Mathematik I. Vorlesung 25. Der große Umordnungssatz
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- Gerrit Scholz
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1 Prof. Dr. H. Brenner Osnabrück WS 009/010 Mathematik I Vorlesung 5 Der große Umordnungssatz Satz 5.1. (Großer Umordnungssatz) Es sei a i, i I, eine summierbare Familie von komplexen Zahlen mit der Summe s. Es sei J eine weitere Indexmenge und zu jedem j J sei eine Teilmenge I j I gegeben mit j J I j = I und I j I j = für j j. 1 Dann sind die Teilfamilien a i, i I j, summierbar und für ihre Summen s j = i I j a i gilt, dass die Familie s j, j J, summierbar ist mit s = s j. j J Beweis. Die Summierbarkeit der Teilfamilien folgt aus Korollar Es sei ǫ > 0 vorgegeben. Da die Ausgangsfamilie summierbar ist, gibt es eine endliche Teilmenge E 0 I mit a E s ǫ/ für alle endlichen Teilmengen E I mit E 0 E. Es gibt eine endliche Teilmenge F 0 J derart, dass E 0 j F 0 I j ist. Wir behaupten, dass dieses F 0 für die Familie s j, j J, die Summationseigenschaft für ǫ erfüllt. Sei dazu F J mit F 0 F endlich und n = #(F). Da die Familien a i, i I j, summierbar sind mit den Summen s j, gibt es für jedes j F ein endliches G j,0 I j mit a Gj s j ǫ/n für alle endlichen G j I j mit G j,0 G j. Wir wählen nun für jedes j F ein solches G j so, dass zusätzlich E 0 I j G j gilt. Dann ist E 0 E := j F G j und daher j F a G j s = i E a i s ǫ/. Somit haben wir insgesamt die Abschätzungen j F s j s = j F (s j a Gj )+ j F a Gj s j F s j a Gj + j F a Gj s 1 D.h. die I j bilden eine disjunkte Vereinigung von I. 1
2 n ǫ/n+ i E a i s n ǫ/n+ǫ/ = ǫ. Cauchy-Produkt von Reihen Definition 5.. Zu zwei Reihen a k und komplexer Zahlen heißt die Reihe c k mit c k = das Cauchy-Produkt der beiden Reihen. Lemma 5.3. Es seien a k und b k k a i b k i zwei absolut konvergente Reihen komplexer Zahlen. Dann ist auch das Cauchy- Produkt c k absolut konvergent und für die Summe gilt c k = ( a k ) ( b k ). b k Beweis. Wir müssen für die Partialsummen n n x n = a i, y n = b j und z n = zeigen, dass z n gegen den Limes der Folge (x n y n ) n N konvergiert. Es ist n n n z n x n y n = c k ( a i )( b j ) = j=0 0 i n, 0 j n, i+j>n 0 i n, 0 j n, i+j>n ( n/<i n a i )( n j=0 a i b j c k a i b j n b j ) j=0
3 +( ( n/<j n n/<i n +( n/<j n b j )( n a i ) a i )( b j ) j=0 b j )( a i ). DadiebeidenReihenabsolutkonvergieren,und n/<i n a i und n/<j n b j Nullfolgen sind (siehe Aufgabe 5.17), ist die rechte Seite insgesamt eine Nullfolge. Daher konvergiert die Folge (z n ) n N gegen das Produkt der Grenzwerte. Die absolute Konvergenz folgt aus dem bisher Bewiesenen und aus der Abschätzung c k k a i b k i. 3 Potenzreihen Definition 5.4. Es sei (c n ) n N eine Folge von komplexen Zahlen und z eine weitere komplexe Zahl. Dann heißt die Reihe c n z n die Potenzreihe in z zu den Koeffizienten (c n ) n N. Durch Wahl geeigneter Koeffizienten kann man jede Reihe als Potenzreihe zu einer fixierten Basis z C ansehen. Bei Potenzreihen ist es aber wichtig, dass man z variieren lässt und dann die Potenzreihe im Konvergenzbereich eine Funktion in z darstellt. Eine wichtige Potenzreihe haben wir schon das letzte Mal kennengelernt, nämlich die geometrische Reihe zn, die für z < 1 konvergiert und dort die Funktion 1/(1 z) darstellt. Eine weitere besonders wichtige Potenzreihe ist die Exponentialreihe, die für jede komplexe Zahl konvergiert und zur komplexen Exponentialfunktion führt. Die Exponentialreihe und die komplexe Exponentialfunktion Definition 5.5. Für jedes z C heißt die Reihe z n n! die Exponentialreihe in z.
4 4 Dies ist also die Reihe 1+z + z + z3 6 + z4 4 + z Satz 5.6. Für jedes z C ist die Exponentialreihe z n n! absolut konvergent. Beweis. Für z = 0 ist die Aussage richtig. Andernfalls betrachten wir den Quotienten z n+1 (n+1)! z z z = = n n+1 n+1. n! Dies ist für n z kleiner als 1/. Aus dem Quotientenkriterium folgt daher die Konvergenz. Aufgrund dieser Eigenschaft können wir die komplexe Exponentialfunktion definieren. Definition 5.7. Die Abbildung heißt Exponentialfunktion. C C, z exp z := Wir werden später sehen, dass diese Funktion für reelle Argumente die Exponentialfunktion zur Basis exp 1 ist, und dass exp 1 mit der früher eingeführten eulerschen Zahl e übereinstimmt. z n n!, Der Graph der reellen Exponentialfunktion Satz 5.8. Für komplexe Zahlen z,w C gilt exp(z +w) = exp z exp w.
5 Beweis. Das Cauchy-Produkt der beiden Exponentialreihen ist mit c n = n z i w n i. Diese Reihe ist nach Lemma 5.3 absolut konvergent i! (n i)! und der Grenzwert ist das Produkt der beiden Grenzwerte. Andererseits ist der n-te Summand der Exponentialreihe von z +w gleich (z +w) n = 1 n ( ) n z i w n i = c n, n! n! i so dass die beiden Seiten übereinstimmen. Korollar 5.9. Die Exponentialfunktion besitzt folgende Eigenschaften. c k C C, z exp z, (1) Es ist exp 0 = 1. () Für jedes z C ist exp( z) = (exp z) 1. Insbesondere ist exp z 0. (3) Für ganze Zahlen n Z ist exp n = (exp 1) n. (4) Für reelles z ist exp z R +. (5) Für reelle Zahlen z > 0 ist exp z > 1 und für z < 0 ist exp z < 1. (6) Die reelle Exponentialfunktion ist streng wachsend. Beweis. (1) folgt direkt aus der Definition. () folgt aus exp z exp( z) = exp(z z) = exp 0 = 1 aufgrund von Satz 5.8. (3) folgt aus Satz 5.8 und (). (4). Der Wert der Exponentialreihe für eine reelle Zahl ist wieder reell, da die reellen Zahlen in C abgeschlossen sind. Die Nichtnegativität ergibt sich aus exp z = exp( z + z ) = exp z exp z = (exp z ) 0. (5). Für reelles x ist exp x exp( x) = 1, so dass nach (4) ein Faktor 1 sein muss und der andere Faktor 1. Für x > 0 ist 1 1 exp x = n! xn > n! ( x)n = exp( x), da ja für gerades n die Summationsglieder übereinstimmen und für ungerades n die linke Seite größer als die rechte ist. Also ist exp x > 1. (6). Für reelle w > z ist w z > 0 und daher nach (5) exp(w z) > 1, also exp w = exp(w z +z) = exp(w z)exp z > exp z. Unter der reellen Exponentialfunktion verstehen wir hier die Einschränkung der komplexen Exponentialfunktion auf die reellen Zahlen. Wir werden bald sehen, dass sie mit der Exponentialfunktion zur Basis e übereinstimmt. 5
6 6 Die trigonometrischen Reihen Definition Für z C heißt ( 1) n z n (n)! die Kosinusreihe und die Sinusreihe zu z. ( 1) n z n+1 (n+1)! Durch Vergleich mit der Exponentialreihe ergibt sich sofort, dass diese beiden Reihen für jedes z absolut konvergieren. Die zugehörigen Funktionen ( 1) n z n ( 1) n z n+1 cos z := und sin z = (n)! (n+1)! heißen Sinus und Kosinus. Beide Funktionen stehen unmittelbar in Zusammenhang mit der Exponentialfunktion, wobei man allerdings die komplexen Zahlen braucht, um diesen Zusammenhang zu erkennen. Satz Die Funktionen C C, z cos z, und C C, z sin z, besitzen für z, w C folgende Eigenschaften. (1) Für z = x+iy ist exp z = (exp x)(cos y +isin y). () Es ist cos 0 = 1 und sin 0 = 0. (3) Es ist cos( z) = cos z und sin( z) = sin z. (4) Es ist cos z = exp(iz)+exp( iz) und sin z = exp(iz) exp( iz). i (5) Es gelten die Additionstheoreme und cos(z +w) = cos z cos w sin z sin w. sin(z +w) = sin z cos w +cos z sin w.
7 7 (6) Es gilt (cos z) +(sin z) = 1. Beweis. (1). Aufgrund von Satz 5.8 gilt exp(x+iy) = exp x exp(iy), so dass wir nur noch den hinteren Faktor betrachten müssen. Da man absolut konvergente Reihen beliebig sortieren darf, gilt (iy) n k yk = i n! (k)! + i k+1 y k+1 (k +1)! = ( 1) k yk (k)! + i( 1) k y k+1 (k +1)! ( 1) k y k ( 1) k y k+1 = +i (k)! (k +1)! = cos y +i sin y. () und (3) folgen direkt aus der Definition der Reihen. (4) folgt aus (1) und (3). (5). Es ist exp(i(z +w))+exp( i(z +w)) cos(z +w) = = exp(iz)exp(iw)+exp( iz)exp( iw) = 1 ((cos z +isin z)(cos w +isin w) +(cos z isin z)(cos w isin w)) = 1 (cos z cos w +i(cos z sin w +sin z cos w) sin z sin w +cos z cos w i(cos z sin w +sin z cos w) sin z sin w) = cos z cos w sin z sin w. Das Additionstheorem für den Sinus folgt ähnlich. (6). Aus dem Additionstheorem für den Cosinus angewendet auf w = z und aufgrund von () ergibt sich 1 = cos 0 = cos(z z) = cos z cos( z) sin z sin( z) = cos z cos z +sin z sin z. Für reelle z sind sin z und cos z wieder reell, wie unmittelbar aus der Potenzreihendarstellung folgt. Die letzte Aussage im vorstehenden Satz besagt,
8 8 dass für reelles z das Paar (cos z,sin z) ein Punkt auf dem Einheitskreis {(x,y) x + y = 1} ist. Wir werden später sehen, dass sich jeder Punkt des Einheitskreises als (cos z,sin z) schreiben lässt, wobei man z als Winkel interpretieren kann. Dabei tritt die Periode π auf, wobei wir die Kreiszahl π eben über die trigonometrischen Funktionen einführen werden
9 Abbildungsverzeichnis Quelle = Exp.svg, Autor = Benutzer Oleg Alexandrov auf Commons, Lizenz = CC-by-sa
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