Belastungen, Ressourcen und Beanspruchung in der Altenpflege
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- Harald Schumacher
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1 Die Pflege boomt doch woher nehmen wir die Hände? 4. DRK- Pflegesymposium, DRK- Landesverband Baden- Württemberg 14. November 2012, Stuttgart Belastungen, Ressourcen und Beanspruchung in der Altenpflege Prof. Dr. rer. cur. Maik H.-J. Winter Dipl. Pflegepäd., Altenpfleger Hochschule Ravensburg- Weingarten Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege
2 Agenda 1. Einführung: Die stille Revolution 2. Zentrale Strukturmerkmale der Altenpflege 3. Belastungen & Beanspruchung in der Altenpflege 4. Ressourcen & Entwicklungsperspektiven der Altenpflege 5. Ausblick Fragen & Diskussion
3 1. Einführung: Die stille Revolution Verlängerung der Lebenserwartung (pro Jhzt. 1-2 J.) Veränderte Bevölkerungsstruktur (jung/ alt) Deutschland weltweit: Platz 3: Anteil über 60-Jähriger an d. Bevölkerung Platz 4: Durchschnittsalter der Bevölkerung Hochaltrige (ü. 80 Jahre): am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe!! BMFSFJ 2002
4 2. Zentrale Strukturmerkmale der Altenpflege 1. Ende der Versorgungskette im sektoral zergliederten System: Prävention & Reha vor Pflege/ ambulant vor stationär; strukturelle Distanz z. Medizin 2. Besonderheiten des Berufes: späte Verberuflichung: als Nischen-/ Ersatzberuf in der Tradition der Sozialpflege, geringes Ansehen, Frauenberuf, Fokussierung auf Weiblichkeit = Rechtfertigung männlicher Führung im Gesundheitswesen bzw. der geschlechtsspezifischen Hierarchie in der Pflege (direkte Pflege = weibl.; Führung/ Management, medizin-/techniknahe Pflege = männl.) (vgl. Backes et al Gauss 1997; Winter 2008) 3. Diverse Berufsverbände & Schulträger sowie Sozialisationsakzente 4. Diversifizierung der Bildungs- und Sozialisationsstrukturen: Ausbildungsmodelle inkl. Studiengänge, fehlende verbindliche Outcomegrößen bei curricularer Vielfalt 5. Keine Bundespflegekammer: hohe Fremdbestimmung (Berufszulassung) & geringe Autonomie, geringe Durchsetzungskraft berufspolitischer Forderungen 6. Keine Vorbehaltsaufgaben in den Berufsgesetzen, sondern im SGB V bzw. XI 7. Wandel der Heime: Bewohner sind älter, kränker u. bleiben kürzere Zeit; Heime = Stätten der Pflege & Krankheitsbewältigung am Lebensende (SVR 2007)
5 3. Belastungen & Beanspruchung i. d. Altenpflege I Wandel der NutzerInnen von Pflegeleistungen: Junge vs. alte Alte, pflegenahe Jahrgänge mit großen Unterschieden zur Elterngeneration ( Duldergeneration ) Prekäre Arbeits- und Personalsituation: Arbeitsverdichtung, Wandel der Anforderungen, Berufsverbleib, Nachwuchsrekrutierung, prognostizierter Personalmangel; Verlässliche Angaben z. Zahl der Pflege(fach)kräfte, Jobmotor v.a. durch Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung (Simon 2012) Alternde Belegschaften, Wunsch nach Berufsausstieg (18%) (Hasselhorn et al. 2006) Recht unkonturiertes Tätigkeitsfeld mit Vielzahl von Restzuständigkeiten im Versorgungsprozess: Probleme in der Zusammenarbeit mit Medizin und anderen Berufsgruppen Verinnerlichtes diffuses Berufsbild zusammen mit Idealisierung der Pflegeberufstätigkeit und Verfolgung eines unklaren Ganzheitlichkeitsideals: Gefahr von Selbstüberforderung & Burnout! (Hoeffert 2007)
6 3. Belastungen & Beanspruchung i. d. Altenpflege II Hohe psycho- physische Belastungsreaktionen: Krankenstand & Berufsausstieg als Teufelskreis für Pflegende & Pflegebedürftige; Selbstpflegedefizite vs. Zuständigkeit Arbeit am Lebensende bei unklaren Erfolgsaussichten: keine Aussicht auf Heilung/ Besserung; erfolgreiches Altern, aber was ist erfolgreiche Altenpflege??? Geringer Benefit aus Akademisierung: Krankenpflegelastigkeit der Pflegewissenschaft & -forschung; u.u. noch größere Defizite sichtbar? Zunehmende Bürokratisierung & Ökonomisierung: finanzielle Ressourcen der Altenpflege; sprechende Altenpflege kaum vergütet; Dokumentationszwang.
7 4. Ressourcen & Entwicklungsperspektiven der Altenpflege (I) Gerontologisierung & Geriatrisierung des Systems: 40% der KH- Betten für die Behandlung von über 65- Jährigen; 49% aller Arztkontakte bei Allgemeinmedizinern & Internisten durch über 60- Jährige; 89% aller Neuerkrankungen bei über 65- Jährigen = chronische Krankheiten; 30% aller über 70- Jährigen: 5 mittelschwere Krankheiten Eine der anspruchsvollsten Tätigkeiten im System: Multimorbidität, Polypharmazie, große Heterogenität im Alter, komplexe Bedarfe usw. Reform der Leistungsgesetze: Bedürfnisse der NutzerInnen & Pflegenden
8 4. Ressourcen & Entwicklungsperspektiven der Altenpflege (II) Weiterentwicklung von Versorgungskonzepten & Optimierung der pflegerischen Versorgung: Modellversuche in die Regelversorgung; Perspektive der NutzerInnen, Evidenzbasierung, Akademisierung Steigerung der Attraktivität des Berufes: Erweiterung der Handlungsspielräume Reform der Ausbildungen in der Pflege: Durchlässigkeit, Verzahnung mit Allgemeinbildung Sicherung der Nachwuchsrekrutierung: Pflege von morgen beginnt heute!
9 5. Ausblick (I) Formen beruflicher Rollenveränderungen (SVR 2007): Delegation/ Substitution: Aufgabenübertragung v. einer auf eine andere Berufsgruppe (z.b. Pflegepraxen, aber auch Pflegeassistenz/-hilfe) Spezialisierung: z.b. auf Pflegephänomene (Schmerz, Wunden, Demenz ), QM, Projektmanagement, Familiengesundheit usw. Diversifikation: Integration neuer Aufgaben in das Profil einer Berufsgruppe oder durch neue Berufsgruppen (z.b. Beratung, Anleitung, Schulung, Case Management, Alltagsbegleitung/ Sozialpflege, Dokumentation, OTA usw.)
10 5. Ausblick (II) ärztliche Tätigkeiten Delegation Substitution Diversifikation neue Aufgaben neue Berufsgruppe Delegation Spez. Pflege Spez. Spez. Diversifikation neue Aufgaben neue Berufsgruppe Substitution Pflegeassistenz
11 5. Ausblick (III) Ausbildung von Poolkompetenzen in den Gesundheitsberufen anstelle von Vorbehaltsaufgaben, Definition der notwendigen Qualifikationen für bestimmte Tätigkeiten, teils gemeinsame Ausbildung am Gegenstand berufl. Handelns (health care) Nutzerorientierte Gesundheitsversorgung multiprofessionelle Teams (v.a. in der ambulanten & Langzeitpflege), Integration der Versorgung statt sektorale Zergliederung, flexibler Professionsmix und -einsatz, größere Eigenständigkeit nicht- ärztlicher Gesundheitsberufe, Steigerung der Versorgungssicherheit und qualität, interprofessionelle Leitlinien (u.a. SVR 2007)
12 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Man kann nur schwer in die Zukunft schauen, aber man kann den Grundstein für etwas Zukünftiges legen denn Zukunft ist gestaltbar. (Antoine de Saint-Exeupéry) ABER: ( ) es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun (J.W. v. Goethe) Kontakt: maik.winter@hs-weingarten.de
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