Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer. anlässlich der Eröffnung der Innsbrucker Festwochen. der Alten Musik, am 8.
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- Adolph Geiger
- vor 6 Jahren
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1 Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer anlässlich der Eröffnung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, am 8. August 2010 Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über die Einladung, auch heuer die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik zu eröffnen. Die Gastfreundschaft, die dem in Graz geborenen, in Wien wohnhaften und in Innsbruck habilitierten Bundespräsidenten und seiner Frau, hier in Tirol entgegengebracht wird, ist für sich allein schon ein Stück vom Glück. Dafür bedanke ich mich herzlich. Zu etwas Besonderem wird das diesjährige Festival auch dadurch, dass es erstmals unter der Intendanz von Alessandro
2 2 de Marchi stattfindet. Ich darf Ihnen, sehr geehrter Herr Intendant, aber auch der neuen Geschäftsführerin Christa Redik sowie dem ganzen Team viel Erfolg für diese Saison und auch für die kommenden Jahre wünschen. Meine Damen und Herren! Die Bregenzer Festspiele haben heuer das Thema In der Fremde zum Festspielmotto gewählt und damit Anlass zum Nachdenken gegeben, wie wir mit fremden Menschen umgehen, wie es Österreichern in der Fremde ergangen ist und wie wir auf das Phänomen des Fremden reagieren. Die Salzburger Festspiele beschäftigen sich heuer unter dem Motto Wo Gott und Mensch zusammenstoßen entsteht Tragödie mit zahlreichen Stoffen aus der antiken Literatur. Und hier in Innsbruck haben Sie heuer beim Festival der Alten Musik mit der Thematik des Glücks und seinem Gegenpol
3 3 dem Unglück ein Menschheitsthema aufgegriffen, das Philosophen, Künstler, und im Grunde jeden einzelnen Menschen seit jeher intensiv beschäftigt hat und beschäftigt. Jedem hier im Saal werden Werke der Literatur oder der Musik einfallen, die die Suche nach dem Glück zum Inhalt haben. Sei es, der berühmte Satz in Goethes Faust: Werd' ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!" oder die geradezu verzweifelten Bemühungen Jedermanns sein vermeintliches Glück festzuhalten und nicht loszulassen. Oder wenn ich schon Salzburg erwähnt habe die Geschichte von Orpheus und Eurydike also das verlorene, dann wiedergefundene und dann doch wieder verlorene Lebens- und Liebesglück.
4 4 Diese Beispiele zeigen auch, dass die Vorstellungen vom Glück oft sehr trügerisch sind. Viele suchen das Glück in Konsum, Reichtum oder Macht und bemerken häufig erst spät oder zu spät, dass es nicht festzuhalten oder überhaupt woanders zu finden ist. Mit der Formulierung ein Stück vom Glück kommt auch eine vernünftige Bescheidenheit zum Ausdruck; ganz im Sinne von Schillers Erkenntnis, Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zuteil. Es geht darum, nicht unbescheiden zu sein, nicht alles zu fordern und sich über ein Stück vom Glück freuen zu können. Tatsächlich ist das Glück in gewissem Ausmaß relativ. Vollständiges und unbegrenztes Glück gibt es wahrscheinlich nicht.
5 5 Niemand kann 24 Stunden im Tag, 365 Tage im Jahr und das womöglich durch Jahre hindurch glücklich sein und des Lebens ungemischte Freuden auf Dauer gepachtet haben. Nicht einmal dem Polykrates ist das gelungen. Menschen, die die Anfangsjahre der 2. Republik in glücklicher Erinnerung haben, waren glücklich weil sie Krieg und Diktatur überlebt und hinter sich gebracht hatten. Sie waren glücklich, obwohl die Lebensbedingungen aus heutiger Sicht nahezu unzumutbar und unerträglich waren und obwohl die Lage des ganzen Landes in Anwesenheit von vier Besatzungsmächten und des heraufziehenden Kalten Krieges alles andere als stabil war. Glück hängt eben nur sehr begrenzt vom Bruttonationalprodukt oder der Exportquote oder der Automarke oder anderen Wohlstandsindikatoren ab.
6 6 Dennoch haben wir heute trotz Krise und mancher Unzukömmlichkeiten - insgesamt aus vielen Gründen Ursache darüber glücklich zu sein, dass wir in einer Zeit des Friedens in Europa in einem Land wie Österreich mit beträchtlicher Lebensqualität leben dürfen. Und es wird uns noch glücklicher machen, wenn wir bereit sind zu teilen und auf jene nicht vergessen, die aus welchen Gründen auch immer Unglück erleben. Daher sind wir über jene zornig, die nie und nimmer genug kriegen können und deren egoistische Raffgier keine Grenzen kennt. Sie bringen unser Gesellschaftssystem in Misskredit und erschüttern das Vertrauen in wichtige Institutionen. Wir stehen in diesen Tagen in Bezug auf unsittliche und unversteuerte Provisionen, in Bezug auf undurchsichtige Geldflüsse, in Bezug auf dubiose Geheimkonten mit kolportierten und wieder dementierten Millionenbeträgen etc.
7 7 vor einem für die Bevölkerung und auch für Fachleute undurchschaubarem Gemisch aus Fakten, Behauptungen, Intrigen, Vermutungen und Dementis, die einander in atemloser Schnelligkeit abwechseln. Rasche, lückenlose, nachvollziehbare und wahrheitsgemäße Aufklärung ist ein Gebot der Stunde. Dabei wäre es unfair die gesamte Verantwortung dafür ausschließlich der Justiz zu übertragen die sich allerdings sachlicher Kritik stellen muss. Aber wir alle sind aufgerufen unsere Grundwerte hoch zu halten, auf Blender nicht herein zu fallen, nicht weg zu schauen wo man genau hinschauen muss und der Unsitte entgegen zu treten, dass alles erlaubt und akzeptabel ist, was nicht frontal dem Strafgesetzbuch widerspricht. Eine Gesellschaft, die ihre Grundwerte nicht wie ihren Augapfel schützt und hütet ist in Gefahr auf gefährliches Terrain zu gelangen.
8 8 Meine Damen und Herren! Seit 1976 zählen die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik zu einem wertvollen Teil jenes Glücks, dem man hier in Tirol begegnen kann. Ich gratuliere den Verantwortlichen und allen die auf die verschiedenste Art ihren Beitrag leisten zu diesem außergewöhnlichen, wiederkehrendem Musik-Ereignis. Ich wünsche auch für die Zukunft dem Innsbrucker Festival der Alten Musik und allen ihren Gästen, sowie dem ganzen Land Tirol alles Gute. Die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2010 sind eröffnet.
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