RECHTLICHE HERAUSFORDERUNGEN BEI MULTICHANNEL
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- Ulrich Lehmann
- vor 8 Jahren
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1 Dr. Martin Schirmbacher Webinar, 19. September 2014 ein Rechtsberatungsangebot des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) e.v.
2 Themen INHALTSÜBERBLICK Multi, Cross, Omni Commerce Crosschannel und Fernabsatzrecht Anwendbarkeit Widerrufsrecht Informationspflichten Auswirkungen auf die AGB-Gestaltung Multichannel und Werbung Multichannel und Logistik Multichannel und Datenschutz
3 Multichannel, Crosschannel, Omnichannel - oder Just Commerce?
4 Begriffsdefinition VERSCHMELZUNG DER KANÄLE Multi: verschiedene unverbundene Kanäle Filiale, Katalog, Online Cross: Verzahnung der verschiedenen Kanäle Online-Bestellen, Pick-Up in der Filiale In der Filiale bestellen, nach Hause liefern Omni: Device-übergreifender Commerce Anschauen am PC im Büro, Preise vergleichen auf dem Heimweg, bestellen vom Tablet Just Commerce Vollständige Verschmelzung der Kanäle Wegfall des Kanaldenkens
5 Crosschannel und Fernabsatz
6 Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts VORAUSSETZUNGEN Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher bis einschließlich des Vertragsschlusses ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Fernkommunikationsmittel: Kommunikationsmittel [ ] ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit à Briefe, Katalog, , Internet, Rundfunk
7 Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts VORAUSSETZUNGEN B2C-Vertrag Gleichzeitige Anwesenheit vor Vertragsschluss schließt Anwendbarkeit aus Aber Mindestmaß an Möglichkeit zu Informationsverschaffung Offensichtliche Umgehung hilft nicht Vertriebssystem ausnahmsweise Bestellung schließt Anwendbarkeit aus
8 Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts ANWENDBARKEIT DES FERNABSATZRECHTS Fernabsatzrecht anwendbar, Bei Online-Bestellung, auch wenn die Ware im Ladengeschäft begutachtet werden konnte Bei Online-Bestellung und Abholung im Laden Anders aber, wenn online lediglich eine Ware reserviert wird, ein Vertrag aber noch nicht zustande gekommen ist Bei mobiler Bestellung im Ladengeschäft durch den Kunden Anders aber, wenn der Vertrag in der Filiale so vorbereitet wird, dass wesentliche Aspekte (insbesondere der Preis) schon feststehen (z.b. dokumentiert durch einen Gutschein, der im Laden gewährt wird)
9 Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts ANWENDBARKEIT DES FERNABSATZRECHTS Fernabsatzrecht nicht anwendbar, Bei Vertragsschluss in der Filiale Anders aber, wenn Vertragsschluss bloße Formalie ist (Umgehung) Auch bei späterer Lieferung Auch wenn der Verkäufer die Ware im Beisein des Kunden online ordert oder umgekehrt Bei Verhandlung im Ladengeschäft und Bestellung per Telefon, oder über die Website, wenn der Vertrag zuvor weitgehend ausverhandelt war
10 Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts FOLGE DER ANWENDBARKEIT DES FERNABSATZRECHTS Pflicht zur Verbraucherinformation Einräumung eines Widerrufsrechts
11 Besonderheiten bei den Informationspflichten UNTERSCHIEDLICHE PFLICHTEN JE NACH VERTRIEBSKANAL Stationärer Handel: allgemeine Regeln, 312a Abs. 2 BGB Art. 246 EGBGB, u.a. Wesentliche Eigenschaften Gesamtpreis Zahlungsbedingungen, Liefertermin Mängelhaftungsrecht Online und Telefon: umfassendes Pflichtenprogramm, 312d, Art. 246a EGBGB Weitere Pflichtangaben Zusätzlich im E-Commerce: Einzelne Schritte, die zum Vertragsschluss führen
12 Besonderheiten bei den Informationspflichten INFORMATIONSPFLICHTEN BEI CROSSCHANNEL Online: Genaue Information über den Vertragsschluss Berücksichtigung von Wahlmöglichkeiten des Kunden Wann kommt der Vertrag zustande Mit Online-Bestellung? Mit Bestellbestätigung? Mit Abholung des Kunden? Erst im Ladengeschäft? à Klarheit darüber, wie der Vertrag zustande kommt und Umsetzung in der Verbraucherinformation
13 Besonderheiten bei den Informationspflichten INFORMATIONSPFLICHTEN BEI CROSSCHANNEL Gesamtpreis und Versandkostenangabe (Nr. 4) Berücksichtigung von Wahlmöglichkeiten des Kunden à Konsequenz: separat ausweisen Richtige Berechnung und Ausweisung im Warenkorb 312e BGB: Versandkosten können nur verlangt werden, wenn eine korrekte Information nachweisbar ist
14 Besonderheiten bei den Informationspflichten INFORMATIONSPFLICHTEN BEI CROSSCHANNEL Zahlungsbedingungen (Nr. 7) Verschiedene Möglichkeiten bei verschiedenen Kanälen (z.b. Barzahlung in der Filiale) Online: Schon zu Beginn des Bestellvorgangs angeben ( 312j Abs. 1 BGB) Lieferbedingungen (Nr. 7) Möglichkeit der Selbstabholung ausweisen Genauer Ort der Filiale und Öffnungszeiten Etwaige Beschränkung auf Abholung muss klar ausgewiesen werden Liefertermin bzw. Abholtermin (Nr. 7) Zusicherung der Abholbarkeit in einer Filiale bindend Abholfenster, wenn nicht mit Öffnungszeiten identisch
15 Besonderheiten bei den Informationspflichten INFORMATIONSPFLICHTEN BEI CROSSCHANNEL Pflicht zur Belehrung auf einem dauerhaften Datenträger Bestätigung nach Vertragsschluss, 312f Abs. 2 BGB Per oder mit der Ware à Wenn mit der Ware, dann auch bei Filialabholung Problem: unbestellte Waren ( 241a BGB) Bei Multichannel nicht so kritisch Jedenfalls aber wettbewerbswidrig, wenn verkaufte Waren nicht verfügbar sind
16 Besonderheiten beim Widerrufsrecht BESONDERHEITEN BEIM WIDERRUFSRECHT BEI CROSSCHANNEL Keine! Es gelten grundsätzlich die gleichen Regeln Verbraucher muss den Widerruf zunächst nur erklären Pflicht zur Rücksendung bzw. Abgabe der Ware Keine Pflicht des Unternehmers zur Abholung Streng genommen kann der Verbraucher Den Widerruf in der Filiale erklären Die Ware in der Filiale abgeben à Entsprechende organisatorische Vorkehrungen treffen!
17 Besonderheiten beim Widerrufsrecht BESONDERHEITEN BEIM WIDERRUFSRECHT BEI CROSSCHANNEL Beginn der Widerrufsfrist Mit Erhalt der (letzten) Ware, also mit Übergabe der Ware an den Kunden in der Filiale Abholer ist vom Verbraucher benannter Dritter
18 Besonderheiten beim Widerrufsrecht BESONDERHEITEN BEIM WIDERRUFSRECHT BEI CROSSCHANNEL Erstattung von Zahlungen Kaufpreis zu erstatten Abholkosten sind keine Lieferkosten, d.h. eigene Kosten des Kunden (z.b. Mietwagen) müssen nicht erstattet werden Option kostenfreie Selbstabholung ist keine Standardlieferung, echte Lieferkosten müssen erstattet werden Verwendung des selben Zahlungsmittels, (P) Barzahlung in der Filiale Wertersatz Möglichkeit, den Kunden auf Test im Ladengeschäft zu verpflichten?
19 Auswirkungen auf AGB- Gestaltung
20 Auswirkungen auf die AGB-Gestaltung bei Crosschannel BESONDERHEITEN BEI DER AGB-GESTALTUNG Problem: verschiedene AGB für verschiedene Kanäle (online, Katalog, stationär) Klare Zuordnung nötig, alle Möglichkeiten müssen abgebildet sein und richtige AGB einbezogen werden Problem: transparente Gestaltung der Online-AGB mit verschiedenen Kundenoptionen Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts Zustandekommen des Vertrages Lieferung vs. Abholung verschiedene Zahlungsmittel Handlungsoptionen Verschiedene AGB Einheitliche AGB Beste Lösung: Einzelfallentscheidung
21 Multichannel und Werbung
22 Multichannel und Werbung BESONDERHEITEN BEI DER WERBUNG BEIM MULTICHANNEL Problem der Verfügbarkeit der beworbenen Ware in allen Kanälen LG Hamburg (Az. 315 O 140/11) Gemeinsame Bewerbung von Sakko, Hose und Krawatte verlangt nach Verfügbarkeit (auch) in den Filialen eines Multichannel-Händlers Nichtverfügbarkeit ist irreführende Werbung Urteil ist sehr kritisch zu sehen, aber à Werbung kritisch auf Multichannel-Verständnis abklopfen
23 Multichannel und Logistik
24 Multichannel und Logistik THEMEN FÜR DEN LOGISTIKDIENSTLEISTER Crosschannel als Herausforderung für Logistik, Fulfillment und IT Berücksichtigung bei der Vertragsgestaltung mit Dienstleistern Ausdrückliche Definition der Prozesse in der Leistungsbeschreibung Definition von Service Levels (z.b. Sonderbehandlung von Filialen) Schnittstellendefinition für Datenabgleich zwischen Online-Shop, Lager und Filialen Retourenabwicklung
25 Multichannel und Datenschutz
26 Grundlagen Datenschutzrecht DATENSCHUTZRECHT BASICS Erhebung oder Verarbeitung personenbezogener Daten erfordert Gesetzliche Gestattung oder Einwilligung Was genau Personenbezug ist, ist streitig Jede Zuordnung von Daten zu Personendaten hat Personenbezug Speicherung jedweder Information zu einem Personenprofil ist damit personenbezogen, z.b. Verwendetes Endgerät Bestellhistorie Pick-Up-Verhalten Widerufsverhalten
27 Grundlagen Datenschutzrecht EINWILLIGUNG ERFORDERLICH? Ob Einwilligung erforderlich ist, kommt auf die erhobenen und gespeicherten Daten an Gesetzliche Gestattung bei Erforderlichkeit, 28 BDSG (+) für Einzelheiten der Bestellungen (-) für Endgerät, von dem bestellt wurde Problem: Wissen darüber, welche Daten genau zu welchem Zweck gespeichert werden Jede Zuordnung von Daten zu Personendaten hat Personenbezug und bedarf damit tendenziell einer Einwilligung
28 Crosschannel und Datenschutz BESONDERHEITEN BEIM CROSSCHANNEL Waren online bestellen - in der Filiale abholen Online-Erhebung von Daten (Kunde, Ware, Zahlungsdaten) Unproblematisch, soweit und solange für den Kauf erforderlich ( 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG) Insofern auch für die Abholung in der Filiale verwendbar, aber nicht darüber hinaus Waren in der Filiale bestellen und liefern lassen Offline-Erhebung von Daten (Kunde, Ware, Zahlungsdaten, Lieferadresse) Unproblematisch, soweit und solange für den Kauf erforderlich ( 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG) Auch: -Adresse/Telefonnummer für Versandbenachrichtigung/Nachfragen
29 Crosschannel und Datenschutz BESONDERHEITEN BEIM CROSSCHANNEL Zusammenführung von Online-Datensätzen und Offline- Informationen (Onboarding) Verarbeitung personenbezogener Daten Einwilligung erforderlich Problem: Einwilligung bezieht sich auf konkrete Datenverarbeitung zu einem konkreten Zweck Einwilligung online oder offline einholbar Beispiele Anreicherung von Daten auf Kundenkarte Zufriedenheitsbefragungen per nach Offline- Kauf Aufgrund von Zusatzinformationen personalisierte Transaktions- s oder Newsletter
30 Omnichannel und Datenschutz BESONDERHEITEN BEIM OMNICHANNEL Waren am Desktop betrachten, auf der Smartphone-App in den Warenkorb verschieben, über das Tablet die Bestellung abschließen, Abholung in der Filiale Problem (?): Wiedererkennung auf den unterschiedlichen Endgeräten Erforderlichkeit einer Einwilligung? Findet überhaupt Datenerhebung statt? Kein Problem, wenn Erkennung über Login-Daten Aber: Anpassung der Datenschutzerklärung
31 Omnichannel und Datenschutz CROSS-DEVICE-TRACKING Google Universal Analytics als deviceübergreifende Trackinglösung Einsatz einer USER-ID (Zuordnung über Login- Bereich) Pseudonyme Nutzerprofile sind zulässig ( 15 Abs. 3 TMG) Problem: gilt nicht für Erfassung von Offline- Verhalten, da nicht von 1 Abs. 1 TMG erfasst Integration einer Widerspruchsmöglichkeit (Opt-out) und entsprechender deutlicher Hinweis in Datenschutzerklärung Kein Zusammenführung mit Nutzungsdaten Abschluss einer ADV-Vereinbarung mit Google
32 Fazit
33 Rechtliche Probleme einfacher zu lösen, als die logistischen
34 Jede mögliche Vertragskonstellation durchdenken auf Vertragsschluss und Fernabsatz
35 Besonderheiten bei Informationspflichten vollständig beachten
36 In AGB sorgfältig differenzieren
37 Bei der Vertragsgestaltung mit Dienstleistern alle Szenarien durchdenken und detailliert regeln
38 Einwilligungen für das Zusammenführen verschiedener Datensätze einholen
39 Datenschutzerklärung bei Cross-Device-Tracking anpassen
40 Questions and Answers!
41 Dr. Martin Schirmbacher Fachanwalt für IT-Recht HÄRTING Rechtsanwälte Chausseestraße 13, Berlin Tel Fax
42 Nächste Webinare Social Media Logins (RA Schätzle) Bewertungsportale und Produktbewertungen (RAin Slowioczek) Produktfotos (RA Golz) Werbung mit Gewinnspielen (RA Reinholz) Monate neues Verbraucherrecht (RA Schirmbacher) HÄRTING Rechtsanwälte Chausseestraße 13, Berlin Tel Fax
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