des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

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1 Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / Antrag der Abg. Dr. Nils Schmid u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Zukunft des Stuttgarter Linden-Museums Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. welche Bedeutung sie dem Linden-Museum innerhalb der Museumslandschaft Baden-Württembergs zumisst; 2. über welchen Bestand an Exponaten die Sammlung des Linden-Museums aktuell verfügt; 3. in welcher Form diese Exponate in den letzten Jahren dem öffentlichen Publikum in Stuttgart, aber auch als bedeutende Leihgaben an andere Museen in Deutschland und darüber hinaus zugängig gemacht werden konnten; 4. wie sich die Besucherzahlen des Linden-Museums in den vergangenen zehn Jahren entwickelt haben; 5. welche Landeszuschüsse das Linden-Museum in den vergangenen zehn Jahren für den laufenden Museumsbetrieb und für welche Investitionen jährlich erhalten hat; 6. welche Defizite und Mängel das Sanierungsgutachten des Stuttgarter Architekturbüros Lederer Ragnarsdóttir und Oei zum Linden-Museum ausgearbeitet hat; 7. welche Neuerungen und Ergänzungen notwendig wären, um das Linden- Museum mit seiner großen Sammlung und seiner Vielzahl von Exponaten zukunftsfähig aufzustellen; Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

2 8. mit welchen Kosten für Sanierung beziehungsweise Neubau des Linden- Museums nach heutigem Stand zu rechnen ist; 9. auf welchem aktuellen Stand sich die Verhandlungen zwischen Land und Stadt Stuttgart rund um die Zukunft des Linden-Museums befinden; 10. wie sie zu den Überlegungen steht, die zukünftigen Aktivitäten des Linden- Museums mit einer anderen Kulturinstitution in einem gemeinsamen neuen Haus der Kulturen zu vereinen; II. bis zum Sommer 2017 eine Grundsatzentscheidung zum Neubau des Linden- Museums herbeizuführen Dr. Schmid, Rivoir, Rolland, Hofelich, Stickelberger SPD Begründung Im Zuge der Diskussion rund um die Stuttgarter Opernsanierung und der Suche nach einer entsprechenden Interimsspielstätte, die möglicherweise zu einem neuen Konzerthaus für Stuttgart werden kann, rückt auch das Linden-Museum wieder in das Zentrum der kulturpolitischen Diskussionen in der Landeshauptstadt. Das Linden-Museum gilt als eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen in Europa. Das neoklassizistische Gebäude am Stuttgarter Hegelplatz stammt aus dem Jahr 1911 und ist seit Jahren dringend sanierungsbedürftig. Zudem fehlt es an Räumlichkeiten für eine dauerhafte Präsentation der Sammlung um die in der Kolonialzeit des Deutschen Reiches zusammengetragenen Zeugnisse der fernen Welt, für Sonderausstellungen und die Museumspädagogik. Ein in Auftrag gegebenes Sanierungsgutachten kam zu dem Schluss, dass ein Verbleib am Hegelplatz sich nicht rentiere, zumal eine millionenschwere Instandsetzung keine räumlichen Verbesserungen mit sich bringen würde. Zwischen den Trägern des Linden-Museums, der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg scheint Einigkeit zu bestehen, dass nur ein Neubau den Herausforderungen des Linden-Museums gerecht werden kann. Immer mehr kristallisiert sich als räumliche Alternative ein möglicher Standort auf dem S-21-Gelände heraus. Eine zügige Grundsatzentscheidung scheint in dieser Diskussion notwendig, damit Bebauungsplan und Genehmigungen noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden können. 2

3 Stellungnahme Mit Schreiben vom 5. April 2017 Nr /138/1 nimmt das Ministe - rium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. welche Bedeutung sie dem Linden-Museum innerhalb der Museumslandschaft Baden-Württemberg zumisst; Das Linden-Museum ist das einzige staatliche Museum für Völkerkunde in Baden-Württemberg und eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen in Europa. Das Museum bewahrt und erforscht eine herausragende Sammlung von Zeugnissen des Weltkulturerbes und versteht sich als lebendiger Ort des interkulturellen Dialogs und der Begegnung. Es zeigt in seinen Dauer- und Sonderausstellungen sowie in den zahlreichen Veranstaltungen und museumspädagogischen Aktivitäten die Vielfalt der Kulturen dieser Welt. Die Besucherinnen und Besucher sollen hier einen Zugang zum Fremden finden, aber auch über ihre eigene vertraute Welt nachdenken. Das Linden-Museum leistet einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der kulturellen und interkulturellen Bildung, die ein Schwerpunktthema in der Kulturpolitik des Landes ist. Im Zusammenhang mit der Globalisierung und den aktuellen Migrationsbewegungen erfüllt es gesellschaftlich dringliche Auf - gaben. 2. über welchen Bestand an Exponaten die Sammlung des Linden-Museums aktuell verfügt; Das Linden-Museum verfügt über eine hochkarätige Sammlung mit etwa Objekten aus Nord- und Südamerika, Afrika, dem islamischen Orient, Süd- und Südostasien, Ostasien und der Südsee. 3. in welcher Form diese Exponate in den letzten Jahren dem öffentlichen Publikum in Stuttgart, aber auch als bedeutende Leihgaben an andere Museen in Deutschland und darüber hinaus zugängig gemacht werden konnten; In den Dauerausstellungen des Linden-Museums werden der Öffentlichkeit derzeit rund Sammlungsobjekte präsentiert. Eine größere Sonderausstellung im Jahr bietet die Möglichkeit, zusätzliche Teile der Sammlung zu präsentieren. Hinzu kommen Objekte, die das Linden-Museum ausleiht. Sie werden von Museen landes-, bundes- und weltweit angefragt, zum Beispiel auch vom Metropolitan Museum of Art New York, Getty Museum Los Angeles, Cleveland Museum of Art, Musée du Quai Branly Paris, Rietberg Museum Zürich oder Musée d Ethnographie Genf. Die Anzahl der Objekte, die das Haus verlässt, variiert von Jahr zu Jahr zwischen etwa 100 bis 450 Objekten. Anfragen der Landesmuseen Baden-Württembergs und nach Möglichkeit auch der anderer Museen im Land werden hierbei bevorzugt behandelt. 3

4 4. wie sich die Besucherzahlen des Linden-Museums in den vergangenen zehn Jahren entwickelt haben; Tabelle 1 Übersicht Besucherzahlen: Quelle: Besucherstatistik 5. welche Landeszuschüsse das Linden-Museum in den vergangenen zehn Jahren für den laufenden Museumsbetrieb und für welche Investitionen jährlich erhalten hat; Tabelle 2 Landeszuschüsse des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst für das Linden-Museum: Hinweis: In der Tabelle ist jeweils nur der Anteil des Landes dargestellt (je 50 % der Gesamtzuschüsse, da sich die Stadt Stuttgart aufgrund Vertrag hälftig an den Kosten des Museums beteiligt). Darstellung in Tsd. EUR 4

5 Quelle: Staatshaushaltspläne Kap der betreffenden Jahre Darüber hinaus wurden im Zeitraum von 2006 bis 2016 im Rahmen des allgemeinen Bauunterhalts Maßnahmen mit Baukosten in Höhe von insgesamt rd. 2,7 Mio. Euro durchgeführt. Davon wurden rd. 1,4 Mio. Euro durch das Land und rd. 1,3 Mio. Euro durch die Stadt Stuttgart finanziert. Der jährliche Kostenaufwand lag zwischen Euro und Euro. 6. welche Defizite und Mängel das Sanierungsgutachten des Stuttgarter Architekturbüros Lederer Ragnarsdóttir und Oei zum Linden-Museum ausgearbeitet hat; Das Architekturbüro Lederer Rangnarsdottir und Oei hat in seiner Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2013 zur Umsetzung der vom Linden-Museum erarbeiteten Museumsstrategie Defizite und Mängel im Wesentlichen in folgenden Bereichen festgestellt: Räumlichkeiten für eine zeitgemäße Präsentation der Dauerausstellung und der Sonderausstellungen, Räumlichkeiten für die Museumspädagogik, interkulturelle Bildungsarbeit, Bib liothek und Foyer, technische Ausstattung, barrierefreier Zugang zum Museum und barrierefreie Erschließung der Räumlichkeiten, Service-Einrichtungen und Veranstaltungsräume. 7. welche Neuerungen und Ergänzungen notwendig wären, um das Linden-Mu - seum mit seiner großen Sammlung und seiner Vielzahl von Exponaten zukunftsfähig aufzustellen; Laut einer Bedarfsbemessung von 2012 besteht ein Fehlbedarf von rd m² Nutzfläche, insbesondere für Sonderausstellungen sowie Sammlungsbereiche, museumspädagogische und öffentliche Bereiche sowie für die Verwaltung. 5

6 Das Linden-Museum benötigt insbesondere eine ausreichend dimensionierte Dauer- und Sonderausstellungsfläche mit moderner technischer Ausstattung, ausreichend dimensionierte Räume für die Museumspädagogik und für die interkulturelle Vermittlungsarbeit, einen barrierefreien Zugang zu den Sonder- und Dauerausstellungsbereichen und zu den Service-Einrichtungen des Hauses, ein ausreichend dimensioniertes Depot, das neuen konservatorischen Ansprüchen genügt. 8. mit welchen Kosten für Sanierung beziehungsweise Neubau des Linden-Museums nach heutigem Stand zu rechnen ist; Die Gesamtbaukosten für eine Sanierung des Linden-Museums wurden in der Machbarkeitsstudie des Architekturbüros Lederer Ragnarsdóttir und Oei aus dem Jahr 2013 grob geschätzt auf rd. 55 bis 60 Mio. Euro. Darin nicht enthalten sind die Kosten für eine voraussichtlich teilweise notwendige interimistische Unterbringung des Linden-Museums während der Sanierung. Die Kosten für einen Neubau wurden in der Machbarkeitsstudie grob geschätzt auf rd. 80 Mio. Euro zuzüglich der Kosten für ein Grundstück sowie gegebenenfalls anfallende grundstücksspezifische Kosten. Stand heute ist seit dem Jahr 2013 eine rechnerische Baupreissteigerung von rd. 7 % erfolgt. Dies ist bei den o. g. Kosten jeweils zu berücksichtigen. 9. auf welchem aktuellen Stand sich die Verhandlungen zwischen Land und Stadt Stuttgart rund um die Zukunft des Linden-Museums befinden; Die Landesregierung und die Landeshauptstadt Stuttgart sind sich darin einig, dass die derzeitige Unterbringungssituation unbefriedigend ist und verbessert werden muss. Dazu werden derzeit von Land und Stadt Überlegungen angestellt. Allerdings sind die Art der Verbesserung der Unterbringung, der mögliche Zeitrahmen und die Finanzierung noch offen. Gremienbeschlüsse liegen dazu noch nicht vor. 10. wie sie zu den Überlegungen steht, die zukünftigen Aktivitäten des Linden- Museums mit einer anderen Kulturinstitution in einem gemeinsamen neuen Haus der Kulturen zu vereinen; Eine gemeinsame Nutzung eines Neubaus insbesondere mit dem Forum der Kulturen, dem Dachverband der Migrantenvereine, ist grundsätzlich denkbar, bedarf aber eines fundierten Konzepts. II. bis zum Sommer 2017 eine Grundsatzentscheidung zum Neubau des Linden- Museums herbeizuführen. Ministerpräsident Kretschmann und Oberbürgermeister Kuhn haben sich bereits öffentlich für einen Neubau ausgesprochen. Dies wird vom Ministerium ausdrücklich unterstützt und für dringlich gehalten. Eine Entscheidung über Details kann in den Gremien erst getroffen werden, wenn offene Fragen, insbesondere hinsichtlich eines Standorts für einen möglichen Neubau und zur Finanzierung, geklärt sind. Bauer Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst 6