Hearing II: Aktuelle Gesetze, Modelle und Empfehlungen Zugang zu Ausbildung und Studium
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- Hertha Kaufman
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1 Hearing II: Aktuelle Gesetze, Modelle und Empfehlungen Zugang zu Ausbildung und Studium Fachforum 3 Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten Hearing zu aktuellen Gesetzen und Handlungsempfehlungen Berlin, 19. September 2016 Bundesministerium für Arbeit und Soziales Dr. Carola Burkert IAB
2 Zentrale Rolle der Bildung: Je jünger, desto mehr These 1: Der Mehrheit der Asylsuchenden ist in den bildungsrelevanten Altersgruppen somit kommt der frühkindlichen, schulischen und beruflichen Bildung eine zentrale Rolle bei der Integration zu und: es kommen nicht nur Männer. 2
3 Fluchtmigranten Unterschiedliche Altersstrukturen bei Männern und Frauen Asylanträge nach Altersgruppen und Geschlecht im Jahr 2015, in Prozent 65 Jahre und älter von 60 bis unter 65 Jahre von 55 bis unter 60 Jahre von 50 bis unter 55 Jahre von 45 bis unter 50 Jahre 0,4% 1,0% 0,5% 0,8% 0,9% 1,5% 1,7% 2,2% 3,0% 3,4% männlich weiblich Bildungspotenzial (unter 16 Jahre): Männer: 21,3% Frauen: 38,2% von 40 bis unter 45 Jahre von 35 bis unter 40 Jahre von 30 bis unter 35 Jahre von 25 bis unter 30 Jahre 4,7% 4,9% 7,2% 7,4% 10,8% 10,0% 16,4% 11,9% Ausbildungspotenzial (16 bis unter 30 Jahre): Männer: 49,5% Frauen: 30,5 % von 18 bis unter 25 Jahre 15,5% 28,0% von 16 bis unter 18 Jahre 5,1% 3,1% bis unter 16 Jahre 21,3% 38,2% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2016 eigene Berechnungen 4
4 Junge Altersstruktur der Geflüchteten: hoher Qualifizierungsbedarf Soziodemografische Merkmale der Asylbewerber Überproportional jung im ausbildungsrelevanten Alter: (Bildungsbericht 2016) Mehr Männer als Frauen Hohe Ungewissheit über die schulischen und beruflichen Qualifikationen Zukünftiges Qualifikationsniveau der Flüchtlinge hängt wesentlich vom Spracherwerb und von den Bildungs- und Ausbildungsinvestitionen ab Hohe Qualifizierungsbedarfe: Schule, Beruf, Hochschule Herausforderung: Finanzen, Personal, Zeit, Koordination 5
5 Da führt fast kein Weg daran vorbei: Berufsausbildung These 2: In einer deutschen Gesellschaft, die wie die deutsche eine Berufsgesellschaft par excellence ist, kommt einer erfolgreichen Berufsausbildung für eine dauerhafte soziale Integration ein zentraler Stellenwert zu. 6
6 Ausgangspunkt Größe der Herausforderung für das Berufsbildungssystem ergibt sich nach Zahl der Asylantragsteller/-stellerinnen aus 2013, 2014, 2015, unbegleitete Minderjährige ihrem Bildungsstand/ihrer Sprachkenntnis Angesichts des Bildungsniveaus und begrenzten deutschen Sprachkenntnissen erfordert eine systematische Berufsausbildung viel Zeit und Aufwand der berufsfachlichen Ausbildung ist eine längere Phase der Ausbildungsvorbereitung vorzuschalten erheblicher Aufwand an Personal, Kosten und good will der Betriebe Voraussetzung: dauerhafte Bereitstellung von Ausbildungs- und Praktikumsplätzen durch die Betriebe Realisierungsbarrieren für die Ausbildungsintegration Zusatzkosten Personalbedarf (Nachwuchssorgen bei Lehrer/-innen und Sozialpädagogen/-innen) Zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze Verteilungskampf? Berufsorientierung und Wert einer Ausbildung in Deutschland 7
7 Integrationsgesetz: Ausbildung für Asylbewerber und Geduldete Sachverhalt Integrationsgesetz erweitert die Möglichkeiten eine beruflichen Ausbildung von Geduldeten und Asylbewerber/-innen Geduldete bei Aufnahme einer Ausbildung: Duldung über die Gesamtdauer der Ausbildung, für Arbeitsplatzsuche weitere sechs Monate nach der Ausbildung, bei Aufnahme einer Beschäftigung Aufenthaltserlaubnis für 2 Jahre Bei Ausbildungsabbruch gibt es einmalig eine weitere Duldung für sechs Monate, um einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen. Das Aufenthaltsrecht wird widerrufen, wenn das anschließende Beschäftigungsverhältnis aufgelöst wird sowie bei Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat. Bewertung Positiv: Herstellen von Rechtssicherheit für Betriebe und für Geflüchtete zentrale Voraussetzung für die mit Ausbildung verbundenen Investitionen Positiv: Aufhebung der Altersgrenze (bisher 21): sehr positiv zu bewerten angesichts der Altersstruktur Noch notwendig: Sicherstellen von Beratung beim Abbruch 9
8 Integrationsgesetz: Öffnung der Ausbildungsförderung Sachverhalt Für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive Nach 3 Monaten: ausbildungsbegleitende Hilfen, assistierte Ausbildung oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen Nach 15 Monaten: Berufsausbildungshilfe und Ausbildungsgeld Geduldete Nach 12 Monaten: Voraufenthalt kann mit ausbildungsbegleitenden Hilfen und assistierter Ausbildung unterstützt werden - drei Monate früher als bisher. Sie müssen dafür einen betrieblichen Ausbildungsplatz, eine Einstiegsqualifizierung oder eine konkrete Zusage haben. Nach 15 Monaten: Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld Nach 6 Jahren: Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen mit Berufsausbildungshilfe oder Ausbildungsgeld Bewertung Öffnung ist sehr zu begrüßen: Finanzierung des Lebensunterhalts während der Ausbildung und berufsvorbereitende Maßnahmen sind eine zentrale Voraussetzung für die Integration in den Arbeitsmarkt Noch notwendig: Regelung ist intransparent, ohne erkennbare Logik daher: Harmonisieren 10
9 Handlungsempfehlungen Ausbildung Schulische Qualifikation Schulabschluss als Voraussetzung für Berufsausbildung Kein Abschluss: schulische Nachqualifizierung Spracherwerb Überblick über Ausbildungsmarkt und begleitende Berufsorientierung Werben/Aufklären für eine Berufsausbildung bei den jungen Flüchtlingen und insb. den Eltern da unbekannt in den Herkunftsländern Integration in Ausbildung Öffnen der Ausbildungsförderung: Fördermöglichkeiten vereinfachen, Harmonisierung der Fristen für den Zugang Berufsvorbereitung verbunden mit Sprach- und Integrationsunterricht dabei erforderlich: Zeit, spezifische Kompetenzen des Personals, intensive Betreuung und Koordination Motivation und Offenheit der Betriebe junge Flüchtlinge auszubilden erhalten, fördern, unterstützen (v.a. für KMU und insbesondere die Ausbilder/Ausbilderinnen) Priorität abschlussorientierter Qualifizierung (Vollausbildung); Teilzeitausbildung ermöglichen 11
10 Hochschulbildung These 3: Starkes Studieninteresse zeigt sich bei einer steigenden Anzahl von Studienberatungen von Geflüchteten 12
11 Hürden für Flüchtlinge auf den Weg ins Studium Fehlende Unterlagen für die Hochschulzugangsberechtigung - Lösung: Die KMK hat ein Verfahren entwickelt, um die Anerkennung zu prüfen. Eine gemeinsame Servicestelle der Hochschulen berät studieninteressierte Schutz- und Asylsuchende, prüft ihre Zeugnisse und bietet einen Studierfähigkeitstest an. Kosten: Studienvorbereitung, Bewerbungen/beglaubigte Kopien Fehlende erforderliche Deutschkenntnisse Zur geringe Ausländer/-innenquote angesichts der großen Zahl an studierwilligen Geflüchteten Finanzierung des Lebensunterhalts wenig Stipendien anerkannte Flüchtlinge: sofortige Förderung nach BAföG möglich Personen mit Aufenthaltsgestattung werden nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland die Sozialleistungen zur Existenzsicherung gestrichen - sobald sie ein Studium oder eine andere förderfähige Ausbildung aufnehmen oder dies schon getan haben (de facto hat die gr. Gruppe der Asylbewerber/-innen mittelfristig keinen Zugang zum BAföG). Abschiebschutz, Geduldete: seit Anspruch auf Sozialleistungen (z.b. BAföG) erst nach 15 Monaten. Diese Phase kann jedoch für studienvorbereitende Aktivitäten, Sprachkurse und erste Kontakte in das deutsche Hochschulwesen genutzt werden. Krankenversicherung (vgl. Asylsuchende / Geduldete sind in den ersten 15 Monaten nicht krankenversichert Absicherung im Krankheitsfall durch Asylbewerberleistungsgesetz reicht nicht) 13
12 Handlungsempfehlungen Hochschule Positiv: Großteil der dt. Hochschulen ist bereits im Themenfeld Flüchtlinge aktiv mit viel Engagement (z.b. Gasthörerprogramm, Betreuungsmaßnahmen, Sprachkursen); Förderprogramme: DAAD /BMBF sowie Länder Notwendig: Aufbau von Vorbereitungskursen Ausbau von Studienkollegs Ausbau der offenen Online-Kurse (MOOC) schneller, kostengünstiger und auch unterjähriger Einstieg - Kooperationen mit Universitäten ausbauen Vernetzung der Universitäten und Hochschulen - Beste Modelle suchen (damit nicht jede Hochschule alles selbst probiert) 14
13 Herausforderung Ausbildungsmarkt und Hochschulbildung Integration der Geflüchteten in Ausbildung und Studium verlangt einen systematischen, koordinierenden und umfassenden Ansatz, der Bund, Länder, Kommunen, öffentliche Einrichtungen (z.b. BAMF, BA), Integrationskursträger, Bildungseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Ehrenamtliche, Zivilgesellschaft einbezieht. Notwendig: erhebliche bildungspolitische Anstrengungen um das Qualifizierungspotenzial junger Geflüchteter zu nutzen Zu klären: Bis zu welchem Alter ist eine berufliche Erstausbildung sinnvoll? Unter welchen Bedingungen sind eher Formen beruflicher Weiterbildung oder Umschulung sinnvoll? 15
14 Kontakt:
15 Im Hinterkopf behalten: Regionale Disparitäten 2015 Versorgungsprobleme Anteile der erfolglosen Ausbildungsplatznachfrager/- innen an der Gesamtnachfrage Besetzungsprobleme Anteile der unbesetzten Ausbildungsplatzangebote am betrieblichen Gesamtangebot Extreme regionale Disparitäten v. a. in West-Ost-Richtung Besonders prekäre Ausbildungsmärkte in Verdichtungsräumen Nordrhein-Westfalens, Hessens und Niedersachsens sowie in Schleswig-Holstein Quelle: BIBB Datenreport
16 Literatur Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016): Bildung in Deutschland Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag ( 2006/bildungsbericht-2016/pdf-bildungsbericht-2016/bildungsbericht-2016; Abruf ) Brücker, Herbert; Liebau, Elisabeth; Romiti, Agnese; Vallizadeh, Ehsan (2014): Arbeitsmarktintegration von Migranten in Deutschland: Anerkannte Abschlüsse und Deutschkenntnisse lohnen sich. In: Die IAB-SOEP-Migrationsstichprobe: Leben, lernen, arbeiten - wie es Migranten in Deutschland geht, (IAB-Kurzbericht, 21.3/2014), Nürnberg, S ( Abruf ) Bundesinstitut für Berufsbildung (2016): Datenreport zum Berufsbildungsbericht Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung OECD (2016): Erfolgreiche Integration. Flüchtlinge und sonstige Schutzbedürftige. Paris: OECD Rich, Anna Katharina (2016): Sozialstruktur, Qualifikationsniveau und Berufstätigkeit von Asylantragstellenden. BAMF-Kurzanalyse. Ausgabe der Kurzanalysen des Forschungszentrums Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ( blob=publicationfile; Abruf ) Rüland, Dorothea (2016): Stellungnahme. Öffentliches Fachgespräch zu Thema Bildung in der Einwanderungsgesellschaft, Deutscher Akademischer Austauschdienst. Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologieabschätzung, Ausschussdrucksache 18(18)194b Schammann, Hannes (2016): Studium nach der Flucht? Angebote deutscher Hochschulen für Studieninteressierte mit Fluchterfahrung. Empirische Befunde und Handlungsempfehlungen. Hildesheim: Universitätsverlag 18
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