Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit

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1 Universität Würzburg Bachelorarbeit Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit Vorgelegt von: Jan Maly im Studiengang Mathematik Betreuer: Prof. Dr. Jörn Steuding (Universität Würzburg Lehrstuhl für Funktionentheorie) 3. Oktober 2013

2 Inhaltsverzeichnis Einleitung 3 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Syntax Semantik Beweisbarkeit Der Vollständigkeitssatz Eigenschaften des Kalküls Henkin-Theorien Spracherweiterungen Konstruktion eines Modells Berechenbarkeit Primitiv rekursive Funktionen Rekursive Mengen Rekursive Funktionen und Berechenbarkeit Vollständigkeit und Entscheidbarkeit Definitionen Entscheidbarkeit Vollständigkeit Unentscheidbare Theorien Axiomatisierbare Theorien Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit der Arithmetik 57 Schluss 64 2

3 Einleitung Die meisten Mathematiker haben wohl schon einmal von dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz gehört. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Orginalveröffentlichung wohl der am öftesten zitierte Artikel der mathematischen Logik des 20. Jahrhunderts (Friedman, 2006) ist. Einigen ist wahrscheinlich auch ein unbeweisbarer Satz in ihrem Fachgebiet, wie zum Beispiel die Kontinuumshyphothese in der klassischen axiomatischen Mengenlehre (Woodin, 2001), oder ein Problem, dessen Beantwortung algorithmisch nicht möglich ist, bekannt, wie die Lösbarkeit einer diophantischen Gleichung in der Zahlentheorie (Shlapenthokh, 2007, S. 1). Aber auch außerhalb der mathematischen Kreise ist Kurt Gödel kein Unbekannter. Die Philosophie und auch die Theologie haben sich vielfach mit dem Unvollständigkeitssatz auseinander gesetzt, die Informatik erst recht und sogar in der Kunst hat der Satz seine Spuren hinterlassen, wie in Hans Magnus Enzensbergers Gedicht Hommage an Gödel, in dem er zitiert wird. Aber nicht nur der Gödelsche Unvollständigkeitssatz allein verdient Beachtung. Eine Vielzahl von Entwicklungen und Ergebnissen der mathematischen Logik, die in etwa zur selben Zeit wie der Unvollständigkeitssatz stattfanden, teils auch durch diesen motiviert, haben das Verständnis der Mathematik nachhaltig verändert und als Vorläufer der modernen Computertheorie auch weit über die wissenschaftliche Welt hinaus ihre Wirkung entfaltet (Sigmund u. a., 2006; Dawson, 1999, S.10 und S. 231). Mehr als genug Grund also, sich mit diesen Arbeiten und Ergebnissen einmal intensiver auseinanderzusetzen. Um diese Ergebnisse aber überhaupt in einer mathematisch korrekten Form verstehen zu können, muss man sich zuerst die Grundbegriffe der mathematischen Logik vertraut machen. Zu diesem Zweck wird im ersten Kapitel dieser Arbeit die Prädikatenlogik erster Stufe eingeführt und ihre Syntax und Semantik besprochen. Diese Begriffe erinnern nicht zufällig an die Linguistik. Die Prädikatenlogik ist keine Theorie (Carnap, 1954, S. 1) sondern eine Sprache. Diese Sprache bietet den Vorzug, dass sie eine die sonst auftretenden Vagheiten und Mehrdeutigkeiten der Umgangssprache vermeidbare [sic] Präzision (Stegmüller, 1957, S. 41) bietet. Dabei wird die mathematische Logik selber zumeist nicht in dieser Sprache betrieben, genauso wenig wie die übrige Mathematik. Um aber Aussagen über die Möglichkeiten und Grenzen der Mathematik zu machen, übersetzt man diese in die Prädikatenlogik, um sie dann mit mathematischen Methoden und mathematischer Strenge untersuchen zu können. Dabei reicht die Prädikatenlogik erster Stufe nicht aus, um die meisten Felder der Mathematik direkt darzustellen, allerdings kann sie die Mengenlehre darstellen, in die sich wiederum die meiste, wenn nicht alle, Mathematik übersetzten lässt. Damit hat man die Möglichkeit, die meisten mathematischen Aussagen in einer formalen Sprache darzustellen. In einem nächsten Schritt geht es dann darum, das wichtigste Werkzeug eines jeden Mathematikers zu formalisieren, den Beweis. Dazu wird ein so genanntes logisches Kalkül eingeführt. Mit Hilfe dieses Kalküls ist es dann möglich, das erste bedeuten- 3

4 Einleitung de logische Ergebnis dieser Arbeit einzuführen, den Gödelschen Vollständigkeitssatz, der besagt, dass jede wahre Aussage auch beweisbar ist. Dieses bedeutende, positive Ergebnis hat Kurt Gödel zwei Jahre vor seinem Unvollständigkeitssatz bewiesen. Bevor dann der Hauptteil der Arbeit folgt, sind noch einige Vorarbeiten aus einer anderen Richtung notwendig. Es müssen noch die Grundbegriffe der Rekursionstheorie eingeführt werden, was in Kapitel drei geschieht. Dabei wird versucht, eine mathematisch präzise Definition einer berechenbaren Funktion zu geben. Mit diesem Vorwissen ausgestattet, werden dann im vierten Kapitel die Begriffe der Unvollständigen und der Unentscheidbaren Theorie eingeführt und eine Reihe wichtiger Sätze über die Möglichkeiten und vor allem die Grenzen der Mathematik bewiesen. Schlussendlich werden im fünften Kapitel diese Sätze dann auf die Arithmetik, oder genauer, die üblichste axiomatische Version der Arithmetik, die Peano-Arithmetik angewendet, um die Grenzen dieser Theorie aufzuzeigen. Wie bei einer Grundlagenuntersuchung der Mathematik nicht anders zu erwarten, werden nicht viele Ergebnisse aus anderen Bereichen der Mathematik benötigt. Über den Umgang mit den Grundrechenarten und etwas naive Mengenlehre hinaus, werden vor allem zwei fundamentale Ergebnisse der Zahlentheorie gebraucht: Dass es unendlich viele Primzahlen gibt und dass jede Zahl eine, bis auf die Reihenfolge eindeutige Primfaktorzerlegung hat. Für die erste Aussage bietet Aigner und Ziegler (2010, S. 3ff) eine ganze Reihe besonders eleganter Beweise, die zweite Aussage wird beispielsweise in Bundschuh (2008, S. 7) bewiesen. Beide findet man aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in jedem andren Lehrbuch der Zahlentheorie. Da in der mathematischen Logik aber mit mathematischen Methoden gearbeitet wird, ist zum Verständnis dieser Arbeit eine gewisse Vertrautheit mit diesen Methoden höchst wahrscheinlich unentbehrlich. Aus diesem Grund werden Begriffe, die als mathematisches Grundwissen betrachtet werden können, wie zum Beispiel Äquivalenzrelationen, auch ohne weitere Erklärung verwendet. 4

5 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Die klassische Prädikatenlogik geht auf vor allem auf Gottlob Frege und Charles Sanders Peirec zurück, wobei es Bertrand Russell war, der die Werke der beiden zusammenführte (Dawson, 1999, S. 35f). Die namensgebenden Prädikate sind dabei in ihrer einfachsten Form Aussagen von der Form x hat die Eigenschaft P. Üblicherweise schreibt man für eine solche Aussage in der Prädikatenlogik P x. Prädikate können sich dabei entweder auf ein festgelegtes Objekt oder einen Platzhalter, eine Variable, beziehen. Für Zweiteres verwendet man oft x, y, z oder v k mit einer natürlichen Zahl k, für Ersteres meistens einen anderen Kleinbuchstaben. Setzt man beispielsweise Sx als x ist sterblich und s für Sokrates, so steht Ss für Sokrates ist sterblich. Prädikate können aber auch mehrstellig auftreten, so dass sich Sätze wie Sokrates war Platons Lehrer und Platon schrieb einen Dialog zwischen Georgias und Sokrates nieder in der Form Lsp beziehungsweise Dpsg schreiben lassen. Neben den Prädikaten werden in der Prädikatenlogik noch zwei Sorten von logischen Operatoren verwendet. Erstens werden logische Verknüpfungen, wie und, oder und folgt aus verwendet, die jeweils ein eigenes Symbol haben. Für die eben genannten Verknüpfungen wären das ^, _ und Ñ. Zweitens gibt es die so genannten Quantoren D die für es existiert etwas, dass und für alle gilt stehen. So lässt sich der Satz alle Menschen sind sterblich schreiben wobei vorher festgelegt werden muss, dass x nur für Menschen stehen kann. Im folgenden soll die Prädikatenlogik in einer für die Mathematik besonders geeigneten Form mathematisch streng definiert werden. 1.1 Syntax Als erstes soll die Syntax der Prädikatenlogik geklärt werden. Was macht also eine wohl geformte (Enderton, 2001) prädikatenlogische Aussage aus? Das zu klären ist das Ziel dieses Abschnitts. Zuerst werden dazu die Symbole definiert, die überhaupt verwendet werden dürfen. Definition 1.1. Eine Sprache der Prädikatenlogik erster Stufe mit Gleichheit, oder im Weiteren kurz eine Sprache der ersten Stufe, besteht aus den logischen Symbolen, ^, = und D, Variablen v 1, v 2, v 3,... und einer abzählbaren 1 Menge von nichtlogischen Symbolen P1 n, P2 n, P 3 n,... für n-stellige Prädikate mit n P Nz{0}und f 1 n, f 2 n, f 3 n,... für n-stellige Funktionen 1 Abzählbar soll in dieser Arbeit immer endlich oder abzählbar unendlich bedeuten. 5

6 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe n P N, wobei nullstellige Funktionen auch Konstanten heißen. 2 Es ist erwähnenswert, dass nicht alle von den üblichen logischen Symbolen definiert wurden. Das hat rein technische Gründe, da so einige Beweise deutlich kürzer werden. Um zu zeigen, dass dadurch nichts an Aussagekraft verloren geht, kann man die anderen Symbole als Abkürzungen für längere Ausdrücke definieren. Dazu muss aber erst geklärt werden, wie ein Ausdruck in dieser Sprache auszusehen hat und wann er als korrekt formuliert anzusehen ist. Bisher hat diese Sprache genau genommen nur ein Alphabet, nun kommen die Hauptwörter dazu. Definition 1.2. Ein Ausdruck (einer Sprache) ist eine beliebige Aneinanderreihung von Symbolen (dieser Sprache). Ein Teilstück eines Ausdrucks ist eine Zeichenkette, die in dem Ausdruck in dieser Reihenfolge vorkommt. Ein echtes Teilstück ist ein Teilstück, das nicht der ganze Ausdruck ist. Ein Term ist ein Ausdruck, der entweder nur aus einer Konstanten oder Variablen besteht oder von der Form f n k t 1t 2... t n ist, wobei f eine n-stellige Funktion ist und t 1, t 2,... t n Terme. Die Menge aller Ausdrücke ist nicht weiter interessant, da sie auch völlig sinnlose Aneinanderreihungen von Symbolen umfasst, aber mit den Termen ist hier schon die erste interessante Teilmenge der Ausdrücke definiert. In gewisser Weise kann man die Regeln zur Erstellung von Termen als Grammatik der Prädikatenlogik verstehen, die noch um zwei wichtige Formen erweitert werden wird. Im folgenden wird ein Beispiel für eine wichtige Sprache erster Ordnung gegeben, die im weiteren Verlauf der Arbeit eine zentrale Rolle spielen wird. Beispiel 1.1. Die Sprache der Arithmetik (Boolos u. a., 2002, S. 118) ist die Sprache der ersten Stufe mit den nichtlogischen Symbolen < als zweistelligem Prädikat, 0 und 1 als nullstelligen Funktionen und +, als zweistelligen Funktionen. Etwas ungewöhnlich ist, dass nach dieser Definition v 1 + v 2 kein Term ist, sondern die richtige Schreibweise +v 1 v 2 lautet. Diese Notation nennt man polnische Notation 3. Da diese Schreibweise schnell etwas unübersichtlich werden kann, wird im weiteren bei Bedarf mit Klammern und Kommata gearbeitet, also +( (a, a), (b, b)) statt + aa bb geschrieben. Dies dient aber nur der Lesbarkeit, Klammern und Kommata sind keine Symbole der Sprache. Ist diese Definition eines Terms sinnvoll? Das Problem, das ausgeschlossen werden muss, wenn die Definition für die mathematische Logik brauchbar sein soll, ist die Mehrdeutigkeit eines Terms. Kann ein Term nur auf eine Weise konstruiert worden sein? Kann also, grob gesagt, + aa bb nur (a a) + (b b) bedeuten und nicht beispielsweise auch a (a + b b)? Damit beschäftigt sich der nächste Satz. 2 Wenn nicht anders angegeben sind alle Definitionen in diesem und dem folgenden Abschnitt, mit gewissen Freiheiten, aus Enderton (2001) übernommen. Die deutschen Übersetzungen der Fachbegriffe sind, wo sie keine Eigenleistung des Autors sind, aus dem Skript zur Vorlesung Grundbegriffe der mathematischen Logik übernommen, die von Herrn Adler im Sommersemester 2012 in Wien gehalten wurde (Adler, 2012). 3 Sie geht zurück auf Jan Łukasiewicz und ist die wichtigste klammernfreie Notation in der Logik (Church, 1956, S. 38). 6

7 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Satz 1.1. Ein Teilstück eines Terms t = f n k t 1, t 2,... t n, das selbst ein Term ist, ist entweder gleich t oder es ist ein Teilstück eins der Terme t 1, t 2,... t n. Diese Formulierung der Eindeutigkeit ist an die Formulierung aus Boolos u. a. (2002, S. 111) angelehnt, der nachfolgende Beweis aber wieder etwas freier an (Enderton, 2001, S. 105). Der Satz in dieser Formulierung schließt recht anschaulich die eben beschriebene Doppeldeutigkeit aus. Ohne Klammern in der klassischen Schreibweise geschrieben, hat der Term t 1 + t 2 mit t 1 = a a und t 2 = b b das Teilstück a + b b, das weder der ganze Term ist, noch ein Teilstück von t 1 oder t 2. Zu zeigen ist also, dass die Formulierung + aa bb hier eindeutiger ist. Zuerst ein hilfreiches Lemma. Lemma 1.2. Kein echtes Anfangsstück eines Terms ist selbst ein Term und jedes Endstück eines Terms besteht aus einem oder mehreren Termen. Beweis. Die zweite Aussage ist klar für Terme, die nur aus Konstanten und Variablen bestehen. Für Terme der Form f n k t 1t 2... t n ist ein Endstück entweder der ganze Term, oder von der Form t 1 k t k+1... t n, wobei t 1 k ein Endstück von t k ist. Induktiv folgt also, dass jedes Endstück eines Terms aus einem oder mehreren Termen besteht. Um die erste Aussage zu zeigen, definiert man die Abbildung K(s) von der Menge S der Symbole nach N wie folgt: K (v k ) = 1 für eine Variable v k, K (f n k ) = 1 n für eine n-stellige Funktion f n k, K (s 1 s 2... s i ) = K (s 1 ) + K (s 2 ) + K (s i ) für Symbole s 1, s 2,... s i. Für Terme t, die nur aus einer Variablen oder einer Konstanten bestehen gilt offensichtlich K (t) = 1. (Zur Erinnerung, Konstanten sind Funktionen mit n = 0). Ist andererseits für Terme t 1, t 2,... t n für alle i P {1,2,...n} stets K (t i ) = 1, so folgt daraus, dass für den Term f n k t 1t 2... t n mit einer beliebigen n-stelligen Funktion f n k auch K (f n k t 1t 2... t n ) = K (f n )+n 1 = 1 n+n = 1 k ist. Induktiv folgt also, dass für alle Terme t gilt, dass K (t) = 1 ist. Sei nun t1 1 das Anfangsstück eines Terms, dann gibt es ein t 2 1, so dass t 1 1 t 2 1 ein Term ist. Also ist t2 1 das Endstück eines Terms, also einer oder mehrere Terme. Da für jeden Term t wie gerade gezeigt K (t) = 1 ist, folgt daraus, dass K (t2 1 ) > 1 ist. Da K (t 1 1 t 2 1 ) = K (t 1 1 ) + K (t 2 1 ) = 1 ist, gilt K (t1 1 ) = 1 K (t 2 1 ) < 1, was nach (i) bedeutet, dass t 1 1 kein Term ist. Damit kann nun Satz 1.1 bewiesen werden. Beweis. Für Teilstücke, die nur aus einer Konstanten oder einer Variablen bestehen, ist die Aussage klar. Sei t nun ein Term, der weder eine Variable noch eine Konstante ist. Angenommen t ist ein echtes Teilstück von f n k t 1t 2... t n, aber kein Teilstück eines der Terme t 1, t 2,... t n. Nach Lemma 1.2 kann t kein Anfangsstück von f n k t 1t 2... t n sein. Es gibt also einen Term t k, in dem das erste Symbol von t liegt. Dann kann das letzte Symbol von t nicht in t k liegen, weil sonst t ein Teilstück von t k wäre. Ein echtes Anfangsstück t 1 von t ist also ein Endstück von t k. Nach Lemma 1.2 ist dann aber ein Anfangsstück von t 1 ein Term; nach 7

8 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Lemma 1.2 ist aber eben kein Anfangsstück eines Terms selbst ein Term. Es kann also keinen Term mit den angenommenen Eigenschaften geben. Nun sollen ganze Sätze formuliert werden. Da Sätze später noch in Anlehnung an die mathematischen Sätze definiert werden sollen, wird hier von Formeln gesprochen. Zuerst müssen die kleinsten möglichen Bestandteile einer Formel eingeführt werden, sozusagen die Atome der Sprache. Definition 1.3. Eine atomare Formel ist ein Ausdruck von der Form P n k t 1t 2... t n für ein n-stelliges Prädikat P n k oder = t 1t 2, wobei t 1, t 2,... t n Terme sind. Aus diesen Atomen lassen sich nun längere Formeln konstruieren. Dabei ist zu beachten, dass die Symbole im Moment noch überhaupt keine Bedeutung haben. Es geht rein um die Syntax, also um die Frage, in welcher Reihenfolge Symbole stehen müssen, damit sie formal einen Satz bilden. Die Bedeutung des Satzes ist eine Frage der später noch zu behandelnden Semantik. Das Symbol ^ hat hier also noch nichts mit dem Wort und zu tun. Definition 1.4. Eine Formel ist ein Ausdruck, der entweder eine atomare Formel ist, oder von einer der folgenden Formen: A für eine Formel A, ^ AB für Formeln A und B, Dv k A für eine Formel A. Im Unterschied zu Enderton (2001) werden hier auch die Formeln in polnischer Notation definiert. Auf diese Weise können einige Beweise einfacher und kürzer geführt werden. Da diese Schreibweise in Einführungen aber kaum verwendet wird 4, wird im Weiteren für Beispiele und Bemerkungen die klassische Notation verwendet, das heißt A ^ B statt ^AB und (A = B), statt = AB. Das bedeutet, dass der Leser zwischen den Sätzen, Definitionen und Beweisen und den Beispielen umdenken muss. Da aber erstere kaum längere Formeln enthalten werden, sollte das kein Problem darstellen. Wo doch einmal längere Formeln in Beweisen Auftauchen, werden diese in Fußnoten übersetzt oder erklärt. Die polnische Notation für Terme wird, unter den oben benannten Vereinfachungen der Lesbarkeit, beibehalten, da sie, unter Verwendung von Klammern, die für Funktionen übliche Notation ist. In den Fällen + und betont sie so deren Definition als Funktionen. Um dieses Vorgehen aber zu rechtfertigen, muss erst noch die Eindeutigkeit der polnischen Notation für Formeln bewiesen werden. Dass die klassische Schreibweise bei richtiger Verwendung von Klammern ebenfalls eindeutig ist, lässt sich beispielsweise in Enderton (2001, S. 107ff) nachlesen. Allerdings hat sich durchgesetzt, im Einzelfall auf unnötige Klammern zu verzichten, weshalb kaum ein Autor tatsächlich eine Sprache verwendet, deren Eindeutigkeit er formal streng bewiesen hat 5. Der Beweis der Eindeutigkeit für Formeln ist im Wesentlichen eine Übertragung des Beweises der Eindeutigkeit für Terme auf Formeln. 4 Kein bedeutendes Einführungsbuch benutzt sie konsequent. 5 vgl Enderton (2001, S. 68f), Boolos u. a. (2002, S. 107f) oder Rautenberger (2008, S. 5). 8

9 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Satz 1.3. Für jede Formel A gilt: (a) Ist A eine atomare Formel, so hat sie keine echten Teilformeln. (b) Ist A eine Formel der Form B, so sind alle echten Teilformeln von A Teilformeln von B. (c) Ist A eine Formel der Form Dv k B, so sind alle echten Teilformeln von A Teilformeln von B. (d) Ist A eine Formel der Form ^BC, so sind alle echten Teilformeln von A Teilformeln von B oder C. Beweis. Zuerst wird die Funktion K aus dem Beweis zu Lemma 1.1 auf alle Symbole wie folgt erweitert: K (P n k ) = 1 n für ein Prädikat P n k, K (=) = 1, K (^) = 1, K ( ) = 0, K (D) = 1. (i) Für jede Formel A gilt K (A) = 1. Aus Lemma 1.2 weiß man, dass für jeden Term t gilt, K (t) = 1. Wenn A eine atomare Formel ist, gilt also K (A) = K (P n ) + n 1 = 1 n + n = 1 oder K (A) = K (=) = 1. k Sei die Aussage nun für die Formeln B und C gezeigt, dann gilt, falls A von der Form B ist, K (A) = K ( B) = = 1. Falls A von der Form ^BC ist, gilt K (A) = K (^BC ) = = 1. Falls A schließlich von der Form Dv k B ist, gilt K (A) = K (Dv k B) = = 1. Die Aussage (i) ist also induktiv gezeigt. (ii) Ein Endstück einer Formel ist entweder ein Term oder eine Formel oder mehrere Formeln und Terme. Ein echtes Endstück einer Formel hat ein der folgenden Formen: es kann die Form t 1 k t k+1... t n mit einem Endstück eines Terms t 1 k und Termen t k+1, t k+2,... t n für eine atomare Formel haben, dann folgt die Aussage aus dem Lemma 1.2. Hat es die Form A 1, oder A 1 B, wobei A 1 das Endstück einer Formel ist und B eine Formel, dann folgt die Aussage induktiv. Hat es schließlich die Form v k A mit einer Variablen v k und einer Formel A, dann ist nichts zu zeigen, da v k ein Term ist. (iii) Damit folgt nun analog zum Beweis des Lemmas 1.2, dass kein echtes Anfangsstück einer Formel selber eine Formel ist. (iv) Daraus folgen die Aussagen (a) und (b) direkt, da alle Teilstücke von A, die keine Anfangsstücke von A sind, im Fall (a) keine Formeln sein können, da sie nur Funktionen und Variable enthalten und im Fall (b) Teilstücke von B sind. Aussage (c) folgt analog, wenn man zusätzlich in Betracht zieht, dass keine Formel mit einer Variablen beginnt. 9

10 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe (v) Für Aussage (d) schließlich muss man noch zeigen, dass BC keine Teilformeln hat, die keine Teilformeln von B oder C sind. Angenommen es gäbe eine solche Formel D, dann müsste ihr erstes Symbol in B liegen, sie dürfte aber nicht in B enden. Das heißt aber, ein echtes Anfangsstück von D ist ein Endstück von B, das nicht mit einem Term beginnt. Also hat D nach (ii) ein Anfangsstück, das eine Formel ist. Ein Widerspruch zu (iii). Nun können auch die anderen logischen Symbole als Abkürzungen für längere Formeln eingeführt werden 6. Symbol Abkürzung für (A _ B) (( A)^( B)) (A Ñ B) (A ^ ( B)) (A Ø B) ((A Ñ B)^(B Ñ A)) (@v k )A (Dv k ) A Wie sehen Formeln in der Sprache der Arithmetik aus Beispiel 1.1 aus? Dazu zwei Beispiele, die noch öfters Erwähnung finden werden: Beispiel 1.2. (i) Eine atomare Formel der Arithmetik ist (+( (v 1, v 1 ), (v 2, v 2 )) = (v 3, v 3 )). (ii) Möchte man ausdrücken, dass es Werte für v 1, v 2 und v 3 gibt, so dass diese Formel gilt, erhält man die folgende nicht atomare Formel: (Dv 1 )(Dv 2 )(Dv 3 )(+( (v 1, v 1 ), (v 2, v 2 )) = (v 3, v 3 )). Noch wurde der Begriff der Wahrheit nicht definiert, trotzdem scheint es bei genauerer Betrachtung so, dass Aussage (ii) wahr oder falsch sein kann 7, die Aussage (i) aber nicht. Aber wo liegt der Unterschied? Das Problem bei (i) ist, dass man nicht weiß, was man mit den Variablen tun soll. Offensichtlich können Variablen auf unterschiedliche Weise in Formeln auftauchen. Das motiviert die nächste Definition. Definition 1.5. Die Menge der freien Variablen einer Formel A ist: (i) Die Menge aller Variablen in A, wenn A eine atomare Formel ist. (ii) Die Menge aller freien Variablen von B, wenn A von der Form B ist. 6 Die Möglichkeit, alle logischen Symbole aus nur wenigen abzuleiten, oder sogar nur aus einem, das dann Sheffer Funktion heißt, ist ein eigenes Forschungsfeld der Logik. Einen Einstieg in das Thema bietet Goodstein (1971). 7 Es handelt sich bei natürlichen Zahlen, die diese Aussage erfüllen, um sogenannte Pythagoräische Tripel, von den eine ganze Reihe bekannt ist. Die Aussage ist also für die natürlichen Zahlen wahr (Stillwell, 2003, S. 109f). 10

11 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe (iii) Die Vereinigung der Mengen der freien Variablen von B und C, wenn A von der Form ^BC ist. (iv) Die Menge aller freien Variablen von B ohne v k, wenn A von der Form Dv k B ist. 8 Die Formeln ohne freie Variablen spielen eine besonders wichtige Rolle, sie sind die Sätze im mathematischen Sinne. Definition 1.6. Eine Formel deren Menge an freien Variablen die leere Menge ist, heißt Satz. Im Beispiel 1.2 ist die Formel aus (ii) ein Satz, die Formel aus (i) nicht. Da sie eine atomare Formel ist, sind sogar alle Variablen frei, die in ihr vorkommen. Was bedeutet es aber, dass ein Satz wahr ist? Können Formeln mit freien Variablen nicht wahr oder falsch sein? Hängt die Frage nach der Wahrheit nicht auch von den Zahlen ab, für die die Variablen stehen können? So ist Aussage (ii) für die natürlichen Zahlen wahr, aber sie wird falsch, wenn die Variablen nur Werte zwischen 1 und 4 annehmen dürfen. Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Semantik, um die es im nächsten Abschnitt gehen soll. 1.2 Semantik Bisher wurden nur Symbole behandelt. Die Frage ist, welche Bedeutung die Symbole haben. Noch dazu sind diese Bedeutungen bei den nicht-logischen Symbolen nicht fest. In der Sprache der Arithmetik, wie sie in Beispiel 1.1 definiert wurde, kann man auch über ganze, rationale oder reele Zahlen reden und das beeinflusst durchaus den Wahrheitsgehalt eines Satzes. So ist der Satz (Dv 1 )( (v 1, v 1 ) = +(1,1)) für reele Zahlen wahr, für natürliche Zahlen aber nicht. Tatsächlich ist es auch möglich, in der Sprache der Arithmetik über Ringe und Körper zu sprechen, wodurch sich die Bedeutung der Funktionen und Prädikate stark verändern kann, so dass der Satz +(1,1) = 0 wahr wird. Um diese Art von Bedeutung zu erfassen, gibt es die Strukturen, die wie folgt definiert sind: Definition 1.7. Eine Struktur (einer Sprache) A besteht aus einer nicht-leeren Menge A, dem Universum von A, die alle möglichen Werte enthält, die die Variablen annehmen können, einer Menge P n K von A -n-tupeln für jedes n-stellige Prädikat P n und einer durch eine k Menge f n k von A -n+1-tupeln dargestellte Funktion fn k für jede n-stellige Funktion f n k. Das bedeutet, dass jeder Konstanten c genau ein Element c A von A zugeordnet wird. Eine Struktur, für die man alle Mengen tatsächlich angeben kann, ist beispielsweise eine Struktur zur Sprache der Arithmetik, die nur die Zahlen 0 und 1 enthält. Dann gilt A = {0,1}, + = {(0,0,1),(1,0,1), (0,1,1),(1,1,0)}, = {(0,0,0),(1,0,0), (0,1,0), (1,1,1)} und < = {(0,1)}. Unter dieser Struktur bedeuten die Symbole der Sprache der Arithmetik das, was sie in der Algebra im Körper F 2 bedeuten. Möchte man eine Struktur konstruieren, in der die Symbole genau das bedeuten, was sie im Bezug auf die natürlichen Zahlen bedeuten, kann man die 8 Definitionen dieser Art werden in dieser Arbeit immer wieder vorkommen. Man nennt sie rekursiv (Enderton, 2001, S. 84). Dass diese Art der Definition zulässig ist, ist eine Folge der Eindeutigkeit der Notation für Formeln und Terme. 11

12 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Mengen nicht mehr explizit angeben, da sie unendlich sind. Man muss mit Definitionen arbeiten, wie < = {(i, j ) i < j }. Dabei setzt man die Kenntnis der Relation < 9 auf den natürlichen Zahlen voraus. Man kann in der Logik die Mathematik also nicht definieren, ohne eine zumindest eine simple Form der Arithmetik als gegeben vorauszusetzen. 10 Die Prädikatenlogik ist eben, wie in der Einleitung schon beschrieben, eine Sprache und keine mathematische Theorie an sich. 11 Beispiel 1.3. Die Struktur N besteht aus dem Universum N = N und den Mengen + = {(i, j, s) i + j = s}, = {(i, j, p) i j = p} und < = {(i, j ) i < j }, sowie 0 = {0}, 1 = {1}, wobei hier formal zwischen den Symbolen 0,1 der Sprache und den Elementen des Universums, also den natürlichen Zahlen, 0 und 1 zu unterscheiden wäre 12. Als nächstes soll es um die Bedeutung der Variablen gehen. Die Idee, die dazu formalisiert werden soll, ist die folgende: Über eine Formel wie v 1 = 1 kann man sagen, diese Aussage ist wahr, wenn v 1 für 1 A steht, sonst nicht. Die Wahrheit einer Aussage mit Variablen hängt also davon ab, wofür die Variablen stehen. Um dem gerecht zu werden, werden die so genannten Belegungen definiert. Definition 1.8. Eine Funktion s von der Menge der Variablen nach A heißt Belegung der Variablen. Eine Belegung weist jeder Variablen ein Element des Universums zu. Diese Definition wird nun auf natürliche Weise auf Terme erweitert. Definition 1.9. Die Funktion s ist die Erweiterung einer Belegung s zu einer Funktion, die die Menge aller Terme auf A abbildet und wie folgt definiert ist: s(v k ) = s(v k ) für eine Variable v k, s(c) = c A für eine Konstante c, s(f n k t 1t 2... t n ) = f n k (s(t 1), s(t 2 ),... s(t n )) für einen Termf n k t 1t 2... t n. Nachdem v 1 steht für 1 A nun formal definiert ist, kann der interessantere Teil der obigen Aussage ist wahr, wenn formalisiert werden, zuerst für atomare Formeln: 9 Man könnte für das Symbol < der formalen Sprache und die Relation < auf den natürlichen Zahlen unterschiedliche Symbole verwenden, um sie zu deutlicher zu unterscheiden. Der Lesbarkeit der Formel hilft das allerdings eher nicht und da in dieser Arbeit polnische Notation verwendet wird, lassen sich die beiden Zeichen wenigstens anhand ihrer Stellung im Term unterscheiden. 10 Alternativ kann man auch die Mengenlehre als zugrunde liegend betrachten. 11 Was nicht bedeuten soll, dass die Sprache, in der jemand etwas formuliert, keinen Einfluss auf dessen Aussage hat. So ist die Frage, ob Existenz ein Prädikat sein sollte oder ein Quantor, in der Scholastik schwer umstritten gewesen und ist entscheidend für die Gültigkeit des berühmten ontologischen Gottesbeweises (Kant, 1900, S. 598). 12 Eine ähnliche Formulierung findet sich in Enderton (2001, S. 81). 12

13 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Definition Eine atomare Formel heißt wahr unter einer Belegung s, wenn s(t i ) = s(t j ) (s(t 1 ), s(t 2 ),... s(t n )) P P n k für eine atomare Formel von der Form = t i t j und für eine atomare Formel der Form P n k t 1t 2... t n ist. Die Formel v 1 = 1 ist also unter allen Belegungen s mit s(v 1 ) = 1 A wahr. Die Erweiterung der Definitionen auf Formeln ohne das D Symbol ist recht naheliegend. Definition Eine Formel A heißt wahr unter einer Belegung s, wenn für Formeln B und C gilt: A = B und B ist unter der Belegung s nicht wahr, oder A = ^BC und B und C sind wahr unter s. Wie passt diese Definition zu Beispiel 1.2? Für Teil (i) des Beispiels, in dem alle Variablen frei vorkommen, scheint die Definition von Wahrheit unter einer Belegung eine gute Lösung, aber für Sätze wie Teil (ii) erwartet man eigentlich, dass ihr Wahrheitsgehalt nicht von einer Belegung abhängt. Deshalb sollte die Wahrheit von Formeln mit dem D Symbol so definiert werden, dass die gebundene Variable nicht mehr von der Belegung abhängt. Das motiviert die folgende Definition: Definition Die Belegung s[v k d], mit einer Variablen v k und einem d P A ist in Abhängigkeit von einer Belegung s wie folgt definiert { s(vl ) falls k l s[v k d](v l ) = d falls k = l Eine Formel von der Form Dv k A, wobei A eine Formel ist, heißt wahr unter einer Belegung s, wenn es ein d gibt, so dass A unter der Belegung s[v k d] wahr ist. Dass die Wahrheit einer Formel tatsächlich nur von der Belegung ihren freien Variablen abhängt und Sätze somit unabhängig von der Belegung wahr oder falsch sind, zeigt der nächste Satz. Satz 1.4. Seien s 1 und s 2 Belegungen, die auf den freien Variablen der Formel A übereinstimmen, dann ist A genau dann unter s 1 wahr, wenn es unter s 2 wahr ist. 13 Beweis. (i) Für einen Term t gilt, s 1 (t) = s 2 (t), wenn s 1 und s 2 in allen Variablen, die in t vorkommen, übereinstimmen. Wenn t eine Variable oder eine Konstante ist, ist die Aussage klar. Für einen Term von der Form f n k t 1t 2... t n nimmt man induktiv an, dass die Aussage für die Terme t 1, t 2,... t n gezeigt ist, dann gilt s 1 (t) = f n k (s 1(t 1 ), s 1 (t 2 ),... s 1 (t n )) = f n k (s 2(t 1 ), s 2 (t 2 ),... s 2 (t n )) = s 2 (t). 13 Der Satz und der Beweis sind aus Enderton (2001, S. 86), wobei der Beweis hier etwas detaillierter geführt wird. 13

14 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe (ii) Angenommen A ist eine atomare Formel. Für atomare Formeln sind alle Variablen freie Variable, also stimmen s 1 und s 2 auf allen Variablen in Termen von A überein, also nach (i) auch s 1 und s 2 auf allen Termen, also ist A unter s 1 genau dann wahr, wenn es auch unter s 2 wahr ist. (iii) Sei die Aussage nun für die Formel B beziehungsweise die Formeln B und C bewiesen, dann ist für A = B und A = ^BC nichts zu zeigen, da die Menge der freien Variablen sowie die Wahrheit von A nur von B, beziehungsweise nur von B und C abhängt. (iv) Sei die Aussage nun für B bewiesen und sei A = Dv k B. Die Funktionen s 1 [v k d] und s 2 [v k d] stimmen dann nach Voraussetzung auf der Menge der freien Variablen von B ohne v k überein. Da aber s 1 [v k d](v k ) = d = s 2 [v k d](v k ) ist, stimmen sie auf allen freien Variablen von B überein. Nach Induktionsvoraussetzung ist dann also die Formel B für ein d unter s 1 [v k d] wahr, wenn sie auch unter s 2 [v k d] wahr ist. Also ist A genau dann unter s 1 wahr, wenn es unter s 2 wahr ist. Im folgenden ein paar Sprachregelungen im Umgang mit der Wahrheit von Sätzen. Definition Satz 1.4 bedeutet insbesondere, dass ein Satz, der unter einer Belegung wahr ist, unter allen Belegungen wahr ist. Entsprechend lässt man bei Sätzen den Zusatz unter der Belegung s weg und sagt einfach, ein Satz A ist wahr, wenn er unter einer Belegung wahr ist. Wovon die Wahrheit eines Satzes aber durchaus abhängt, ist die Struktur, unter der man ihn betrachtet. Eine Struktur für die ein Satz wahr ist, nennt man ein Modell eines Satzes und man schreibt ù A A. Ein Satz A heißt erfüllbar, wenn er ein Modell hat und allgemeingültig, wenn jede Struktur ein Modell für den Satz ist. Dann schreibt man auch ù A. Eine Struktur M heißt schließlich ein Modell einer Satzmenge Γ, wenn es ein Modell jeder Formel aus Γ ist. Als Letztes soll die Vorstellung formalisiert werden, dass ein Satz in Abhängigkeit von anderen Sätzen wahr ist. Also dass, zum Beispiel, A wahr ist, wenn A wahr ist, oder B wahr ist, wenn A und A Ñ B wahr sind. Definition Eine Formel A wird von einer Menge Γ von Formeln impliziert, wenn es keine Struktur A und keine Belegung s gibt, so dass in der Struktur A alle Formeln in Γ unter s wahr sind, aber A nicht unter s wahr. Man schreibt dann Γ ù A. Diese Art, Wahrheit zu definieren mag einleuchtend sein und in Beispielen die Ergebnisse liefern, die man erwartet. Sie hat jedoch einen großen Nachteil. Es ist für nicht endliche Strukturen nur in Ausnahmefällen möglich zu beurteilen, ob ein Satz wahr ist(goodstein, 1971, S. 37f). Außerdem beschreibt sie kaum die Methode, mit der ein Mathematiker versuchen wird, den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu bestimmen. Viel mehr scheint es in der Mathematik um Beweise zu gehen. Aber was ist ein Beweis? Darum soll es im nächsten Abschnitt gehen. 14

15 1.3 Beweisbarkeit Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe A proof is an argument that you give to someone else and that completely convinces that person of the correctness of your assertion (Enderton, 2001, S. 109) 14 Wie lässt sich ein solches Argument formalisieren? Der Versuch, das logische Schließen zu formalisieren, ist sehr viel älter als die Prädikatenlogik. Den ersten bekannten Versuch unternahm schon Aristoteles mit seiner Syllogistik (Scholz, 1959, S. 3), die lange Zeit fast ein Synonym für die Logik überhaupt war 15, aber heute kaum noch eine Rolle spielt. Die heute gängige Methode zur Formalisierung des logischen Schließens besteht darin, auf der rein syntaktischen Ebene der logischen Formeln ein formales Kalkül zu definieren, mit dem Formeln aus Formeln abgeleitet werden können. Dazu werden traditionell einige Formeln als Axiome gesetzt und dann Schlussregeln definiert, mit denen man aus diesen Axiomen weitere Formeln schließen kann. Die ersten Kalküle, die große Bekanntheit erlangten, waren das System der Principa Mathematica, das aus fünf Axiomen und einer Schlussregel besteht (Russell und Whitehead, 1910, S. 95ff) und das noch frühere System von Frege, das aus sieben Axiomen und drei Schlussformen besteht(frege, 1893, S. 61). Wie Gerhard Gentzen aber bereits 1935 bemerkte: Die Formalisierung des logischen Schließens, wie sie insbesondere durch Frege, Russell und Hilbert entwickelt werden ist, entfernt sich ziemlich weit von der Art des Schließens, wie sie in Wirklichkeit bei mathematischen Beweisen geübt wird. (Gentzen, 1935, S. 176). Dem gegenüber entwarf er in dem eben zitierten Artikel sein Kalkül des natürlichen Schließens (Gentzen, 1935, S. 176), das mathematische Beweise, wie sie in Wirklichkeit geübt werden, besser formalisiert. Eine der großen Besonderheiten dieses Kalküls ist die Tatsache, dass es keine Axiome enthält, sondern nur Schlussregeln. Eine Besonderheit, die daher rührt, dass man im Alltag selten mit logischen Axiomen argumentiert und das Mathematikstudium auch nicht mit einer Festlegung logischer Axiome 16 beginnt. Oder um es mit Gentzens Worten auszudrücken, das natürliche Schließen geht jedoch im allgemeinen nicht von logischen Grundsätzen aus (Gentzen, 1935, S. 184). Die in dieser Arbeit präsentierte Form des Kalküls des natürlichen Schließens ist eine leicht abgewandelte Form des Kalküls, wie es in Rautenberger (2008) präsentiert wird. Im Kern handelt es sich aber um das selbe System, wie das von Gentzen 1935 vorgestellte. Um es formulieren zu können, muss noch eine syntaktische Operation eingeführt werden. Definition Als Substitution t A bezeichnet man die Operation, die jedes freie Vorkommen der Variablen v k in einer Formel A durch den Term t ersetzt. Induktiv kann man t v v k wie k 14 Übersetzung des Autors: Ein Beweis ist ein Argument, das man einer anderen Person vorträgt und das diese Person vollständig von der Richtigkeit der eigenen Behauptung überzeugt. 15 So lehrte Kant in seinen Vorlesungen Uebrigens hat die Logik von Aristoteles Zeit her an Inhalt nicht viel gewonnen, und das kann sie ihrer Natur nach auch nicht (Jänsche, 1869, S. 22) 16 Wohl gemerkt, hier ist nur von logischen Axiomen die Rede, also Axiome, die sich auf ganz allgemeine Aussagen beziehen. Mathematische Axiome mögen im Einzelfall durchaus im Mathematikstudium auch außerhalb einer Logikvorlesung vorkommen. 15

16 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe folgt definieren 17 : Für Terme gilt mit t 1 k := t t k : v k t v k := t, v k t c := c für eine Konstante c, v k Seien A und B Formeln, dann gilt: t (= t 1 t 2 ) := = t1 1 v t 2 1, k t ^ AB := ^ t A t B, v k v k v k t Dv k A := Dv k A, v k t v j := v j für j k, v k t f n k v t 1t 2... t n := f n k t 1 1 t t n 1. k t P n k v t 1t 2... t n := P n k t 1 1 t t n 1, k t t A := A, v k v k t t Dv j A := Dv j A für j k. v k v k als die Operation, die jedes Vorkommen der Konstan- Analog definiert man die Substitution t c ten c durch den Term t ersetzt. Nun können die Schlussregeln eingeführt werden. Diese sollten es erlauben, für eine Formelmenge Γ und eine Formel A zu beweisen, dass Γ ù A gilt. Um auszudrücken, dass man dies bewiesen hat, sagt man A folgt aus Γ oder Γ beweist A und schreibt dafür Γ $ A. Eine Schlussregel besteht nun aus einer (möglicherweise leeren) Menge von Aussagen der Form Γ $ A, die Obersätze oder Prämissen genannt werden sowie einer Aussage dieser Form, die man Konklusion nennt. Sind alle Obersätze bewiesen, besagt die Schlussregel, dass damit auch die Konklusion bewiesen ist. Formal definiert man das Zeichen $ durch: Definition Man sagt Γ n beweist A n und schreibt Γ n $ A n, wenn es eine endliche Folge von Tupeln (Γ 1, A 1 ),(Γ 2, A 2 )...(Γ n, A n ) gibt, so dass jedes Tupel (Γ k, A k ) die Konklusion einer Schlussregel ist, deren Prämissen alle noch vor (Γ k, A k ) in der Folge vorkommen. Im folgenden werden Schlussregeln in der Form Obersätze Konklusion notiert. Damit das Kalkül auch funktioniert und tatsächlich nur wahre Implikationen bewiesen werden können, muss man für jede Schlussweise sicher stellen, dass sie korrekt ist. Dazu muss ausgeschlossen werden, dass die Obersätze wahr sein können ohne dass die Konklusion wahr ist. Schlussweise 1 (AR 18 ). Sei Γ eine Menge von Formeln und A P Γ, dann gilt Also gilt insbesondere H Γ $ A H A $ A 17 Diese Definition und die weiteren Definitionen in diesem Abschnitt sind, wenn nicht anders angegeben, frei nach Rautenberger (2008) 18 AR steht für Anfangsregel. 16

17 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe (AR) ist korrekt, da für eine Struktur für das, unter einer Belegung s, alle Sätze aus Γ wahr sind, trivialerweise auch A unter s wahr ist, da A ein Satz aus Γ ist. Die Konklusion ist also immer richtig. Schlussweise 2 (MR 19 ). Seien Γ und Γ 1 Mengen von Formeln, so dass Γ Γ 1 ist und A eine beliebige Formel, dann gilt Γ $ A Γ 1 $ A Wenn für eine Struktur, unter einer Belegung s, alle Formeln von Γ 1 wahr sind, sind insbesondere auch alle Formeln von Γ wahr. Das bedeutet aber, dass die Konklusion nicht falsch sein kann, ohne das der Obersatz auch falsch wird. (MR) ist also korrekt. Schlussweise 3 (=1). Für alle Terme t gilt für alle Mengen von Formeln Γ also insbesondere H Γ $= t t H H $= t t Da die Formel = t t nach Definition immer wahr ist und jede Formelmenge einen allgemeingültigen Satz impliziert, ist (=1) auch korrekt. Schlussweise 4 (=2). Sei Γ eine Menge von Formeln, A eine Formel, v k eine freie Variable von A und t und t 1 seien Terme, dann gilt {Γ $= t t 1,Γ $ t v k A} Γ $ t 1 v k A Angenommen die Konklusion ist falsch, dann existiert eine Struktur, so dass, mit einer Belegung s, alle Formeln aus Γ wahr sind, aber t 1 A nicht. Damit aber t 1 A einen anderen v k v k Wahrheitswert als t A hat, darf unter der Belegung s der Wert von t 1 nicht gleich dem Wert v k von t sein. Dann ist aber der erste Obersatz falsch. Also ist (=2) korrekt. Schlussweise 5 (^1). Sei Γ eine Menge von Formeln, A und B Formeln, dann gilt {Γ $ A,Γ $ B} Γ $ ^AB Schlussweise 6 (^2). Sei Γ eine Menge von Formeln, A und B Formeln, dann gilt und 19 MR steht für Monotonieregel Γ $ ^AB Γ $ A Γ $ ^AB Γ $ B 17

18 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Da nach Definition ^AB genau dann wahr ist, wenn A und B wahr sind, sind hier in beiden Fällen Obersatz und Konklusion jeweils entweder beide richtig, oder beide falsch. (^1) und (^2) sind also korrekt. Schlussweise 7 ( 1). Für eine Formelmenge Γ und Formeln A und B gilt, {Γ $ B,Γ $ B} Γ $ A Da für jede Struktur und jede Belegung entweder B oder B wahr ist, aber nie beide, können für keine Struktur unter keiner Belegung alle Formeln von Γ wahr sein, damit die Obersätze beide richtig sein können. Dann impliziert Γ aber jeden Satz. Somit ist ( 1) korrekt. Schlussweise 8 ( 2). Für eine Formelmenge Γ und Formeln A und B gilt {ΓY{B} $ A,ΓY{ B} $ A} Γ $ A Angenommen die Konklusion ist falsch, dann gibt es eine Struktur, so dass für eine Belegung s, alle Formeln aus Γ wahr sind, aber A nicht. Da aber nach Definition entweder B oder B wahr sind, sind dann auch entweder alle Sätze aus {Γ,B} oder aus {Γ, B} unter s wahr. Also muss einer der Obersätze falsch sein. Das bedeutet, dass ( 2) korrekt ist. Schlussweise 9 (D1). Sei Γ eine Menge von Formeln, A eine Formel, v k eine freie Variable von A und t ein Term, dann gilt Γ $ t v k A Γ $ Dv k A Falls der Obersatz richtig ist, muss für eine Struktur A, für die Γ unter einer Belegung wahr ist, auch ein Wert aus A existieren, so dass A unter s wahr ist, nämlich der Wert von t. Also muss für A auch Dv k A unter s wahr sein. (D1) ist also korrekt. Schlussweise 10 (D2). Sei Γ eine Menge von Formeln, A eine Formel, v k eine freie Variable von A und v j eine Variable, die in A nicht vorkommt und in keiner der Formeln aus Γ frei vorkommt, dann gilt Γ $ v j v k A Γ $ Dv k A Bei dieser letzten Schlussregel ist die Korrektheit am wenigsten offensichtlich. Deshalb zuerst ein Beispiel in der Sprache der Arithmetik, um die (D2) ein wenig anschaulicher zu machen. Als Γ wählt man dazu die Menge {(@v 1 )(@v 2 )((v 1 < v 2 ) Ñ (Dv 3 )(+(v 1, v 3 ) = v 2 )), (@v 1 )( (Dv 2 )((+(v 1, v 2 ) = 0)) ^ ( (v 2 = 0))} 20, die für die Variable v 77 die Formel (v 77 < 0) impliziert. Da man aber keine Eigenschaften der Variablen v 77 für diesen Schluss verwendet hat, kann man das Ergebnis verallgemeinern zu (Dv 1 (v 1 < 0)). 20 Der erste Satz besagt, dass aus v 1 < v 2 folgt, dass ein v 3 existiert, so dass v 1 + v 3 = v 2 ist. Der zweite Satz besagt, dass keine zwei Zahlen ungleich null existieren, die addiert Null ergeben. 18

19 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Natürlich muss die Korrektheit noch formal bewiesen werden. Angenommen also für eine Struktur ist der Obersatz richtig, dann muss es entweder keine Belegung geben, für die alle v j Sätze von Γ wahr sind, oder A ist wahr für alle möglichen Werte von s(v v k j ), da der Wert von s(v j ) keinen Einfluss auf die Wahrheit der Sätze in Γ hat. Die Konklusion kann dann aber nicht falsch sein, da entweder Γ für eine Struktur unter keiner Belegung wahr ist, oder für alle Elemente des Universums einer Struktur, die man für v k einsetzt, A falsch ist, also Dv k A für alle Belegungen wahr ist. Es kann also keine Struktur und keine Belegung geben, für die alle Formeln aus Γ wahr sind, aber Dv k A nicht. Also ist gezeigt, dass (D2) korrekt ist. H Γ $ A für A P Γ (AR) Γ $ A für Γ Γ 1 Γ1 (MR) $ A H Γ $= t t (=1) {Γ $= t t 1,Γ $ t v k A} Γ $ t 1 v k A für v k frei in A (=2) {Γ $ A,Γ $ B} Γ $ ^AB (^1) Γ $ ^AB Γ $ A Γ $ ^AB und Γ $ B (^2) {Γ $ B,Γ $ B} Γ $ A ( 1) {ΓY{B} $ A,ΓY{ B} $ A} Γ $ A ( 2) Γ $ t v k A Γ $ Dv k A v k frei in A (D1) Γ $ v j v k A Γ $ Dv k A v k, v j passend (D2) Tabelle 1.1: Das Kalkül des natürlichen Schließens Das Kalkül des natürlichen Schließens ist damit komplett, in der Tabelle 1.1 sind noch einmal alle Schlussregeln auf einen Blick aufgeführt. Nebenbei wurde auch noch der Korrektheitssatz bewiesen, der wie folgt lautet: Satz 1.5 (Korrektheitssatz). Für eine Menge von Formeln Γ und eine Formel A gilt stets: Aus Γ $ A folgt Γ ù A. Die wahrscheinlich bekannteste Schlussweise in der Geschichte der Logik, der Modus 19

20 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Ponens 21, kommt in diesem Kalkül nicht vor 22. Er besagt: Ist B wahr und A folgt aus B, dann ist auch A wahr. Diese Schlussfolgerung ist so offensichtlich richtig, dass ein Kalkül, in dem sie nicht beweisbar ist, eindeutig nicht tauglich wäre, das logische Schließen zu formalisieren. In dem hier eingeführten Kalkül ist der Modus Ponens entsprechend beweisbar: Satz 1.6 (Modus Ponens). Für eine Formelmenge Γ und Formeln A und B gilt die Schlussregel (MP): {Γ $ ^ B A 23,Γ $ B}. Γ $ A Beweis. Der folgende Beweis zeigt, wie man die Idee des klassischen Widerspruchsbeweises in dem formalen Kalkül umsetzen kann. Als Annahme, die zum Widerspruch geführt werden soll, setzt man die Aussagen Γ Y { A} $ ^ B A und Γ Y { A} $ B. Nun geht es darum formal einen Widerspruch zu konstruieren. Mit (AR) kann man folgern, dass auch Γ Y { A} $ A gilt, aus (^1) folgt dann Γ Y { A} $ ^B A. Damit hat man den gewünschten Widerspruch. Formal beendet man den Beweis jetzt, indem man mit ( 1) aus Γ Y { A} $ ^ B A und Γ Y { A} $ ^B A schließt, dass auch Γ Y { A} $ A gilt. Da nach (AR) auch ΓY{A} $ A gilt, kann man mit ( 2) folgern, dass Γ $ A gilt. Ein weiterer wichtiger Satz, der mit dem Kalkül bewiesen werden kann, ist der folgende: Satz 1.7 (Endlichkeitssatz). Wenn für eine Formelmenge Γ und eine Formel A gilt Γ $ A, dann gibt es auch eine endliche Teilmenge Γ 1 von Γ, so dass Γ 1 $ A gilt. Beweis. Der Beweis soll mit einem Verfahren geführt werden, das man auch Regelinduktion nennt (Rautenberger, 2008, S. 73). Dabei nutzt man aus, dass Γ $ A genau dann gilt, wenn es sich mit einer endlichen Anzahl von Schlüssen beweisen lässt. Wenn man nun zeigt, dass sich eine Eigenschaft vom Obersatz an die Konklusion vererbt, muss sie auch für Γ $ A gelten. Man beginnt damit, die Aussage für (AR) und (=1) zu zeigen, die beide keiner Obersätze bedürfen. Hier muss man also zeigen, dass die Konklusion immer den Endlichkeitssatz erfüllt. Sei also Γ $ A mit (AR) bewiesen, da dann {A} Γ ist und A $ A gilt, ist der Endlichkeitsssatz erfüllt. Ist Γ $ A nun durch (=1) bewiesen worden, dann hat A die Form = t t für einen Term t. Aus (=1) folgt aber auch H $= t t und da trivialerweise H Γ ist, ist auch hier der Endlichkeitssatz erfüllt. Das Vorgehen für die restlichen Schlussregeln sei nun nur am Beispiel von (^1) gezeigt, da die anderen Schlussregeln analog verlaufen. Angenommen Γ $ A wurde mit (^1) bewiesen, dann hat A die Form ^BC und die Aussagen Γ $ B und Γ $ C sind wahr. Nach Induktionsannahme gilt der Endlichkeitssatz für diese beiden Aussagen, das heißt, es gibt endliche 21 Zum ersten mal findet sich eine Formalisierung dieser Schlussweise, die der modernen Form schon sehr nahe kommt bei den Stoikern, deren Logik am prominentesten von Chrysippus (circa vor Chr.) vertreten wird (Bocheński, 1956, S.38 und S. 123). 22 Der tiefere Grund dafür ist, dass in dieser Arbeit das Symbol Ñ nur als Abkürzung und nicht als eigenes Symbol eingeführt wurde. Für eine Sprache, in der Ñ ein eigenes Symbol ist, enthält das Kalkül des natürlichen Schließens traditionell den Modus Ponens als eigene Schlussweise (Gentzen, 1935). 23 Abgekürzt läse sich diese Formel B Ñ A. 20

21 Kapitel 1 Prädikatenlogik 1. Stufe Formelmengen Γ 1 Γ und Γ 2 Γ so dass Γ 1 $ B und Γ 2 $ C gelten. Nach (MR) gilt dann auch Γ 1 Y Γ 2 $ B und Γ 1 Y Γ 2 $ C und somit Γ 1 Y Γ 2 $ A nach (^1). Da Γ 1 Y Γ 2 endlich und eine Teilmenge von Γ ist, gilt damit der Endlichkeitssatz auch für (^1). Bis auf (=1) erlaubt es keine Regel, Formeln unabhängig von einer Menge Γ zu folgern. Insofern scheint das Kalkül sehr gut geeignet Implikationen zu beweisen, aber was ist mit wahren Sätzen? Kann man auch ù A zeigen, wenn A eine andere Form als t = t hat? Diese Frage wird durch das nächste Beispiel positiv beantwortet. Beispiel 1.4. Es soll gezeigt werden, dass H $ (A ^ A) gilt, wobei A eine beliebige Formel ist. Mit (AR) darf man ohne Voraussetzungen annehmen, dass (A ^ A) $ (A ^ A) gilt. Mit (^2) folgt dann (A ^ A) $ A und (A ^ A) $ A. Daraus folgt mit ( 1), dass aus (A ^ A) jede beliebige Formel folgt, also auch (A ^ A) $ (A ^ A). Da aber mit (AR) auch (A ^ A) $ (A ^ A) gilt, kann man mit ( 2) folgern, H $ (A ^ A). Im nächsten Kapitel wird sogar gezeigt werden, dass jede allgemeingültige Formel in dem Kalkül beweisbar ist. In den meisten Fällen spielt aber die Implikation tatsächlich eine wichtigere Rolle in der mathematischen Logik. Denn die Mathematik lässt sich axiomatisch aufbauen, in dem man sie aus der axiomatischen Mengenlehre aufbaut (Kunen, 1980, S. 1f). Im Alltag werden sich die wenigsten Mathematiker für die Axiome der Mengenlehre interessieren, aber für die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Mathematik, reicht es aus, dass eine solche Axiomatisierung möglich ist. Man braucht aber noch einen präzisen Begriff davon, was da axiomatisiert wird und was diese Axiome sind. Definition Als Theorie T bezeichnet man eine Menge von Sätzen, für die aus T $ A stets A P T folgt. Als axiomatisierte Theorie T ( ) bezeichnet man die Menge, die genau die Sätze enthält, die man aus der Formelmenge, den Axiomen, folgern kann. Eine Theorie T heißt axiomatisierbar, wenn es eine axiomatisierte Theorie T ( ) gibt, mit T = T ( ). 24 Dass eine axiomatisierte Theorie tatsächlich eine Theorie ist, folgt relativ direkt aus der folgenden wichtigen Eigenschaft des hier gegebenen Kalküls. Satz 1.8. Für Mengen von Formeln Γ und Σ und eine Formel B folgt aus Γ $ A für alle A P Σ und Σ $ B, dass auch Γ $ B gilt. Beweis. Zuerst zeigt man, dass für Mengen von Formeln Γ und Σ H für die mit einer Formel B gilt, Γ Y Σ $ B und Γ $ A für alle A P Σ auch Γ Y (Σz{A 1 }) für ein beliebiges A 1 P Σ gilt. Im folgenden sei Σ 1 = Σz{A 1 }. Dann gilt mit (AR) ΓYΣ 1 Y{ A 1 } $ A 1, aber nach (MR) auch ΓYΣ 1 Y { A 1 } $ A 1, da ja Γ $ A 1 nach Definition gilt. Also gilt nach ( 1) ΓYΣ 1 Y { A 1 } $ B, aber nach Konstruktion gilt auch ΓYΣ 1 Y {A 1 } $ B, also nach ( 2) ΓYΣ 1 $ B. Da aber nun ΓYΣ 1 $ B gezeigt ist und nach Konstruktion auch Γ $ A für alle A P Σ 1 gilt, lässt sich entweder die eben gezeigte Aussage auf Σ 1 anwenden, oder Σ 1 = H. Daraus folgt aber ΓYH $ B. 24 Die Definition einer axiomatisierten Theorie ist in der Literatur so nicht üblich. In den meisten Lehrbüchern wird Axiomatisiertheit als Eigenschaft einer Theorie eingeführt. Satz 1.9 zeigt aber ohne großen Aufwand, dass diese Definition äquivalent ist. Die hier verwendete Definition wurde auf Grund ihrer Anschaulichkeit und Direktheit gewählt. 21

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