Rückkehr zum Wirtschaftswachstum hätte erreicht werden können, wenn nicht der Stabilitäts- und Wachstumspakt durchgesetzt worden wäre, ein
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- Linus Melsbach
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2 Rückkehr zum Wirtschaftswachstum hätte erreicht werden können, wenn nicht der Stabilitäts- und Wachstumspakt durchgesetzt worden wäre, ein wesentlicher Teil des neoliberalen Angriffs auf die Fähigkeit der Regierungen, bei externen Schocks eine vernünftige Ausgabenpolitik zu betreiben. Die EZB hätte ihre Geldpolitik nutzen können, um den Mitgliedsstaaten zu helfen, nicht Opfer privater Märkte zu werden. Das Zögern der EZB, verantwortlich zu handeln, wandelte die private Schuldenkrise in eine öffentliche um. Der dritte Teil liefert eine detaillierte Analyse der oben genannten Optionen. Es ist klar, dass es zwei Realitäten gibt, auf die man sich einlassen muß. Die erste ist die intrinsische Politik Europas, die durch die jahrzehntelange französisch-deutsche Rivalität gekennzeichnet war. Die zweite ist der Einfluss der neoliberalen Ökonomen auf die politische Debatte. Der Exit-Vorschlag ist mit der ersten Realität konsistent. Die WWU zu zerstören wird dabei helfen, die Effizienz der politischen Aspekte der Europäischen Union zurückzugewinnen. Es gibt keine Idee, dass die Europäische Union aufgelöst werden muß, um den Euro los zu werden. Ob sie nützlich ist, ist eine separate Diskussion, die außerhalb des Themas dieses Buches liegt. Aber damit der Exit eine gute Option ist, müssen die Regierungen ihre neoliberalen Auffassungen aufgeben und die Möglichkeiten besser verstehen, die sie haben, wenn sie ihre eigenen Währungen wiedereinführen, sie auf den internationalen Märkten fließen lassen und ihre eigenen Notenbanken wiedereinsetzen mit dem Recht, ihre eigenen Zinssätze festzulegen. Es gibt eine detaillierte Diskussion, bei der es darum geht, die neoliberalen Mythen abzuweisen, die die Austerität als einzige Möglichkeit konstruiert haben. Dieser Teil nimmt den Leser mit auf das Abenteuer, die Wirtschaft neu zu denken, auf eine Art, die von den Wirtschaftswissenschaftlern die Einsicht verlangt, dass das neoliberale Paradigma gescheitert ist und ersetzt werden muss. Allein diese Aufgabe sieht sich massivem Widerstand ausgesetzt von seiten jener etablierten Interessen, die ihre Macht dem Aufrechterhalten des ökonomischen status quo verdanken, egal wie desaströs er für die gewöhnlichen Leute ist. Zur Zeit ist Europa in einem neoliberalen Gruppendenken verfangen, das Verweigerung in großem Maßstab darstellt. Ein großer Ausbruch ist nötig, um Wohlstand und Hoffnung wieder zu gewinnen.
3 TEIL I DIE FRÜHEN JAHRE
4 KAPITEL 2 FRÜHE VERSUCHE EINER WÄHRUNGSUNION UND DER GIPFEL VON DEN HAAG FRÜHE VERSUCHE EINER EUROPÄISCHEN WÄHRUNGSUNION Die Idee einer gemeinsamen Währung in Europa oder in Teilen davon hat eine lange Geschichte. Als es im 19. Jahrhundert zu einem Zusammenschluss von Staaten kam, war eine gemeinsame Währung ein ganz wesentlicher Teil der Staatlichkeit. Die deutschen Staaten vereinten sich schon 1834 im Zollverein und hatten eine gemeinsame Währung, die Vereinsmünze wurde dann die Reichsmark die deutsche Währung, nachdem die Reichsbank die Kontrolle über alle Münzen übernommen hatte (Holtferich, 1993). In ähnlicher Weise war die italienische Vereinigung 1861 von der Annahme des Lira durch alle Beteiligten begleitet. Andere Währungsarrangements im 19. Jahrhundert scheiterten aber. Als Belgien 1830 unabhängig wurde, führte es den französischen Franc ein und wurde Teil der Franc-Zone bildeten Frankreich, Belgien und die Schweiz die sogenannte Lateinische Münzunion (LMU); Italien trat 1861 bei und Griechenland und Bulgarien Wenn wir die modernen Entwicklungen verstehen wollen, so ist es wichtig zu bemerken, dass der Anstoß zur Gründung der LMU von Frankreich kam, das sich mit schrumpfender Kolonial- und Wirtschaftsmacht konfrontiert sah (siehe Flandreau, 1995, 2000; Einaudi, 2000; Flandreau und Maurell, 2005). Die LMU war ein bi-metallisches, d. h. auf Gold und Silber beruhendes Arrangement, wobei jede Nation ihre eigene Währung in Gold- und Silbermünzen behielt, die dann, abgesehen von einer kleinen Gebühr, über einen festen Wechselkurs getauscht werden konnten. Die jeweiligen Notenbanken haben den Umtausch von Gold und Silber in Münzen zum festenwechselkurs garantiert. Als das Silber an Wert verlor, wurde die Konvertibilität von den Notenbanken aber aufgehoben. Mit dem Ersten Weltkrieg wurde der Goldstandard aufgegeben, weil die Regierungen ihre Goldvorräte verkauften, um den Krieg zu finanzieren, was den Goldpreis sinken ließ. Nach Jahren des Nicht-Funktionierens
5 war dies das Ende des System; förmlich wurde es 1926 abgeschafft, Eine ähnliche multinationale Währungsunion wurde 1873 als Skandinavische Währungsunion (SWU) durch Schweden und Dänemark gegründet; Norwegen trat zwei Jahre später bei. Diese Währungsunion basierte auf Gold,»wobei jede Nation das Dezimalsystem und eine gemeinsame Währungseinheit einführte«, die Skandinavische Krone (Bergman, 1999: 365). Die Währungen der Teilnehmer (Goldmünzen und andere Silber- und Bronzemünzen) waren zunächst gegenüber dem Goldpreis festgelegt und blieben acht Jahre lang frei tauschbar, bis dann die gemeinsame Währung kam (Bergman, 1999; Bergman et al., 1993; Henrikson und Kaergard, 1995). Die politischen Entwicklungen haben das System dann aber unterminiert. Als z. B. Norwegen den Bruch mit Schweden 1905 vornahm, haben die Schweden die Konvertibilität eingeschränkt. Aber es war, wie mit der LMU, die monetäre Instabilität, die mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam, die für das Ende sorgte. Formell wurde sie 1921 beendet. Bordo und Jonung (2003) haben andere erfolglose Versuche einer Währungsunion im 19. Jahrhundert dokumentiert. Was können wir davon lernen, damit es uns hilft, die Optionen für Europa heute zu verstehen? Zunächst einmal kann die Einführung einer gemeinsamen Währung erfolgreich sein, wenn sie Teil eines nationalen Einheitsprozesses ist. Es ist wichtig festzuhalten, dass die früher unabhängigen Staaten, die sich vereinigen wollten, über ganz verschiedene ökonomische Strukturen (Industriezweige, Beschäftigungsverhältnisse) und betrachtliche Einkommensunterschiede verfügten. Auch die kulturellen Unterschiede waren stark ausgeprägt. Man darf also nicht schlussfolgern, dass kulturelle Heterogenität oder ökonomische Unterschiede den Erfolg einer Währungsunion unmöglich machen. Gemeinsam war allerdings allen diesen Staaten, dass sie sich politisch darauf geeinigt hatten, trotz ihrer Unterschiede einen gemeinsamen Nationalstaat zu schaffen, der dann auch u. a. mit den nationalen wirtschaftspolitischen Mitteln ausgestattet war, die man nutzen konnte, um das Wohl aller Bürger zu fördern. Auf der anderen Seite scheiterten die multilateralen Übereinkommen wie die LMU und SWU, weil es keine politische Übereinkunft gab, um die unabhängigen staatlichen Einrichtungen in eine gleichsam nationale Einheit zu transformieren. Während diese Einrichtungen bestanden, haben die Regierungen nur insofern an der Währungsunion teilgenommen, als es ihre nationalen Ziele unterstützte. In Zeiten extremer monetärer Instabilität (im Ersten Weltkrieg) wurde dies deutlich, denn mit der Aufgabe des Goldstandards konnte man die nationalen Interessen besser ausüben wurde dann die Idee einer europäischen Währung wiederbelebt, als der deutsche Außenminister Gustav Stresemann, der in der Zwischenkriegszeit hart gearbeitet hatte, um Frankreich und Deutschland wieder zu versöhnen, vor dem Völkerbund die Frage stellte:»wo ist die europäische Währung und die europäische Briefmarke, die wir brauchen?«(europäische Kommission, 2012a). Keine sechs Wochen später brach die New Yorker Börse am Schwarzen Freitag zusammen, was jeden Gedanken einer internationalen Währungszusammenarbeit in Europa auf die lange Bank schob. Zum Verständnis der gegenwärtigen Lage ist es wichtig zu erkennen, dass Stresemann die Notwendigkeit einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland
6 und Frankreich sah. Ein Thema, das die Diskussionen in der Nachkriegszeit dominierte und motivierte und letzlich zum Euro führte. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die 44 alliierten Nationen darauf geeinigt, zum Goldstandard zurückzukehren, weil sie sich davon wirtschaftliche Stabilität erhofften. Das sogenannte Bretton-Woods-System wurde im Juli 1944 gegründet und verlangte von den Notenbanken, ihre Währungen in einem festen Kurs zum US-Dollar zuhalten. Dem neuen Internationalen Währungsfonds (IMF) wurde die Möglichkeit gegeben (ausgestattet mit Beiträgen von den Mitgliedsstaaten), Staaten kurzfristige Kredite zu geben, die nicht imstande waren, genügend Währungsreserven zu kaufen, um die festgelegten Wechselkurse zu bewahren. Die amerikanische Regierung versprach ihrerseits, zu einem festen Preis Gold gegen den US-Dollar zu tauschen. DAS BRETTON-WOODS-SYSTEM UND DER BARRE-BERICHT Nach dem Römischen Vertrag von 1957, der die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gründete, gab es eine regelmäßige Diskussion zwischen den Mitgliedsstaaten über die Notwendigkeit einer engeren wirtschaftlichen Kooperation. Im Februar 1969 hat der sogenannte Barre-Bericht die europäische Präferenz für feste Wechselkurse und den Weg zu einer gemeinsamen Geldpolitik bestätigt (Barre-Bericht, 1969). Die Europäer waren besorgt über die Entwicklung der Devisenmärkte und die Verringerung der amerikanischen Goldreserven, im Zusammenhang mit dem Versprechen von Bretton-Woods, die Konvertibilität des US-Dollar in Gold zu gewährleisten. Während der 1960er Jahre bewegte sich eine große Menge an Gold von den USA nach Europa als Folge der amerikanischen Zahlungsbilanzdefizite. Die Benutzung des US-Dollars als Reservewährung hat die Instabilität des Bretton- Woods-Systems deutlich gemacht. Der Ökonom Robert Triffin warnte in den frühen sechziger Jahren, dass dieses System die USA zwingen würde, ein beständiges Zahlungsbilanzdefizit aufrechtzuerhalten, damit die anderen Nationen, die den US-Dollar als dominierende Währung im internationalen Geschäft benutzen, überhaupt im Stande seien, ihn zu kaufen. In den 1950er Jahren gab es einen Mangel an US-Dollars, weil die Nationen sich vom Krieg erholten und der Handel wuchs. Aber in den 1960er Jahren hatte sich die Situation geändert. Die Staaten begannen sich Sorgen zu machen über den Wert ihrer steigenden Dollarreserven und fragten sich, ob die USA weiter die Goldkonvertibilität aufrechterhalten können. Diese Furcht ließ die Staaten immer mehr ihrer Dollarreserven in Gold umtauschen, was die Goldreserven der USA deutlich reduzierte. Das sogenannte Triffin-Paradox war also, dass das Bretton-Woods-System einen Export des US-Dollars in die Weltmärkte erzwang, was wiederum das Vertrauen in den Wert dieser Währung reduzierte und zu einem zunehmenden Verlangen, den US-Dollar in Gold zu tauschen, führte. Der Verlust an Goldreserven bestärkte wiederum die Ansicht, dass der US-Dollar
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