Versuch 421: Potentiometrische Bestimmung von Chlorid und Iodid durch Titration mit Silbernitrat
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- Sebastian Lehmann
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1 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 159 Versuch 421: Potentiometrische Bestimmung von Chlorid und Iodid durch Titration mit Silbernitrat Arbeitsanleitung Geräteliste: WTW ph-meter Typ 526 Elektrodenmesskette aus Silber-Indikatorelektrode und Silber/Silberchlorid-Bezugselektrode. Salzbrücke mit gesättigter Ammoniumnitratlösung. Magnetrührer mit Rührstab, Stativ mit Bürettenklammer, Schliffgefäß zum Aufbewahren der Bezugselektrode, 150 m Becherglas, 100 µ Eppendorf-Pipette. Maßlösung: 0,1 M AgNO Arbeitsvorschrift: 1 Die ausgegebene Probenlösung mit dest. Wasser auf 100,00 m auffüllen und gut durchmischen. 2 20,00 m der ösung in ein 150 m Becherglas pipettieren, mit Wasser auf etwa 100 m verdünnen. Rührstab zugeben. Das Becherglas darf keinen grauen Schleier auf der Wandung haben, gegebenenfalls reinigen. Messgerät am Netzschalter einschalten. Elektroden eintauchen. Rührer starten und ösung gut durchmischen. 4 Rührer abschalten. Den Messwert in mv ablesen und in eine Wertetabelle eintragen. 5 Rührer starten. Maßlösung (100 µ) zugeben und gut durchmischen (ca. 0 sek). 6 Rührer abschalten. Nach 15 sek. mv-wert im Display ablesen und in Wertetabelle eintragen.
2 160 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 7 Vorgänge 5. und 6. bis zum Überschreiten beider Äquivalenzpunkte wiederholen (etwa 60 Messwerte). 8 Für jeden Messpunkt den Quotienten mv/ m ausrechnen und gegen den jeweiligen Gesamtverbrauch an Maßlösung auf Millimeterpapier auftragen. Die Maxima geben Näherungswerte für die Äquivalenzpunkte. 9 Titration entsprechend wiederholen. 10 Elektroden mit destilliertem Wasser spülen. Bezugselektrode in das Schliffgefäß tauchen. 11 Glasgeräte und Arbeitsplatz sorgfältig reinigen. 12 Auswertung Im Praktikum ist ein Computerprogramm für die Auswertung vorhanden U(obs) U(calc) p [mv]
3 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 161 Berechnungen Aus den bekannten Reaktionsgleichungen ist erkennbar, dass mit 1 Mol AgNO die Menge von 1 Mol Chlorid und ebenfalls mit 1 Mol AgNO die Menge von 1 Mol Iodid zu bestimmen ist. Äquivalenzpunkt: 1mol (AgNO ) = 1mol (Chlorid) 1n (AgNO ) = 1n (Chlorid) 1mol (AgNO ) = 1mol (Iodid) 1n (AgNO ) = 1n (Iodid) Für die Auswertung wird vor allem die erste Ableitung der normalen Titrationskurven verwendet, um die bei flach verlaufenden Kurven etwas problematische Auswertung zu erleichtern; das Maximum einer Kurve ist hier einfacher zu lokalisieren als der Wendepunkt. Dazu kann man entweder die jedem Volumenschritt zugehörige EMK-Änderung aus den Messwerten errechnen und graphisch auftragen, oder man liest die EMK-Änderung gleich am Messgerät ab. V (Gesamt) VAgNO ( Iodid) = VAgNO (Chlorid) AgNO Den aktuellen Titerfaktor der Reagenzlösung bei der Berechnung nicht vergessen. Es ist die Aliquotierung zu beachten!! Entsorgung Silberhaltige ösungen dürfen nicht neutralisiert werden. Sie sind in den speziell dafür vorgesehenen Behälter zu entsorgen.
4 162 Instrumentelle Bestimmungsverfahren Anmerkungen zur Praktikumsaufgabe: Probleme bei der argentometrischen Simultantitration der Halogenide. Bei der gemeinsamen potentiometrischen Fällungstitration mehrerer Ionenarten erhält man gut getrennte Titrationskurven und damit exakte Analysenergebnisse nur dann, wenn die öslichkeitsprodukte der ausgefällten Verbindungen sich genügend unterscheiden. Bei binären Verbindungen und etwa gleichen Konzentrationsverhältnissen muss pk sein, wenn der Titrierfehler wenige zehntel Prozent nicht überschreiten soll. Andernfalls beginnt eine merkliche Ausfällung der löslicheren Komponente bereits, bevor die Fällung der schwerer löslichen quantitativ ist. Der Fehler wird umso größer, je mehr die löslichere Komponente in der Probe im Überschuss vorhanden ist. Bei der gemeinsamen argentometrischen Titration der Halogenide kann man anhand der pk -Werte abschätzen, ob eine geforderte Genauigkeit realisierbar ist oder nicht. Für 25 C gelten folgende K -Werte (in mol 2-2 ): K K K AgCl AgBr AgI = 1,6 10 = 7,7 10 = 1, = 10 = 10 = 10 9,80 ; 12,11 15,82 ; ; pk pk pk AgCl AgBr AgI = 9,80 = 12,11 = 15,82 pk AgI/AgCl 6,02 AgI/AgBr,71 AgBr/AgCl 2,1 Für die besonders problematische Br /Cl -Titration gelten folgende Bedingungen: Die in 0,1 M Bromidlösungen maximal mögliche Ag + -Konzentration ergibt sich aus , [ Ag ] = = 7,7 10 [ mol ]. 0,1 Entsprechend gelten für 0,1 M Chloridlösungen , Ag = = 1,6 10 0,1-1 [ ] [ mol ]
5 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 16 Enthält eine ösung beide Halogenidionen zu jeweils 0,1 M, so fällt auf Zusatz von AgNO zunächst das schwererlösliche AgBr aus. Die Fällung von AgCl beginnt, wenn -9-1 [Ag + ] den Wert von 1,6 10 mol überschreitet. Bei dieser Silberionen-Konzentration enthält die ösung aber noch ungefälltes Br : -1-7, [ ] = = 4,8 10 [ mol ] Br, -9 1,6 10 das sind 0,48% der Ausgangskonzentration an Bromid. Um diesen Betrag wird Br zu wenig, Cl zu viel gefunden. Müsste der Br -Gehalt einer ösung bestimmt werden, die etwa 0,1 M an Br, aber 1 M an Cl ist, so läge der systematische Fehler der Titration bereits bei etwa -5% des Br -Gehaltes. + Die folgenden Abbildungen zeigen den Verlauf von = [ Ag ] pag lg während der potentiometrischen Halogenid-Titration. Das erste Diagramm enthält die Kurven für die Titration von ösungen, die Bromid bzw. Chlorid allein enthalten (z.b. 0,1 M Br bzw. 0,2 M Cl ). Die die Äquivalenzpunkte anzeigenden Wendepunkte entsprechen pag-werten, die sich aus den öslichkeitsprodukten ergeben:
6 164 Instrumentelle Bestimmungsverfahren pag = 1. 2pK AgHal Enthält die Probenlösung beide Halogenide zu je 0,1 M, so erhält man durch Rechnung eine Titrationskurve, deren Verlauf sich aus den Einzelkurven für Br und Cl zusammensetzt: Wesentlich ist, dass man für den Br -Ast nur noch einen kleinen und wenig scharfen Konzentrations- (bzw. Potential-) Sprung im Bereich des Äquivalenzpunktes erhält, da die Br und Cl -Kurven hier bereits ineinander übergehen. Die Folge ist, dass der Wendepunkt der Br -Kurve vermutlich um einen Betrag vor dem "richtigen" Wendepunkt vermutet wird, was bei der Auswertung der Titrationskurve für den Br - Gehalt einen negativen, für den Cl -Gehalt einen positiven systematischen Fehler ergibt. Führt man nun aber argentometrische Simultantitrationen der Halogenide tatsächlich experimentell (nicht, wie oben, nur rechnerisch) durch, so kann man zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommen, da Mitreißeffekte (Adsorption, Mischkristallbildung) zu systematischen Fehlern mit anderem Vorzeichen führen, welche die oben diskutierten Auswertefehler kompensieren oder sogar stark übertreffen können. Im Fol-
7 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 165 genden soll dies an einigen Serien experimentell gewonnener Titrationskurven demonstriert werden. Die erste Abbildung enthält zunächst die Titrationskurven für die Einzelbestimmung von je 0,2 mmol Cl, Br und I. Als Ordinate wurden hier direkt die gemessenen EMK-Werte der Messkette aufgetragen. Man erkennt, dass der Äquivalenzpunkt umso genauer zu bestimmen ist, je kleiner das öslichkeitsprodukt der bei der Titration ausgefällten Verbindung ist. mv Cl - Br J - 0 0,5 1 1,5 2 2,5,5 m 0,1 N AgNO Die nächste Abbildung zeigt den Einfluss des Chloridgehaltes auf die age des Äquivalenzpunktes von Bromid: Der bei 2 m AgNO erwartete Wendepunkt wird mit ansteigendem Chlorid-Gehalt der ösung zu höheren Werten hin verfälscht; der Potentialsprung der Br -Kurve wird zunehmend flacher.
8 166 Instrumentelle Bestimmungsverfahren mv m 0,1 N AgNO Vorgelegt: jeweils 0,2 mmol Br + x mmol Cl Kurven-Nr. x Kurven-Nr. x ,4 2 0,05 6 1,0 0,1 7 2,0 4 0,2 8 5, Die folgende Abbildung enthält den Einfluss von Chlorid unter analogen Bedingungen auf den Äquivalenzpunkt des Iodids. Vorgelegt: jeweils 0,2 mmol I + x mmol Cl Kurven-Nr. x Kurven-Nr. x ,0 2 0,1 5 50,0 0,2 6 Probenlösung an NaCl gesättigt
9 Instrumentelle Bestimmungsverfahren 167 mv ,5 2 2,5,5 4 4,5 5 ml 0,1 N AgNO Da die öslichkeitsprodukte von AgI und AgCl sehr weit auseinanderliegen, Mischkristalle zwischen beiden Verbindungen nicht gebildet werden und die Adsorption von Cl an AgI nicht ins Gewicht fällt, beeinflusst Chlorid die Iodidtitration nur unwesentlich. Selbst in gesättigter NaCl-ösung lässt sich das Jodid noch ohne größeren systematischen Fehler argentometrisch titrieren. Wegen des mit ansteigendem Chloridgehalt abnehmenden Potentialsprungs im Äquivalenzpunkt der Iodidtitration wird deren Genauigkeit allerdings geringer. Auch die Adsorptionsfehler der Br /Cl -Titration können in gewissem Umfang verringert werden, wenn man der Probenlösung Chemikalien zusetzt, welche der Adsorption entgegenwirken. Solche Zusätze sind etwa HNO, Aceton oder Bariumnitrat. Die folgende Abbildung enthält die Kurven für die Titration von 0,2 mmol Br allein (Kurve 1), von je 0,2 mmol Br und Cl ohne Zusatz (Kurve 2) sowie von je 0,2 mmol Br und Cl in einer Probenlösung, die gleichzeitig 5%Ba(NO ) 2 enthält (Kurve ). Man erkennt deutlich, dass man unter den Bedingungen der Kurve für die Br -Bestimmung nun einen negativen systematischen Fehler erhält, wie er nach der Rechnung zu erwarten ist (siehe nächste Seite).
10 168 Instrumentelle Bestimmungsverfahren mv m 0,1 N AgNO
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