Bose-Einstein-Kondensat
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- Sylvia Ursler
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1 Bose-Einstein-Kondensat Michael Schnorr Thomas Fischbach Was ist Bose-Einstein-Kondensat (kurz BEC) 1.1 Vorbemerkungen Aus der Quantenmechanik weiß man, dass man Elementarteilchen in zwei verschiedene Teilchenklassen einteilen kann: Bosonen (ganzzahliger Spin) und Fermionen (halbzahliger Spin). Fermionen können in einem quantenmechanischen System keine identischen Zustände annehmen, sondern verteilen sich nach dem Pauliprinzip auf verschiedene Zustände. Bosonen hingegen können mit beliebig vielen anderen Bosonen ein und den selben Zustand annehmen. So ist es also theoret. möglich, alle Bosonen eines Systems in den Grundzustand zu versetzen. 1.2 Die Grundzustandsbesetzung Die Theorie (Bose-Einstein-Statistik) zeigt folgende Temperaturabhängigkeit der Grundzustandsbesetzung: ( ) 3 N 0 T N = 1 2 für T < TC (1) T C N 0 N 1 für T > T C (2) wobei T C die kritische Temperatur ist. Nun ist es aber nicht so, dass man alle Teilchen in den Grundzustand führen kann, denn man erreicht in der Praxis nie T = 0. Es gibt immer Teilchen, die sich in einem angeregten Zustand befinden. Die Teilchen, die sich im Grundzustand befinden, bilden das BEC. Die anderen bezeichnet man als termisches Gas. schnorr@students.uni-mainz.de fischbac@students.uni-mainz.de 1.3 Die kritische Temperatur Die kritische Temperatur T C ist dann erreicht, wenn die debroglie-wellenlänge λ db ungefähr gleich dem mittleren Abstand der Teilchen d = n 1 3 ist, wobei n die Dichte ist. Die debroglie- Wellenlänge ist Charakteristikum von Materiewellen, welcher bei sehr niedrigen Temperaturen immer mehr in Erscheinung tritt. Setzt man mit λ db n 1 3 an und setzt die Temperaturabhängigkeit der debroglie-wellenlänge ein, erhält man folgende Dichteabhängigkeit der kritischen Temperatur: T C (n) h2 2πmk B n 2 3 (3) Würde man also die Dichte nur genügend hoch machen könnte man theoretisch sehr einfach die kritische Temperatur erreichen. Ist die Dichte allerdings zu hoch, können 3-Körperstöße vorkommen, die zu Molekülbildung führen, was man vermeiden will. Ausreichend niedrige Werte für die Dichte liegen in der Größenordnung von n = cm 3 (vgl. n normal = cm 3 ), was eine Temperatur in der Größenordnung von 100 nk vorraussetzt. 2 Die Herstellung 2.1 Was wird benötigt? Zusammenfassend wissen wir aus vorherigem Abschnitt, dass wir zur Herstellung von BEC bosonische Atome, Ultrahochvakuum und eine sehr gute Kühlung benötigen. Außerdem müssen die Teilchen in einer Falle gefangen werden. Die Kühlung ist ein zweistufiges Verfahren, um die nötigen Temperaturen zu erreichen. Zunächst wird mit einer magneto-optischen Falle vorgekühlt und anschließend evaporativ weiter gekühlt. 1
2 2.2 Die MOT Abbildung 1: Schematischer Aufbau der MOT Die magneto-optische Falle (MOT) ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt. Von allen 6 Raumrichtungen wird zirkular polarisiertes Laserlicht auf die Atomwolke gestrahlt. Außerdem befinden sich um das Zentrum der Falle noch zwei Anti-Helmholzspulen, welche entgegengesetzt vom Strom durchflossen werden. Die Laser dienen zum Abbremsen der Atome und sind von der Resonanzfrequenz der Atome ein wenig ins rote verschoben, sodass es wahrscheinlicher ist, dass Atome, die auf den Strahl zufleigen, das Licht absorbieren als Atome, die von dem Strahl wegfliegen (Dopplerverschiebung). Die Absorption des Lichts bewirkt einen Impuls in Richtung des Strahls, sodass im Mittel alle Atome gebremst werden. Die spontane Emission der Atome ist über alle Raumrichtungen gleich wahrscheinlich verteilt, sodass diese im Mittel nicht zum Gesamtimpuls beiträgt. Das Abbremsen mithilfe der Dopplerverschiebung ist in Abbildung 2 noch einmal dargestellt. Gleichzeitig zum Abbremsen müssen die Atome aber noch lokal eingesperrt werde, was mit dem Magnetfeld der Anti-Helholzspulen erzielt wird. Betrachtet man eine Dimension, so sieht man, dass das Magnetfeld einen linearen Verlauf durch den Ursprung hat (wie in Abbildung 3 oben). Das Magnetfeld bewirkt linear zum Magnetfeld eine Zeemann-Aufspaltung in den Atomen (siehe Abbildung 3 unten). Links wird die m F =-1 - Komponente nach oben angehoben bzw. die m F =+1 - Komponente nach unten abgesenkt. Recht geschieht das Umgekehrte. Die m F =0 - Komponente wird vom Magnetfeld nicht beeinflusst. Die Laser sind dieselben wie beim Abremsen der Atome, also leicht ins Rote verschoben. Das von links kommende Laserlicht ist σ + -, das von rechts kommende ist σ polarisiert. Da σ + polarisiertes Licht die m F =+1 - Komponente und σ polarisiertes Licht die m F =-1 - Komponente anspricht, wirkt Abbildung 2: Oben: Absorptions- und Emmissionsprozess der Atom- Licht-Wechselwirkung / Unten: Absorptionswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Frequenz mit eingezeichneter Dopplerverschiebung Abbildung 3: Oben: Verlauf des Magnetfeldes in x-richtung und Strahlrichtung das zirkular polarisierte Lichts / Unten: Zeemann-Aufspaltung der Atome 2
3 aufgrund der Rotverschiebung des Lasers auf der linken Seite mit höherer Wahrscheinlichkeit das von links kommende Laserlicht und auf der rechten Seite mit höherer Wahrscheinlichkeit das von rechts kommende Laserlicht, sodass die Atome von allen Raumrichtungen her ins Zentrum gedrückt werden. Nun sind die Atome bis in den µk-bereich abgekühlt und im Zentrum der Falle eingesperrt. Dies reicht aber nicht, um BEC zu erhalten. Deshalb muss man daraufhin noch evaporativ kühlen. 2.3 Das evaporatives Kühlen 3 Nachweis von BEC Aufgrund der hohen räumlichen Dichte ist der Nachweis eines BECs nicht ohne weiteres möglich. Würde man dies so machen, dass man das BEC mit einem resonanten Laserstrahl beleuchtet, so ergibt das Bild auf dem Schirm nur einen schwarzen Fleck. Außerdem zerstört die Energiezufuhr das Kondensat, da dieses erhitzt wird und über die kritische Temperatur gelangt. Der Nachweis kann auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden, die Flugzeitabsorptionsmessung und die Phasenkontrastmessung. 3.1 Flugzeitabsorptionsmessung Abbildung 4: Potentiale der Atome je nach Stellung des Dipolmoments / eingestrahltes Radiofrequenzfeld bewirkt schrittweises Umklappen der Dipolmomente der Atome Dazu schaltet man die MOT ab und schaltet eine rein magnetische Falle ein, bei der die Atome durch ihr magnetisches Dipolmoment im inhomogenen Magnetfeld der Falle gefangen gehalten werden. Abbildung 4 zeigt das Potential, das daraus resultiert. Es wird nun ein Radiofrequenzfeld eingestrahlt, dessen Frequenz langsam heruntergefahren wird. So können die Dipolmomente der energiereichsten Atome in der Falle vom m F =2 - Zustand in Schritten von ω RF bis in den m F =-2 - Zustand umgeklappt werden. Das resultierende Potenzial wirkt nun abstoßend und die Atome werden aus der Falle entfernt, während die übrigen Atome termalisieren. Dem System kann dadurch so viel Energie entzogen werden, dass die nötige tiefe Temperatur im Bereich von 100 nk erreicht wird und BEC entstehen kann. Beim evaporativen Kühlen gehen ca. 99,99% der Atome verloren. Bei der Flugzeitabsorptionsmessung oder auch time of flight (TOF) wird zuerst die Falle abgeschaltet. Das Kondensat befindet sich nun durch die Erdbeschleunigung im freien Fall und expandiert dabei. Die Expansion des BECs ist allerdings kleiner als die der thermischen Wolke, die das Kondensat umgibt, da das Kondensat kälter ist. Nun wird das ausgedehnte BEC mit resonantem Laserlicht bestrahlt und auf einem CCD-Schirm sichtbar gemacht (siehe Abbildung 5). Dabei deuten die Punkte hoher Absorption auf ein BEC hin. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich eine schmale Geschwindigkeitsverteilung ergibt. Der Nachteil hingegen ist, dass das Kondensat aufgrund des Abschaltens der Falle und der Bestrahlung mit resonantem Laserlicht zerstört wird. Abbildung 5: Flugzeitabsorptionsabbildung / zeitlicher Verlauf der Expansion / Farben geben Intensitäten an 3
4 3.2 Phasenkontrastmessung Bei der Phasenkontrastmessung wird das BEC mit weit von der Resonanz verstimmtem Laserlicht bestrahlt. Dieser Laserstrahl wird nun nicht vom Kondensat absorptiert, sondern erfährt eine Phasenverschiebung aufgrund des Brechungsindex der Atomwolke. Da somit nur eine geringe Ablenkung stattfindet, ist der Photonen- Rückstoß und die damit verbundene Erwärmung vernachlässigbar gering. Der Phasenkontrast wird mit einem λ/4- Plättchen und einer Linse zur Interferenz gebracht, er wird also in die Fourierebene transformiert und in ein Intensitätskontrast umgewandelt. Dieser kann nun mit wieder mit einer CCD-Kamera nachgewiesen werden (siehe Abbildung??). Der Vorteil dieser Methode ist, dass das Kondensat nicht erwärmt wird und damit erhalten bleibt. Außerdem ergeben sich Bilder vom lebenden BEC, d.h. von der zeitlichen Entwicklung eines Kondensats, da mehrere Aufnahmen hintereinander möglich sind. Der Nachteil ist hingegen, dass durch das λ/4- Plättchen Beugungseffekte auftreten und sich eine schlechtere Auflösung einstellt. 4 Experimente mit dem BEC Es bleibt nun noch die Frage, was sich alles mit dem BEC anfangen lässt. Hier wird nun nur auf den Atomlaser eingegangen, der aus kohärenten Materiewellen besteht, und zum anderen auf die Interferenz von zwei Kondensaten. 4.1 Der Atomlaser Der Atomlaser ist die Quelle eines kohärenten Teilchenstrahls bestehend aus Atomen. Ähnlich wie der optische Laser, der aus Photonen besteht, besteht der Atomlaser aus Atomen. Zur Erzeugung des Atomlasers müssen die Atome, die sich bereits im BEC befinden, aus dem Potential herausgenommen werden. Dazu wird ähnlich wie beim Verdampfungskühlen ein Radiofrequenzpuls eingestrahlt, wodurch die Atome ihre magnetische Quantenzahl verändern und das Potential nicht mehr spüren. Durch die Erdbeschleunigung fallen nun die Atome nach unten und es entsteht der Atomlaser. Wie der optische Laser kann dieser sowohl gepulst als auch kontinuierlich betrieben werden. Wenn jedoch alle Atome aus dem Potential entfernt wurden, ist der Atomlaser aufgebraucht und es muss erst wieder neu ein BEC erzeugt werden. Abbildung 7: verschiedene Atomlaser, die Angaben oben rechts geben jeweils die Höhe des gesamten Bildes an Abbildung 6: Phasenkontrastabbildung / Farben geben Intensitäten an / je weiter rechts, desto niedriger die Temperatur 4.2 Interferenz zweier BECs Zunächst wird ein einzelnes Kondensat mit einem blau-verstimmtem optischen Laser in 4
5 zwei Kondensate gespalten, die dann in einem Doppelmuldenpotential gehalten werden. Jetzt wird wie bei der TOF-Messung das Potential abgeschaltet, wodurch die Atome nach unten fallen und expandieren. Die Flugzeit wird so gewählt, dass die beiden BECs überlappen. Damit findet nun Interferenz zwischen den beiden Kondensaten statt, die durch Bestrahlung mit resonantem Laserlicht sichtbar gemacht werden kann. Abbildung 8: Interferenzbild zweier Kondensate / hell: destruktive interferenz; dunkel: konstruktive Interferenz 5 Perspektiven Da die Forschung an dem BEC noch relativ jung ist, sind die möglichen Anwendungsgebiete des BECs noch nicht alle bekannt. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass damit aufgrund der extrem guten Kontrolle der Atome hoch empfindliche Messinstrumente gebaut werden können. Diese würden dann vorallem in der Atomphysik großen Einsatz finden. Desweiteren können Computerchips gebaut werden, auf denen BECs gespeichert werden. 6 Quellen Phys. Bl. 53 (1997) Nr. 7/8 (Ketterle) Wolfgang Ketterle - Nobel Lecture 5
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