LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. WAHLPERIODE VORLAGE 16/3703

Transkript

1 Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW Düsseldorf Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtags Nordrhein-Westfalen Herr Friedhelm Ortgies MdL Platz des Landtags Düsseldorf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. WAHLPERIODE VORLAGE 16/3703 m -- Austritt von Gülle in Hille, Kreis Minden-Lübbecke sowie in Versmold, Kreis Gütersloh Johannes Remmel If Seite 1 von 1 Aktenzeichen IV bei Antwort bitte angeben Dr. F. Vietoris Telefon Telefax poststelle@mkulnv.nrw.de ao-fach Sehr geehrter Herr Vorsitzender Ortgies ,.. ~J..4J.- hiermit übersende ich Ihnen zum Thema "Austritt von Gülle in Hille, Kreis Minden-Lübbecke sowie in Versmold, Kreis Gütersloh" einen Bericht mit der Bitte um Weiterleitung an die Mitglieder des Ausschusses für Klimachutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Mit freundlichen Grüßen Dienstgebäude und Lieferanschrift: Schwannstr Düsseldorf Telefon Telefax Infoservice poststelle@mkulnv.nrw.de Öffentliche Verkehrsmittel: Rheinbahn Linien U78 und U79 Haltestelle Kennedydamm oder Buslinie 721 (Flughafen) und 722 (Messe) Haltestelle Frankenplatz

2

3 Bericht der Landesregierung Austritt von Gülle in Hille, Kreis Minden-Lübbecke sowie in Versmold, Kreis Gütersloh Seite 11 Schadensfall Hille In der Nacht zu Freitag, dem 22. Januar 2016 (zwischen 2.00 Uhr und 5.00 Uhr) sind auf einem Bauernhof in Hille-Rothenuffeln, ca. 200 m m 3 Gülle aus einem Güllebehälter ausgelaufen. Der Landwirt hat am frühen Freitagmorgen (ca Uhr) den Schaden festgestellt. Der Güllebehälter ist Baujahr 1982 und hat. ein maximales Fassungsvermögen von etwa 400 m 3 ; die Füllhöhe bei Schadenseintritt ist nicht bekannt. Ausgetreten ist die Gülle aus der Entnahmeleitung des Güllebehälters. Diese Entnahmeleitung verfügt über zwei Spindelschieber. Der zweite dieser Schieber muss zum Zeitpunkt des Unfalls undicht gewesen sein, wobei die Ursache der Undichtigkeit unklar ist. Der erste Schieber wurde erst im Rahmen der späteren Kontrollen nach Entleerung und Entschlammung des im Erdreich eingebauten Schieberschachtes sichtbar. Er wurde zum Zeitpunkt der Nachkontrolle als geöffnet vorgefunden. "Die ablaufende Gülle floss über einen Wegeseitengraben in den "Eickser Bach. Als Sofortmaßnahme errichtete der Landwirt unverzüglich zwei Erdwälle um zu verhindern, dass die Gülle über den Eickser Bach in die Bastau gelangte. Zudem informierte der Landwirt die Feuerwehr. Die untere Wasserbehörde des" Kreises Minden Lübbecke wurde ca Uhr informiert und war ebenfalls vor Ort.

4 Einer der Erdwälle brach kurzzeitig und wurde erneuert. Durch den Dammbruch gelangte eine geringe Menge Gülle in die Bastau. Durch. den Kreis Minden-Lübbecke wurde Umweltalarm ausgelöst. Folgende Maßnahmen wurden ergriffen: Absperren der angrenzenden Gräben Abpumpen der Gülle aus den betroffenen Gräben. Kontrolle der angrenzenden Fließgewässer auf mögliche Beeinträchtigunge~. Seite 12 Die Sohl- und Uferbereiche des W~geseitengrabens sowie der Eickser Bach wurden durch die ablaufende Gülle stark verunreinigt. Die. verunreinigten Bereiche wurden anschließend mehrfach gespült. Zudem lief Gülle auf landwirtschaftliche Flächen, die aufgrund der Witterung gefroren waren. Der Oberboden des westlich des landwirtschaftlichen Anwesens angrenzenden und mit Gülle verunreinigten Ackers wurde letztlich in einer Mächtigkeit von cm mittels Bagger abgeschoben und als Haufwerk auf das dahinter liegende Land verbracht, um ein Abtragen der Gülle in Richtung Gewässer und eine Beeinträchtigung des Grundwassers zu verhindern. Durch die schnelle Reaktion des Landwirts selbst, der. Feuerwehr sowie der unteren Wasserbehörde des Kreises Minden-Lübbecke konnte eine f1achhaltige Beeinträchtigung der Bastau und des Grundwassers verhindert werden. Jedoch wurde der Eickser Bach auf einer Länge von ca. 1,5 km stark beeinträchtigt. Durch den Gülleeintrag ist es zu einer Beeinträchtigung der Biozönose im Eickser Bach gekommen. Seitens des Kreises wurden in der Bastau

5 Sauerstoffmessungen durchgeführt, die keine Auffälligkeiten ergaben. Daraufhin wurden' keine weiteren Gewässeruntersuchungen durchgeführt. Schadensfall Versmold Seite 13 Am Dienstag, den 26. Januar 2016 gegen Uhr waren auf einer HofsteIle in Versmold ca. 200 m 3 Gülle aus einemhochbehälter ausgelaufen.. Der Schaden war infolge einer hofinternen. Gülleumpumpaktion des Landwirtes eingetreten. Als Schadensursache kommt eine Materialermüdung des beim Umfüllen verwendeten Schlauches in' Frage. Nach Aussage des Kreises Gütersloh liegen Hinweise auf ein strafbares Handeln des betreffenden Landwirts nicht vor. Der Landwirt selbst beabsichtigt sein Güllelager mit einer Umwallung zu versehen, um zukünftige Schadensfälle zu vermeiden. Er wird dazu von der unteren Wasserbehörde des Kreises Gütersloh beraten. Der Landwirt hat sofort die Feuerwehr informiert. Die untere Wasserbehörde Gütersloh war zeitnah vor Ort. Nach einer ersten Einschätzung der unteren Wasserbehörde waren ca m 3 Gülle ausgetreten. Der Rolfbach, in den die Gülle gelangt ist, liegt ca. 300 m von der Schadensst~lIe entfernt und mündet im Bruchbach. Der Bruchbach fließt in die Hesse/. Unter Berücksichtigung der.örtlichen Gegebenheiten (Hanglage) dürften bis zu 50.% der aüsgetretenen Güllemenge in den Rolfbach gelangt sein. Durch die untere Wasserbehörde des Kreises Gütersloh wurden unverzüglich Sofortmaßnahmen eingeleitet. Die aktiven Sofortmaßnahmen umfassten nach Abstellen der Schadensquellej das

6 Reinigen der mit Gülle überströmten Bodenflächen, sowie das Errichten von mehreren Erdmulden, umso die Gülle zurückzuhalten. Außerdem wurden vier Sperren in den betroffenen Gewässern Rolfbach und Bruchbach errichtet um das Abpumpen des. Gülle Wasser-Gemischs zu ermöglichen. Bei der "Abpumpaktion" wurden ca m 3 _ m 3 stark belastetes Wasser zur späteren Entsorgung in freistehende, geeignete Becken der Stadt Versmold abgefahren und eine unbestimmte geringer belastete Wassermenge in Abstimmung mit den Grundeigentümern auf angrenzende landwirtschaftliche Grünflächen gepumpt.. Seite 14 Aus den betroffen Gewässern Rolfbach, Bruchbach und Hessel wurden a~ späten Abend des sowie am Morgen und Mittag des Wasserproben gezogen und zur Analytik gegeben. Die untere Wasserbehörde hat in Abstimmung mit dem LANUV den Gutachter Dr. Helmut Späh mit der Untersuchung der betroffenen Gewässerabschnitte zur Feststellung der eingetretenen Kurz- und Langzeitschäden beauftragt. Nach den vorläufigen Ergebnissen von Dr. Späh sind die aquatischen. Lebensgemeinschaften der betroffenen Gewässer voraussichtlich nicht nachhaltig geschädigt. Vermutlich haben die hohen Abflüsse und jahreszeitlich bedingten niedrigen Wassertemperaturen die toxischen Wirkungen von Gülle wie hohe Nitritkonzentrationen. und st~rke Sauerstoffzehrung entsprechend minimiert. Durch die gute Zusammenarbeit der zuständigen Behörden sowie der benachbarten Landwirte konnte eine erhebliche Beeinträchtigung der Gewässer verhindert werden.

7 Versicherungspflicht landwirtschaftlicher Betriebe Für landwirtschaftliche Betriebe besteht keine Pflicht zum 'Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Dennoch haben die meisten Betriebe diese Haftpflichtversicherung. Sie deckt Schadensereignisse ab, die unvorhergesehen, unter Beachtung der gängigen Regeln und Vorschriften, eingetreten sind. Nach Auskunft der unteren Wasserbehörden bestehen in den hier vorliegenden Fällen Betriebshaftpflichtversicherungen, die sich auch bereits zur Schadensübernahme bereit erklärt oder wie im Fall Hille auch schon Teile der Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahmen übernommen haben s'ollen. Seite 15 Vermeidung solcher Unfälle Den Schadensfällen liegen unterschiedliche Ursachen zugrunde. Während es sich bei dem Schadensfall in Versmold um ein betriebliches und möglicherweise auch menschliches.. Versagen handelt, ist der Schaden in Hille auf technische Mängel zurückzuführen. Die Bereitschaft de~ in Versmold betroffenen Landwirtes, seine Anlage mit einer Umwallung zu versehen, ist, da diese Anforderung über die.. derzeit geltenden Regeln der Technik hinausgeht, zu begrüßen. Die bestehenden Regelungen zum Betrieb von Güllebehältern gehen von einer' weitgehenden Eigenverantwortung des Betreibers aus. Das. ist vor dem Hintergrund vermehrt festzustellender Schadensfälle zu hinterfragen. Eine wirksame Vermeidung von Schadensfällen wird sich nur durch eine eingehende Überprüfung dieser Anlagen realisieren lassen. Der Bundesrat hat in einem Maßgabebeschluss vom 23. Mai 2014 zu einer "Verordnung über Anlagen zum Umgang mit

8 wassergefährdenden Stoffen (AwSV)" des Bundes gefordert, dass bestehende größere GülletJehälter einmalig durch einen anerkannten Sachverständigen, geprüft werden müssen. Diese Anforderung ist bisher am Widerstand des Bundeslandwirtschaftsministeriums gescheitert. Für die zuständigen Wasserbehörden besteht daher derzeit nur die. Möglichkeit, Güllebehälter.. aufgrund eines gegebenen konkreten Anlasses im Einzelfall überprüfen zu lassen. Seite 16 Weitere Gewässerverunreinigungen im Umfeld landwirtschaftlicher Betriebe Derzeit häufen sich unerfreulicher Weise Berichte zu Gewässerverunreinigungen (Beispiel "Abwasserpilze" in. Gewässern des Kreises Borken sowie in der Emmer, siehe Vorlage 16/3607).. Als mögliche Verursacher stehen landwirtschaftliche Betriebe. im Blickpunkt, von denen Silagesickersäfte sowie Jauche und Gülle fn Gewässer eingetragen worden sein könnten. Ein ausführlicher Bericht des Kreises Borken ist angekündigt und wird voraussichtlich im März. dem Umweltausschuss zur Verfügung gestellt. Die "Gülle-Unfälle" in Hille und in Versmold sind anders gelagert, da die. Gewässerverunreinigung auf einem "Versagen eines technischen Bauteils" an den Güllebehältern sowie möglicherweise menschlichem Versagen zurückzuführen sind. Unabhängig von den jeweiligen Ursachen sind diese Gewässerverunreinigungen durch die zuständigen Behörden vor Ort mit allem Nachdruck zu verfolgen, die jeweiligen Ursachen zu identifizieren und zu beseitigen.

9 ,In einem ersten Schritt werden a"lie unteren Wasserbehörden gebeten, sich der Problematik intensiver anzunehmen und vermehrt ~ontrollen durchzuführen. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist auch, dass vorliegenden Erkenntnissen, z.b. auch aus Hinweisen Dritter, intensiver nachgegangen wird. Das kann bedeuten, dass die zuständigen Behörden im Rahmen Ihrer', Planung von Seite 17 Umweltinspektionen andere Prioritäten setzen müss~n.