Interessierte Selbstgefährdung Anleitung zum Selberdenken
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- Mona Schräder
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Interessierte Selbstgefährdung Anleitung zum Selberdenken Prävention durch Denkwerkstätten Evangelische Akademie Tutzing
2 Interessierte Selbstgefährdung? Soll das etwa heißen: die Menschen haben ein Interesse daran, ihre Gesundheit zu gefährden? Sind sie etwa selber Schuld? Findet durch den Begriff nicht eine Verwechslung von Täter und Opfer statt? Evangelische Akademie Tutzing
3 Beispiel für paradoxes Verhalten (1) Je weniger der Arbeitgeber die Arbeitszeit kontrolliert, desto länger arbeiten die Menschen. Irritierende Beobachtungen: Die Menschen arbeiten länger, als sie eigentlich müssen. Sie unterlaufen von sich aus die Gesetzte zur Arbeitszeit, die zu ihrem Schutz geschaffen wurden. Evangelische Akademie Tutzing
4 Beispiel für paradoxes Verhalten (2) Die Menschen wissen was gut für sie ist und tun dennoch das Gegenteil davon. Irritierende Beobachtungen: Die Menschen kommen zur Arbeit, selbst dann wenn sie krank sind. Auch wenn sie erkannt haben, dass überbordende Arbeitszeiten ihre Gesundheit gefährdet, ändern sie nicht ihr Verhalten. Evangelische Akademie Tutzing
5 Interessierte Selbstgefährdung Interessierte Selbstgefährdung: Die eigene Gesundheit in die Bresche werfen aus Hoffnung auf Erfolg und/oder Angst vorm Misserfolg. Das selbstgefährdende Verhalten verteidigen gegen gutgemeinte Interventionen. Regelungen und Vereinbarungen zum Gesundheitsschutz ignorieren und unterlaufen. Folge u.a.: Statistiken können täuschen! Befragungsergebnisse können in die Irre führen! Evangelische Akademie Tutzing
6 Denkübung Was ist der Unterschied zwischen einem Fehler und einem Irrtum? Evangelische Akademie Tutzing
7 Der Irrtum Der Irrtum ist ein Fehler über einen Fehler. Erstens mache ich was falsch. Zweitens denke ich, dass ich nichts falsch mache. Und das ist auch falsch. Evangelische Akademie Tutzing
8 Die Selbsttäuschung Die Selbsttäuschung ist ein Irrtum über die Ursache des Irrtums. Evangelische Akademie Tutzing
9 Beispiel: Betrunken sein Mein Urteilsvermögen kann nicht abnehmen, ohne dass gleichzeitig mein Vermögen, die Abnahme meines Urteilsvermögens zu beurteilen, abnimmt. (Je betrunkener ich werde, desto weniger kann ich beurteilen, wie betrunken ich bin.) Evangelische Akademie Tutzing
10 Merkwürdigkeiten der Leistungsdynamik eines selbständigen Existenzgründers Er schuftet auch, wenn er wenig oder gar nichts verdient. Er hat oft nur wenig Handlungs- und Entscheidungsspielraum Er hat einen unsicheren Arbeitsplatz. Er arbeitet im Zweifel rund um die Uhr. Er nimmt im Zweifel keine Rücksicht auf seine Gesundheit! Evangelische Akademie Tutzing
11 Wie ruft man eine Leistungsdynamik, die durch unternehmerische Selbständigkeit bewirkt wird, ohne unternehmerische Selbständigkeit hervor? Evangelische Akademie Tutzing
12 Was ist ein unorganisierter Haufen? Antwort: Ein unorganisierter Haufen ist eine Ansammlung von Menschen, von denen jeder nur tut, was er selber will! Evangelische Akademie Tutzing
13 Das einfache Kommandosystem Prinzip: Unterordnung des eigenen Willens Elemente: 1. Befehl und Gehorsam 2. Zwang = glaubhafte Strafandrohung 3. Kontrolle der Befehlsausführung Evangelische Akademie Tutzing
14 Das entwickelte Kommandosystem Prinzip: Verinnerlichung des fremden Willens Lob und Belohnung die Angst vor der Strafe wird durch Motivation ergänzt: Hoffnung auf Belohnung und Anerkennung der Vorgesetzte und sein Spielraum der befehlende Gehorchende macht das Kommandosystem ausdehnungsfähig zu Kommandohierarchien der vorauseilende Gehorsam: die Musterschüler Das Kommandosystem erschließt sich die Kreativität der Weisungsgebundenen Evangelische Akademie Tutzing
15 Fazit Das Kommandosystem funktioniert umso besser, je mehr es selbständiges Handeln von Unselbständigen nutzen kann. Das hängt aber von bestimmten Bedingungen ab: 1. Je selbständiger die Arbeit, desto größere Spielräume müssen gewährt werden. 2. Je selbständiger die Arbeit, desto höher muß die Bezahlung (Löhne) ausfallen. 3. Je selbständiger die Arbeit, desto sicherere Arbeitsplätze müssen geboten werden. In der Tendenz entsteht eine Arbeitnehmeraristokratie, eine relativ kleine Gruppe privilegierter Arbeitnehmer die Gruppe der hochqualifizierten Beschäftigten. Evangelische Akademie Tutzing
16 Die Aufgabe Wie lassen sich dieselben Effekte bei allen Arbeitnehmern erreichen? D.h.: Wie lassen sich dieselben Effekte ohne anspruchsvolle Bedingungen erreichen? Also auch bei geringen Spielräumen bei niedrigen Löhnen bei hoher Arbeitsplatzunsicherheit????? Evangelische Akademie Tutzing
17 Die Lösung Die Unterordnung des eigenen Willens wurde durch die Verinnerlichung des fremden Willens ergänzt. Jetzt soll sie durch die Funktionalisierung des eigenen Willens ersetzt werden. Evangelische Akademie Tutzing
18 Was heißt: Funktionalisierung des eigenen Willens? Evangelische Akademie Tutzing
19 Die Flucht vor dem Krokodil als Beispiel Man tut, was man selber will aber unter Bedingungen, die man nicht will. Die Flucht ist beides: freiwillig und unfreiwillig (nolens volens). Evangelische Akademie Tutzing
20 Wie wird die indirekte Steuerung vom einzelnen erlebt? High sein von der indirekten Steuerung: Begeisterung für die eigene Arbeit kann genauso zu Rücksichtslosigkeit sich selbst gegenüber führen, wie Angst vor dem Versagen. Down sein von der indirekten Steuerung: Neue Schlüsselerfahrung: Wissen, was für mich gut ist, aber tun, was für mich schlecht ist und mir selber dabei zuschauen. Evangelische Akademie Tutzing
21 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! COGITO. Institut für Autonomieforschung. Berlin. Evangelische Akademie Tutzing
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