Transformationen des Deutschunterrichts
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- Catrin Pohl
- vor 6 Jahren
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1 Transformationen des Deutschunterrichts
2 Carolin Führer Transformationen des Deutschunterrichts Interviewstudien zu Selbstkonzepten, Kultur- und Geschichtsbewusstsein in Ostdeutschland
3 Carolin Führer Dresden, Deutschland Dissertation Technische Universität Dresden, 2012 ISBN DOI / ISBN (ebook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Springer VS Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
4 Meinem Großvater Günther Gustav Stanislaus (*1934, 2007)
5 Geleitwort Angesichts veränderter gesellschaftlicher und medialer Rahmenbedingungen sind Fragen der Transformation von Unterrichtskultur zunehmend Gegenstand erziehungswissenschaftlicher und fachdidaktischer Forschungen geworden. Dabei scheint der Blick in die Vergangenheit allerdings kaum eine Rolle zu spielen. Vor diesem Hintergrund ist es das Verdienst der vorliegenden Studie zu zeigen, dass sich eine Auseinandersetzung mit vergangenen Transformationserfahrungen von Lehrkräften lohnt und wichtige Rückschlüsse erlaubt. Der gewählte Fokus ist dabei ein spezieller: der gesellschaftlich forcierte Umbruch des Deutschunterrichts der neuen Bundesländer nach 1989/90. In der Arbeit wird durch die qualitative Untersuchung handlungsleitender Grundüberzeugungen von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern seit dem Ende der DDR deutlich, dass selbstreflexive Auseinandersetzungen von Lehrkräften mit der eigenen Sozialisation und Mentalität intensiver deutschdidaktisch erforscht werden sollten. Da umfassende Aufarbeitungen der spezifischen Wandlungen des Deutschunterrichts in den neuen Bundesländern seit dem Ende der DDR nicht vorliegen, werden die veränderten fachdidaktischen, institutionellen und curricularen Rahmenbedingungen in einem eigenen Kapitel in Grundzügen rekonstruiert. In den Blick genommen wird dabei die Phase der späten BRD und DDR, der Fall der Mauer und die gesamtdeutsche Entwicklung nach Damit ist ein fachgeschichtlicher Bezugsrahmen für die empirischen Befunde und die ausführlich dokumentierten qualitativen Interviews hergestellt, die im Fortgang in den Blick genommen werden. Die im Rahmen der Studie erfolgten kasuistischen und kategorialen Auswertungen ermöglichen wichtige Einblicke in die Veränderungsprozesse nach der Wende. Zugleich veranschaulichen sie, welche Erkenntnischancen eine theoriegeleitete empirische Forschung in der Deutschdidaktik eröffnen kann. Die Studie ermöglicht Einblicke in die kulturelle und pädagogische Entwicklung der neuen Bundesländer sowie die Sozialisationsfunktion histori-
6 8 Geleitwort schen Lehren und Lernens. Die damit verbundene Forderung, dass gerade der Deutschunterricht einen Beitrag zur historischen Selbstvergewisserung in kulturgeschichtlicher Perspektive leisten sollte, kann zukünftigen Forschungsarbeiten zum kulturellen Lernen in der Mediengesellschaft wichtige Impulse geben. Prof. Dr. Volker Frederking FAU Erlangen- Nürnberg, März 2013
7 Vorwort Diese Dissertation hat einen interdisziplinären Ansatz. Will eine einzelne Person interdisziplinär arbeiten, ist der Nachteil, dass sie im begrenzten Zeitraum einer Dissertation nie dieselbe Tiefenkenntnis erzielen kann, wie jemand, der sich auf ein einzelnes Fachgebiet spezialisiert. Da die Arbeit zwischen Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik Deutsch und Geschichte, Literaturwissenschaft und empirischer Sozialwissenschaft angesiedelt ist, erscheinen meine Ausführungen Fachwissenschaftlern an manchen Stellen wahrscheinlich recht ausführlich. Diese Ausführlichkeit spiegelt jedoch in hohem Maße meinen eigenen Forschungsprozess wieder und vermittelt Lesern, die sich in manchen Gebieten weniger auskennen als in anderen, das nötige Hintergrundwissen und bietet zudem die Möglichkeit, klassische Zugänge zum jeweiligen Fach zu überdenken. Aus meinen während der Dissertation gesammelten Erfahrungen empfinde ich den Einbezug der Erkenntnisse und Methoden anderer Disziplinen, immer fokussiert auf das spezifisch deutschdidaktische Erkenntnisinteresse, für Forschung in einem schulischen Grundlagenfach unumgänglich. Doch nicht nur die Interdisziplinarität ließ meine Arbeit zu einer besonderen Herausforderung werden, sondern auch die Tatsache, dass sie ein in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiertes Thema die Transformation des Unterrichtes in den neuen Bundesländern nach 1990 tangierte und in der direkten Begegnung mit Zeitzeugen untersuchte. Aus diesem Grund spreche ich allen, die mein Projekt unterstützt haben, hiermit nochmals meinen Dank aus. Besonderer Dank gilt vor allem den befragten Lehrern, die sich neben ihrem stressigen Schulalltag Zeit für die aufwändige Befragung nahmen und mit ihren Aussagen wesentlich zum Gelingen der Arbeit beitrugen. Ich empfand es als großes Privileg, extern (durch die Treffen in den Schulen) und intern (durch die Aussagen der Lehrer) Einblick in die unterschiedlichen Erfahrungswelten verschiedener Deutschlehrer zu erhalten.
8 10 Vorwort Der Sächsischen Bildungsagentur danke ich für die Genehmigung der Umfragen sowie Fr. Hill vom Archiv des Sächsischen Bildungsinstituts für die Sichtung der Lektürepläne seit Ich möchte auch den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der TU Dresden meinen Dank sagen. Die Stelle am Institut gab mir in der Zeit der Interviews die nötige finanzielle und zeitliche Freiheit, um flexibel an die jeweiligen Schulen in Sachsen reisen zu können. Besonderer Dank geht zudem an Fr. Henniger vom Zentrum für Lehrerbildung in Leipzig und Fr. Reibeling vom ZLSB Dresden sowie der Pressesprecherin des Sächsischen Lehrerverbandes, die für die Beteiligung an der Umfrage geworben haben. Für die Hinweise zur Auswertung einer qualitativen Studie danke ich Prof. Dr. Zirfas von der Universität Erlangen-Nürnberg sowie Prof. Dr. Lenz und Dr. Kühne von der TU Dresden für die Ratschläge zur methodischen Durchführung der Interviews. Meinen Betreuern Prof. Dr. Schuhmacher von der TU Dresden und Prof. Dr. Frederking von der Universität Erlangen-Nürnberg bin ich für das Vertrauen in meine Arbeit und die Freiheiten, die sie mir bei der zeitlichen und inhaltlichen Ausgestaltung gelassen haben, dankbar. Meine größte Dankbarkeit gilt jedoch meinem Ehemann, der es während meiner Doppelbelastung aus Dissertation und beruflicher Tätigkeit, besonders in der Zeit des Referendariats, nie unterlassen hat, mir bei Unsicherheiten Mut und Kraft zuzusprechen. Dennoch möchte ich das spannende Wechselverhältnis von beruflicher Praxis und wissenschaftlicher Auseinandersetzung im Nachhinein persönlich nicht missen. Carolin Führer Dresden, November 2011
9 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Forschungsgegenstand: Wandlungen historischen Lernens im Deutschunterricht Forschungskontext: Definitionskrisen des Historischen Forschungsprozess: Individuelle didaktische Konzepte von Deutschlehrern empirisch rekonstruieren Gliederung der Arbeit Transformationen historischer Narrative in Didaktik und Deutschunterricht Ausgangslage: Konstitutive Antinomien des Lehrerhandelns im Wandel von der DDR- zur Gegenwartsgesellschaft Geschichte in der DDR: Hypertrophierung des Historischen? Theorie: Kontinuität und Wandel historisch-materialistischer Literaturaneignung Praxis: Unterrichtliche Realisierungen in den 1980er-Jahren: Glasnost im historischen Paradigma? Geschichte in der BRD nach 1968: Geschichtskrise(n) in der Wissenschaft und historische Einordnung in der Praxis Theorie: Paradigmenwechsel in der BRD-Literaturdidaktik Praxis: Westdeutscher Deutschunterricht Epochenrepräsentanz und/oder Methodenpluralismus? BRD-Konzeption des Geschichtsbewusstseins & Folgen... 63
10 12 Inhaltsverzeichnis 2.4 Geschichte im Transformationsprozess nach 1990: Zwischen ostspezifischer Neukonzeption und Übernahme von BRD-Praktiken Rahmenbedingungen der Transformation: Vorbehaltlose Anpassung bei gleichzeitiger (berufs-) biographischer Diskreditierung Theorie: Gesamtdeutsche Literaturdidaktik der 1990er-Jahre zwischen De- und Neukonstruktion historischer Narrative Praxis: Wandel und Kontinuität ostdeutscher Literaturdidaktik und Lehrpläne nach Beispiel Sachsen Geschichte nach 2001: Kultur-, Medien- und Kompetenzorientierung als Gefahr und Chance historischer Narrative Theorie I: Problemfelder historischer Kompetenzorientierung. Wissenserwerb und Domänenspezifik im Kompetenzmodell Theorie II: Kultur- und Medienorientierung als Neuperspektivierung historischer Narrative Praxis: Bedeutungswandel von Historie in den sächsischen Lehrplänen Fragestellungen und Methoden der empirischen Rekonstruktion Zur Auswahl der Interviewpartner Grundsätzliche Überlegungen zum methodischen Vorgehen Begründung der Methodenwahl der Datenerhebung Forschungsperspektiven zu Lehrerwissen Professionalisierungsforschung Dokumentation des Vorverständnisses der Forscherin Rahmenbedingungen und Rollen im Forschungsfeld Arbeitshypothesen Methoden der Datenerhebung Interviewverfahren Konstruktion des Interviewleitfadens Datensicherung: Transkription und Gesprächsprotokolle
11 Inhaltsverzeichnis Generalisierung und Gütekriterien der Studie Validität und Indikation des Forschungsprozesses Authentizität Reliabilität als Frage der Replizierbarkeit und Kohärenz Objektivität durch intersubjektive Nachvollziehbarkeit und reflektierte Subjektivität Methoden der Datenauswertung Methoden der fallbezogenen Datenauswertung Methoden der kategorialen Datenauswertung Typologische Rekonstruktion historischer Narrative im Deutschunterricht: Fallbezogene individuelle didaktische Theorien Fall Inge K.: Bausteindenken und funktionalisierte Inhalte Zielführendes Unterrichtsgespräch vs. wessimäßige Gesprächskultur Bausteindenken als Reflexions- und Erinnerungsmuster zum DDR-Deutschunterricht Sicherheit der Lehrkraft durch den Erhalt traditioneller Aufgabenfelder Unterrichtliche Persistenz als Alternative zur Kultur des Informationszeitalters Systematische und harmonisierende Historisierungen Lektüreauswahl: Identifikation vor Alterität Fall Clara M.: Entthematisierung der historischen Dimension zugunsten wirkungsästhetischer Ansätze Historisierung im DDR-Deutschunterricht als Missbrauchs -Geschichte Grenzen einer schulisch ausgebildeten kritischen (Rezeptions-) Kompetenz Der Text als Kern des Deutschunterrichtes ein Appell an Lehrplan und Lektüreempfehlungen
12 14 Inhaltsverzeichnis Entwicklungsstadien und Rezeptionsformen als Bedingungen der Entwicklung des Geschichtsbewusstseins Intuitiv-kreative und aktualisierende Deutungen historischer Narrative Fall Winfried S.: Dominanz und geschlossene Diskursivität einer kritischen Aufarbeitung historischer Narrative Die Emanzipation des Lehrers von der sozialistischen Geschichtsdeutung Analysefähigkeit als Lebenshaltung Affirmative Effekte kritischer Analysen Akteur und Praktikabilität als Konstitutiv von Veränderungen im Deutschunterricht Medialisierung als Neuperspektivierung des Deutschunterrichts Theorie- und Typologiebildung: Idealtypische Varianten der individuellen didaktischen Konzepte zur historischen Dimension im Deutschunterricht Orientierungsmuster optional-integrierend (Typ I) Orientierungsmuster peripher-sensibilisiert (Typ II) Orientierungsmuster dominant-rekonstruierend (Typ III) Ausblick Kategoriale Rekonstruktion historischer Narrative im Deutschunterricht: Längsschnittanalysen Ziele historischen Lernens im Spannungsfeld zwischen individueller Ausgestaltung und Umgang mit gesetzlichen Rahmenbedingungen (Literatur-) Historische Inhalte Formen der Historisierung: Wandel von Vermittlungsweisen und Zugängen zu historischen Narrativen Mediale Historiographien Reflexivität des Geschichtsbewusstseins: Umgang mit geschichtskulturellen Deutungsmustern
13 Inhaltsverzeichnis 15 6 Schlussfolgerungen: Deutschunterricht im Spiegel gesellschaftlicher und kulturwissenschaftlicher Transformationsprozesse nach Schlussfolgerungen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Forschungsperspektiven empirischer Kultur- und Bildungswissenschaften Schlussfolgerungen zur Didaktik kulturellen und historischen Lernens Literaturverzeichnis Anhang
14 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Methoden des Deutschunterrichtes der 1990er-Jahren als Ko-Konstruktionen Abbildung 2: Übersicht zur Anwerbung der Interviewpartner Abbildung 3: Erstellung der qualitativen Interviews Abbildung 4: Ablauf der kasuistischen Datenauswertung Abbildung 5: Ablauf der kategoriebezogenen Datenauswertung Abbildung 6: Lektüreauswahlkriterien im Fall Inge K Abbildung 7: Ziele historischen Lernens im didaktischen Dreieck Abbildung 8: Zusammenfassung zum Umgang mit geschichtlichen und geschichtskulturellen Deutungsmustern im Deutschunterricht Tabelle 1: Kompetenzmodelle im Vergleich Tabelle 2: Didaktische Typologie (kultur-)historischen Selbstverständnisses
Inhaltsverzeichnis. 1 Einleitung... 19
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 19 1.1 Forschungsgegenstand: Wandlungen historischen Lernens im Deutschunterricht... 19 1.2 Forschungskontext: Definitionskrisen des Historischen... 22 1.3 Forschungsprozess:
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