Talcott Parsons: Die Schulklasse als soziales System: Einige ihrer Funktionen für die amerikanische Gesellschaft (1959) (Kapitelstruktur)
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- Lilli Peters
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1 Parsons 1 Talcott Parsons: Die Schulklasse als soziales System: Einige ihrer Funktionen für die amerikanische Gesellschaft (1959) (Kapitelstruktur) - Das Problem: Sozialisation und Selektion ( ) - Die Struktur der Schulklasse ( ) - Die Eigenart der Schulleistung ( ) - Familie und peer group in Beziehung zur Schulklasse ( ) - Sozialisation und Selektion in der Grundschule ( ) - Differenzierung und Selektion in der Oberschule ( ) - Schlussfolgerung (373)
2 Parsons 2 Kap 1.: Das Problem: Sozialisation und Selektion 1. Sozialisation: wie die Schulklasse funktioniert, um bei den Schülern Bereitschaft und Fähigkeit zur erfolgreichen Erfüllung ihrer späteren Erwachsenenrollen zu verinnerlichen. (S. 349) 2. Selektion: wie sie funktioniert, um diese menschlichen Ressourcen innerhalb der Rollenstruktur der Erwachsenengesellschaft zu verteilen. (S. 349) Wir sind daran interessiert, was in der Schulklasse unserer Gesellschaft die Trennung zwischen den Teilen einer Altersgruppe, die ein College besuchen, und denen, die es nicht besuchen, bestimmt. (S. 350) Cross-pressured groups Thema: Leistung und Aufstieg
3 Parsons 3 Was soll heißen: echte Selektion? (s.s.369) Statuszuweisung auf Grund erworbener Fähigkeiten und Bereitschaften = Leistung Unterschied Familie - Schule (S. 352) Familie - Status auf Grund biologischer Position: Generation, Geschlecht, Alter (- weiterer wichtiger Faktor: Niveau der Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen) Schule - Status auf nicht-biologischer Basis, sondern verdient durch Erfüllen der vom L gestellten Aufgaben
4 Parsons 4 Vier primäre Merkmale zur Sicherung der Leistungsselektion (S. 353) - anfängliche Statusgleichheit der Wettbewerber durch relative Homogenität (Nachbarschaft, ) - verblüffend undifferenzierte Aufgaben - scharfe Polarisierung - gleiche Schüler auf der einen Seite - ein Lehrer (= Erwachsenenwelt) auf anderer Seite - systematische Bewertung der Schul-Leistungen durch den Lehrer (Prüfungen, Noten, Zeugnisse, )
5 Parsons 5 Einschränkungen: (S. 354) 1. Unterschied zw. traditionellen und progressiven Unterrichtformen (vgl. Basil Bernstein) traditionell progressiv - getrennte Einheiten des Fachunterrichts - direkter Wettbewerb - strikte Disziplin - formelle Zensuren - indirekter Unterricht: Projekte, fächerübergreifend, Interessengebiete, - Förderung der Kooperation ( verschleiert den Wettbewerb) - weniger strikte Disziplin - Abwertung formeller Zensuren spielt de facto geringe Rolle, progressive Erziehung korreliert mit hohem SES (s. Pkt. 2)
6 Parsons 6 2. Grad/Qualität der familiären Unabhängigkeitserziehung Progressive Erziehung legt größeren Wert auf Selbständigkeit. Grad der Selbständigkeit geprägt von familiären Sozialisationsmustern: Identifikation mit Mutter/Vater selbständig - Identifikation mit Erwachsenen-Rolle unselbständig - Identifikation mit Kind-Rolle 3. universalistische vs. partikularistische Orientierung Familie/Mutter: partikularistisch Die Besonderheit des einen Kindes berücksichtigen; das eigene Kind von den anderen abheben Schule/ Lehrer(in): universalistisch Die Gleichheit aller Kinder betonend. Von der Besonderheit der Kinder abstrahierend.
7 Parsons 7 Grundschul-LehrerIn: Erleichterung der strengen universalistischen Orientierung durch die mütterlichen Seiten der Lehrerin. Die Eigenart der Schulleistung (S ) Allgemeine Charakterisierung: Leistungstypen, die - einerseits der Schulsituation angemessen sind - andererseits von Erwachsenen als in sich selbst bedeutungsvoll angesehen werden. Zwei Hauptkomponenten: spezifisches kognitives Lernen von Informationen, Fertigkeiten und Bezugsrahmen moralisch ; früher Betragen - verantwortliche Mitbürgerschaft in Schulgemeinde - Respekt vor L - Rücksichtnahme und Zusammenarbeit mit S - gute Arbeitsgewohnheiten --- führt zu Führung und Initiative
8 Parsons 8 In unteren Klassen (GS) nicht klar voneinander zu unterscheiden. Bleibt diffus. Spitzenschüler - aufgeweckt und verantwortungsbewusst Zusammenfassung: Differenzierung nach einem einzigen Leistungskontinuum = relative Auszeichnung bei der Erfüllung von Erwartungen, die L als Vertreter der Erwachsenengesellschaft an Schüler stellt.
9 Parsons 9 Familie und peer group in Beziehung zur Schulklasse Der Grad der Unabhängigkeit (von Eltern) wird durch die zunehmende Zeit, die in der Schule verbracht wird, immer größer. Also ist das schulische Belohnungssystem ein vom Elternhaus unabhängiges Belohnungssystem. Zunehmender Grad der Selbständigkeit des Kindes: Taschengeld usw. Gleichzeitiges Aufkommen der peer group (Assoziationen mit Gleichaltrigen: - Nachbarschaft (noch stärker an Familie gebunden) - Schule
10 Parsons 10 Soziologische Merkmale der peer group: Durchlässigkeit der Grenzen, Freiwilligkeit (kontrastiert auffällig mit Zwangsmitgliedschaft in Familie u. Schule) Geschlechtertrennung (von KK erzwungen, Gleichheit?) Psychologische Funktionen der p.g.: - Übungsfeld der Unabhängigkeit v. Erwachsenenkontrolle (im Extrem: Delinquenz, Straffälligkeit) - Zustimmung und Anerkennung von Seiten Nicht-Erwachsener (peers) - Leistungen - diffuse technische u. moralische Kriterien, z.b. Mut, sportl. Leistung, - Anerkennung durch beliebte Gruppenmitgl. = Zugehörigkeit peer group = - Quelle der Belohnungen für Leistungen - Sicherheit durch Anerkennung
11 Parsons 11 Sozialisatorische Bedeutung der p.g.: Reorganisation der Motivationsstruktur von familialer (= hierarchischer) Identifizierung zu mehr egalitärer Identifizierung
12 Parsons 12 Schulklasse Erlernen von Leistungsmotivation durch Identifikation mit dem Lehrer, aber auch reziproke (= oppositionelle) Identifikation. positive Identifikation mit dem Lehrer negative Identifikation mit der peer group Führt zu Dichotomisierung der Gruppe (= Schulklasse) Diese Zweiteilung korrespondiert so auffallend mit der Zweiteilung der Schüler nach dem Kriterium des College-Besuchs, dass es schwerfällt auf die Hypothese zu verzichten, dass diese strukturelle Dichotomisierung innerhalb des Schulsystems die primäre Ursache der selektiven Dichotomisierung ist. (S. 360) (Ende der ersten Vorlesung??)
13 Lehrer-Rolle Parsons 13 Ähnlichkeiten und Unterschiede zu Elternrolle: - generalisierte Überlegenheit des Erwachsenenstatus (sim) aber Berufsrolle (nicht sim) - universalistische Verantwortung (nicht sim), - mehr an Leistung orientiert als an emotionalen Bedürfnissen (letzteres ist partikularistisch) - normaler Weise Frau (sim Mutter!) Kontinuität, größere Diffusheit der weibl. Rolle - für universalistische Leistungsorientierung Anti-Diffusität notwendig (nicht sim) - Kontinuität Kindheit - Schule durch weibliche (mütterliche) Lehrer begünstigt die notwendige Reorganisation des Persönlichkeitssystems des Schülers. Kind lernt, dass L im Gegensatz zu Eltern austauschbar sind. L = Rolle Beziehung zu L ist zunehmend Beziehung zu Rolle und nicht zu Person. = Übernahme universalistischer Muster
14 Parsons 14 Sozialisation und Selektion in der Grundschule - Emanzipation des Kindes von primären emotionalen Bindungen an die Familie. - Verinnerlichung einer Ebene der Werte und Normen, die eine Stufe höher liegt als jene, die durch Familie vermittelt wird. - Differenzierung der Schulklasse entlang der tatsächlichen Leistung als auch entlang der differentiellen Bewertung des Leistungserfolges. - Verteilung der menschlichen Ressourcen entsprechend dem Rollensystem der Erwachsenen.
15 Parsons 15 Bedingungen dafür: gemeinsame Werte Familie und Schule, und zwar: Leistung und Gerechtigkeit = Fairness Fair ist: - Unterschiedliche Belohnungen für unterschiedliche Leistungen. - Unterschiedliche/höhere Leistungen/Belohnungen führen zu unterschiedlichen/höheren Berufs- und Lebenschancen. fundamentaler amerikanischer Wert der Chancengleichheit = sowohl Gleichheit wie unterschiedliche Leistung Die Mütterlichkeit des GS-Lehrers mildert die Härte dieses Prinzips. Ebenso Familie und p.g. müssen/sollen das Prinzip unterstützen und seine Härte mildern. selektive Belohnung für erwünschtes Verhalten - dafür L als primärer Agent zuständig. Selektive Belohnung/Differenzierung führt zu Statussystem innerhalb Klasse nach Anspruchsniveaus ; teilweise auch die Differenzierungslinie von p.g.
16 Parsons 16 Das Kind überschreitet die familienbestimmte zu Gunsten einer unabhängigeren Identifizierung und beginnt einen differenzierten Status innerhalb des neuen Systems einzunehmen. Sein persönlicher Status ist zwangsläufig eine direkte Funktion der erreichten Position, primär in der formellen Schulklasse, sekundär in der informellen Struktur der p.g. Dieser Prozess ist weitgehend unabhängig vom SES seiner Familie, der für das Kind von Anfang an ein askriptiver ist. (S. 364) Leistung: entscheidende integrative Funktion für das System, besonders für die Verlierer. Fairness: Entscheidend ist die Tatsache, dass die Verteilung von Befähigung, obwohl sie mit dem Familienstatus korreliert, eindeutig nicht mit ihm koinzidiert. (S. 365)
17 Parsons 17 Differenzierung und Selektion in der Oberschule Grundschule: Oberschule: - Verinnerlichung der Leistungsmotivation - Selektion auf Grund unterschiedlicher Leistungen bzw. Leistungsniveaus - Differenzierung nach qualitativen Typen der Leistung qualitativ: kognitiv - spezifische Rollen, eher technisch moralisch - eher sozial, human relations Die Differenzierung ist höherwertig, da das Einzugsgebiet der OS wesentlich größer ist (größere Statusskala). Ungruppierung der Freundschaftsgruppen, Zunahme der außerschulischen Aktivitäten (Sport usw.) Interessanter Weise verschärfte Prestige-Schichtung innerhalb der Jugendkultur (Formen von Snobismus).
18 Parsons 18 Es ist wichtig, dass es hier zwar eine weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Prestige der Freundschaftsgruppen und dem Familienstatus ihrer Mitglieder gibt, dies aber, ebenso wie in GS, keinesfalls eine einfache Spiegelung der Schichtungsskala der Gemeinde darstellt, denn eine beträchtliche Zahl von Kindern wird in Gruppen aufgenommen, deren Mitglieder einen höheren Familienstatus als jene besitzen. Dieses geschichtete Jugendsystem funktioniert als ein echter Verteilungsmechanismus, es bekräftigt nicht einfach nur den askriptiven Status. (S. 368f)
19 Parsons 19 Zusammenfassung und Kritik Zusammenfassung: Die 3 Sozialisationsinstanzen Schule, Familie und p.g. werden integriert durch die Konzepte Leistung - nicht-askriptive Befähigungen und Bereitschaften Identifikation Emanzipation (Unabhängigkeit, Selbständigkeit) Ergebnis: faire Selektion, Differenzierung, Statuszuweisung Kritik: - Die behauptete Unabhängigkeit der selektiven Prozesse von der familiären sozialen Herkunft klingt ideologisch. - Reale soziale Ungleichheit wird auf negative Identifikationsprozesse bzw. auf peer group - Einflüsse zurückgeführt. (s. Hypothese) - Cross-pressured- bzw. Aufstiegsproblematik bedarf genauerer empirischer Überprüfung. - Reale soziale Ungleichheit wird nicht als Problem gesehen, sondern als systemisch (systematisch?) gerechtfertigt.
20 Abb. 1: Zusammensetzung der Schülerschaften der 12- und 13-Jährigen nach Bildung der Eltern und Sozialprofil (Herkunftsquoten) der Schüler des Gymnasiums (12-/13Jährige) (Kast 2006, S. 243; Daten: VZ 2001)
21 Parsons 21 Für die Vorlesung am 26.11: S : Verständnisfragen sind im kopierten Text S : Sertl: Leistungsbeurteilung = Selektion Fragen: - Zusammenhang zw. Notengebung und sozialer Schichtung - Es wird ein Unterschied zw. Leistungsbeurteilung und Notengebung gemacht - Was heißt meritokratisch? (z.b. Wikipedia-Recherche!) Kap (Noten Das Geld der Schule; S.57) ist nicht Prüfungsstoff Ebenso der Aufsatz Soziale Ungleichheit in der Schule Was könnte die Gesamtschule bringen. (Bitte die Grafik auf S. 108 studieren!) Der Text Die Guten ins AHS-Kröpfchen (113ff.) ist Prüfungsstoff!
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