Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Überblick
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- Robert Andreas Schräder
- vor 6 Jahren
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1 Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Überblick Universität zu Köln Lehrstuhl für Empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung Hauptseminar: Soziologie des Arbeitsmarktes Dozent: Prof. Andreß SS Referent: Arne Wüllner 1
2 Gliederung 1. Einführung 2. Übergangsarbeitsmärkte & Risikomanagement 3. Erwerbs- & Einkommensrisiken 4. Fazit 5. Klausurfragen 2
3 1.Einführung In den letzten Jahrzehnten hat sich die Struktur des Arbeitsmarktes geändert, u.a. durch... - eine zunehmende Erosion der Normalarbeitsverhältnisse - eine gleichzeitige Zunahme von variablen Arbeitsverträgen (z.b. Zeitarbeit, Teilzeit, Freie Arbeit usw.). Ein verstärktes Aufkommen transitorischer Arbeitslosigkeit Erfordert neue institutionelle Arrangements für diskontinuierliche Erwerbsverläufe Oder allg.: Erfordert Anpassungen der Arbeitsmarktpolitik 3
4 2. Übergangsarbeitsmärkte & Risikomanagement Was sind Übergangsarbeitsmärkte? Flexible & sozial gesicherte Übergänge zwischen unterschiedlichen Formen produktiver Tätigkeit; z.b.: Bildung Arbeitsmarkt; z.b.: Erziehung Arbeitsmarkt; Übergangsarbeitsmärkte können wiederum als Institutionen des Risikomanagements verstanden werden. 4
5 Aber: Was bedeutet Risikomanagement? Schafft oder erweitert Gelegenheitsstrukturen auf dem Arbeitsmarkt, z.b. die Möglichkeit flexiblere Arbeitszeiten wahrzunehmen, befristetes Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt usw. diese sind aber mit Risiken und Gefahren verbunden, z.b. keine Re-Integration in den regulären Arbeitsmarkt die man nur auf sich nimmt, wenn sie potentiell Erlöse erbringen, z.b. höheres Einkommen, privater Nutzen und im Falle eines Misserfolgs, durch vorausschauendes und koordiniertes Handeln, den potentiellen Schäden entgegengewirkt wurde. 5
6 Welche Strategien für ein erfolgreiches Risikomanagement existieren (beruhend auf der Systemtheorie)? (1) Je komplexer die Systemumwelt (hier: der Arbeitsmarkt), desto größer muss die Anzahl der koordinierenden Elemente sein Prinzip der institutionellen Vielfalt (2) Eine intensive Koordination zwischen Arbeitsmarktpolitik & anderen Politikbereichen, die auf Niveau & Struktur der Beschäftigung einwirken (z.b. Familienpolitik, Steuerpolitik) Prinzip der institutionellen Komplementarität (3) Eine bessere Zurechenbarkeit von Verantwortung bei Individuen und Organisationen (z.b. Agentur für Arbeit) Prinzip der institutionellen Kongruenz 6
7 4 Kriterien zur Beurteilung von Übergangsarbeitsmärkten: (1) Wurde die individuelle Entscheidungsautonomie durch eine Verbesserung der individuellen Anpassungsfähigkeit und der individuellen Teilnahmerechte erweitert? - Aber: Übernahme von Pflichten & Risiken auf Seiten der potentiellen Profiteure ist auch erforderlich (Gesetz der Reziprozität) Risiken verlieren für das Individuum ihre Bedrohlichkeit 7
8 4 Kriterien zur Beurteilung von Übergangsarbeitsmärkten: (2) Wurde die Solidarität in Bezug auf die soziale Sicherung gefördert? - Partizipiert jeder Arbeitnehmer/Selbstständige in der Finanzierung - Hat jeder Arbeitnehmer/Selbstständige, bei Bedarf, ein Anrecht auf Teilhabe? - Werden Einkommen aller Art in beiden Fällen mit einbezogen? Fördert materielle & psychologische Sicherheit. 8
9 4 Kriterien zur Beurteilung von Übergangsarbeitsmärkten: (3) Wurde die Effektivität durch Spezialisierung und Koordination gesteigert? - Ist eine Kofinanzierung gegeben? - Beruht die Organisation auf öffentlich-privaten Mischtypen? 9
10 4 Kriterien zur Beurteilung von Übergangsarbeitsmärkten: (4) Wurde die Effizienz durch Technologien des Risikomanagements gesteigert? - Anwendung von z.b. Controlling, Benchmarking usw.? - Werden Organisationen durch Anreizsysteme (z.b. finanzieller oder steuerlicher Art) zu Lernprozessen angeregt? 10
11 3. Erwerbs- & Einkommensrisiken Diverse Übergänge zwischen Formen produktiver Arbeit und damit verbundene Erwerbsrisiken sind im Arbeitsleben vorstellbar. Diese hängen mit 5 strukturellen Einkommensrisiken zusammen, auf die die moderne Arbeitsmarktpolitik antworten finden muss. 11
12 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Lohnersatzleistung Rente, Invalidität Arbeitslosigkeit 12
13 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Lohnersatzleistung Rente, Invalidität Arbeitslosigkeit 13
14 Das Risiko - der falschen Berufswahl, - des Veraltens erworbener Qualifikationen, - neuer beruflicher Präferenzen, erfordert die Verbesserung des Erwerbsvermögens bei Übergängen zwischen Bildung bzw. Weiterbildung und Beruf. 14
15 Beispiele: (a) Trainingsmaßnahmen - im Jahr 2000: Teilnehmer, - mit einer durchschnittlichen Dauer von 5 Wochen (b) Eingliederungszuschüsse (EGZ) - im Jahr 2000: Geförderte - maximal 6 Monate, 30% des Tariflohns (c) Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) - im Jahr 2000: Geförderte - konträre Untersuchungsergebnisse über Effekte 15
16 Bewertung und ggf. Verbesserung der Maßnahmen: (a) Entscheidungsautonomie: Rechtsansprüche auf Weiterbildung, Verpflichtungen zur Weiterbildung und finanzielle Anreize sind noch unterentwickelt (b) Solidarität: Bemessung der Leistungsfähigkeit bei der Finanzierung durch Einbeziehung aller Einkommen noch verbesserungswürdig und benachteiligte Personen im ersten Bildungsweg sollten bevorzugt werden (c) Effektivität: Transparente Qualitätsstandards, Ausgabe von allgemein anerkannten Zertifikaten und Qualifikationsprognosen sind kaum vorhanden (d) Effizienz: Es existieren keine erfolgsorientierten Budgetierungs- & Entlohnungssysteme und die Nutzung betrieblicher Kapazitäten (z.b. EDV) ist ausbaufähig 16
17 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Lohnersatzleistung Rente, Invalidität Arbeitslosigkeit 17
18 Das Risiko - schwankender Arbeitskräftenachfrage, - der Veränderung der Arbeitszeitpräferenzen, - der Stellung im Beruf, erfordert die Verbesserung der Einkommenssicherung bei Übergängen zwischen: - Voll- & Teilzeitarbeit oder - selbstständiger & nicht-selbstständiger Arbeit. 18
19 Beispiele: (a) Saisonale Beschäftigungsbrücken (Winterausfallgeld) - im Jahr 2000: unterstützte Arbeitnehmer - 60% 67% d. pauschalierten Nettoentgelts - zwischen 01.Januar & 31. März (b) Konjunkturelle Beschäftigungsbrücken (Kurzarbeitergeld) - im Jahr 2000: unterstützte Arbeitnehmer - 60% - 67% d. Nettoentgelts 19
20 Bewertung und ggf. Verbesserung der Maßnahmen: (a) Entscheidungsautonomie: Erweiterung von Rechtsansprüchen auf Veränderung des Arbeitsverhältnisses (b) Solidarität: Einbeziehung aller Einkommen in Mischfinanzierung sollte ausgebaut werden; finanziell Benachteiligte sollten bei Wiedereinstieg in regulären Betrieb bevorzugt werden (c) Effektivität: Lokal leicht zugängliche Beratungsstellen für Angebots- und Nachfrageseite fehlen (d) Effizienz: Finanzieller Eigenbeitrag würde Kostenexplosion verhindern helfen und kosteneffektive Maßnahmen fördern 20
21 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Rente, Invalidität Lohnersatzleistung Arbeitslosigkeit 21
22 Das Risiko der Kündigung oder Entlassung, erfordert die Verbesserung der Lohnersatzleistungen bei Übergängen zwischen Arbeit & Arbeitslosigkeit. 22
23 Beispiele: (a) Existenzgründungen - im Jahr 2000: Geförderte - Weiterzahlung d. Arbeitslosengeld für max. 6 Monate (b) Eingliederungszuschüsse für Schwervermittelbare & Langzeitarbeitslose - im Jahr 2000: Geförderte Monate Förderung, 50% - 100% Lohnübernahme (c) Strukturanpassungs- & Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - im Jahr 2000: Geförderte - konträre Untersuchungsergebnisse 23
24 Bewertung und ggf. Verbesserung der Maßnahmen: (a) Entscheidungsautonomie: Etablierung des Rechts auf Kombination von Lohnersatzleistungen und Teilzeitbeschäftigung (b) Solidarität: Statt Arbeitslosenversicherung, sollte eine Beschäftigungsversicherung etabliert werden, in die auch Selbstständige einbezahlen müssten (c) Effektivität: Professionalisierung, Dezentralisierung der Vermittlungsagenturen ist erforderlich und individuelle wenn möglich präventive Beratung (d) Effizienz: Erfolgskontrollen der Programme sollten installiert werden 24
25 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Lohnersatzleistung Rente, Invalidität Arbeitslosigkeit 25
26 Das Risiko - der Familiengründung, - der Veränderungen individueller Lebenswelten in anderer Form (z.b. Pflege einer hilfsbedürftigen Person), erfordert eine Verbesserung der Einkommensunterstützung bei Übergängen zwischen Familie & Beruf o.ä. 26
27 Beispiel: Erziehungsurlaub & Erziehungsgeld - im Jahr 1999: unterstützte Eltern - Beurlaubung bis zu 36 Monate - pro Kind max. 600 DM - neu seit 01.Januar 2007: Elterngeld (12+2 Monate, 67% des Nettoentgelts des erziehenden Elternteils, max ) 27
28 Bewertung und ggf. Verbesserung der Maßnahmen: (a) Entscheidungsautonomie: Wahlmöglichkeit zw. bezahlter und unbezahlter Arbeit als Bürgerrecht von Nöten (Elterngeld?) (b) Solidarität: Einkommensverluste sollten teilweise durch den Staat ausgeglichen werden (ab 2007 zumindest zeitlich begrenzt: Elterngeld) (c) Effektivität: Ausbau von Krippen, KiTas, Ganztagsschulen (d) Effizienz: Um Kostenexplosion zu vermeiden und kollektive Finanzierung zu gewährleisten, müssten vermehrt finanzielle Aushandlungsprozesse in Betrieben und bei Tarifverhandlungen stattfinden 28
29 Graphischer Überblick der Risikotypen: Private Haushalte Einkommensunterstütz. Bildung Einkommensersatz Erwerbsvermögen Arbeitsmarkt Einkommenssicherung Lohnersatzleistung Rente, Invalidität Arbeitslosigkeit 29
30 Das Risiko - des Alterns, - chronischer Krankheiten (in zunehmendem Maße auch psychologisch bedingter Krankheiten), - einer Behinderung, erfordert eine Verbesserung des Einkommensersatz bei Übergängen zwischen Arbeit und (Früh-) Rente. 30
31 Beispiele: (a) Berufliche Rehabilitation, Werkstätten für Behinderte im Jahr 2000: Teilnehmer bzw. Arbeitnehmer (b) Eingliederungszuschüsse für Ältere, Vorruhestand- & Altersübergangsgeld, Teilzeitarbeit für Ältere im Jahr 2000: Teilnehmer 31
32 Bewertung der Maßnahmen: (a) Entscheidungsautonomie: Orientierung an durchschnittlichem Gehalt, statt am letzten gezahlten Gehalt zur Bemessung der Rente (b) Solidarität: Keine negative Anrechnung von Phasen der Invalidität, der sozialen Verpflichtungen usw. im Erwerbsleben bei der Alterssicherung (c) Effektivität: Erhöhung der Angebote für Ältere im Bereich der Weiterbildung, Schaffung altersgerechter und Teilzeit- Arbeitsplätze wünschenswert (d) Effizienz: Anreize zur längeren Erwerbszeit sind noch zu schaffen 32
33 4. Fazit & Kritik - Insgesamt ein angebliches Beschäftigungspotential von ca. 3,3 Mio. auf Übergangsarbeitsmärkten (2000: ca. 1,8 Mio.) - Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen könnte sich schwierig gestalten (Bsp.: Einbeziehung aller Einkommen in Finanzierungen der Maßnahmen oder Bevorzugung von Bedürftigen bei Maßnahmen) - Daten und erläuterte Maßnahmen aus dem Jahr Vorschläge nur theoretischer Natur nicht empirisch fundiert - wo Untersuchungsergebnisse vorhanden: widersprüchliche Ergebnisse und Erkenntnisse 33
34 5. Klausurfragen (1) Welche Kriterien zur Beurteilung von Übergangsarbeitsmärkten gibt es? (2) Welche Strategien für erfolgreiches Risikomanagement gibt es und auf welcher Theorie beruhen diese? (3) Nennen Sie 3 Beschäftigungsbrücken (aus dem Jahr 2000). 34
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