Vorlesung Mathematik 1 für Ingenieure (Wintersemester 2015/16)
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1 1 Vorlesung Mathematik 1 für Ingenieure (Wintersemester 2015/16) Kapitel 7: Konvergenz und Reihen Prof. Miles Simon Nach Folienvorlage von Prof. Dr. Volker Kaibel Otto-von-Guericke Universität Magdeburg. Danke an Frau Dr. Reifegerste für Korrekturlesen. (Version vom 18. Dezember 2015) Folgen und Konvergenz in R 2 Definition 7.1 Eine Folge x 1, x 2, x 3,... in R hat für jeden Index i N ein Folgenglied x i R. Eine Folge x 1, x 2, x 3... in R wird mit der Notation (x i ) i N bezeichnet, manchmal (x i ), manchmal x i, i N. Mit (x i ) i 3 (beispielsweise) meinen wir x 3, x 4, x 5,....
2 Beispiele 3 Konvergenz von Zahlen folgen in R Definition 7.2 Die reelle Zahlenfolge (x n ) N konvergiert gegen a R, falls für jedes ε > 0 ein N N existiert mit 4 x n a < ε für alle n N. Schreibweisen: lim n x n = a oder x n a Die Zahl a ist dann der Grenzwert (Limes) von (x n ). Konvergiert (x n ) gegen kein a R, so heißt (x n ) divergent. (x n ) n N konvergiert genau dann, wenn für irgendein k N die Folge (x n ) n k konvergiert.
3 x n a bedeutet: 5 6 Bemerkung 7.3 Eine Folge kann nicht gegen zwei verschiedene Grenzwerte konvergieren.
4 Beispiele: 7 Beispiele für Konvergenz 8
5 Beispiele für Konvergenz 9 Beispiele für Konvergenz 10
6 Rechenregeln 11 Sind (x n ) und (y n ) konvergente Zahlenfolgen mit lim x n = a R und lim y n = b R, so gelten: n n (a) lim (x n + y n ) = a + b n (b) lim (x n y n ) = ab n (c) Für c R: lim (cx n ) = ca n Rechenregeln (d) Falls y n 0 für alle n und b 0: 12 lim n x n y n = a b (e) Falls x n y n für alle n, so auch a b. (f) Falls x n z n y n für alle n und a = b, so auch lim z n = a(= b). n (g) x n 0 für alle n N und x n a impliziert: a 0 und lim n (x n ) α a α für alle α Q.
7 Beispiele 13 Beispiele 14
8 Beispiele 15 Bestimmte Divergenz 16 Definition 7.4 Sei (x n ) eine Folge in R. Wir schreiben lim n x n = (bzw. lim n x n = ), wenn für alle B R existiert ein N N, so dass x n > B für alle n N (bzw. x n < B für alle n N). In beiden Fällen nennen wir die Folge bestimmt divergent. Solche Folgen sind nicht konvergent! Wir können nicht die Rechenregeln von oben (Seite 12), benutzen : und sind keine reellen Zahlen und wir können sie nicht addieren/multiplizieren usw.
9 Beispiele 17 Dichtheit von Q in R 18. Satz 7.5 Q ist dicht in R: für alle x R existiert eine Folge a i = p i q i, i N, von rationalen Zahlen, so dass a i x für i. O.B.d.A gilt a 1 < a 2 < a 3 <....
10 Begründung: 19 20
11 Beschränkte / monotone Folgen 21 Definition 7.6 Eine Zahlenfolge (x n ) heißt beschränkt, wenn es B R gibt mit x n B für alle n. Definition 7.7 Eine reelle Zahlenfolge (x n ) heißt monoton wachsend bzw. streng monoton wachsend, wenn x n x n+1 bzw. x n < x n+1 für alle n N gilt; sie heißt monoton fallend bzw. streng monoton fallend, wenn x n x n+1 bzw. x n > x n+1 für alle n N gilt. Konvergenz beschränkter monotoner Folgen Satz 7.8 Jede beschränkte reelle Zahlenfolge, die monoton wachsend oder monoton fallend ist, konvergiert gegen irgendein a R. 22 Begründung
12 Irrationalen Potenzen 23 Sei x R, x > 0 und y R. Wir definieren x y := lim i x y i, wobei y i Q sind und y i y für i : Solche y i existieren wegen der Dichtheit von Q in R. Es gelten die gleichen Regeln wie für Potenzen in Q: Für alle α, β R und x, y R, x, y > 0 gilt: x α x β = x α+β x α x β = x α β (xy) α = x α y α (x α ) β = x βα = (x β ) α Potenzen und Anordnung 24 Für x, y R, x, y > 0, α R x y und α 0 = x α y α. x y und α 0 = x α y α. x y und α < 0 = x α y α. x y und α < 0 = x α y α. Vorsicht! Bei negativen Potenzen α und positiven x, y kehrt sich das Ungleichheitszeichen um!
13 Bemerkungen 25 Folgen in C 26 Konvergenz von Folgen in C ist analog zu R definiert Definition 7.9 Eine Folge z 1, z 2, z 3,... in C hat für jeden Index i N ein Folgenglied z j C und wird mit der Notation (z j ) j N bezeichnet, manchmal (z j ), manchmal z j, j N. z j z für j, falls gilt: Für alle ε > 0 existiert ein N N, s.d. z j z < ε für alle j N.
14 Folgen in C Satz 7.10 Eine Folge z n = x n + iy n, wobei x n, y n R sind, konvergiert gegen z = a + ib in C für n genau dann, wenn x n a und y n b in R. 27 Begründung: Beispiel 28
15 Reihen Jetzt können wir Reihen definieren, sog. unendliche Summen. 29 Konvergenz von Zahlenreihen Definition 7.11 Sei (x k ) k N0 eine Folge von (reellen oder komplexen) Zahlen. Ihre Partialsummen sind n s n := x k (n N). Konvergiert die Folge (s n ) n N der Partialsummen gegen einen Grenzwert L R bzw. L C (den Wert der Reihe), so schreiben wir x k = L ; die Reihe x k ist dann konvergent. Andernfalls heißt die Reihe x k divergent. 30
16 31 Bemerkungen: Der Indexbereich muss nicht 0, 1, 2,... sein (z.b können wir k=3 x 2k untersuchen). Für jedes k 0 N 0 gilt: Die Reihe k=k 0 x k konvergiert genau dann, wenn die Reihe x k konvergiert. Geometrische Reihe 32 Definition 7.12 Für q C heißt q k = 1 + q + q 2 + q 3 + q geometrische Reihe (mit x k = q k für alle k N). Satz 7.13 Für alle q C ist { q k = 1 1 q falls q < 1 divergent sonst.
17 Begründung: 33 Beispiele 34
18 Beispiel: 35 Beispiele 36
19 Euler Zahl 37 Euler Zahl 38
20 Definition von e und exp Definition 7.14 e := 1 k!. e ( ) : R ]0, [ R, x e x ist die Exponential Funktion. (Bild von exp). 39 Eigenschaften von e ( ) 40 e ( ) : R R ist streng monoton steigend: e x > e y für alle x > y,x, y R. e x > 0 für alle x R. Dies impliziert, dass e ( ) : R ]0, [ injektiv ist. Die Funktion e ( ) : R ]0, [ ist auch stetig und surjektiv: mehr dazu gleich.
21 (äquivalente) Definitionen von exp, cos, sin 41 Definition 7.15 Sei x R und s n := n x k k!. Wie im Fall e (mit ähnlichen Argumenten) können wir zeigen, dass lim n s n existiert. Wir definieren exp(x) := x k k!. Wir definieren auch sin(x) = 2k+1 x ( 1)k (2k+1)! und cos(x) = 2k x ( 1)k (2k)! für alle x R. 42 Diese Reihen konvergieren (mit ähnlichen Argumenten wie oben). Später in der Vorlesung werden wir sehen, dass exp(x) = e x für alle x R, und dass diese Definitionen von cos, sin mit den Definitionen von Kapitel 3 übereinstimmen.
22 Notwendiges Kriterium für Konvergenz von Reihen Satz 7.16 Ist die Reihe x k mit x k R (bzw. C ) konvergent, so muss lim k x k = 0 sein. 43 Begründung: 44 Die Bedingung x k 0 mit k ist nicht ausreichend, um zu folgern, dass x k konvergiert. Dieses sehen wir im nächsten Beispiel, der Harmonischen Reihe: 1 n ist nicht konvergent, aber 1 n 0 für n.
23 Harmonische Reihe 45 Die harmonische Reihe k=1 1 k = hat die Partialsummen s n = n mit lim s n =. n 46 Begründung:
24 Absolute Konvergenz 47 Definition 7.17 Eine Reihe x k mit reellen oder komplexen Gliedern x k heißt absolut konvergent, wenn die Reihe x k konvergent ist. Satz 7.18 Jede absolut konvergente Reihe (mit reellen oder mit komplexen Gliedern) ist konvergent. Die letzte Aussage folgt mit Hilfe der Dreiecksungleichung und den Rechenregeln für konvergente Folgen. Bemerkungen 48 Die alternierende harmonische Reihe k=1 ( 1)k 1 k ist konvergent (Erklärung gleich), aber nicht absolut konvergent, da k=1 1 k divergent ist. Ist eine Reihe absolut konvergent, so können wir die Reihenfolge ihrer Glieder beliebig vertauschen ohne den Wert zu verändern Beispiel : ( )+( )+( ) ist immer noch gleich = 1 =
25 Bemerkungen 49 Ist eine Reihe mit reellen Gliedern konvergent, aber nicht absolut konvergent (wie die alternierende harmonische Reihe), so können wir ihren Wert durch Umsortieren der Glieder auf jede beliebige Zahl in R ändern: (1 1 2 ) + ( ) + ( ) +..., ist divergent, obwohl ( 1)k 1 k konvergent ist! Alternierende Reihen Sei ( 1)k a k eine Reihe mit a k 0 für alle k N 0 oder a k 0 für alle k N 0 : Eine solche Reihe heißt alternierend. Dann gilt: Satz 7.19 ( 1)k a k konvergiert, falls a 1 a und a i 0 für i oder a 1 a und a i 0 für i. Beispiel: 50
26 Rechenregeln für Reihen Für konvergente Reihen x k und y k (in C oder R) gilt: 51 x k + y k = (x k + y k ) Für jede (reelle oder komplexe) Zahl λ: λ x k = λx k Das Cauchy-Produkt 52 Sind x k und y k absolut konvergent, so gilt die Produktformel von Cauchy: ( ) ( ) k x k y k = x n y k n = n=0 mit z k = x 0 y k + x 1 y k x k y 0 = k n=0 x ny k n z k
27 (Bild Cauchy Produkt) 53 Majorantenkriterium Satz 7.20 Ist y k R, y k 0 für alle k N und die Reihe konvergent y k und gilt (für reelle oder komplexe Glieder x k ) 54 x k y k für alle k {k 0, k 0 + 1,... } (für ein beliebiges k 0 N), so ist auch die Reihe absolut konvergent x k
28 Quotientenkriterium Satz 7.21 Die reelle (bzw. komplexe) Reihe mit x k R \ {0} bzw. x k C \ {0} für alle k N für ein N N ist absolut konvergent, falls lim k x k+1 x k < 1 divergent, falls lim k x k+1 x k > 1 ist. Ist lim k x k+1 /x k = 1 oder existiert der Grenzwert gar nicht, dann gibt es keine Aussage: die Reihe kann konvergent oder divergent sein. Komplexe Exponential-, Sinus-, Kosinus- Funktionen x k Definition 7.22 Für z C ist exp(z) := zk k!. Diese Reihe ist absolut konvergent für alle z C. sin(z) := z2k+1 ( 1)k (2k+1)! und cos(z) := z2k ( 1)k (2k)! sind auch absolut konvergent für alle z C.
29 Begründung der absoluten Konvergenz: 57 Bemerkungen 58 Dieses Argument liefert eine alternative Begründung dafür, dass die Reihen von exp(x), cos(x), sin(x) für alle x R konvergieren (sogar absolut).
30 Identitäten für die komplexen Funktionen cos, exp, sin 59 Satz 7.23 Es gilt (i) exp(z + w) = exp(z) exp(w) für alle z, w C (ii) exp(iz) = cos(z) + i sin(z), für alle z C, die Euler-Identität in C (iii) cos 2 (x) + sin 2 (x) = 1 für alle x R Begründungen: 60
31 (Begründungen): 61 (Begründungen): 62
32 Die Additionsformeln (Additionstheoreme) Wir können jetzt die Additionsformeln für cos, sin herleiten Satz 7.24 Für α, β R gilt: cos(α + β) sin(α + β) = cos(α) cos(β) sin(α) sin(β) = sin(α) cos(β) + sin(β) cos(α)
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