4. St. Galler Pflegerechtstagung. Grand Casino Luzern (1098.) 5. September 2013
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1 Grand Casino Luzern (1098.) 5. September 2013
2 Konflikte im Pflegearbeitsverhältnis Prof. Dr. iur. Kurt Pärli
3 Inhaltsübersicht (1) 1. Einleitung 1.1 Konfliktkonstellationen und Fälle 1.2 Ursachen und Folgen 2. Rechtlicher Rahmen 2.1 Treuepflicht / Persönlichkeits- und Gesundheitsschutz Arbeitnehmerpflichten Persönlichkeits- und Gesundheitsschutz Privatrechtliche Rechtsfolgen Öffentlich-rechtliche Konsequenzen 2.2 Kündigungsschutz Zeitlicher Kündigungsschutz (Sperrfristen) Sachlicher Kündigungsschutz (Missbräuchliche Kündigung) Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 3
4 Inhaltsübersicht (2) 3. Ausgewählte Rechtsprechung zur missbräuchlichen Konfliktkündigung 3.1 Schlichten statt künden: Arbeitgeberpflichten zur Konfliktlösung 3.2 Konfliktkonstellationen mit erhöhter Fürsorgepflicht 3.3 Konfliktkonstellationen mit eingeschränkter Fürsorgepflicht 3.4 Hierarchiekonflikte: Treuepflicht überwiegt aber nicht immer 4. Zusammenfassung, Fazit und Empfehlungen Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 4
5 Konfliktkonstellationen und Fälle Konflikte am Arbeitsplatz: vermehrt Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren, u.a. (aber nicht nur) bei Mobbing Gesundheitsbereich besonders betroffen Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 5
6 Fälle Fristlose Entlassung eines entnervten Anästhesiepflegers unzulässig Versetzung als Konfliktlösung abgelehnt Kündigung zulässig Aufbegehren schon in der Probezeit Kündigung zulässig Konflikt zwischen zwei Mitarbeitenden Kündigung missbräuchlich wegen fehlenden Konfliktbewältigungsbemühungen der Arbeitgeberin Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 6
7 Konfliktursachen und Folgen Ursachen u.a.: emotional belastende Tätigkeit (zu) häufige Umstrukturierungen Personalmangel unqualifizierte Führung Folgen u.a.: Produktivitätsverlust Psychische Belastungen Arbeitsunfähigkeit, Invalidität Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 7
8 2. Rechtlicher Rahmen ArG Hauptpflicht: Lohn Hauptpflicht: Arbeit AN Nebenpflicht (en): Fürsorgepflicht (en) Nebenpflicht (en): Treuepflicht (en) Gesundheits- und Persönlichkeitsschutz der AN: Pflicht zur Konfliktprävention und lösung Wahrung von ArG-Interessen, Befolgung von Weisungen: Pflicht zur Konfliktvermeidung und - lösung Öffentlich-rechtliche Gesundheitsschutzvorschriften (ArG, ARV 3 und 4, SECO- Wegleitung)
9 Art. 328 Abs. 1 OR Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 9
10 Art. 328 Abs. 2 OR Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 10
11 Art. 6 Arbeitsgesetz (ArG) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Er hat im Weiteren die erforderlichen Massnahmen zum Schutze der persönlichen Integrität der Arbeitnehmer vorzusehen. Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 11
12 Konkretisierung - Verordnung 3 zum ArG - Wegleitung SECO - Arbeitgeberin soll «interne oder externe Vertrauensperson einsetzen, an die sich Betroffene im Konfliktfall wenden können» - Juristische Lehre: - Beizug von Coaches, Meditoren - Organisatorische Massnahmen - klare Verfahren und Verantwortlichkeiten - Gerichtspraxis: - Konfliktmanagement muss tauglich sein Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 12
13 Urteil eines bernischen Landgerichtes: Untauglich ist ein Konfliktmanagement dann, wenn Aussprachesitzungen in eine Art Schauprozess ausarten, wodurch die Arbeitnehmerin derart in ihrer psychischen Integrität beeinträchtigt wird, dass von einer Körperverletzung gesprochen werden kann ( ) Die Arbeitgeberin (ein Altersheim) musste Schadenersatz und Genugtuung leisten. Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 13
14 Rechtsfolgen verletzter Fürsorgepflicht Privatrechtlich: - AN kann (nach Abmahnung) fristlos künden - AN kann Arbeitsleistung verweigern - Schadenersatz und Genugtuung (bei schwerer Persönlichkeitsverletzung) Öffentlich-rechtlich: - Massnahmen nach ArG, z.b. Verfügung, die ArG müsse eine externe Vertrauensperson einsetzen - AN können Anzeige an die zuständige Behörde erstatten Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 14
15 2.2 Kündigungsschutz Zeitlicher Kündigungsschutz (Sperrfristen): - besonders wichtig: Verlängerung der laufenden Kündigungsfrist bei Krankheit (die «Waffe» der entlassenen AN ) - gilt auch bei Freistellung Sachlicher Kündigungsschutz (Missbräuchliche Kündigung): - Persönliche Eigenschaft - Meinungsfreiheit - Rachekündigung - unterlassene Fürsorge (umstritten) Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 15
16 3. Ausgewählte Rechtsprechung zur missbräuchlichen Konfliktkündigung Leitfall BGE 125 III 70 Kündigung wegen Störung des Betriebsklimas ist nur rechtmässig wenn «der Arbeitgeber vorher zumutbare Massnahmen ergriffen hat, um die Lage zu entspannen.» Fürsorgeplicht zur Konfliktlösung erhöht bei -älteren AN mit langer Betriebstreue -gesundheitlich belasteten AN -privaten Problemen -behinderten AN eingeschränkt -in der Probezeit -Kündigungen wegen sexueller Belästigung -bei «normalen» Spannungen -ab einer bestimmten Hierarchiestufe Treuepflicht überwiegt -bei Hierarchie-konflikten -Missachtung von Weisungen -Veröffentlichung von Missständen Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 16
17 Zusammenfassung, Fazit - ArG muss sich um Konfliktprävention und Konfliktlösung kümmern (Fürsorgepflicht, öffentlich-rechtliche Pflicht zum Gesundheitsschutz) - Bedeutung der Treuepflicht der AN - Konfliktkündigungen: - zeitlicher Kündigungsschutz verlängert die Anstellung - Konfliktkündigungen können missbräuchlich sein (Entschädigung) - Ausmass der Fürsorgepflicht zum Konfliktmanagement je nach Konstellation unterschiedlich Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 17
18 und Empfehlungen an die Arbeitgeber/innen - taugliches Konfliktmanagement notwendig inkl.konfliktprävention, besondere Sorgfalt gegenüber bestimmten AN - behördliche Interventionen bei schlechtem Konfliktmanagement - Kündigungen kosten in (fast) jedem Fall (zeitlicher Kündigungsschutz), einvernehmliche Lösungen suchen (Aufhebungsvertrag, ggf. Freistellung) - fristlose Konfliktkündigungen sind riskant an die Arbeitnehmer/innen: - Unterstützung zur Konfliktlösung geltend machen (darauffolgende Kündigung ist eine Rachekündigung) - Bei Nichtstun des ArG Anzeige an das Arbeitsamt - In Hierarchiekonflikten wenig Chancen vor Arbeitsgericht Prof. Dr. iur. Kurt Pärli 18
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