Mathematik I Herbstsemester 2014
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1 Mathematik I Herbstsemester BIOL Prof. Dr. Erich Walter Farkas farkas 1 / 32
2 1 Stetigkeit Grenzwert einer Folge 2 / 32
3 : Jeder positiven ganzen Zahl n wird in eindeutiger Weise eine reelle Zahl a n zugeordnet. Die unendliche Menge reeller Zahlen a 1, a 2, a 3,... heisst reelle Zahlenfolge Symbolische Schreibweise: (a n ) : a 1, a 2, a 3,..., a n,... (n N ) Die Zahlen a 1, a 2, a 3,... heissen die Glieder der Folge, a n ist das n-te Glied der Folge. Anmerkung: Eine reelle Zahlenfolge wird auch kurz als Folge bezeichnet. 3 / 32
4 Bildungsgesetz reeller Zahlenfolgen Anmerkung: Eine Zahlenfolge (a n ) kann auch als diskrete Funktion aufgefasst werden, die jedem n N genau eine Zahl a n R zuordnet. Eine Zuordnungsvorschrift in Form einer Gleichung a n = f (n) (n N ) heisst Bildungsgesetz der Folge. 4 / 32
5 Beispiele (a n ) = 1 2, 1 4, 1 6,... Bildungsgesetz: a n = 1 2n (n N ) (a n ) = 1 3, 2 3, 3 3,... Bildungsgesetz: a n = n 3 (n N ) (a n ) = 0, 1 2, 2 3, 3 4,... Bildungsgesetz: a n = 1 1 n (n N ) 5 / 32
6 Darstellungsformen reeller Zahlenfolgen a) Zahlenstrahl: Die Glieder einer Folge (a n ) lassen sich durch Punkte auf einem Zahlenstrahl darstellen. Beispiel: ( (a n ) = 1 1 ) = 0, 1 n 2, 2 3, 3 4, 4 5,... (n N ) b) Graph: Eine Folge (a n ) lässt sich auch durch einen Graph auf einem rechtwinkligen Koordinatensystem anschaulich darstellen. Die Menge aller Punkte P n = (n; a n ) mit n N heisst Graph der Folge (a n ). Beispiel: (a n ) = f (n) = n 1 n = 1 1 n (n N ) 6 / 32
7 Einleitung Wir können die Zahlenfolge (a n ) = n 1 n = 1 1 n in einer Wertetabelle auftragen: (n N ) n (a n ) , , Wir erkennen, dass die Glieder der Folge sich mit zunehmender Platzziffer n immer weniger von der Zahl 1 unterscheiden, ( die Zahl ) 1 wird daher als der Grenzwert der Folge (a n ) = 1 1 n für n bezeichnet. 7 / 32
8 Definition Grenzwert Die reelle Zahl g heisst Grenzwert (oder Limes) der Zahlenfolge (a n ), wenn es zu jedem ε > 0 eine natürliche Zahl n 0 = n 0 (ε) > 0 gibt, so dass für alle n n 0 stets gilt. a n g < ε Anmerkung: Die natürliche n 0 hängt im Allgemeinen von der Wahl der Zahl ε > 0 ab. Daher schreibt man häufig auch n 0 (ε) statt nur n 0. 8 / 32
9 Definition Konvergenz Eine Folge (a n ) heisst konvergent, wenn sie einen endlichen Grenzwert g besitzt. Symbolische Schreibweise: lim a n = g n (gelesen: Limes von a n für n gegen Unendlich gleich g) Eine Folge (a n ), die keinen Grenzwert hat, oder die einen Grenzwert hat, der gleich + oder ist, heisst divergent. 9 / 32
10 Beispiele zu Grenzwerten von Folgen Die Folge ( ) 1 =: 1, 1 n 2, 1 3, 1 4,... ist konvergent mit dem Grenzwert ( ) 1 g = lim = 0 n n (eine so gennante Nullfolge). 10 / 32
11 Die Folge ( 1 1 ) = 0, 1 n 2, 2 3, 3 4,... hat den Grenzwert ( g = lim 1 1 ) = 1 n n Sie ist dementsprechend eine konvergente Folge mit dem Grenzwert g = / 32
12 (( Die Folge ) n ) = 2, 9 n 4, 64 27, 625,... ist konvergent mit 256 dem Grenzwert ( g = lim ) n = 2, = e n n (ohne Beweis). Die Zahl e heisst Eulersche Zahl. Sie ist die Basis der wichtigsten Exponentialfunktion, der sog. e-funktion. 12 / 32
13 (n 3 ) = 1 3, 2 3, 3 3, 4 3,... g = lim n n3 =. Diese Zahlenfolge ist divergent (sie wird auch als bestimmt divergente Folge bezeichnet). 13 / 32
14 Problem: Wie verhält sich die Funktion f (x) = x 2 in der Nähe von x 0 = 2? lim f (x) =? x 2 Sei x n = n n n 2 ( f (x n ) = (x n ) 2 = 2 1 ) 2 = 4 4 n n + 1 }{{ n 2 } 0 also lim f (x n) = 4. n 14 / 32
15 Definition Eine Funktion y = f (x) sei in einer Umgebung von x 0 definiert. Gilt für jede im Definitionsbereich der Funktion liegende konvergierende Zahlenfolge (x n ) mit x n x 0 und lim n x n = x 0 stets lim n f (x n) = g, so heisst g der Grenzwert von y = f (x) an der Stelle x 0. Die symolische Schreibweise lautet: lim f (x) = g x x 0 (gelesen: Limes von f (x) für x gegen x 0 gleich g). 15 / 32
16 Anmerkungen Es sei darauf hingewiesen, dass die Funktion y = f (x) an der Stelle x 0 nicht definiert sein muss. Sie kann an x 0 einen Grenzwert besitzen ohne dort definiert zu sein. Der Grenzübergang x x 0 bedeutet zwar, dass x sich beliebig nahe an x 0 annähert, aber es gilt stets x x / 32
17 Anmerkungen Wenn die Folge (x n ) wie in unserem Anfangsbeispiel von links her gegen x 0 strebt, schreibt man: lim f (x) = g x x l 0 (x<x 0 ) und spricht vom linksseitigen Grenzwert. Analog für den rechtsseitigen Grenzwert: lim f (x) = g x x r 0 (x>x 0 ) Besitzt die Funktion f (x) an der Stelle x 0 den Grenzwert g, so gilt: lim x x 0 (x<x 0 ) f (x) = x x0 lim f (x) = lim f (x) = g x x0 (x>x 0 ) 17 / 32
18 Beispiel 1 Die sogenannte Sprungfunktion { 0 für x < 0 y = σ(x) = 1 für x 0 ist zwar an der Stelle x 0 = 0 definiert, σ(0) = 1, besitzt dort aber keinen Grenzwert, da der linksseitige Grenzwert nicht mit dem rechtsseitigen Grenzwert übereinstimmt: g l = lim x 0 (x<0) g r = lim x 0 (x>0) σ(x) = lim (0) = 0. x 0 (x<0) σ(x) = lim (1) = 1. x 0 (x>0) 18 / 32
19 Beispiel 2 Die Funktion y = f (x) = 3x2 6x x 2 ist an der Stelle x 0 = 2 nicht definiert. Sie besitzt an dieser Stelle jedoch einen Grenzwert: 3x 2 6x lim x 2 x 2 3x(x 2) = lim = lim (3x) = 6 x 2 x 2 x 2 (der Faktor x 2 ist wegen x 2 stets von Null verschieden und kann daher gekürzt werden). 19 / 32
20 für x ± Besitzt eine Funktion y = f (x) die Eigenschaft, dass die Folge ihrer Funktionswerte (f (x n )) für jede über alle Grenzen hinaus wachsende Zahlenfolge (x n ) mit x n D gegen eine Zahl g strebt, so heisst g der Grenzwert der Funktion für x. Wir verwenden dafür die symbolische Schreibweise lim f (x) = g. x 20 / 32
21 Beispiele zum lim x ( ) 2x 1 x ( = lim 2 1 ) = 2 x x ( ) ( ) x 3 x lim x x 2 = lim + 1 x = ± uneigentlicher Grenzwert x 2 21 / 32
22 Rechenregeln für Grenzwerte von Funktionen Unter der Voraussetzung, dass die Grenzwerte der Funktionen f (x) und g(x) existieren, gelten die folgenden Regeln: ( ) 1 lim [C f (x)] = C lim f (x) (C: Konstante) x x0 x x 0 2 lim x x0 [f (x) ± g(x)] = lim x x0 f (x) ± lim x x0 g(x) ( ) ( ) 3 lim [f (x) g(x)] = lim f (x) lim g(x) x x0 x x 0 x x 0 4 lim x x0 ( ) f (x) = g(x) lim f (x) x x 0 lim g(x) x x 0 22 / 32
23 1 lim x x0 2 lim x x0 [f (x)] n = 3 lim x x0 a f (x) = a n f (x) = n lim f (x) x x0 ( ( lim f (x) x x 0 lim f (x) x x 0 4 lim x x0 [log a f (x)] = log a Anmerkungen: ) ( ) n ) lim f (x) x x 0 1 Diese Regeln gelten entsprechend auch für Grenzwerte vom Typ x bzw. x. 2 Wir werden später Grenzwerte, die zu einem sogenannten unbestimmten Ausdruck vom Typ 0 0 oder führen, mit der Regel von Bernoulli-L Hospital behandeln. 23 / 32
24 Definition: Eine in x 0 und in einer gewissen Umgebung von x 0 definierte Funktion y = f (x) heisst an dieser Stelle x 0 stetig, wenn der Grenzwert der Funktion an dieser Stelle existiert und mit dem dortigen Funktionswert übereinstimmt: lim x x 0 f (x) = f (x 0 ). 24 / 32
25 Anmerkung: Alle elementaren Funktionen sind auf dem maximalen Definitionsbereich stetig z. B. : f (x) = ax 2 + bx + c stetig in jedem x 0 R genau so g(x) = a k x k + a k 1 x k a 1 x + a 0 stetig in jedem x 0 R h 1 (x) = sin(x), h 2 (x) = cos(x) stetig in jedem x 0 R u(x) = e x stetig in jedem x 0 R v(x) = log x stetig in jedem x 0 (0, ) 25 / 32
26 Links- und rechtsstetig: Eine Funktion heisst linksstetig in x 0, falls lim x x0 x<x 0 f (x) = f (x 0 ) (d. h. der linke Grenzwert existiert und ist genau f (x 0 )) Eine Funktion heisst rechtsstetig in x 0, falls lim x x0 x>x 0 f (x) = f (x 0 ) Eine Funktion heisst stetig in x 0 falls die Funktion links- und rechtsstetig ist. 26 / 32
27 Beispiel 1: Wo ist die Funktion 1 für x < 0 f (x) = 0 für x = 0 x + 1 für x > 0 stetig? 27 / 32
28 Lösung Beispiel 1: Sei x 0 (, 0). f ist konstant (elementar) auf (, 0), somit ist f stetig in x 0 (, 0) Sei x 0 (0, ). f ist linear (polynomial) auf (0, ), somit ist f stetig in x 0 (0, ) Untersuche Stetigkeit in x 0 = 0 lim x 0 x<0 lim x 0 x>0 f (x) = lim 1 = 1 x 0 x<0 f (x) = lim 1 = 1 x 0 x>0 Da aber f (0) = 0 ist die Funktion für x 0 = 0 nicht stetig. 28 / 32
29 Ergänzungen zu Beispiel 1: Die Funktion: 1 für x < 0 f 1 (x) = 1 für x = 0 x + 1 für x > 0 ist linksstetig ohne stetig in x 0 = 0 zu sein da f (x) = 1 = f 1 (0) lim x 0 x<0 Die Funktion: ist rechtsstetig 1 für x < 0 f 2 (x) = 1 für x = 0 x + 1 für x > 0 29 / 32
30 Beispiel 2: x 1 f (x) = x 3 für x 1 1 m R fest m für x = 1 Bestimmen Sie die Werte von m so, dass f stetig auf R ist. 30 / 32
31 Lösung Beispiel 2: Für x 1 ist f ein Quotient zweier Polynomialfunktionen. x 1 x 3 1 = x 1 (x 1)(x 2 + x + 1) = 1 x 2 + x + 1 Für alle x R gilt: x 2 + x da D = 1 4 < 0 (Es gibt für diese Gleichung keine reelle Lösung da die Diskriminante kleiner 0 ist.) Somit ist f eine elementare Funktion und damit stetig für jeden Punkt x 0 1, denn es gilt: x 1 : f (x) = 1 x 2 +x+1 31 / 32
32 Fortsetzung Lösung Beispiel 2: Untersuchung der Stetigkeit in x 0 = 1: 1 lim f (x) = lim x 1 x 1 x 2 + x + 1 = = 1 3 f (1) = m f ist stetig in x 0 = 1 da lim x 1 f (x) = f (1) 1 3 = m Fazit: f ist stetig in x 0 = 1 (und somit auf R) genau dann, wenn: m = / 32
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