auf Grund der Skizze in (b) zeigen wir: Für alle x R gilt: x x 1 x. Beweis: x 1 + x ( x 1 + x ) gilt offensichtlich, da x 1 x 0 ist. Wurzelziehen ergibt die erste Ungleichung. Die zweite Ungleichung erhält man wieder nach Wurzelziehen aus x 1 + x ( x 1 + x ) = x 1 x 1 x + x = ( x 1 x ) 0. Für alle x R 1 gilt: x x x. Sei ohne Einschränkung x 1 x. Dann ist x = x 1 und es gilt zum einen x = x 1 + x x 1 = x und zum anderen x = x 1 x 1 + x = x. (d) Die Abschätzungen in (c) zeigen nach dem Ergebnis in (a), dass die Folge ( ) R genau dann bezüglich der Norm konvergiert, wenn sie auch bezüglich der Norm p, p = 1, konvergiert. P7.3. Unstetigkeitsstellen Gegeben sei die Funktion f : R R, f(x) = x x. (a) Skizzieren Sie den Graphen von f. (b) Entscheiden Sie mit Beweis, an welchen Stellen f stetig ist. (c) Sei nun g := f [ 1,1] : [ 1, 1] R. Wo ist g unstetig? Bestimmen Sie, wenn möglich, Infimum, Supremum, Minimum und Maximum von g.
4 (a) Man erhält f(x) x (b) Für x Z ist f bei x unstetig. Beweis: Sei x = k, k Z. Dann gilt für = k + 1 n, dass x, aber f( ) = 1 1 n 1 0 = f(x) (siehe Graph). Für x R \ Z ist f bei x stetig. Beweis: Es gilt d := min{x x, x x} > 0. Sei ɛ > 0. Wähle δ = min{ɛ, d}. Dann gilt für alle y R mit y x < δ, dass f(y) f(x) = x y ist, somit ist f(y) f(x) = y x < δ ɛ (siehe Graph). (c) g ist bei x = 1 und x = 0 unstetig und sonst überall stetig, mit den gleichen Argumenten, wie in (b). Nur die Stetigkeit bei x = 1 muss noch begründet werden. Anschaulich ist das an Hand des Graphen klar, da g rechts von x = 1 nicht definiert ist. Formal kann man z.b. so argumentieren: Sei ( ) eine beliebige Folge im Definitionsbereich von g, die gegen 1 konvergiert. Zu zeigen ist f( ) f(1). Es gilt immer 1. Es gibt dann ein N, so dass für n N auch > 0 gilt. Hierfür ist f( ) = 1 und somit lim f() = 1 lim = 0 = f(1). n n Hausaufgaben H7.1. Komplexer Logarithmus und allgemeine Potenzgesetze (a) Was ist Log(i), Log( 1), Log( e)? Welchen Betrag hat jeweils x i, i x, (ix) i, i ix für x > 0? (b) Zeigen Sie das im Allgemeinen Log(wz) Log(w) + Log(z) und Log( 1 z ) Log(z) gilt, d.h., für geeignete Wahl von w, z C \ {0}. (c) Für welche w C \ {0} gilt exp Log(w) = w, für welche z C gilt Log exp(z) = z? (d) Welche der Rechenregeln (i) bis (vi) in P7.1 gelten auch für beliebige a, b C \ {0} und r, s C? Finden Sie, wenn möglich, Gegenbeispiele. (a) Log(i) = Log(1 e i π ) = log(1) + i π = i π, Log( 1) = Log(eiπ ) = iπ. Log( e) = Log(e e iπ ) = log(e) + iπ = 1 + iπ. Für x > 0 gilt x i = e i log x = 1, i x = e x Log i = e ix π = 1, (ix) i = e i Log(ix) = e i(log x+i π ) = e π, i ix = e ix Log i = e ixi π = e x π. (b) Log(( 1) ( 1)) = Log(1) = 0, aber Log( 1) + Log( 1) = iπ + iπ = πi 0. Log( 1 1 ) = Log( 1) = iπ iπ = Log( 1).
5 (c) Für alle w C \ {0} gibt es die eindeutige Polardarstellung w = re iφ mit r > 0 und φ ( π, π]. Damit ist Log(w) = Log(re iφ ) = log r + iφ und exp(log(w)) = e log r+iφ = re iφ = w. Nur für z = x + iy mit y ( π, π] gilt Log(exp(z)) = Log(e x e iy ) = log(e x ) + iy = x + iy = z. Für alle anderen z gibt es ein k Z \ {0}, so dass Log(exp(z)) = z + πiki ist. (d) Nur in (ii) und (v) wurde ausschließlich die Funktionalgleichung der Exponentialfunktion verwendet, die auch im komplexen uneingeschränkt gültig ist. Gegenbeispiele: zu (i) Log(i 5 ) = Log(i) = i π 5 Log(i), zu (iii) (i 5 ) 1 5 = i 1 5 = e i π 10 i = i 5 1 5, zu (iv) ( 1) 1 ( 1) 1 = i i = 1 1 = (( 1) ( 1)) 1, zu (vi) ( 1) 1 = e 1 Log( 1) = e i π = i i = ( 1) 1 = ( 1 1 ) 1. H7.. Stetigkeit der Maximums- und Minimumsfunktion (a) Zeigen Sie: Die Betragsfunktion x x ist stetig auf R. (b) Zeigen Sie max{x, y} + x y und min{x, y} x y. (c) Sind f, g : R R stetig, dann ist auch h : x max{f(x), g(x)} stetig. (d) Die Aussage in (c) gilt offenbar nicht nur für zwei, sondern auch für eine beliebige (endliche) Anzahl von stetigen Funktionen. Gilt dies auch für unendlich viele (mit max ersetzt durch sup)? (a) Die Betragsfunktion ist sogar lipstetig mit Konstante : Seien x, y R. 1. Fall 0 x, y, dann ist x y = x y < x y,. Fall x < 0 y, dann gilt x y x + y = x + y x + y < x y, 3. Fall y < 0 x ist analog zum. Fall, 4. Fall x, y < 0, dann ist x y = x ( y) = x y < x y. In jedem Fall gilt x y < x y, also ist die Betragsfunktion lipstetig und damit stetig. (b) 1. Fall x y. Dann ist + x y + x y = x = max{x, y},. Fall x < y. Dann gilt + x y + y x = y = max{x, y}, (c) Wegen (b) gilt h(x) = f(x)+g(x) also auch h stetig. + f(x) g(x) x y x y = y = min{x, y}. x y y x = x = min{x, y}.. Als Kombination stetiger Funktionen ist (d) Betrachte f n (x) = für x [0, 1] und n N. Dann ist F (x) := sup f n (x) für festes n N x das Supremum der Folge ( ). Für 0 x < 1 gilt also F (x) = 0. Für x = 1 erhält man hingegen F (1) = 1. Die Funktion F ist offensichtlich nicht stetig. H7.3. Stetigkeit der reellen Exponentialfunktion Sei E : R R + eine Funktion mit E(x + y) = E(x)E(y) und E(x) 1 + x für alle x, y R. Zeigen Sie (a) E(x) 1 1 x für x < 1. (b) Ist ( ) R eine Nullfolge, dann gilt E( ) 1. (c) Für alle x R ist E in x stetig. (d) Ist ( ) R \ {0} eine Nullfolge, dann gilt E(xn) 1 1. E(x (e) Für jede gegen x R konvergente Folge ( ) R \ {x} gilt lim n) E(x) n x = E(x).
6 (a) Zunächst ist E(0) = E(0 + 0) = E(0). Wegen E(0) R + folgt E(0) = 1. Weiter ist 1 = E(0) = E(x + ( x)) = E(x)E( x), also E(x) = 1 E( x). Für x < 1 gilt E( x) 1 + ( x) > 0, Also folgt 0 < 1 E( x) x, bzw. 1 + x E(x) 1 x. (b) Sei ( ) eine Nullfolge. Sei N N, so dass für alle n N gilt: < 1. Dann folgt mit (a), dass 1+ E( ) 1 1. Nach dem Einschließungskriterium folgt E( ) 1. (c) Sei x R und gelte x R. Dann ist ( x) n N eine Nullfolge. Daher gilt E( ) = E( x + x) = E( x)e(x) (b) E(x). Die Funktion E ist also stetig in x. (d) Sei ( ) R \ {0} eine Nullfolge. Sei N N wieder so, dass für alle n N gilt: < 1. Sei n N. 1. Fall: > 0. Dann gilt (1+) 1 E(xn) xn 1 was gleichbedeutend mit 1 E(xn) 1. Fall: < 0. Dann gilt 1 1 ist. (1+) 1 E(xn) xn 1 was gleichbedeutend mit 1 E(xn) 1 In jedem Fall gilt 1 1 = 1 1+ ist E() 1 1 1, woraus sich nach dem Einschließungsprinzip die Behauptung E(xn) 1 1 ergibt. (e) Sei x R und gelte x R mit 0 für alle n N. Dann ist x eine Nullfolge mit x 0 für alle n N. Unter Verwendung von (d) folgt E( ) E(x) x = E(x) E( x) 1 x (d) E(x). H7.4. ( ) Unstetigkeiten Sei f : R R, f(x) = 1 q, falls x Q mit x = p q wobei p und q teilerfremd sind, f(x) = 0 sonst. Man zeige: In allen rationalen Punkten ist f unstetig. In allen irrationalen Punkten ist f stetig. Für x Q ist f(x) > 0. Es gibt aber eine Folge ( ) in R \ Q mit x. Somit ist f( ) = 0 f(x). f ist also unstetig in Q. Sei x R \ Q. Behauptung: f ist stetig in x. Beweis: Sei ɛ > 0. Die Menge M ɛ := { p q : p Z, q N, q < 1 ɛ } [x 1, x + 1] ist endlich. Für y [x 1, x + 1] \ M ɛ gilt f(y) 1 q < ɛ. Da x M ɛ, gibt es ein δ > 0, so dass B δ (x) M ɛ = ist. Zu jedem ɛ > 0 gibt es also ein δ > 0, so dass für alle y R gilt: aus y x < δ folgt f(y) f(x) = f(y) ɛ. f ist also stetig in x.
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